Recht
Produkthaftung nach dem Produkthaftungsgesetz
Für jeden Hersteller ist es wichtig, darüber informiert zu sein, inwieweit er für Fehler seiner Produkte haftbar gemacht werden kann. Im Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) ist geregelt, wann und wer für Folgeschäden an Personen oder Sachen einstehen muss, die ein fehlerhaftes Produkt verursacht hat. Die Haftung für Schäden am mangelhaften Produkt selbst ist im ProdHaftG aber ausdrücklich nicht geregelt, hierfür sind die Regelungen zur Sachmängelgewährleistung im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) einschlägig. Nachfolgend wird ein Überblick über die Haftung von Herstellern nach dem ProdHaftG gegeben:
- 1. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?
- 2. Wer kann haftbar gemacht werden?
- 3. Wofür kann man haftbar gemacht werden?
- 4. Wen trifft die Beweislast?
- 5. Für welche Schäden wird wie gehaftet?
- 6. Wann verjährt ein Haftungsanspruch?
- 7. Wann erlischt die Haftung?
- 8. Kann die Haftung ausgeschlossen werden?
- 9. Versicherungsschutz
1. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?
Eine Haftung nach dem ProdHaftG setzt voraus, dass eine bewegliche Sache (Produkt), bereits bei Inverkehrbringung fehlerhaft war (§ 3 ProdHaftG). Inverkehrbringung heißt, dass das Produkt von Anfang an mangelhaft sein muss und nicht erst zu einem späteren Zeitpunkt fehlerhaft wurde. Unschädlich für die Haftbarkeit ist, ob das bewegliche Produkt in ein anderes bewegliches oder unbewegliches Produkt eingebaut wurde. Dabei ist die Art und Weise der Herstellung nicht von Bedeutung.
Beispiele:
Maschinen und Geräte, Konsumgüter aller Art, Verpackungsmaterialien, Fahrzeuge, Chemische Stoffe, Erzeugnisse und Zubereitungen, Nahrungsmittel, Strom, Gas, Fernwärme, Wasser, menschliche Organe, Blutkonserven etc.
Lediglich von Anfang an unbewegliche Gegenstände (z.B. Grundstücke, Gebäude, Fabrikanlagen), fallen genauso wie Dienstleistungen und Naturprodukte (z.B. Beeren, Pilze) nicht unter den Anwendungsbereich des ProdHaftG. Außerdem unterliegen Arzneimittel der Haftung nach dem spezielleren Arzneimittelgesetz.
2. Wer kann haftbar gemacht werden?
Bei industrieller Fertigung, in der Endprodukte oftmals aus vielen einzelnen Teilprodukten von unterschiedlichen Herstellern zusammengesetzt werden, wird bei der Geltendmachung von Haftungsansprüchen nicht selten die Frage nach dem Verantwortlichen aufgeworfen. Nicht immer ist diese Frage leicht zu beantworten, da häufig mehrere der Hersteller nebeneinander haftbar gemacht werden können und eventuell auch noch Importeure und Händler die Haftungskette erweitern. § 4 ProdHaftG definiert, wer als Hersteller zu Schadensersatz verpflichtet werden kann.
Hersteller des Endprodukts
Voraussetzung für eine Haftbarkeit des Herstellers des Endprodukts ist, dass es sich um eine gewerbsmäßige Herstellung handelt, die eigenverantwortlich und selbständig betrieben wird. Angestellte des Herstellers sind somit von der Haftung nach dem ProdHaftG ausgeschlossen. Wichtig ist, dass der Hersteller in jedem Fall auch für fehlerhafte Zukaufteile haftet. Aus diesem Grund können auch so genannte Assembler, d. h. Hersteller, die lediglich Einzelteile von anderen Herstellern zu einem Produkt zusammenbauen, oder Lizenznehmer haftbar gemacht werden.
