Insolvenzordnung: Hinweise für Gläubiger
Die Insolvenzordnung (InsO) regelt den Ablauf eines Insolvenzverfahrens. Sie bietet neben der auf gemeinschaftliche Befriedigung aller Gläubiger gerichteten Verwertung des Schuldnervermögens durch Zerschlagung des Unternehmens auch die Möglichkeiten der Übertragung und des Erhalts des Unternehmens durch Sanierung. Eine Sonderregelung für bestimmte Gruppen ehemals Selbstständiger ist das Verbraucherinsolvenzverfahren. Die Insolvenzordnung bietet natürlichen Personen außerdem die Möglichkeit der Restschuldbefreiung und mittellosen Schuldnern die Stundung der Verfahrenskosten.
- 1. Insolvenzfähigkeit
- 2. Verbraucher- und Regelinsolvenzverfahren
- 3. Insolvenzantrag
- 4. Verfahrenskosten
- 5. Antragsrücknahme und Erledigungserklärung
- 6. Zuständigkeit
- 7. Insolvenzgründe
- 8. Insolvenzeröffnung
- 9. Gläubigerstellung
- 10. Mitwirkung der Gläubiger
- 11. Abwicklung von schwebenden Geschäften und Aufrechnung
- 12. Aufrechnung
- 13. Ende des Insolvenzverfahrens
- 14. Restschuldbefreiung
- 15. Der Insolvenzplan
1. Insolvenzfähigkeit
Ein Insolvenzverfahren kann über das Vermögen von juristischen Personen (AG, GmbH, KGaA, e.V., eG), Personengesellschaften (OHG, KG, GbR, GmbH& Co.KG) und natürlichen Personen eröffnet werden.
2. Verbraucher- und Regelinsolvenzverfahren
Die Insolvenzordnung differenziert zwischen Verbraucher- und Regelinsolvenzverfahren. Zwischen beiden Verfahrensarten besteht keine Wahlmöglichkeit für den Schuldner. Alle zum Zeitpunkt der Antragstellung Selbstständigen, unabhängig vom Umfang ihrer Tätigkeit, unterfallen dem Regelinsolvenzverfahren. Ehemals Selbstständigen ist das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet, sofern ihre Vermögensverhältnisse überschaubar sind und keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen (Schuldner als ehemaliger Arbeitgeber) bestehen. Die Überschaubarkeit ist gegeben, wenn der Schuldner zum Zeitpunkt der Eröffnung weniger als 20 Gläubiger, also max. 19 Gläubiger hat. Zu Forderungen aus Arbeitsverhältnissen zählen insbesondere Lohn- und Gehaltsansprüche ehemaliger Beschäftigter gegen den Schuldner aber auch mittelbare Ansprüche, wie die Lohnsteuer-Forderungen der Finanzämter und Sozialversicherungsträger.
3. Insolvenzantrag
Antragsberechtigt sind Schuldner und Gläubiger. Seit dem 01.01.2007 schreibt § 13 InsO für alle Insolvenzanträge die Schriftform vor. Für den Gläubigerantrag bedarf es eines rechtlichen Interesses an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Außerdem muss der Gläubiger glaubhaft machen, dass seine Forderung gegenüber dem Schuldner besteht und der Eröffnungsgrund vorliegt. Hierfür können grundsätzlich alle Beweismittel, auch eine eidesstattliche Versicherung als allerdings schwächstes Mittel, herangezogen werden. Ist die Forderung des Gläubigers die einzige Forderung, die den Insolvenzgrund herbeiführen würde, und wird sie vom Schuldner bestritten, genügt eine bloße Glaubhaftmachung nicht. In diesem Fall ist für den Beleg der Forderung ein rechtskräftiger Vollstreckungstitel erforderlich.
Ein Vollstreckungstitel ist eine öffentliche Urkunde, in der ein materiell-rechtlicher Anspruch des Gläubigers gegen den Schuldner festgestellt worden ist (z.B. Leistungsurteile, Kostenfestsetzungsbeschlüsse, Vollstreckungsbescheide). Rechtskräftig ist ein Urteil, wenn kein Rechtsmittel (Berufung, Revision) mehr möglich ist oder die Parteien auf Rechtsmittel verzichtet haben.
Ein rechtliches Interesse ist vor allem dann zu verneinen, wenn der Gläubiger mit dem Antrag insolvenzfremde Zwecke verfolgt, etwa den Schuldner als Wettbewerber loszuwerden oder um rückständige Forderungen schneller und vor anderen Gläubigern realisieren zu können. Darüber hinaus kann ein rechtliches Interesse fehlen, wenn der Gläubiger völlig unabhängig vom Insolvenzverfahren seine Rechte geltend machen kann und ein Insolvenzverfahren seine Position in keiner Weise verbessert. Ebenfalls unzulässig ist ein rein vorsorglich gestellter Insolvenzantrag. § 5 InsO räumt die Möglichkeit ein, das gesamte Verfahren oder Teile davon schriftlich durchzuführen.
4. Verfahrenskosten
Das Insolvenzgericht eröffnet das Insolvenzverfahren nur dann, wenn das Vermögen des Schuldners voraussichtlich ausreichen wird, um die Insolvenzverfahrenskosten (Gerichtskosten, Auslagen, Kosten des Insolvenzverwalters) zu decken. Ist der Schuldner eine natürliche Person, mittellos und beabsichtigt, Restschuldbefreiung zu erlangen (hat einen Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt), können ihm die Verfahrenskosten auf Antrag gestundet werden. Ansonsten wird der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen.
