Rechnungs- und Offenlegungspflichten für Kaufleute

1. Kaufleute

Eine zentrale Pflicht der Kaufleute ist die Rechnungslegungspflicht, die für manche Firmen durch eine Offenlegungspflicht erweitert wird. Nach dem Handelsgesetzbuch (HGB) sind Kaufleute alle Gewerbetreibende. Eine Ausnahme besteht, sofern der Umfang des Gewerbebetriebes so gering ist, dass keine vollkaufmännische Unternehmensführung erforderlich ist. Ein Indiz für einen vollkaufmännischen Geschäftsbetrieb ist ein Umsatz von circa 250.000 EUR, eine doppelte Buchführung und die Beschäftigung von Angestellten. Gewerbetreibende die keinen vollkaufmännischen Geschäftsbetrieb benötigen, werden als Kleingewerbetreibende bezeichnet.
Kleingewerbetreibende können sich freiwillig ins Handelsregister eingetragen lassen und unterliegen dann allen Vorschriften des HGB. Kaufleute sind außerdem juristische Personen wie zum Beispiel Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHs) oder Aktiengesellschaften (AGs).
Alle Kaufleute müssen die besonderen Rechte und Pflichten des HGB, wie zum Beispiel die Rechnungs- und Offenlegungspflichten beachten.

2. Allgemeines zu den Rechnungs- und Offenlegungspflichten

Die handelsrechtlichen Rechnungs- und Offenlegungspflichten für Kaufleute sind hauptsächlich in den §§ 242 ff HGB geregelt. Die Rechnungs- und Offenlegungspflichten wurden zuletzt durch das Kapitalgesellschaften und Co-Richtlinie-Gesetz (KapCoRiLiG) vom 24. Februar 2000 geändert. Das KapCoRiLiG enthielt die Umsetzung der 4. und 7. EG-Kapitalgesellschaften & Co-Richtlinien und hat zur Folge, dass Kapitalgesellschaften und Co nun nach denselben Vorschriften wie Kapitalgesellschaften offenlegen müssen.

3. Rechnungslegung

Alle Kaufleute haben für den Schluss eines jeden Geschäftsjahres einen das Verhältnis ihres Vermögens und ihrer Schulden darstellenden Abschluss aufzustellen. Diese von § 242 HGB vorgeschriebene Rechnungslegung wird als Jahresabschluss bezeichnet. Der Jahresabschluss setzt sich aus der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung zusammen. Die Bilanz stellt zum Ende eines jeden Geschäftsjahres das momentane Verhältnis zwischen Vermögenswerten und Schulden dar. Vom Aufbau her, befindet sich auf der linken Seite (Aktivseite) der Bilanz das Vermögen, auf der rechten Seite (Passivseite), werden die Verbindlichkeiten aufgelistet. Die Bilanz muss ausgeglichen sein, Aktiva und Passiva müssen saldiert Null ergeben
Die Gewinn- und Verlustrechnung ist die für den Schluss eines jeden Geschäftsjahres aufzustellende Gegenüberstellung von Aufwendungen und Erträgen des Geschäftsjahres, die zur Ermittlung des Jahresergebnisses dient. Gemäß den §§ 264 ff HGB ist bei den Kapitalgesellschaften, insbesondere also der GmbH und der Aktiengesellschaft, sowie bei den Personengesellschaften, die keine persönlich haftenden Gesellschafter haben, hier vor allem die GmbH & Co KG, die Bilanz um einen Anhang zu erweitern, der den Jahresabschluss genauer erläutert. Zudem muss ein Lagebericht erstellt werden, der zusätzliche Informationen zu Geschäftsverlauf und Lage der Kapitalgesellschaft enthält. Im Gegensatz zum Anhang gehört technisch der Lagebericht nicht zum Jahresabschluss, für letzteren gelten daher die Vorschriften, die sich auf den Jahresabschluss im engeren Sinne beziehen, nicht. Er ist allerdings den Aktionären bzw. den Gesellschaftern des Unternehmens zugänglich zu machen. Für kleine Gesellschaften gibt es bezüglich der Bilanzerstellung größenabhängige Erleichterungen im § 274a HGB, für kleine und mittlere Gesellschaften sind Erleichterungen bezüglich der Gewinn- und Verlustrechnung im § 276 HGB geregelt.
Durch die Umsetzung des KapCoRiLiG in das HGB muss bei größeren Unternehmen bei Erreichung eines Schwellenwertes ein Konzernabschluss aufgestellt werden. Die Bilanzsumme des Einzelabschlusses nach der Bruttomethode muss 16,5 Millionen Euro übersteigen, die Umsatzerlöse 33 Millionen Euro. Nach der Nettomethode muss der ermittelte Konzernabschluss die Bilanzsumme von 13,75 Millionen Euro übersteigen und die Umsatzerlöse müssen höher sein als 27,5 Millionen Euro. Eine Befreiung von der Pflicht zur Aufstellung eines Jahresabschlusses für Kapitalgesellschaften & Co ist möglich, sofern die Kapitalgesellschaft & Co.
  • in den Konzernabschluss eines Mutterunternehmens einbezogen ist, das seinen Sitz in einem EU-Mitgliedstaat oder in einem EWR-Vertragsstaat hat oder
  • in den Konzernabschluss eines anderen Unternehmens einbezogen ist, das persönlich haftender Gesellschafter dieser Kapitalgesellschaft & Co. ist.
Ferner muss dieser Konzernabschluss sowie der Konzernlagebericht im Einklang mit den EU-Richtlinien 83/349/EWG (Konzernabschlussrichtlinie) und 84/253/EWG (Prüferrichtlinie) aufgestellt, geprüft und offengelegt sein. Die offen zu legenden Unterlagen müssen in deutscher Sprache zum Handelsregister am Sitz der Kapitalgesellschaft & Co. eingereicht werden. Auf die Befreiung der Kapitalgesellschaft & Co. von der Pflicht zur Aufstellung eines Jahresabschlusses muss im Anhang des Konzernabschlusses hingewiesen werden. Die Kapitalgesellschaft & Co. muss trotz der Befreiung noch einen Abschluss nach den für alle Kaufleute geltenden Vorschriften (§§ 238 – 264 HGB) aufstellen.