Hersteller des Teilprodukts
Der Hersteller eines Teilprodukts kann genauso für den gesamten entstandenen Schaden haftbar gemacht werden, wie der Endprodukthersteller. Seine Haftung setzt dabei voraus, dass das von ihm hergestellte Teilprodukt fehlerhaft war. Diese Regelung betrifft vor allem Hersteller von Grundstoffen, die z.B. nur die Rohstoffe für die Herstellung eines Produktes liefern. Sie können, wenn der Rohstoff fehlerhaft war, dann auch für den gesamten entstandenen Schaden in Haftung genommen werden.
Allerdings kann der Zulieferer sich entlasten (§ 1 Abs. 3 ProdHaftG), wenn der Fehler aufgrund fehlerhafter Konstruktion des Endprodukts entstanden ist.
Quasihersteller
Als "Quasihersteller" werden solche Hersteller bezeichnet, die ein Produkt nicht selbst herstellen, sondern lediglich Produkte anderer Hersteller unter Anbringung des eigenen Namens, Warenzeichens oder einer eigenen Marke in die Öffentlichkeit bringen. Häufig kommt dies bei Hausmarken von z.B. Einzelhändlern vor.
Ein Quasihersteller kann dann von der Haftung frei werden, wenn er bei Inverkehrbringung neben seinem Namen auch noch den Namen des tatsächlichen Herstellers auf dem Produkt anbringt oder ihm eine reine Händlereigenschaft des Verkaufs zugeschrieben werden kann. Die nachträgliche Nennung des tatsächlichen Herstellers erst im Schadensfall reicht hingegen nicht zu einem Haftungsausschluss.
Importeure
Bei Importen aus Mitgliedsländern der EU nach Deutschland wird der Importeur im Schadensfall haftungsfrei, wenn er den Hersteller benennen kann, da davon ausgegangen werden kann, dass der Hersteller selbst haftbar gemacht werden kann.
Anders sieht es bei fehlerhaften Importen aus Drittländern in die EU aus, dann kann immer der Importeur haftbar gemacht werden. Der Importeur haftet neben dem eigentlichen Hersteller im Ausland. Diese Regelung greift auch bei deutschen Reimporten aus einem Drittland.
Händler
Generell können auch Händler haftbar gemacht werden. Allerdings sieht das ProdHaftG vor, dass ein Händler haftungsfrei wird, wenn er den Vorlieferanten oder Hersteller innerhalb einer einmonatigen Frist nennen kann. Eine lückenlose Dokumentation der Vertriebskette ist somit für Händler ein Muss.
Händler sind aber immer dann unbeschränkt haftbar, wenn sie die fehlerhaften Produkte von einem Importeur gekauft haben, der aus einem Drittland importiert und dessen Name nicht feststellbar bzw. auffindbar ist. Die Nennung des Herstellers im Drittland führt dann zu keiner Haftungsbefreiung.
Der Händler haftet natürlich auch immer dann, wenn er selbst Importeur aus einem Drittland ist und die Ware vertreibt.
Für den Geschädigten gilt, dass er nach den genannten Voraussetzungen frei wählen kann, gegen wen er seine Haftungsansprüche richtet. Erst in einem zweiten Schritt findet ein Ausgleich nach dem Grad der Verantwortlichkeit unter den Herstellern im oben genannten Sinne statt.
3. Wofür kann man haftbar gemacht werden?
Der Gedanke, der dem ProdHaftG zugrunde liegt ist, dass der Verbraucher in seiner körperlichen Integrität und seinem persönlichen Eigentum geschützt werden soll. Aus diesem Grund haften die Hersteller grundsätzlich nur, wenn ihre Produkte nicht die Sicherheit bieten, die ein verständiger objektiver Verbraucher erwarten kann (§ 3 ProdHaftG). Entscheidend ist hierbei nicht die subjektive Erwartung einer Einzelperson, sondern die Meinung der Allgemeinheit. Eine Haftung ist folglich ausgeschlossen, wenn die fehlende Sicherheit von der Gesellschaft hingenommen wird. So ist beispielsweise allgemein bekannt und akzeptiert, dass der Konsum von Zigaretten Krebs auslösen kann, eine Haftung des Herstellers hierfür ist bisher nicht in Frage gekommen.