Stellt der Gläubiger den Insolvenzantrag, ist er Schuldner der Gebühr für das Verfahren über den Eröffnungsantrag. Wird der Antrag abgewiesen oder zurückgenommen, schuldet er auch die im Verfahren entstandenen Auslagen.
5. Antragsrücknahme und Erledigungserklärung
Erfüllt die Schuldnerin oder der Schuldner im Verlauf des Eröffnungsverfahrens die dem Gläubigerantrag zugrundeliegende Forderung, so entfällt das rechtliche Interesse an der Antragsberechtigung und der Antrag ist unbegründet, § 14 InsO. Der Eröffnungsantrag kann dann entweder zurückgenommen werden oder – unter genauer Angabe von Grund und Zeitpunkt der Erledigung- in der Hauptsache für erledigt erklärt werden. Im ersten Fall hat immer die antragstellende Partei die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 269 Abs.3 ZPO, § 4 InsO), im zweiten Fall entscheidet das Gericht über die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes (§ 91a ZPO, § 4 InsO).
Bei der Entscheidung nach billigem Ermessen trägt in der Regel derjenige die Kosten, der im Hauptsacheverfahren unterlegen wäre.
6. Zuständigkeit
Ein Insolvenzverfahren wird durch Antrag beim zuständigen Insolvenzgericht eingeleitet. Das ist regelmäßig dasjenige Amtsgericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen Sitz hat. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach dem allgemeinen Gerichtsstand des Schuldners. Liegt der Mittelpunkt der selbständigen Tätigkeit in einem anderen Ort, ist ausschließlich das Insolvenzgericht zuständig, in dessen Bezirk dieser Ort liegt.
7. Insolvenzgründe
Das Insolvenzverfahren kann auf Antrag des Schuldners oder eines Gläubigers eröffnet werden, wenn einer der folgenden Insolvenzgründe vorliegt:
7.1 Zahlungsunfähigkeit, § 17 InsO
Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Davon ist in der Regel auszugehen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. Nur vorübergehende Zahlungsstockungen sind dagegen kein Insolvenzgrund. Sie liegen vor, wenn zwar am Tag der Fälligkeit der Forderung dem Schuldner keine Mittel zur Bezahlung zur Verfügung stehen, diese Liquiditätslücke von maximal 10 % seiner Gesamtverbindlichkeiten aber entweder direkt durch die Beschaffung etwa eines Bankkredites oder Stundung von Forderungen oder mit den innerhalb von drei Wochen voraussichtlich zu generierenden liquiden Mitteln beseitigt werden kann.
7.2 Drohende Zahlungsunfähigkeit, § 18 InsO
Drohende Zahlungsfähigkeit liegt vor, wenn der Schuldner voraussichtlich nicht in der Lage sein wird (Prognosezeitraum von 24 Monaten), die bestehenden Zahlungspflichten zum (künftigen) Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. Zur Antragstellung ist hier nur der Schuldner berechtigt. Damit soll missbräuchlichen Anträgen von Gläubigern vorgebeugt werden.
7.3 Überschuldung, § 19 InsO
Bei juristischen Personen ist auch die Überschuldung Eröffnungsgrund. Überschuldung ist gegeben, wenn das Vermögen des Schuldners nicht mehr ausreicht, die bestehenden Verbindlichkeiten zu decken, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens in den nächsten zwölf Monaten ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich (sog. Positive Fortführungsprognose).
Im Einzelnen kann die Feststellung der Überschuldung sehr problematisch sein.
Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, sind die Mitglieder des Vertretungsorgans verpflichtet, unverzüglich (spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bzw. sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung Insolvenzantrag zu stellen, § 15a Abs. 1 InsO.
8. Insolvenzeröffnung
Nach Antragstellung prüft das Gericht zunächst die Eröffnungsvoraussetzungen. Dazu kann es einen Gutachter hinzuziehen, der das Vorliegen der Insolvenzeröffnungsgründe, und ob eine die Kosten des Verfahrens deckende Vermögensmasse vorhanden ist, prüft. Der Sachverständige wird oftmals zugleich zum vorläufigen Insolvenzverwalter ernannt. Die Feststellung des Eröffnungsgrundes und der Deckung der Verfahrenskosten kann eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen. Das Insolvenzgericht kann daher alle Maßnahmen treffen, die erforderlich erscheinen, um eine nachteilige Veränderung in der Vermögenslage des Schuldners zu vermeiden. Das sind außer der Einsetzung eines vorläufigen Insolvenzverwalters u.a. folgende Sicherungsmaßnahmen, vgl. § 23 InsO:
- das Einsetzen eines vorläufigen Gläubigerausschusses
- die Untersagung oder das einstweilige Einstellen von Zwangsvollstreckungen in das Schuldnervermögen,
- die Anordnung einer vorläufigen Postsperre,
Bei einer Postsperre ordnet das Insolvenzgericht an, dass bestimmte oder alle Postsendungen für den Schuldner dem (vorläufigen) Insolvenzverwalter zuzuleiten sind.
- die Anordnung eines allgemeinen Verfügungsverbots des Schuldners über sein Vermögen.
