Überprüfung von Vergabeverfahren

Bei Ausschreibungen, die die EU- Schwellenwerte erreichen oder überschreiten, hat ein unterlegener Bieter die Möglichkeit, ein Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer anzustrengen.
Beschaffungen unterhalb der EU- Schwellenwerte fallen nicht in die Überprüfungskompetenz der Vergabekammer. Vergabeverfahren unterhalb der EU- Schwellenwerte unterliegen jedoch der allgemeinen Rechts- und Fachaufsicht.
Nach der Spruchpraxis des Bundesverwaltungsgerichts können bei Vergaben unterhalb der EU- Schwellenwerte auch die Zivilrechte angerufen werden.
Bieter können Rechtsschutz im Wege der einstweiligen Verfügung vor den Zivilgerichten ersuchen, um eine Unterlassungsverfügung gegen einen Vertragsschluss zu erreichen. Dabei muss der Bieter darlegen und glaubhaft machen, dass er eine realistische Chance auf die Erteilung des Zuschlags hat. Auch im Unterschwellenbereich besteht ein Anspruch auf Schadensersatz, wenn der Auftraggeber dem Bieter durch Missachtung von Vergabevorschriften einen Schaden zufügt.
Gründe für die rechtliche Überprüfung können z.B. sein, dass das Unternehmen sich ungerecht behandelt fühlt oder der unterlegene Bieter Zweifel an der Zuverlässigkeit, Leistungsfähigkeit oder Fachkunde desjenigen Unternehmens hat, das den Zuschlag erhalten soll.
Beim Nachprüfungsverfahren, das nunmehr in §§ 155 ff. GWB geregelt ist, geht es somit um die Gewährleistung von Primärrechtsschutz, d.h. der Verhinderung des Zuschlags eines Mitbewerbers bzw. Benachteiligung von am Verfahren beteiligten Unternehmen. Ein wirksam erteilter Zuschlag kann im Nachprüfungsverfahren durch die Vergabekammer allerdings nicht aufgehoben werden. Mögliche Schadensersatzansprüche (z.B. Kosten der Angebotserstellung, entgangener Gewinn) sind ausschließlich bei den ordentlichen Gerichten geltend zu machen, § 156 Abs.3 GWB.

Zulässigkeitsvoraussetzungen

Die Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Einleitung eines Vergabenachprüfungsverfahrens sind in §§ 160 ff. GWB geregelt.
Danach müssen folgende Zulässigkeitsvoraussetzungen vorliegen:

Vorliegen eines öffentlichen Auftrags oder einer Konzession

§ 155 GWB enthält die Neuerung, dass die Nachprüfung auch die Vergabe von Konzessionen erfasst.

Vergabe durch Auftraggeber

Ein öffentlicher Auftraggeber, Sektorenauftraggeber oder ein Konzessionsauftraggeber muss einen öffentlichen Auftrag oder eine Konzession vergeben.

Überschreiten des maßgebenden Schwellenwerts

Der jeweils einschlägige Schwellenwert muss erreicht werden.

Form und Inhalt

Der Nachprüfungsantrag ist schriftlich einzureichen. Er muss den Antragsgegner, eine Beschreibung der behaupteten Rechtsverletzung mit Darstellung des Sachverhalts und die Bezeichnung der verfügbaren Beweismittel enthalten. Außerdem ist darzulegen, dass die Rüge gegenüber dem Auftraggeber erfolgt ist. Eine anwaltliche Vertretung vor der Vergabekammer ist nicht zwingend vorgeschrieben.

Ordnungsgemäße Rüge

Hierzu sind drei Fälle geregelt, § 160 Abs.3 Nr.1-3 GWB.
Ein erkannter Vergaberechtsverstoß ist jetzt aufgrund der Neuregelung in § 160 Abs.3 Nr.1 GWB innerhalb von 10 Kalendertagen zu rügen, nachdem er erkannt wurde.
Die sonstigen Fälle zur Verpflichtung , Vergabeverstöße unverzüglich zu rügen, bleibt bestehen. Der Antragsteller muss auch weiterhin aus der Bekanntmachung erkennbare Verstöße gegen Vergabevorschriften bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung genannten Bewerbungsfrist bzw. bis zur Angebotsabgabe rügen, § 160 Abs.3 Nr.2 GWB.
Gleiches gilt für Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, § 160 Abs.3 Nr.3 GWB. Gestrichen wurde der bisherige Bezug auf die in der Bekanntmachung genannte Frist.
Ein Nachprüfungsantrag ist weiterhin unzulässig, wenn er nicht spätestens 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, eingeht, § 160 Abs.3 Nr.4 GWB.

