Neue Verordnung für Finanzanlagenvermittler

Am 01.08.2020 trat die neue Finanzanlagenvermittlerverordnung (FinVermV) in Kraft. Die Aufzeichnungspflicht für telefonisch oder elektronisch geführte Vermittlungs- und Beratungsgespräche wurde eingeführt.
Eine Vielzahl von Änderungen und Ergänzungen wurden vorgenommen, um die erforderliche MIFiD-II-Konformität herzustellen. Die Änderungen der FinVermV betreffen - neben Neuregelungen zur Berufszulassung - insbesondere die tägliche Vermittlerarbeit. Dies gilt beispielsweise für den Vermittlungs- und Dokumentationsprozess allgemein, aber auch für die Aufzeichnungspflichten von Telefonaten und E-Mail-Kommunikationen.
Es gelten u.a. folgende Änderungen:

1. Kostentransparenz

Neu eingeführt wurde § 11a FinVermV

Der Vermittler hat geeignete Maßnahmen zur Meidung von Interessenskonflikten mit den Anlegern zu ergreifen und sollten sich diese nicht vermeiden lassen die Konflikte angemessen zu regeln.
Ferner darf der Vermittler seine Angestellten nicht so bewerten oder vergüten, oder Anreize für sich oder seinen Beschäftigten schaffen, welche zu Interessenskonflikten oder Mangel an Objektivität führen könnten.

Bestmögliches Interesse und Zuwendungen - § 17 FinVermV

Information über Risiken, Kosten und Nebenkosten - § 13 FinVermV

Die Pflichten des/der Gewerbetreibenden, den/die Anleger/in vor Abschluss eines Geschäfts umfassend und in verständlicher Form über Risiken, Kosten und Nebenkosten zu informieren, sind an die Vorgaben der MiFID II angepasst worden. Dies führt zu einer Erweiterung der Pflichten für Finanzanlagenvermittler/-innen, die in § 13 FinVermV ausführlich geregelt sind.

2. Plausibilitätsprüfung durch den Vermittler - § 16 FinVermV

Prüfung, ob der Konzepteur des Finanzanlageproduktes alle Daten zur Beurteilung geliefert hat. (Vollständigkeit)
Prüfung der Plausibilität anhand der Produktinformationen und des Zielmarktes. Laut BGH ist der Prospekt … darauf zu überprüfen, ob er ein schlüssiges Gesamtbild über das Beteiligungsobjekt gibt und ob die darin enthaltenen Informationen, soweit der Vermittler das mit zumutbaren Aufwand zu überprüfen in der Lange ist, sachlich richtig und vollständig sind. (BGH 30.03.2017-Az. III ZR 139/15)

Dokumentation der Prüfungsschritte

Gem. § 16 FinVermV hat der Vermittler weiter folgende Informationen über den Kunden ein zu holen:
  • Kenntnisse und Erfahrung des Kunden in Bezug auf bestimmt Arten von Finanzanlagen
  • finanzielle Verhältnisse des Anlegers einschließlich der Fähigkeit (finanziell) des Kunden Verluste zu tragen
  • Anlageziele und Risikotoleranz des Kunden
Der Gewerbetreibende darf dem Anleger nur Finanzanlagen empfehlen, die nach den eingeholten Informationen für diesen geeignet sind (Geeignetheitsprüfung). Hinsichtlich der Anforderungen an die Geeignetheit und den im Zusammenhang mit der Geeignetheit geltenden Pflichten sind die Artikel 54 und 55 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 der Kommission entsprechend anzuwenden.
Sofern der Gewerbetreibende die erforderlichen Informationen nicht erlangt, darf er dem Anleger im Rahmen der Anlageberatung keine Finanzanlage empfehlen.
Der Gewerbetreibende hat den nach § 80 Absatz 9 des Wertpapierhandelsgesetzes bestimmten Zielmarkt zu berücksichtigen und mit dem jeweiligen Anleger abzugleichen. Dazu hat er alle zumutbaren Schritte zu unternehmen, um sich die erforderlichen Informationen einschließlich der Bestimmung des Zielmarktes von dem die Finanzanlage konzipierenden Wertpapierdienstleistungsunternehmen oder dem Emittenten zu beschaffen und die Merkmale sowie den Zielmarkt der Finanzanlage zu verstehen.
Er hat die Vereinbarkeit der Finanzanlage mit den Bedürfnissen des Anlegers unter Berücksichtigung des Zielmarktes zu beurteilen und sicherzustellen, dass er Finanzanlagen nur empfiehlt, wenn dies im Interesse des Anlegers ist.
Laut Gesetzesbegründung soll dabei grundsätzlich zulässig sein, dass der Gewerbetreibende in begründeten Ausnahmefällen eine Anlage außerhalb des Zielmarktes vertreibt.