Der Hersteller unterliegt einer Vielzahl von verschiedenen Verkehrssicherungspflichten für sein Produkt. In den unterschiedlichen Stadien im Bereich der Warenherstellung können insbesondere Fehler in folgenden Bereichen zur Verletzung der Verkehrssicherungspflicht und damit zu einer Haftung führen:
- Betriebliche Organisation: Der Hersteller hat die Pflicht, für eine Organisation zu sorgen, die das Risiko von Produktfehlern minimiert. Zu dieser Oberaufsicht gehört die Auswahl und Überwachung von Mitarbeitern, grundlegende Anweisungen, der Zuschnitt von Arbeitsplätzen sowie die Ausstattung mit Arbeitsmitteln.
- Konstruktionsfehler: Das Produkt ist bereits nach seiner Konstruktion unterhalb des gebotenen Sicherheitsstandards.
- Fabrikationsfehler: Fehler, die bei der Herstellung selbst entstehen. Dabei ist der "Ausreißer-Fehler" vor dem Hintergrund der Verkehrspflicht zu beurteilen.
- Instruktionsfehler: Fehlerhafte oder unzureichende Bedienungsanweisungen, Hinweise und Warnungen. Der Hersteller muss vor jeder Gefahr warnen, die bei bestimmungsgemäßem Gebrauch droht.
- Produktbeobachtung: Sobald das Produkt in den Verkehr gebracht wurde, hat der Hersteller eine Produktbeobachtungspflicht mit entsprechendem Handlungsbedarf je nach Grad des Fehlers. Der Handlungsbedarf geht von der nachträglichen Aufklärung bzw. Warnung bis hin zum Rückruf.
Um eine Haftung auszuschließen, sollten daher folgende Punkte von den Herstellern beachtet werden:
- Produktdarbietung: Unter Produktdarbietung versteht man die Präsentation gegenüber dem Verbraucher, d. h. Bewerbung des Produkts, Gestaltung der Gebrauchsanweisung etc. Grundsätzlich ist dem Hersteller zu empfehlen, in aller Ausführlichkeit auch auf die eventuellen Schwächen des Produktes einzugehen, um das Haftungsrisiko zu minimieren.
- Gebrauch des Produkts - womit muss der Hersteller billigerweise rechnen? Der Hersteller darf nicht davon ausgehen, dass das Produkt von jedem Käufer ordnungsgemäß gebraucht wird, sondern er muss auch den vorhersehbaren Fehlgebrauch in seine Überlegungen einbeziehen, damit Haftungsansprüche gar nicht erst entstehen. Davon zu unterscheiden ist der vorhersehbare unvernünftige und missbräuchliche Gebrauch von Produkten, für diesen haftet der Hersteller grundsätzlich nicht, da kein Produktfehler vorliegt.
- Zeitpunkt der Inverkehrbringung Für die Produktsicherheit ist immer der Zeitpunkt der Inverkehrbringung und nicht der Moment des Schadenseintritts entscheidend. Der Hersteller muss daher nur die Erwartungen der Allgemeinheit zum Zeitpunkt der Inverkehrbringung und nicht etwa spätere Erwartungsänderungen berücksichtigen.
Der Hersteller hat jedoch auch eine Produktbeobachtungspflicht. Stellt sich daher nach Inverkehrbringung heraus, dass ein Produkt fehlerhaft ist, so hat der Hersteller die Pflicht zur Anpassung der Sicherheitsstandards in der laufenden Produktion sowie zur Aufklärung bezüglich der verkauften Produkte, je nach Fall auch bis hin zum Rückruf.
4. Wen trifft die Beweislast?
Die Beweislast für das Vorliegen eines Fehlers und dessen Ursächlichkeit für den entstandenen Schaden liegt beim Geschädigten selbst. Da es sich beim ProdHaftG aber um ein Verbraucherschutzgesetz handelt, sieht es für den geschädigten Verbraucher Beweislasterleichterungen vor. Dies bedeutet, dass der Geschädigte beispielsweise nur den Fehler zum Zeitpunkt des Schadens beweisen muss, nicht jedoch dass der Fehler schon bei Inverkehrbringung vorhanden war. Auch gilt für den Geschädigten der Beweis des ersten Anscheins. Danach müssen typische Geschehensabläufe nicht bewiesen werden, sondern unter Einbeziehung der Lebenserfahrung als wahr unterstellt werden.