Antragsbefugnis

Das Verfahren vor der Vergabekammer wird nur auf Antrag eingeleitet. Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse am öffentlichen Auftrag oder der Konzession hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs.6 GWB durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht.
Das antragsbefugte Unternehmen muss darlegen, dass ihm durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht, § 160 Abs.2 Satz 2 GWB.

Nachprüfungsantrag

Der Nachprüfungsantrag ist schriftlich zu begründen und bedarf mindestens folgender Angaben:
  • Name und Anschrift des öffentlichen Auftraggebers.
  • Sachverhaltsdarstellung
  • Darstellung der Vergaberechtsverstöße
  • Mitteilung, worin der Schaden auf Seiten des Antragstellers besteht
  • Vortrag, dass der in § 160 GWB normierten Rügeobliegenheit entsprochen wurde oder eine solche nicht bestanden hat.
Folgende Belege sollten in Kopie beigefügt werden:
  • Text Vergabebekanntmachung
  • Angebotsunterlagen (ggf. auszugsweise)
  • Submissionsniederschrift bei VOB-Vergaben
  • Rügeschreiben und ggf. Anwortschreiben des Auftraggebers
  • Vorabinformationsschreiben nach § 134 GWB
  • Nachweis des Kostenvorschusses durch Verrechnungsscheck, Beleg Banküberweisung oder anwaltliche Versicherung
Voraussetzung für die Zustellung des Antrags durch die Vergabekammer ist die Zahlung eines Vorschusses in Höhe der Mindestgebühr von 2.500 Euro. Die Vergabekammer lässt sich im Folgenden die Vergabeakten vorlegen. Sofern der Antrag zulässig und nicht offensichtlich unbegründet ist, beginnt das Nachprüfungsverfahren. Im Rahmen des Verfahrens findet eine mündliche Verhandlung zur Klärung des Sachverhalts statt. Bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren kann der Zuschlag für den betreffenden Auftrag nicht erteilt werden; ein dennoch abgeschlossener Vertrag ist nichtig. In der Regel soll die Vergabekammer innerhalb von fünf Wochen entscheiden. Dieser Beschluss ist von der Wirkung her mit einem gerichtlichen Urteil zu vergleichen. Der Beschluss kann vor dem Oberlandesgericht binnen zwei Wochen im Wege der sofortigen Beschwerde angefochten werden. Wird der Beschluss nicht angefochten, so wird er bestandskräftig und kann vollstreckt werden.

Zuständigkeit der Vergabekammer Rheinland- Pfalz

Die Vergabekammer Rheinland- Pfalz ist für alle Nachprüfungsverfahren zuständig, die öffentliche Auftraggeber mit Sitz im Land Rheinland- Pfalz betreffen:
Vergabekammer Rheinland- Pfalz
beim Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau
Stiftsstr. 9
55116 Mainz
Telefon: 06131-162234

Zuständigkeit der Vergabekammern des Bundes

Für Ausschreibungen, die dem Bund zuzurechnen sind (Bundesministerien, Bundeswehr, Bundesagentur für Arbeit und andere), sind die Vergabekammern des Bundes beim Bundeskartellamt zuständig. Neu ist, dass die Vergabekammer des Bundes ausschließlich zuständig ist, wenn an sich die Vergabekammer des Bundes als auch einzelne oder mehrere Vergabekammern der Länder zuständig wären, § 159 Abs.1 Nr.6 GWB.
Bundeskartellamt
Vergabekammern des Bundes
Villemombler Str.76
53113 Bonn
Telefon: 0228 9499–0