Recht

Der gesetzliche Mindestlohn

Seit dem 01. Januar 2015 gilt in Deutschland der flächendeckende gesetzliche Mindestlohn. 
Bitte beachten Sie: Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsarbeitsgerichts besteht unabhängig neben den Regelungen zum Mindestlohn fort. Ein Arbeitslohn kann daher auch in einem auffallenden Missverhältnis zur Arbeitsleistung stehen, wenn er über den Mindestlohn hinausgeht. Ein auffälliges Missverhältnis nimmt die Rechtsprechung an, wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal zwei Drittel des in der Branche oder Wirtschaftsregion üblicherweise gezahlten Lohns erreicht.

Für wen gilt der gesetzliche Mindestlohn?

Grundsätzlich erhält jeder Arbeitnehmer ab 18 Jahren den gesetzlichen Mindestlohn. Dieser gilt unabhängig davon, ob er in Voll- oder Teilzeit angestellt ist oder welche Position er bekleidet.

Minijobber

Auch Minijobber sind Arbeitnehmer und fallen daher unter den Anwendungsbereich des Mindestlohngesetzes. Sie  erhalten wie andere Arbeitnehmer den gesetzlichen Mindestlohn pro Zeitstunde. Dies ist unabhängig von ihrem sozialversicherungsrechtlichen Status. Daher muss hier der Arbeitgeber zusätzlich zu dem Mindestlohn noch die Arbeitgeberbeiträge an die Minijob-Zentrale abführen.

Ausländische Arbeitnehmer

Ausländische Arbeitnehmer erhalten den allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn, wenn Sie innerhalb Deutschlands tätig sind. Dies gilt sowohl bei deutschen als auch bei ausländischen Arbeitgebern. Relevant ist nur der jeweilige Einsatz des Arbeitnehmers im Bundesgebiet.

Auszubildende

Auszubildende befinden sich in einer Berufsausbildung und nicht in einem Arbeitsverhältnis. Für Sie gilt unabhängig vom Alter der gesetzliche Mindestlohn nicht. Die Vergütung von Auszubildenden wird weiterhin im Berufsbildungsgesetz, § 17,  geregelt.

Praktikanten

Auch Praktikanten erhalten grundsätzlich den gesetzlichen Mindestlohn. Dies allerdings nur, wenn sie ein freiwilliges Praktikum während des Studiums oder der Ausbildung absolvieren, das über einen längeren Zeitraum als drei Monate geht. Auch Praktikanten, die ihr Praktikum im Anschluss an eine Berufsausbildung oder im Anschluss an ein Studium absolvieren, erhalten den Mindestlohn.

Kein Mindestlohn

  • Praktikanten im Rahmen eines Pflichtpraktikums, das sie aufgrund ihrer Schul-, Ausbildungs-, oder Studienordnung leisten.
  • Praktikanten, die zur beruflichen Orientierung vor Aufnahme einer Ausbildung oder eines Studiums ein Praktikum von maximal drei Monaten absolvieren.
  • Praktikanten, die freiwillige ausbildungs- oder studienbegleitende Praktika  von maximal drei Monaten absolvieren, wenn nicht zuvor ein solches Praktikumsverhältnis mit demselben Ausbildenden bestanden hat.
  • Praktikanten im Rahmen einer Einstiegsqualifizierung nach § 54 a SGB III oder einer Berufsausbildungsvorbereitung nach §§ 68 bis 70 des BBiG.
„Praktikant ist unabhängig von der Bezeichnung des Rechtsverhältnisses, wer sich nach der tatsächlichen Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses für eine begrenzte Dauer zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen einer bestimmten betrieblichen Tätigkeit zur Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit unterzieht, ohne dass es sich dabei um eine Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes oder um eine damit vergleichbare praktische Ausbildung handelt.“

Ehrenamtlich Tätige

Bei ehrenamtlich Tätigen gilt der gesetzliche Mindestlohn nicht.

Kinder und Jugendliche ohne Berufsabschluss

Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren ohne Berufsabschluss muss der Mindestlohn nicht gezahlt werden. Hintergrund ist, dass Kinder und Jugendliche nicht aufgrund des Mindestlohns von der Aufnahme einer Berufsausbildung abgehalten werden sollen.

Langzeitarbeitslose

Bei Langzeitarbeitslosen nach § 18 SGB III kann in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses vom Mindestlohn nach unten abgewichen werden. Als Langzeitarbeitslose gelten nach § 18 SGB III Personen, die ein Jahr und länger arbeitslos sind. Durch diese Ausnahme soll Langzeitarbeitslosen der Berufseinstieg erleichtert werden.

Sonderregelungen für bestimmte Branchen

Grundsätzlich wurde ab 2015 ein branchenübergreifender gesetzlicher Mindestlohn in ganz Deutschland eingeführt.

Saisonarbeiter

Auch für Saisonarbeiter in der Landwirtschaft gilt grundsätzlich der gesetzliche Mindestlohn.
Aber im Zuge des neuen flächendeckenden Mindestlohns wird auch die geringfügige sozialversicherungsfreie Beschäftigung neu geregelt. Demnach liegt diese künftig vor, wenn die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens drei Monate oder 70 Arbeitstage begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 450,00 Euro im Monat übersteigt. Kost und Logis sollen auf den Mindestlohn angerechnet werden können.