Hierbei verliert der Schuldner das Recht, über sein der Insolvenzmasse zugehöriges Vermögen zu verfügen, d.h. es zu übertragen, es zu belasten, es aufzuheben oder inhaltlich zu verändern.
Der Beschluss über die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen muss öffentlich bekannt gemacht werden. Der Beschluss wird allerdings bereits mit Erlass und nicht erst mit Bekanntmachung bzw. Zustellung an den Schuldner bzw. die gläubiger wirksam.
Der vorläufige Insolvenzverwalter hat nicht nur das Vermögen des Schuldners zu sichern und zu erhalten, sondern das Schuldnerunternehmen auch bis zur Entscheidung über die Verfahrenseröffnung fortzuführen, soweit nicht das Insolvenzgericht einer Stilllegung zustimmt. Wird kein allgemeines Verfügungsverbot erlassen, so kommt dem vorläufigen Insolvenzverwalter nach Maßgabe gerichtlicher Bestimmung nur die Aufsicht über den weiterhin verfügungsbefugten Schuldner zu.
8.1 Eröffnung des Verfahrens
Liegen die Voraussetzungen vor, beschließt das Gericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Der Beschluss wird öffentlich bekannt gemacht und den Gläubigern und Schuldnern des Schuldners sowie dem Schuldner selbst besonders zugestellt.
8.2 Inhalt des Eröffnungsbeschlusses
Der Beschluss enthält gemäß § 27 Abs. 2 InsO neben dem Eröffnungstermin und der Bezeichnung des Schuldners die Benennung des Insolvenzverwalters. Gleichzeitig werden gemäß § 28 InsO die Gläubiger aufgefordert, innerhalb einer bestimmten Frist beim Insolvenzverwalter ihre Forderungen anzumelden und eventuell an Sachen oder Rechten des Schuldners bestehende Sicherungsrechte anzuzeigen. Gleichzeitig werden die Schuldner des insolventen Unternehmens aufgefordert, nur noch an den Insolvenzverwalter zu leisten. Schließlich werden ein Berichtstermin und ein Prüfungstermin für die Gläubigerversammlung festgelegt.
§ 56 InsO stellt klar, dass der Insolvenzverwalter aus dem Kreis aller zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen bereiten Personen auszuwählen ist. Auf der Internetplattform ”www.insolvenzbekanntmachungen.de”. stellen alle Bundesländer ihre Bekanntmachungen ins Internet. Das Insolvenzgericht entscheidet bereits bei Verfahrenseröffnung mit der sog. Eingangsentscheidung des § 287a InsO über die Zulassung des Schuldners zum Restschuldbefreiungsverfahren.
8.3 Forderungsanmeldung
Im Eröffnungsbeschluss werden alle Gläubiger aufgerufen, ihre Forderungen beim Insolvenzverwalter zur Insolvenztabelle anzumelden. Dies muss schriftlich geschehen und kann mit einem vom Insolvenzgericht herausgegebenen Formblatt erfolgen. Die Forderung ist mit einem bestimmten Euro-Betrag anzumelden. Zudem ist der Grund der Forderung, also der Lebenssachverhalt anzugeben, aus dem die Forderung stammt und sich ergibt, dass gerade der Anmeldende sie gerade gegen den Schuldner geltend machen kann. Nicht-geldliche Forderungen sind mit ihrem Gegenwert anzugeben. Zinsen können, müssen aber nicht ausgerechnet werden und können nur bis zum Tag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens angemeldet werden. Der Anmeldung soll außerdem ein Beleg beizufügen, dass die Forderung tatsächlich besteht. Wird die Forderung nicht vom Gläubiger selbst angemeldet, ist eine Vollmacht beizufügen.
Auch der Gläubiger, der das Insolvenzverfahren selbst beantragt hat, muss seine Forderung in diesem Verfahren anmelden, damit sie berücksichtigt wird.
9. Gläubigerstellung
Die Insolvenzordnung unterscheidet verschiedene Gruppen von Gläubigern. Jeder Gläubigergruppe werden unterschiedliche Rechte hinsichtlich der Mitwirkung und der Befriedigung ihrer Forderungen zuerkannt.
In der Rangfolge ihrer Ansprüche wird unterschieden in aussonderungsberechtigte Gläubiger, absonderungsberechtigte Gläubiger, Insolvenzgläubiger und nachrangige Insolvenzgläubiger.
9.1 Aussonderungsberechtigte Gläubiger und einfacher Eigentumsvorbehalt
Ein aussonderungsberechtigter Gläubiger kann gemäß § 47 InsO unter Berufung auf ein ihm zustehendes, sich aus gesetzlichen Vorschriften außerhalb der Insolvenzordnung ergebendes dingliches oder persönliches Recht geltend machen, dass ein Gegenstand nicht zur Insolvenzmasse gehört und diesen herausverlangen. Aussonderungsberechtigte Gläubiger sind also keine Insolvenzgläubiger.