3. Geeignetheitserklärung §18 FinVermV

Der Gewerbetreibende muss gem. § 18 FinVermV u.a. dem Anleger, der Privatkunde ist, auf einem dauerhaften Datenträger vor Vertragsschluss eine Erklärung über die Geeignetheit der im Rahmen der Anlageberatung gegebenen Empfehlung zur Verfügung stellen.
Sofern der Anleger für die Anlageberatung Fernkommunikationsmittel wählt, die die Übermittlung der Geeignetheitserklärung vor Vertragsschluss nicht gestattet, darf der Gewerbetreibende die Geeignetheitserklärung unmittelbar nach Vertragsschluss zur Verfügung stellen, wenn der Anleger zugestimmt hat, und der Gewerbetreibende dem Anleger angeboten hat, die Ausführung des Geschäfts zu verschieben, damit der Anleger die Möglichkeit hat, die Geeignetheitserklärung zuvor zu erhalten.

4. Aufzeichnung tel. Gespräche und elektr. Kommunikation, neu § 18a FinVermV

  1. Der Gewerbetreibende ist verpflichtet, zum Zwecke der Beweissicherung die Inhalte von Telefongesprächen und elektronischer Kommunikation aufzuzeichnen, sobald sie die Vermittlung von oder Beratung zu Finanzanlagen im Sinne des § 34f Absatz 1 Satz 1 der Gewerbeordnung betreffen. Die Aufzeichnung hat insbesondere diejenigen Teile der Telefongespräche und der elektronischen Kommunikation zu umfassen, in welchen die angebotene Dienstleistung der Anlageberatung oder Anlagevermittlung und die Risiken, die Ertragschancen oder die Ausgestaltung von bestimmten Finanzanlagen oder Gattungen von Finanzanlagen erörtert werden. Hierzu darf der Gewerbetreibende personenbezogene Daten verarbeiten.
    Dies gilt auch, wenn das Telefongespräch oder die elektronische Kommunikation nicht zum Abschluss eines Geschäfts führt.
  2. Der Gewerbetreibende hat sicherzustellen, dass alle angemessenen technischen und organisatorischen Maßnahmen ergriffen werden, um Telefongespräche und elektro-nische Kommunikation im Sinne des Absatzes 1 aufzuzeichnen. Nach Absatz 1 aufzeichnungspflichtige Telefongespräche und elektronische Kommunikation dürfen über private Geräte oder private elektronische Kommunikation der Beschäftigten nur geführt werden, wenn der Gewerbetreibende deren Benutzung gestattet oder gebilligt hat und er die Aufzeichnungen mit Zustimmung der Beschäftigten anfertigen oder nach Abschluss des Gesprächs auf einen eigenen Datenspeicher kopieren kann.
  3. Der Gewerbetreibende hat den Anleger sowie seine Beschäftigten vorab in geeigneter Weise über die Aufzeichnung von Telefongesprächen und elektronischer Kommunikation nach Absatz 1 zu informieren.
    Hat der Gewerbetreibende den Anleger nicht vorab über die Aufzeichnung informiert oder hat der Anleger der Aufzeichnung widersprochen, darf er keine telefonische oder mittels elektronischer Kommunikation veranlasste Anlagevermittlung oder Anlageberatung erbringen.
  4. Sofern der Anleger seinen Auftrag im Rahmen eines persönlichen Gesprächs erteilt, hat der Gewerbetreibende dies mittels eines dauerhaften Datenträgers zu dokumentieren. Zu diesem Zweck dürfen auch schriftliche Protokolle und Vermerke über den Inhalt des persönlichen Gesprächs angefertigt werden.
  5. Die Aufzeichnungen sind gegen nachträgliche Verfälschung und unbefugte Verwendung zu sichern und dürfen nicht für andere Zwecke als in Absatz 1 Satz 1 genannt genutzt werden, insbesondere nicht zur Überwachung der Beschäftigten durch den Gewerbetreibenden.
    Eine Auswertung der Aufzeichnungen darf nur zur Erfüllung eines Auftrages eines Anlegers durch einen vom Gewerbetreibende zu benennenden Beschäftigten oder durch die für die Überwachung des Gewerbetreibenden zuständige Stelle oder deren Beauftragten, durch einen Prüfer nach § 24 Abs. 1 oder eine Strafverfolgungsbehörde erfolgen.
  6. Der Anleger kann von dem Gewerbetreibenden bis zum Ablauf der Aufbewahrungsfrist nach § 23 jederzeit verlangen, dass ihm die Aufzeichnungen nach Absatz 1 und (4) oder eine Kopie zur Verfügung gestellt werden.
    Die Aufzeichnungen sind nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist nach § 23 zu löschen oder zu vernichten. Die Löschung oder Vernichtung ist zu dokumentieren.
  7. Hinsichtlich der Anforderungen an die Aufzeichnungspflicht gilt Artikel 76 der De-legierten Verordnung (EU) 2017/565 der Kommission entsprechend.“

5. (Dauer-) Beratungsvertrag § 22 FinVermV

6. Werbung § 14 FinVermV

7. § 23 FinVermV Aufbewahrung

Die Aufzeichnungen nach § 18a Absatz 1 Satz 1 und Absatz 4 sowie die in § 22 genannten Unterlagen sind zehn Jahre auf einem dauerhaften Datenträger vorzuhalten und so aufzubewahren, dass sie von den Geschäftsräumen aus jederzeit zugänglich sind. Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem der letzte aufzeichnungspflichtige Vorgang für den jeweiligen Auftrag angefallen ist