4. Offenlegung

Das HGB schreibt darüber hinaus in den §§ 325 ff. für Kapitalgesellschaften und Rechtsformen mit einer Haftungsbeschränkung eine Offenlegung der Rechnungslegung vor. Bei großen Kapitalgesellschaften gelten dabei verschärfte Anforderungen.
Offenlegung bedeutet die Einreichung zu einem Register und eine Bekanntmachung im Bundesanzeiger. Diese Regelungen gehen auf verschiedene europäische Richtlinien (83/349/EWG, 78/660/EWG, 90/605/EWG) zurück, die gegen den Widerstand von Teilen der Wirtschaft verabschiedet wurden. Die Richtlinienmussten von der Bundesrepublik Deutschland nach einer Verurteilung durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) Urteil Rs C 272/97 vom 22. April 1999 in deutsches Recht umgesetzt werden.

a. Haftungsbeschränkung begründet Publizität

Hintergrund für die Offenlegungspflichten ist in erster Linie die Verknüpfung von Haftungsbeschränkung und Publizität. Der europäische Gesetzgeber ist der Auffassung, dass derjenige, der sich einer Rechtsform bedient, die sein unternehmerisches Risiko auf das eingesetzte Eigenkapital beschränkt, auf der anderen Seite akzeptieren muss, dass für die Rechnungslegung und insbesondere für deren Publizität ein schärferer Maßstab gilt. Dritte haben, so das Motiv der europäischen Regelung, ein berechtigtes Interesse zu erfahren, wie es mit dieser Haftungsgrundlage steht. Der europäische Gesetzgeber ist der Auffassung, dass dies nicht nur für Kapitalgesellschaften, sondern auch für Personengesellschaften gelten muss, bei denen nicht mindestens ein Gesellschafter persönlich haftet. Haftungsbeschränkung und Publizität gehören danach zusammen.

b. Streit um die Offenlegungspflichten bei Personengesellschaften ohne persönlich haftenden Gesellschafter (z.B. GmbH & Co KG)