Für Lieferanten ist wichtig, dass der einfache Eigentumsvorbehalt in der Insolvenz des besitzenden Käufers ein Aussonderungsrecht begründet. Befindet sich die unter Eigentumsvorbehalt gekaufte Sache allerdings im Besitz des Insolvenzverwalters, muss er sie grundsätzlich nicht direkt an den Verkäufer herausgeben. Dem Insolvenzverwalter steht gemäß § 103 InsO ein Wahlrecht zu, ob er den Kaufvertrag erfüllen oder die Erfüllung ablehnen will (siehe unten, Nr. 11). Die Ausübung dieses Wahlrechts kann er bis zum Berichtstermin herausschieben und die Entscheidung der Gläubigerversammlung über Sanierung oder Liquidation des Schuldnerunternehmens abwarten. Der Gläubiger muss also unter Umständen die Sache noch bis zum Berichtstermin bei der Insolvenzmasse belassen. Eine Ausnahme gilt nur, wenn in der Zeit bis zum Berichtstermin eine erhebliche Wertminderung der Sache zu erwarten ist (zum Beispiel verderbliche Ware, Saisonware) und der Gläubiger den Verwalter auf diesen Umstand hingewiesen hat. Sinn der Regelung ist es, die Fortführungschancen des Schuldnerunternehmens zu verbessern und eine vorzeitige Zerschlagung des Unternehmens zu verhindern.
9.2 Absonderungsberechtigte Gläubiger, sonstige Formen des Eigentumsvorbehalts, Sicherungseigentum, etc.
Das Gesetz unterscheidet zwischen Absonderungsrechten an unbeweglichen Gegenständen (z.B. Grundstücken) sowie an beweglichen Sachen und Rechten (§§ 49-51 InsO). Ergänzend enthalten die §§ 165 ff. InsO Regelungen für die Verwertung von Absonderungsgegenständen durch den Insolvenzverwalter
Zur Gruppe der absonderungsberechtigten Gläubiger gehören Lieferanten, die einen verlängerten Eigentumsvorbehalt mit Verarbeitungs-, Verbindungs-, Vermischungs- oder Vorausabtretungsklausel vereinbart haben. Außerdem gehören dazu Gläubiger, die über ein Pfandrecht an einer im Schuldnervermögen befindlichen Sache verfügen oder die sich zur Absicherung ihrer Forderungen haben Gegenstände sicherungsübereignen oder Forderungen sicherungsabtreten lassen. Absonderungsberechtigt ist ferner derjenige, dem ein Recht auf Befriedigung aus einem Gegenstand zusteht, der der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen unterliegt.
Allerdings ist allein der Insolvenzverwalter berechtigt, das Sicherungsgut zu verwerten, wenn er es in Besitz hat, und die an den Gläubiger zur Sicherung abgetretenen Forderungen (zum Beispiel. aus verlängertem Eigentumsvorbehalt) einzuziehen. Der Gläubiger ist dann aus dem Erlös zu befriedigen. Vor der Verwertung durch Veräußerung muss der Insolvenzverwalter dem Gläubiger die Art und Weise der Veräußerung mitteilen und ihm die Gelegenheit geben, innerhalb einer Woche auf eine günstigere Verwertungsmöglichkeit hinzuweisen. Benennt der Gläubiger eine günstigere Verwertungsmöglichkeit, so muss der Verwalter sie wahrnehmen oder den Gläubiger so stellen, als ob er sie wahrgenommen hätte. Der Gläubiger kann den Gegenstand auch selbst übernehmen.
Der Insolvenzverwalter darf aus dem Verwertungserlös für das Sicherungsgut die Kosten der Feststellung und der Verwertung sowie eine eventuelle Umsatzsteuerbelastung vorab entnehmen. Die Feststellungskosten werden mit 4 Prozent und die Verwertungskosten mit 5 Prozent pauschaliert. Allerdings erlaubt das Gesetz zur Kompensation dieser Kosten eine entsprechende Übersicherung bei der Begründung des Sicherungsrechts. Verwertungserlöse, die die Höhe des Gläubigeranspruchs übersteigen, fallen der Insolvenzmasse zu. Im Gegenzug kann der absonderungsberechtigte Gläubiger den Teil seiner Forderung als Insolvenzgläubiger geltend machen, der durch die Verwertung abzüglich der Kosten nicht gedeckt werden kann.
Das Gericht kann nach § 21 Abs.2 Nr.5 InsO ein Verbot aussprechen, dass Gegenstände, die mit Aussonderungs- oder Absonderungsrechten belastet sind, nicht an den Gläubiger zur Verwertung herauszugeben sind. Damit wird ein Wettlauf der Gläubiger verhindert. § 35 Abs.2 InsO sieht nunmehr die Möglichkeit der Freigabe der gewerblichen Tätigkeit des Schuldners gewidmeten Vermögens vor.
9.3 Massegläubiger
Massegläubiger gemäß § 53 InsO sind all diejenigen Gläubiger, deren Ansprüche erst nach Verfahrenseröffnung begründet und durch das Verfahren selbst veranlasst worden sind. Hierher gehören vor allem:
Die Verfahrenskosten, also die Gerichtskosten sowie die Vergütung und die Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters, des Insolvenzverwalters und der Mitglieder des Gläubigerausschusses;
Die Verfahrenskosten, also die Gerichtskosten sowie die Vergütung und die Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters, des Insolvenzverwalters und der Mitglieder des Gläubigerausschusses;
- Ansprüche, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden;
- Ansprüche aus bei Verfahrenseröffnung noch nicht erfüllten Verträgen, die der Insolvenzverwalter erfüllen will oder muss (siehe unten, Ziffer 11);
- Sozialplanansprüche der Arbeitnehmer;
- Unterhaltsansprüche des Schuldners und seiner Familie.
Masseverbindlichkeiten werden, soweit das der Umfang der Insolvenzmasse zulässt, in voller Höhe befriedigt.
