Recht

Verfahren zur öffentlichen Ausschreibung


Ziel der Regelungen der Vergabeverfahren ist ein wirtschaftlicher Einkauf der öffentlichen Hand, der durch Wettbewerb sichergestellt werden soll. Darüber hinaus sollen die öffentlichen Beschaffungsmärkte in der EU durch transparente und nichtdiskriminierende Verfahren für alle potentiellen europäischen Bewerber um öffentliche Aufträge geöffnet werden.
Die öffentliche Ausschreibung (europaweit: das sog. offene Verfahren) fordert einen unbeschränkten Kreis von Unternehmen zur Abgabe von Angeboten auf. Die beschränkte Ausschreibung sieht vor, dass nur ein beschränkter Kreis von Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert wird (europaweit: das sog. nicht offene Verfahren). Das dritte Verfahren ist die freihändige Vergabe (europaweit: das sogenannte Verhandlungsverfahren), das als einziges Verfahren Verhandlungen mit dem Unternehmen zulässt.
Bei Vorgaben oberhalb der EU-Schwelle sieht § 119 Abs. 2 GWB nunmehr eine Gleichrangigkeit von offenem und nicht offenem Verfahren vor. Zu beachten ist, dass das nicht offene Verfahren gemäß § 119 Abs.4 GWB zwingend einen vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb erfordert.
Die übrigen Verfahrensarten im Oberschwellenbereich (Verhandlungsverfahren, wettbewerblicher Dialog und Innovationspartnerschaft) sind nur zulässig, sofern die jeweiligen Zulassungsvoraussetzungen hierfür erfüllt sind. Die einzelnen Voraussetzungen dieser Verfahrensarten sowie die jeweiligen Verfahrensabläufe werden in den §§ 17 ff. Vergabeverordnung (VgV) festgelegt.
Unterhalb der Schwellenwerte gilt derzeit noch, dass die öffentlichen Auftraggeber vorrangig zur öffentlichen Ausschreibung verpflichtet sind, da es den potenziell größten Wettbewerb ermöglicht. Die anderen Vergabeverfahren dürfen nur unter engen Voraussetzungen gewählt werden.
Bekanntmachungen über die Vergabe öffentlicher Aufträge erfolgen in den verschiedenen Ausschreibungsblättern, in Tageszeitungen, über Internetplattformen oder das Amtsblatt der EU.
Welches Verfahren in welchem Fall zur Anwendung kommt, war früher in einer einheitlichen Vorschrift geregelt. Durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz erfolgt eine Aufteilung auf verschiedene Normen im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), die durch die jeweiligen Vorgaben in den Vergabeverordnungen ergänzt werden.
Verfahrensarten:
  • Öffentliche Auftraggeber: § 119 GWB, §§ 14-20 VgV, §§ 3-10 VOB/A-EU.
  • Sektorenauftraggeber: §§ 141, 119 GWB, §§ 13-18 Sektorenverordnung (SektVO).
  • Konzessionsgeber: § 151 GWB, §§ 12-14 Konzessionsvergabeverordnung (KonzVgV).
  • Vergabe von verteidigungs- und sicherheitsspezifischen Aufträgen: §§ 146, 119.  GWB, §§ 11 f. Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit (VsVgV); §§ 3 ff.  VOB/A-VS.

Das offene Verfahren (die öffentliche Ausschreibung)

Das offene Verfahren (die öffentliche Ausschreibung) ist für nationale und internationale Ausschreibungen vom Wettbewerbsgedanken her das bedeutendste Verfahren. Der öffentliche Auftraggeber gibt dabei einer möglichst großen Zahl von Unternehmen bekannt, dass er eine bestimmte Leistung beziehen möchte. Im uneingeschränkten Wettbewerb soll das wirtschaftlichste Angebot ermittelt werden. Die Informationen müssen veröffentlicht werden: Bei Auftragswerten oberhalb der Schwellenwerte müssen die Ausschreibungen zwingend im Supplement zum Amtsblatt der EU veröffentlicht werden. Auftraggeber des Bundes veröffentlichen auf dem Portal des Bundes, für andere öffentliche Auftraggeber (z.B. Länder und Kommunen) besteht auf nationaler Ebene in der Regel keine zentrale Verpflichtung ein bestimmtes Publikationsorgan zu verwenden. Der Auftraggeber teilt in der Vergabebekanntmachung grundlegende Informationen mit über die ausschreibende Stelle, den Auftragsgegenstand, die zu beachtenden Fristen, etwa geforderte besondere Qualifikationsanforderungen sowie die Möglichkeit einer Rechtsbeschwerde. Hat ein potenzieller Bieter Interesse, muss er sich die Ausschreibungsunterlagen nebst Leistungsverzeichnis beim Auftraggeber besorgen; nur anhand dieser Unterlagen kann er sein Angebot den Vorgaben entsprechend einreichen.

