Recht

Gewerbeuntersagung

Bearbeitungstand: 31.08.2017

Fast jeder Unternehmer hat diese Problematik wohl schon einmal erlebt: die Umsatzzahlen brechen ein, die Mitarbeiter wollen weiterhin ihr Gehalt bekommen und auch Steuern, Sozialversicherungsbeiträge u. ä. sind fällig.
Bei diesen finanziellen Engpässen wird die Zahlung von Löhnen und Gehältern oftmals als vorrangige Arbeitgeberpflicht angesehen; die außerdem abzuführenden Steuern, die Beiträge an die Sozialversicherungsträger und an die Berufsgenossenschaft können jedoch nicht mehr rechtzeitig bzw. gar nicht mehr entrichtet werden. Hier droht dann schnell die Einleitung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens nach § 35 Gewerbeordnung (GewO) durch die zuständige Ordnungsbehörde aufgrund einer zu befürchtenden Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden.

Gründe für die Einleitung des Gewerbeuntersagungsverfahrens

Als unzuverlässig im Sinne des § 35 Gewerbeordnung (GewO) gilt ein Gewerbetreibender, wenn er nach dem Gesamtbild seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er das von ihm ausgeübte Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird. Nicht ordnungsgemäß ist die Gewerbeausübung dann, wenn der Gewerbetreibende nicht willens oder nicht in der Lage ist, die im öffentlichen Interesse zu fordernde einwandfreie Führung seines Gewerbes zu gewährleisten. Die Einleitung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens dient daher dem Schutz der Allgemeinheit und der im Betrieb Beschäftigten.
Die folgenden Unzuverlässigkeitsmerkmale sind die häufigsten Gründe für eine Verfahrenseinleitung:
  • Missachtung steuerrechtlicher Pflichten, z.B. Steuererklärungen werden nicht oder ständig verspätet eingereicht und/oder Zahlungen an das Finanzamt werden nicht oder ständig verspätet getätigt,
  • Missachtung sozialversicherungsrechtlicher Pflichten, z.B. Sozialversicherungsbeiträge werden nicht abgeführt,
  • die eidesstattliche Versicherung über das Vermögen muss abgegeben werden oder es ergeht Haftbefehl zur Erzwingung der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung,
  • Begehung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, die im Zusammenhang mit der Gewerbeausübung stehen,
  • die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit für die Gewerbeausübung fehlt, d. h. die für die Gewerbeausübung notwendigen finanziellen Mittel sind nicht vorhanden,
  • es fehlt der wirtschaftliche Leistungswille,
  • das nötige berufliche Verantwortungsbewusstsein liegt nicht vor.
In den meisten Fällen kommen jedoch mehrere dieser Punkte zusammen und führen dann zur Einleitung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens durch die zuständige Ordnungsbehörde.
Da es sich beim Gewerbeuntersagungsverfahren um ein förmliches Verwaltungsverfahren handelt, erfolgt bei Einleitung immer eine schriftliche Mitteilung mit einer ausführlichen Begründung an den Betroffenen. Dieses Schreiben enthält eine Frist zur Stellungnahme, die zur Vermeidung der Gewerbeuntersagung auch unbedingt eingehalten werden sollte.

Besonderheit: Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers

Der Geschäftsführer einer GmbH übernimmt die Aufgaben eines Arbeitgebers. In dieser Funktion hat er die monatlichen Lohnsteuer- und Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben sowie die Lohnsteuer des Arbeitnehmers einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen. Die Pflicht zur Voranmeldung und Abführung gilt auch für die Umsatzsteuer. Auch trägt der Geschäftsführer die Verantwortung dafür, dass die GmbH ihre Pflichten gegenüber den Sozialversicherungsträgern erfüllt. Die einbehaltenen Beiträge zur Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung sind an die Sozialversicherungsträger abzuführen; gleiches gilt auch für die Beiträge zur Berufsgenossenschaft. Kommt der GmbH-Geschäftsführer diesen Verpflichtungen nicht nach, kann nicht nur gegen die GmbH, sondern auch gegen ihn persönlich ein Gewerbeuntersagungsverfahren eingeleitet werden. Bitte beachten Sie daher als Geschäftsführer nicht nur den Schriftverkehr des Regierungspräsidiums mit der GmbH, sondern auch die an Sie persönlich gerichteten Schreiben.