9.4 Insolvenzgläubiger
Als Insolvenzgläubiger werden alle Gläubiger bezeichnet, die zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (§ 38 InsO). Der Anspruch braucht zu diesem Zeitpunkt nur begründet, nicht aber fällig zu sein. Die Forderungen der Insolvenzgläubiger werden quotenmäßig aus der verbleibenden Insolvenzmasse bedient. Die Quote ergibt sich aus dem Verhältnis der noch vorhandenen Vermögenswerte zur Summe aller Verbindlichkeiten.
Beispiel: Beläuft sich die zur Verfügung stehende Masse auf 100.000,00 Euro und stehen der Verbindlichkeiten in Höhe von 800.000,00 Euro gegenüber, so beträgt die Quote 1/8 = 12,5 Prozent. Beträgt die Forderung eines Insolvenzgläubigers 5.000,00 Euro –, erhält er von dieser Summe 12,5 Prozent, also 625,00 Euro.
9.5 Nachrangige Insolvenzgläubiger
Nachrangige Insolvenzgläubiger (§ 39 InsO) werden nur noch bedient, wenn nach Befriedigung aller anderen Gläubiger noch etwas von der Insolvenzmasse übrig ist (was jedoch so gut wie nie der Fall ist). Nachrangige Insolvenzforderungen sind zum Beispiel die seit Verfahrenseröffnung laufenden Zinsen oder die Kosten, die den einzelnen Gläubigern durch ihre Teilnahme am Insolvenzverfahren erwachsen, aber auch Forderungen auf Rückgewähr eines kapitalersetzenden Darlehens eines Gesellschafters.
10. Mitwirkung der Gläubiger
10.1 Gläubigerversammlung
Den Gläubigern werden bei Durchführung eines Insolvenzverfahrens Mitwirkungsrechte eingeräumt. Das Gesetz sieht hierfür vor allem das Instrument der Gläubigerversammlung vor. Die Gläubigerversammlung wird vom Insolvenzgericht einberufen und vom Insolvenzrichter geleitet. Die Einberufung erfolgt gemäß § 75 InsO entweder auf Antrag des Insolvenzverwalters, des Gläubigerausschusses (siehe unten, Ziffer 10) oder eines einzelnen oder mehrerer stimmberechtigter Gläubiger. Die erste Gläubigerversammlung ist der sog. Berichtstermin.
Zur Teilnahme sind die absonderungsberechtigten Gläubiger, die Insolvenzgläubiger, die Mitglieder des Gläubigerausschusses, der Insolvenzverwalter und der Schuldner berechtigt. Eine Teilnahmepflicht besteht für einen Gläubiger nicht, allerdings sind in seiner Abwesenheit getroffene Beschlüsse bindend. Die Gläubigerversammlung hat zum Beispiel die Befugnis, den Insolvenzverwalter in seiner Amtsführung zu kontrollieren, ihn gegebenenfalls auszuwechseln, sie entscheidet über die Annahme eines Insolvenzplans (siehe unten, Ziffer 15) und über die Fortführung oder Liquidation des Schuldnerunternehmens.
Abstimmungsberechtigt sind nur die absonderungsberechtigten Gläubiger und die nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger. Der Stimmanteil eines Gläubigers richtet sich nach der Summe seiner Forderungen im Verhältnis zur Gesamtsumme aller Forderungen der anwesenden abstimmungsberechtigten Gläubiger. Nicht stimmberechtigt sind Gläubiger, deren Forderungen vom Insolvenzverwalter oder einem anderen Gläubiger bestritten werden. Allerdings kann die Gläubigerversammlung ihnen trotzdem ein Stimmrecht einräumen. Wird das Stimmrecht verweigert, hat der betroffene Gläubiger das Recht, bei Gericht Beschwerde einzulegen.
10.2 Gläubigerausschuss
Die Gläubigerversammlung ist wegen ihrer Größe und wegen der Unterschiedlichkeit der vertretenen Interessen ein relativ unbewegliches Gremium. Deshalb kann das Insolvenzgericht (vorläufig, schon vor Einberufung der ersten Gläubigerversammlung) einen Gläubigerausschuss einsetzen und die Gläubigerversammlung beschließen, einen Gläubigerausschuss einzusetzen. In einem Gläubigerausschuss wirken Vertreter der absonderungsberechtigten Gläubiger, der Insolvenzgläubiger mit den höchsten Forderungen und der Kleingläubiger mit. Außerdem sollen die Arbeitnehmer vertreten sein. Die Vertreter dieser Gruppen brauchen nicht selbst Gläubiger zu sein, so dass außenstehender Sachverstand eingebracht werden kann.
Die wichtigste Aufgabe dieses Gremiums und jedes einzelnen Mitglieds besteht darin, den Insolvenzverwalter bei seiner Geschäftsführung zu unterstützen und zu überwachen. Es besteht zwar kein Weisungsrecht, die Mitglieder sind aber gehalten, sich über die Tätigkeit des Insolvenzverwalters zu informieren, ihn zu beraten und notfalls das Insolvenzgericht einzuschalten. Besonders bedeutsame Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters für das Insolvenzverfahren bedürfen gemäß § 160 InsO der Zustimmung des Gläubigerausschusses. Der Ausschuss entscheidet durch Beschluss mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Ein Beschluss des Ausschusses ist gültig, wenn die Mehrheit der Mitglieder an der Beschlussfassung teilgenommen hat. Seine Mitglieder haften bei Pflichtverletzungen gegenüber den absonderungsberechtigten Gläubigern und den Insolvenzgläubigern auf Schadensersatz. Der Gläubigerausschuss ist gegenüber der Gläubigerversammlung unabhängig und nicht weisungsgebunden.