Die Regelungen zur Offenlegungspflicht von Personengesellschaften ohne persönlich haftenden Gesellschafter, §§ 264a i.V.m. 325 ff HGB, standen erneut auf dem Prüfstand. Der EuGH hat mit Beschluss vom 23. September 2004 entschieden, dass die Offenlegungspflichten nicht gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen. Zwei deutsche Gerichte hatten den Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung angerufen, ob diese Offenlegungspflichten mit den Gemeinschaftsgrundrechten der Berufsfreiheit, der Presse- und Rundfunkfreiheit sowie dem Gleichheitssatz vereinbar sind (LG Essen, Beschluss. v. 25. November 2002 Az. 45 T1/02, LG Hagen, Beschluss v. 11. Februar 2003 Az 23 T 5/01).
Das mit den Offenlegungspflichten bezweckte Ziel, Dritte vor den finanziellen Risiken durch Gesellschaftsformen wie die GmbH & Co. KG, die eine Sicherheit nur durch das Gesellschaftsvermögen bieten, zu schützen, ist ein dem Gemeinwohl dienender Zweck. Der EuGH konnte nicht erkennen, dass es sich bei der Offenlegungspflicht um einen unverhältnismäßigen, nicht tragbaren Eingriff handelt. Auch das Recht auf freie Meinungsäußerung wird nicht berührt. Die Offenlegungspflicht reglementiert nicht einen bestimmten Beruf, sondern trifft alle Unternehmen einer bestimmten Gesellschaftsform ohne Zusammengang mit einer Tätigkeit, die unter die Freiheit der Meinungsäußerung fällt. Der EuGH kann ebenfalls keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz erkennen.
Der die Ungleichbehandlung rechtfertigende Unterschied liegt darin, dass bei einer GmbH & Co. KG der Gläubiger einem größeren Risiko unterworfen ist, da diese Gesellschaften Dritten eine Sicherheit nur durch das Gesellschaftsvermögen bieten, während bei der KG wenigstens ein Gesellschafter persönlich haftet. Geschützt wird im Übrigen jeder Dritte, ein schutzwürdiges Recht oder Interesse muss nicht belegt werden. Auf Grund dieser beiden Vorlageverfahren hatten einige Registergerichte Ordnungsgeldverfahren ausgesetzt. Nach der EuGH-Entscheidung ist auch bei diesen Gerichten wieder mit einem Vorgehen bei fehlender Offenlegung zu rechnen.

c. Was ist wann offen zu legen?

Offen zu legen sind der Jahresabschluss und Lagebericht samt Bestätigungs- oder Versagungsvermerk, ggf. auch der Konzernabschluss, §§ 325 ff HGB. Der Umfang der Offenlegung ist abgestuft nach Kriterien, die sich an der Größe des Unternehmens orientieren. Damit soll den unterschiedlichen Interessenlagen und Schutzbedürfnissen der publizitätspflichtigen Unternehmen Rechnung getragen werden.
Grundsätzlich gilt: Je größer ein Unternehmen ist, desto mehr hat es Einblick in seine Rechnungslegung zu gewähren. Auch kommt es im Wesentlichen auf die Größe des Unternehmens an, ob im Bundesanzeiger ein Vollabdruck der Unterlagen oder nur ein Hinweis auf diese Unterlagen zu erfolgen hat. Die Unterlagen sind (noch) schriftlich einzureichen. Allerdings können die Registergerichte gestatten, dass die Unterlagen in elektronischer Form eingereicht werden, § 8a Abs. 4 HGB. Der Jahresabschluss ist unverzüglich nach seiner Vorlage an die Gesellschafter, spätestens aber nach Jahresfrist dem Handelsregister einzureichen, § 325 Abs.1 HGB.

4. Einsichtsrecht

Sind die geforderten Unterlagen einmal zum Register eingereicht worden, können sie vor Ort von Dritten eingesehen werden. Es kann eine kostenpflichtige Abschrift bzw. ein Ausdruck verlangt werden. Ein Online-Abruf ist bisher noch nicht rechtlich zulässig und kann daher auch noch nicht verlangt werden.

5. Sanktionen, §§ 331 ff HGB

Das Gesetz sieht Sanktionen für den Fall vor, dass der Jahresabschluss nicht aufgestellt oder offen gelegt wird bzw. inhaltlich falsch ist. Das Sanktionssystem reicht von einem Zwangsgeld bei fehlender Aufstellung des Jahresabschlusses, einer Ordnungswidrigkeit bei mangelnder Offenlegung bis zu einer Straftat bei schweren Verstößen gegen die Richtigkeit und Vollständigkeit der Rechnungslegung. Adressaten sind jeweils die verantwortlichen Geschäftsleiter persönlich, nicht etwa die von ihnen vertretenen Unternehmen. Die Registergerichte werden bei fehlender Offenlegung aber nicht von Amts wegen tätig. Das Tätigwerden des Registergerichts setzt vielmehr den Antrag eines beliebigen Dritten voraus, § 335a Satz 3 HGB. Die Ausweitung des Antragsrechts auf „Jedermann“ war Teil der Neuregelung durch die der deutsche Gesetzgeber den europäischen Richtlinienvorgaben im Sinne der EuGH-Judikatur nachgekommen ist .

Dieser Text soll – als Service Ihrer IHK Pfalz – nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.