Zu seiner Entlastung kann der Hersteller Beweise für das Vorliegen einer Haftungsbefreiung bzw. einer Haftungsminderung vorbringen. Folgende Entlastungstatbestände sind denkbar (§ 1 Abs. 2 und 3, § 6 ProdHaftG):
Wissensstand
Ein Entlastungstatbestand ist nur gegeben, wenn der Fehler des Produkts zum Zeitpunkt der Inverkehrbringung nach dem damaligen Stand von Wissenschaft und Technik nicht hätte vermieden werden können, d. h. wenn die Summe an Wissen und Technik, die zu diesem Zeitpunkt zur Verfügung stand und allgemein anerkannt war, nicht zur Fehlervermeidung ausreichte. Ist dies der Fall, dann scheidet eine Haftung des Herstellers aus, da er nicht für Entwicklungsrisiken haftbar gemacht werden darf. Von der Pflicht zur Aufklärung sowie zum Rückruf von Produkten, die sich als fehlerhaft herausstellen, entbindet dies den Hersteller jedoch nicht.
Keine Fehlerhaftigkeit bei Inverkehrbringung
Gelingt dem Hersteller der Nachweis, dass das Produkt zum Zeitpunkt der Inverkehrbringung fehlerfrei war, kann er nicht haftbar gemacht werden. Dieser Nachweis kann z.B. durch eine lückenlose Dokumentation aller Qualitätssicherungsmaßnahmen erbracht werden. Hierbei wurde die Einrichtung eines Qualitätssicherungssystems in der Vergangenheit jedoch nicht bereits grundsätzlich als ausreichend befunden.
Produktion von Teilprodukten nach Anleitung des Herstellers
Ein Zulieferer ist dann nicht haftbar, wenn er beweisen kann, dass er entweder nach Anleitung des Herstellers ein fehlerhaftes Produkt hergestellt hat oder aber ein fehlerfreies Produkt hergestellt hat, welches auf Grund von Konstruktionsmängeln des Herstellers zu einem fehlerhaften Endprodukt führte (Konstruktionsfehler). Die Haftung des Zulieferers ist regelmäßig ausgeschlossen, da ihm in diesen Fällen die Fehlerhaftigkeit nicht zugerechnet werden kann.
Produktion nach Rechtsvorschrift
Hat der Hersteller das Produkt streng nach Rechtsvorschrift gefertigt, und ist die Beachtung der Rechtsvorschrift für die Fehlerhaftigkeit des Produkts ursächlich, dann liegt dies nicht im Verantwortungsbereich des Herstellers. Der Hersteller ist somit haftungsfrei.
Mitverschulden des Geschädigten
Kann der Hersteller ein vorsätzliches bzw. fahrlässiges Mitverschulden des Geschädigten beweisen, so stellt dies einen Entlastungstatbestand dar. Dies kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn der Geschädigte seine Sorgfaltspflicht verletzt hat, indem er deutliche Warnhinweise des Herstellers ignoriert hat.
Entlastung des Herstellers durch Drittverursachung
Entsteht durch die Handlung eines Dritten und das fehlerhafte Produkt ein Schaden, dann kann der Hersteller voll haftbar gemacht werden. Er hat allerdings ein Rückgriffsrecht gegen den Dritten entsprechend dessen Mitverschulden, sofern der Hersteller für die Handlung des Dritten nicht verantwortlich gewesen ist.
Herstellung für den privaten Eigenbedarf
Eine Haftung ist ausgeschlossen, wenn die Herstellung des Produktes nicht zu einem wirtschaftlichen Zwecke (z.B. Verkauf), sondern für den privaten Eigenbedarf erfolgt ist und das Produkt nicht im Rahmen einer beruflichen Tätigkeit hergestellt wurde. Der Entlastungstatbestand greift allerdings nur, wenn beide Voraussetzungen erfüllt sind.