11. Abwicklung von schwebenden Geschäften und Aufrechnung
Zum Schutz der Gläubigerinteressen aber auch um eine vorzeitige Zerschlagung des Schuldnerunternehmens zu verhindern oder seine Fortführung sicherzustellen ist es notwendig, dass der Insolvenzverwalter bereits begonnene Geschäfte abwickeln und neue anbahnen und durchführen kann. Für solche Geschäfte gelten folgende Regeln:
11.1 Wahlrecht des Insolvenzverwalters
Hat bei einem Geschäft der Schuldner seine Leistung bereits vollständig erbracht, ist der Gläubiger verpflichtet, seine Gegenleistung nach Eröffnung des Verfahrens an den Insolvenzverwalter zu leisten. Unterlässt er dies, kann der Insolvenzverwalter die Leistung mittels Klage erzwingen. Hat der Gläubiger seine Leistung vollständig erbracht, wird er mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit seiner Gegenforderung nur Insolvenzgläubiger.
Bei gegenseitigen Verträgen, bei denen beide Parteien zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ihre Leistungen noch nicht oder nicht vollständig erbracht haben, hat der Insolvenzverwalter gemäß § 103 InsO grundsätzlich ein Wahlrecht. Er kann anstelle des Schuldners den Vertrag erfüllen und vom Vertragspartner Erfüllung verlangen oder er kann die Erfüllung ablehnen. Entscheidet sich der Verwalter dafür, die Erfüllung des Vertrages zu verlangen, werden die Gegenleistungsansprüche des Vertragspartners zu Masseverbindlichkeiten und der Gläubiger zum Massegläubiger. Verweigert der Insolvenzverwalter die Erfüllung, was bei für den Schuldner nachteiligen Geschäften regelmäßig der Fall sein wird, erlöschen die gegenseitigen Leistungspflichten und der Gläubiger kann wegen der Nichterfüllung des Vertrages lediglich als Insolvenzgläubiger Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen.
11.2 Eigentumsvorbehalt
Hat der Gläubiger Ware unter einfachem Eigentumsvorbehalt geliefert und stehen noch Zahlungen des Schuldners aus, kann der Insolvenzverwalter Erfüllung verlangen. Er muss dann die noch ausstehenden Raten als Masseschuld bezahlen. Lehnt der Verwalter die Erfüllung ab, hat der Gläubiger ein Aussonderungsrecht. Der Insolvenzverwalter muss die Ware herausgeben.
11.3 Miet- und Pachtverhältnisse
Miet- oder Pachtverhältnisse über Immobilien oder unbewegliche Gegenstände bestehen fort. War der Schuldner Vermieter, muss der Insolvenzverwalter das Mietobjekt dem Mieter überlassen und das Entgelt zur Masse ziehen. Will sich eine Partei vom Vertrag lösen, kann sie das nur nach den allgemeinen Regeln tun. Im umgekehrten Fall kann der Insolvenzverwalter das Mietobjekt nutzen und muss den Mietzins als Masseverbindlichkeit zahlen. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens berechtigt also nicht zur fristlosen Kündigung. Nach der Regelung des § 109 Abs. 1 S.1 InsO (Schuldner als Mieter oder Pächter) beträgt die Kündigungsfrist für Miet- und Pachträume drei Monate zum Monatsende, sofern nicht eine kürzere Frist maßgeblich ist.
12. Aufrechnung
Die Möglichkeit Forderungen aufzurechnen besteht auch in der Insolvenz. Da dies eine bevorzugte Behandlung solcher Gläubiger darstellt, die ihre Forderungen gegen Forderungen des Schuldners an sie aufrechnen können, ist diese Möglichkeit an einige Bedingungen geknüpft:
Voraussetzung ist zunächst, dass die Aufrechnung auch außerhalb der Insolvenz möglich wäre. Ob dies der Fall ist, richtet sich nach der Art der Forderung, ihrer Fälligkeit und der Erfüllbarkeit der sich gegenüberstehenden Forderungen. War die Forderung bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig, steht einer Aufrechnung nichts im Wege. Für den Fall, dass die Fälligkeit der Forderung des Gläubigers erst nach der Verfahrenseröffnung eingetreten ist, ist eine Aufrechnung zum Fälligkeitstermin möglich, wenn die Gegenforderung nicht schon vorher fällig geworden ist. Gegenforderungen, die erst nach der Verfahrenseröffnung entstanden sind, können nicht aufgerechnet werden. Gleiches gilt, wenn der Gläubiger seine Forderung erst nach der Verfahrenseröffnung erworben hat oder die Forderung des Gläubigers nicht aus der Insolvenzmasse zu bedienen ist, er aber seinerseits die Gegenforderung zur Masse leisten muss.