Das nicht offene Verfahren (die beschränkte Ausschreibung)

Beim nicht offenen Verfahren wählt der öffentliche Auftraggeber nach vorheriger öffentlicher Aufforderung zur Teilnahme eine beschränkte Anzahl von Unternehmen nach objektiven, transparenten und nicht diskriminierenden Kriterien aus (Teilnahmewettbewerb). Bei der beschränkten Ausschreibung (im Rahmen nationaler Verfahren unterhalb der EU-Schwellenwerte) fordert der öffentliche Auftraggeber in der Regel öffentlich zur Teilnahme auf, bevor er sodann aus dem Bewerberkreis eine beschränkte Anzahl von Unternehmen zur Angebotsabgabe auffordert.
Sind dem Auftraggeber selbst nur wenige potenzielle Lieferanten bekannt, sieht das beschränkte Verfahren die Einschaltung der Auftragsberatungsstellen in den Bundesländern vor. Jede Auftragsberatungsstelle soll dem Auftraggeber eine geeignetes Unternehmen aus ihrem Bundesland benennen. Damit die Auftragsberatungsstellen diese Aufgabe erfüllen können, führen sie so genannte Bieterdateien. Die Bieterdatei enthält Unternehmen aller Branchen und Größenklassen in einem Bundesland, die sich grundsätzlich für eine Teilnahme an beschränkten Ausschreibungen interessieren. Grundsätzlich kann jedes Unternehmen in das Bieterverzeichnis aufgenommen werden, wenn es grundlegende Informationen über seine Fachkunde, seine wirtschaftliche und technische Leistungsfähigkeit, seine Zuverlässigkeit und über seine Produkt- und Leistungspalette zur Verfügung stellt. Im konkreten Fall sucht die Auftragsberatungsstelle in ihrer Bieterdatei nach dem geeigneten Unternehmen für eine bestimmte beschränkte Ausschreibung und fragt bei diesem Unternehmen an, ob Interesse an einer Benennung besteht. Ist dies der Fall, wird das interessierte Unternehmen benannt und erhält in der Regel vom öffentlichen Auftraggeber die Ausschreibungsunterlagen zugesandt.

Das Verhandlungsverfahren (die freihändige Vergabe)

Das Verhandlungsverfahren (bei nationalen Verfahren unterhalb der EU-Schwellenwerte: Verhandlungsvergabe bzw. freihändige Vergabe) lässt Verhandlungen über die Auftragsbedingungen mit den Unternehmern zu. Es kann mit oder ohne einen vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb durchgeführt werden. Letztere Variante erfordert keine europaweite Veröffentlichung und ist daher nur in besonders restriktiv auszulegenden Ausnahmefälle zulässig. Das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb unterliegt seit der Vergaberechtsreform 2016 aber erleichterten Zulassungsvoraussetzungen. In Betracht kommt es nun etwa bei Aufträgen zu konzeptionellen oder innovativen Lösungen oder, wenn der Auftrag aufgrund konkreter Umstände, die mit der Art , der Komplexität oder dem rechtlichen oder finanziellen Rahmen oder entsprechenden Risiken zusammenhängen, eine vorherige Verhandlung erfordert.

Der wettbewerbliche Dialog

Der wettbewerbliche Dialog (nur bei europaweiten Vergabeverfahren) räumt dem öffentlichen Auftraggeber noch mehr Spielraum bei Verhandlungen mit mit den Bietern ein.

Die Innovationspartnerschaft

Bei der Innovationspartnerschaft ( nur bei europaweiten Vergabeverfahren) verhandelt der öffentliche Auftraggeber im Anschluss an den Teilnahmewettbewerb in mehreren Phasen mit den ausgewählten Unternehmen über Erst- und Folgeangebote.