Diebstahl von Produkten
Voraussetzung für die Haftung des Herstellers ist, dass er für die Inverkehrbringung der Produkte verantwortlich ist. Dies ist nicht der Fall, wenn ihm die Produkte gestohlen und vom Dieb in Verkehr gebracht wurden. Eine Haftung bei gestohlenen Produkten ist somit ausgeschlossen.
5. Für welche Schäden wird wie gehaftet?
Das ProdHaftG sieht je nach Schaden unterschiedliche Haftungsumfänge des Herstellers vor:
Sachschäden
Generell begründet das ProdHaftG keinen Anspruch auf Ersatz des fehlerhaften Produkts selbst, sondern nur einen Anspruch auf Ersatz anderer durch das Produkt entstandener Sachschäden (§ 1 Abs. 1 Satz 2 ProdHaftG).
Voraussetzung ist, dass die Sachschäden im privaten Bereich liegen und nicht im Rahmen einer gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeit entstanden sind. Eine Höchstgrenze für Sachschäden ist nicht vorgesehen, wohl aber eine Selbstbeteiligung des Geschädigten in Höhe von 500 Euro. Somit ist sichergestellt, dass nur wirklich gravierende Schäden durch das ProdHaftG geregelt werden. Zu berücksichtigen ist, dass der durch einen Sachschaden entgangene Gewinn oder Nutzen nicht auf Basis des ProdHaftG geltend gemacht werden kann.
Körperverletzung
Die Ersatzpflicht bei Körperverletzung (§ 8 ProdHaftG) beinhaltet alle Heilungskosten (z.B. Krankenhaus, Arzt etc.), alle Nebenkosten der Heilung (z.B. Kur, Massagen etc.), den Ersatz des durch die Schädigung entstandenen Vermögensschadens und auch zukünftige Rentenansprüche. Anstelle der Zahlung einer Rente ist aber auch ein Abfindungsvergleich möglich. Die Haftungshöchstgrenze für Personenschäden liegt bei 85 Millionen Euro.
Tötung
Grundsätzlich begründet das ProdHaftG nur Haftungsansprüche des Geschädigten selbst gegen den Hersteller. Für die Beerdigungskosten und die Versorgung aller Unterhaltsberechtigenten (z.B. Witwe, Waisen etc.) wird allerdings mitgehaftet. Die Haftungshöchstgrenze für einen Todesfall liegt ebenso bei 85 Millionen Euro.
Schmerzensgeld
Schmerzensgeld sieht das ProdHaftG vor, wenn das schädigende Ereignis nach dem 31. Juli 2002 eingetreten ist (Einfügung von § 9 ProdHaftG). Die Höhe des Schmerzensgeldes richtet sich nach freiem Ermessen, eine verbindliche Schmerzensgeldtabelle existiert nicht. Im Übrigen ist bei Bagatellverletzungen, die nur vorübergehender Natur sind, ein Anspruch auf Schmerzensgeld nach dem ProdHaftG ausgeschlossen.
6. Wann verjährt ein Haftungsanspruch?
Die Verjährungsfrist nach dem ProdHaftG beträgt 3 Jahre (§ 12 ProdHaftG). Für den Beginn der Verjährung müssen folgende Voraussetzungen nebeneinander vorliegen:
- Der Anspruchssteller muss den Schaden kennen bzw. hätte ihn kennen müssen.
- Der Anspruchssteller muss den für den Schaden ursächlichen Fehler kennen bzw. hätte ihn kennen müssen. Hierfür ist in den meisten Fällen ein Sachverständigengutachten unentbehrlich.
- Der Anspruchssteller muss den Ersatzpflichtigen kennen bzw. hätte ihn kennen müssen. Dies ist in der Praxis häufig unproblematisch, da es in vielen Haftungsfällen mehrere Ersatzpflichtige gibt.