Tipps für betroffene Gewerbetreibende

Da eine Gewerbeuntersagung einen schwerwiegenden Eingriff in Ihre Lebensumstände bedeutet, sollten Sie die Situation auf jeden Fall ernst nehmen!
Die folgenden Hinweise haben wir für Sie zusammengestellt, um die Chancen für einen positiven Verlauf des Gewerbeuntersagungsverfahrens zu erhöhen:
  • Öffnen Sie auf jeden Fall unverzüglich Ihre Post. Holen Sie bei der Post niedergelegte Schreiben schnellstmöglich ab. Sorgen Sie auch bei persönlicher Abwesenheit für die Entgegennahme, Sichtung und Bearbeitung Ihrer Post.
  • Reagieren Sie auf Schreiben der Ordnungsbehörden - vor allem wenn es darin um die Einleitung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens geht. Nehmen Sie binnen der dort genannten Frist unbedingt Kontakt mit dem dortigen Ansprechpartner auf. Zeigen Sie hier Interesse an der Klärung der Situation.
  • Nehmen Sie vereinbarte Gesprächstermine bei der Ordnungsbehörde oder dem Finanzamt wahr bzw. informieren Sie Ihren Gesprächspartner, wenn Sie den Termin aus einem wichtigen Grund verschieben müssen.
  • Halten Sie sich an die mit der Behörde getroffenen Absprachen. Legen Sie z.B. Ratenzahlungsvereinbarungen oder Sanierungskonzepte rechtzeitig vor bzw. informieren Sie die Behörde zeitnah, wenn Sie die Vereinbarung nicht halten können.
  • Signalisieren Sie Ihren Gläubigern (insbesondere: Finanzamt, Krankenkassen, Berufsgenossenschaft) die Bereitschaft zur Tilgung der Schulden. Halten Sie mit den Gläubigern getroffene Vereinbarungen schriftlich fest, damit beiden Seiten konkrete Fakten vorliegen.
  • Informieren Sie von sich aus die Ordnungsbehörde über die Ergebnisse der entsprechenden Gläubigergespräche.
  • Beachten Sie bitte, dass das Gewerbeuntersagungsverfahren auch fortgeführt werden kann, wenn der Betrieb des Gewerbes nach Einleitung des Verfahrens aufgegeben wird.

Rechtliche Folgen einer Gewerbeuntersagung

Sollten alle vorherigen Bemühungen umsonst gewesen und die zuständige Ordnungsbehörde von einer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit nach § 35 GewO überzeugt sein, erlässt sie einen Bescheid, durch den die Ausübung des Gewerbes untersagt wird. Gegen diesen Bescheid können Sie innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen. Im Falle der Anordnung des sofortigen Vollzugs der Untersagung kann beim Verwaltungsgericht ein Antrag auf aufschiebende Wirkung gestellt werden - hier sollten Sie ggf. den Rat eines Rechtsanwalts einholen. Sofortiger Vollzug bedeutet, dass die Gewerbetätigkeit sofort eingestellt und das Gewerbe abgemeldet werden muss.
Ist der Untersagungsbescheid nach Ablauf der Monatsfrist unanfechtbar geworden, kann frühestens nach einem Jahr (in Ausnahmefällen auch früher) ein Antrag auf Wiedergestattung des Gewerbes bei der zuständigen Ordnungsbehörde gestellt werden. Voraussetzung für eine erfolgreiche Antragstellung ist das Vorliegen von Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen, dass eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit nicht mehr vorliegt (sog. „positive Zukunftsprognose”).