13. Ende des Insolvenzverfahrens
Nach Abschluss des Insolvenzverfahrens können grundsätzlich noch alle offenen Forderungen gegen den Schuldner geltend gemacht werden. Wegen des Verfahrens der Restschuldbefreiung siehe unten, Ziffer 14. Die Anmeldung einer Forderung zur Insolvenztabelle steht dem gerichtlichen Mahnverfahren insoweit gleich, als damit eine Vollstreckung hinsichtlich des noch nicht befriedigten Teils erwirkt werden kann. Für nicht angemeldete Forderungen muss allerdings ein vollstreckbarer Titel erwirkt werden. Es ist jedoch zu beachten, dass eine juristische Person (zum Beispiel GmbH) grundsätzlich mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder bei Abweisung mangels Masse aufgelöst wird (vgl. für die GmbH: § 60 Abs. 1 Nr. 4, Nr. 5 GmbHG). Offene Forderungen gegen solche Schuldner können also nach Abschluss des Insolvenzverfahrens mangels Existenz eines Schuldners nicht mehr realisiert werden. Nur in Ausnahmefällen können juristische Personen auch nach Abschluss eines Insolvenzverfahrens weiterbestehen und noch Adressaten von Forderungen sein.
14. Restschuldbefreiung
Das unbeschränkte Nachforderungsrecht der Gläubiger hat häufig zur Folge, dass der Schuldner nicht in der Lage ist, sich wieder eine dauerhaft gesicherte wirtschaftliche Existenz zu schaffen. Der Gesetzgeber hat deshalb für den "redlichen Schuldner" die Möglichkeit der Restschuldbefreiung vorgesehen. Der Schuldner muss eine natürliche Person sein.
Voraussetzung für eine Erteilung der Restschuldbefreiung ist zunächst, dass der Schuldner selbst Insolvenzantrag stellt und diesen mit dem Antrag auf Restschuldbefreiung verbindet. Außerdem darf kein Versagungsgrund gemäß § 290 InsO oder ein vorliegen. Das sind unter anderem:
- Die rechtskräftige Verurteilung des Schuldners in den letzten fünf Jahren vor dem Antrag wegen einer Insolvenzstraftat;
- falsche Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse in den letzten drei Jahren vor dem Antrag, um Kredite zu erhalten oder öffentliche Leistungen zu beziehen oder Leistungen an öffentliche Kassen zu vermeiden;
- Verletzung der Erklärungspflicht nach § 287 Abs. 1 S. 3 InsO;
- Schuldhafte Verletzung von Auskunfts- oder Mitwirkungspflichten nach der InsO
Der Antrag auf Restschuldbefreiung ist außerdem unzulässig, wenn beispielsweise dem Schuldner in den letzten 11 Jahren vor dem Antrag auf Insolvenzverfahrenseröffnung Restschuldbefreiung erteilt worden ist, vgl. § 287a Abs. 2 InsO.
Mit Ende des Insolvenzverfahrens beginnt die sog. Wohlverhaltensperiode/Wohlverhaltensphase. Sie dauert drei Jahre ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Währen dieser Zeit ist der Schuldner verpflichtet:
- den pfändbaren Teil seines Arbeitseinkommens an den vom Gericht bestellten Treuhänder abzutreten,
- eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben, oder, wenn er beschäftigungslos ist, sich intensiv um eine solche zu bemühen und jede zumutbare Beschäftigung anzunehmen,
- dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder jeden Wohnort- und Arbeitsplatzwechsel unverzüglich mitzuteilen.
Wird gegen diese Pflichten verstoßen, kann das Gericht bereits während der Dauer der Wohlverhaltensperiode die Restschuldbefreiung versagen. Der Treuhänder verteilt die pfändbaren Einkommensanteile quotal an die Gläubiger, das heißt entsprechend ihrem Anteil an den Gesamtverbindlichkeiten.
Während der Wohlverhaltensphase sind Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einzelner Gläubiger unzulässig. Pfändungen werden mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens unwirksam.
Nach erfolgreichem Abschluss der Wohlverhaltensperiode ergeht seitens des Gerichts nach Anhörung von Schuldner, Treuhänder und Gläubigern ein förmlicher Beschluss, dass der Schuldner nunmehr schuldenfrei ist, soweit keine schuldhaften Obliegenheitsverletzungen oder Versagungsgründe vorliegen. Ausgenommen sind allerdings Schulden, die aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen, aus Geldstrafen, Geldbußen, Zwangs- und Ordnungsgeldern herrühren und neue Schulden, die während der Wohlverhaltensperiode gemacht wurden. Der Beschluss wird öffentlich bekannt gemacht.
15. Der Insolvenzplan
Der Insolvenzplan gemäß §§ 217 ff. InsO soll den Beteiligten eines Insolvenzverfahrens die Möglichkeit eröffnen, eine Insolvenz auf der Grundlage der Gläubigerautonomie flexibel und wirtschaftlich effektiv abzuwickeln. Die an der Insolvenz Beteiligten können im Insolvenzplanverfahren von den Vorschriften der Insolvenzordnung abweichen, wenn sie meinen, dass dies zu einer besseren Verwirklichung des Verfahrensziels (bestmöglichste Befriedigung der Gläubiger) führen kann. Konkret kann bzgl. Befriedigung der absonderungsberechtigten Gläubiger und der Insolvenzgläubiger, der Verwertung der Insolvenzmasse und deren Verteilung an die Beteiligten sowie der Verfahrensabwicklung und der Haftung des Schuldners nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens von den Regelungen der Insolvenzordnung abgewichen werden (vgl. § 217 InsO). Neben der Sanierung oder der Übertragung des Unternehmens ist das Planverfahren auch für von den gesetzlichen Vorschriften abweichende Formen der Liquidation offen.