Die Verjährungsfrist beginnt grundsätzlich erst dann zu laufen, wenn alle drei Voraussetzungen erfüllt sind. Finden Verhandlungen über den zu zahlenden Schadensersatz statt, so ist die Verjährung während der Dauer der Verhandlungen gehemmt. Scheitern die Verhandlungen endgültig, so läuft die Frist weiter.
Die Beweispflicht für die Verjährung der Haftungsansprüche trägt die Partei, die sich auf die Verjährung beruft, d. h. der Hersteller, Importeur etc.
Die Beweispflicht für die Verjährung der Haftungsansprüche trägt die Partei, die sich auf die Verjährung beruft, d. h. der Hersteller, Importeur etc.
7. Wann erlischt die Haftung?
Grundsätzlich erlischt die Haftung des Herstellers 10 Jahre nach Inverkehrbringung des Produktes (§ 13 ProdHaftG). Damit der exakte Zeitpunkt der Inverkehrbringung bewiesen werden kann, ist eine lückenlose Dokumentation, beispielsweise durch die Vergabe von Seriennummern, notwendig. Da das ProdHaftG auf den Zeitpunkt der Inverkehrbringung abzielt und häufig mehrere Haftende (Hersteller, Importeur, Lieferant) in Frage kommen, sind unterschiedliche Fristabläufe keine Seltenheit, da der Zeitpunkt der Inverkehrbringung bei jedem Haftenden unterschiedlich sein kann.
8. Kann die Haftung ausgeschlossen werden?
Zum Schutz des Verbrauchers kann die Haftung vor dem Schadensfall weder ganz ausgeschlossen werden, noch auf einen bestimmten Betrag begrenzt werden (§ 14 ProdHaftG). Das Verbot des Haftungsausschlusses gilt jedoch nur im Verhältnis zum Verbraucher. Nur wenn der Schadensfall bereits eingetreten ist, kann vertraglich auch mit einem Verbraucher die Haftung wirksam ausgeschlossen werden.
Die Haftung für Produkte im Rahmen der Vertragsgestaltung mit Zulieferern bzw. Importeuren und gewerblichen Anbietern kann jedoch durch haftungsbegrenzende Klauseln (Freistellungsvereinbarungen) oder beispielsweise Verteilung von Prüf- und Kontrollpflichten beschränkt werden. Für die vertragliche Gestaltung solcher Klauseln empfiehlt sich jedoch grundsätzlich die Konsultation eines Rechtsanwalts.
9. Versicherungsschutz
Hersteller im Sinne des ProdHaftG sollten entsprechend ihrem Haftungsrisiko für ausreichenden Versicherungsschutz sorgen. Häufig empfiehlt es sich, eine Produkthaftpflichtversicherung ergänzend zur normalen Betriebshaftpflichtversicherung abzuschließen, da die Betriebshaftpflichtversicherung nicht alle Schäden abdeckt. Von einer Betriebshaftpflichtversicherung sind regelmäßig z.B. Rückrufkosten, Auslandsrisiken bei Exportgeschäften etc. nicht erfasst.
Beim Abschluss einer Haftpflichtversicherung sollte darauf geachtet werden, dass die Deckungssumme der Versicherung in einem angemessenen Verhältnis zum individuellen Haftungsrisiko steht. Außerdem sollte geprüft werden, ob für folgende Schäden ein Versicherungsschutz erforderlich ist:
- Personenschäden - bei Dritten, beim Vertragpartner und im eigenen Unternehmen.
- Sachschäden - am fehlerhaften Produkt selbst und an anderen Produkten (Folgeschäden).
- Vermögensschäden - wie z.B. Rückrufkosten, Ein- und Ausbaukosten schadhafter Teile.
- Sonstige Schäden im eigenen Unternehmen - wie Produktionsunterbrechungen, Gerichtskosten, Sachverständigenkosten, Insolvenzrisiko etc.
Die IHK Pfalz kann rechtliche Erstauskünfte nur an Mitgliedsunternehmen erteilen.