Insolvenzverwalter und Schuldner sind berechtigt einen Insolvenzplan zu erstellen und vorzulegen. Den Gläubigern steht kein eigenes Initiativrecht zu. Die Gläubigerversammlung kann aber den Insolvenzverwalter unter Vorgabe bestimmter Planziele beauftragen einen Insolvenzplan auszuarbeiten und durch diese Vorgaben starken Einfluss auf die Ausgestaltung des Plans nehmen. Bei der Aufstellung des Plans durch den Insolvenzverwalter wirken der Gläubigerausschuss, wenn ein solcher bestellt ist, der Betriebsrat, der Sprecherausschuss der leitenden Angestellten und der Schuldner beratend mit. Der Plan muss einen darstellenden Teil (§ 220 InsO) enthalten, der über das bisherige Geschehen und die Grundlagen und die Auswirkungen des Plans berichtet, die für die Entscheidung der Gläubiger über die Zustimmung und gerichtliche Bestätigung erheblich sind und einen gestaltenden Teil (§ 221 InsO), in dem festgelegt wird, wie die Rechtsstellung der Beteiligten durch den Plan geändert werden soll. Dazu gehören zum Beispiel Aussagen, welche Forderungen voll erfüllt werden, welche gestundet und welche erlassen werden sollen.
Bei der Festlegung der Rechte der Beteiligten im Insolvenzplan sind gemäß § 222 Inso Gruppen zu bilden, soweit Beteiligte mit unterschiedlicher Rechtsstellung betroffen sind. Zwingend zu bilden sind die Gruppe der absonderungsberechtigten Gläubiger, der Insolvenzgläubiger und der nachrangigen Insolvenzgläubiger. Arbeitnehmer sollen eine besondere Gruppe bilden, wenn sie als Insolvenzgläubiger mit nicht unerheblichen Forderungen beteiligt sind. Für Kleingläubiger und geringfügig beteiligte Arbeitnehmer können besondere Gruppen gebildet werden. Aus den Hauptgruppen können weitere Gruppen gebildet werden, in denen Gläubiger mit gleichartigen wirtschaftlichen Interessen zusammengefasst werden. Die Gruppen müssen sachgerecht anhand der im Insolvenzplan anzugebenden Kriterien voneinander abgegrenzt werden. Eine Ungleichbehandlung der Gläubiger innerhalb der einzelnen Gruppen ist unzulässig, es sei denn alle Beteiligten stimmen zu.
Der Insolvenzplan muss durch einen Beschluss der Beteiligten legitimiert werden. Dies geschieht in einem Erörterungs- und Abstimmungstermin, den das Insolvenzgericht bestimmt. Die Beteiligten stimmen gesondert in den im gestaltenden Teil festgelegten Gruppen ab. Der Plan ist angenommen, wenn gemäß 244 InsO in jeder Gruppe eine Kopf- und Summenmehrheit erreicht wird. Ein Obstruktionsverbot (§ 245 InsO) soll verhindern, dass ein wirtschaftlich sinnvoller Plan am Widerstand einzelner Gläubiger scheitert. Kommt die erforderliche Mehrheit in einer Gruppe nicht zustande, gilt deren Zustimmung trotzdem als erteilt, wenn die Angehörigen der betreffenden Gruppe durch den Plan nicht schlechter gestellt werden, als sie ohne den Plan stünden, und wenn diese Gläubiger angemessen an dem wirtschaftlichen Wert beteiligt werden, der den Beteiligten auf der Grundlage des Plans zufließen soll. Außerdem muss wenigstens die Mehrzahl der abstimmenden Gruppen dem Plan zugestimmt haben. Auch der Schuldner muss dem Plan zustimmen, seine Zustimmung gilt als erteilt, wenn er nicht spätestens im Abstimmungstermin schriftlich widerspricht. Außerdem muss er abschließend vom Insolvenzgericht bestätigt werden.
Wird die Bestätigung des Plans rechtskräftig, treten dessen Wirkungen für und gegen alle Beteiligten ein, also auch gegenüber Insolvenzgläubigern, die ihre Forderungen nicht angemeldet haben und Beteiligten, die dem Plan widersprochen haben. Gerät allerdings der Schuldner mit der Erfüllung des Plans gegenüber einem Gläubiger erheblich in Rückstand, werden für diesen Gläubiger im Plan vorgesehene Stundungen oder teilweiser Erlass von Forderungen hinfällig. Voraussetzung für einen erheblichen Rückstand ist, dass der Schuldner eine fällige Verbindlichkeit nicht bezahlt hat, obwohl der Gläubiger schriftlich gemahnt und eine Nachfrist von mindestens zwei Wochen gesetzt hat.
Gläubiger können aus dem Plan in Verbindung mit der Eintragung in die Tabelle wegen nicht vom Schuldner bestrittener und im Prüfungstermin festgestellter Forderungen die Zwangsvollstreckung betreiben.
Wird die Bestätigung des Insolvenzplans rechtskräftig, beschließt das Insolvenzgericht die Aufhebung des Insolvenzverfahrens. Der Schuldner erhält das Recht zurück, frei über die Insolvenzmasse zu verfügen. Allerdings kann im Insolvenzplan vorgesehen werden, dass die Erfüllung des Plans durch den Insolvenzverwalter überwacht wird.
Dieser Artikel soll - als Service Ihrer IHK Pfalz- nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl er mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.