Übergangsregelungen per Tarifvertrag

Die Mindestlohnkommission entscheidet jährlich, ob der Mindestlohn der Höhe nach anzupassen ist, erstmals zum 01.01.2017. Bis zum 31.12.2017 gingen abweichende Regelungen eines Tarifvertrages, die für alle unter den Geltungsbereich fallenden Arbeitgeber mit Sitz im In- oder Ausland sowie deren Arbeitnehmer verbindlich sind, dem Mindestlohn nach dem Mindestlohngesetz vor. Seit dem 01. Januar 2018 müssen alle Beschäftigten  mindestens den erhöhten gesetzlichen Mindestlohn erhalten.

Welche Vergütungsbestandteile gehören zum gesetzlichen Mindestlohn?

Im Mindestlohngesetz selbst sind keine Regelungen enthalten, welche Zahlungen zum Mindestlohn zählen und welche nicht. Rückschlüsse lassen sich hier lediglich aus den Ausführungen der Koalitionsfraktionen im Gesetzgebungsverfahren ziehen.
Danach sollen nicht zum Mindestlohn gehören:
  • Zahlungen, die ein Arbeitnehmer als Ausgleich für zusätzliche Leistungen erhält, wenn er auf Verlangen ein Mehr an Arbeit oder Arbeitsstunden unter besonderen Bedingungen leistet (Sonntags-, Feiertags-, Nachtarbeits-, Schichtarbeits-, Überstundenzuschläge).
    Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 25.05.2016, Az.: 5 AZR 135/16, bestätigt, dass der gesetzliche Nachtarbeitszuschlag nach § 6 Abs. 5 Arbeitszeitgesetz nicht auf den gesetzlichen Mindestlohn angerechnet werden kann.
    Arbeitsvertraglich vereinbarte Sonn- und Feiertagszuschläge sind nach der Entscheidung des BAG vom 17.01.2018, Az.:  5 AZR 69/17, hingegen grundsätzlich mindestlohnwirksam, d.h. geeignet, den Mindestlohnanspruch zu erfüllen. Das BAG begründet dies damit, dass Zuschläge für Arbeit an Sonn- und Feiertagen im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis erbrachtes Arbeitsentgelt seien und gerade für die tatsächliche Arbeitsleistung gewährt würden. Anders als für während der Nachtzeit geleistete Arbeitsstunden begründe das Arbeitszeitgesetz keine besonderen Zahlungspflichten des Arbeitgebers für Arbeit an Sonn- und Feiertagen.
  • Weihnachts- und Urlaubsgeld, es sei denn der Arbeitnehmer erhält die Zahlung jeweils zu dem für den Mindestlohn maßgeblichen Fälligkeitsdatum tatsächlich und unwiderruflich ausbezahlt. Jährliche Einmalzahlungen von Weihnachts- oder Urlaubsgeld werden hingegen nicht beim Mindestlohn berücksichtigt. Das BAG hat bestätigt, dass das monatlich anteilig gezahlte Urlaubs- und Weihnachtsgeld unter gewissen Voraussetzungen auf den gesetzlichen Mindestlohn angerechnet werden kann, Urteil vom 25.05.16, Az.: 5 AZR 135/16.
  • Wegegeld, wenn es als Aufwandsentschädigung für den besonderen Fahrtaufwand des Arbeitnehmers gezahlt wird. Berücksichtigt würde dagegen ein Wegegeld, das als echter Entgeltbestandteil gezahlt wird.
Trinkgeld ist kein allgemeiner Lohnbestandteil, ein Anspruch auf Trinkgeld besteht nicht. Es handelt sich vielmehr um eine freiwillige Leistung, die nicht auf den Mindestlohn anrechenbar ist.
Nach einer Entscheidung des BAG  ist der gesetzliche Mindestlohn auch für Bereitschaftszeiten zu zahlen, Urteil vom 29.06.16, Az.: 5 AZR 716/15.

Ist der Mindestlohn abdingbar?

Durch individuelle vertragliche Vereinbarungen kann der gesetzliche Mindestlohn nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden. Lediglich in einem gerichtlichen Vergleich kann der Arbeitnehmer wirksam auf die Einhaltung des gesetzlichen Mindestlohns verzichten.

Dokumentationspflichten für Arbeitgeber?

Der Arbeitgeber muss bei Minijobbern, Zeitarbeitnehmern oder Arbeitnehmern aus den Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen von § 2 a Schwarzarbeiterbekämpfungsgesetz (bei denen sofortige Meldepflicht besteht) gesonderte Aufzeichnungen über die Arbeitszeit führen.
Von § 2 a Schwarzarbeiterbekämpfungsgesetz erfasst sind:
  • das Baugewerbe,
  • das Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe,
  • das Personenbeförderungsgewerbe,
  • das Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe,
  • das Schaustellergewerbe,
  • Unternehmen der Forstwirtschaft,
  • das Gebäudereinigungsgewerbe,
  • Unternehmen, die sich am Auf- und Abbau von Messen und Ausstellungen beteiligen,
  • die Fleischwirtschaft.
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Beginn, Dauer und Ende der täglichen Arbeitszeit festzuhalten und diese Aufzeichnungen zwei Jahre lang ab dem für die Aufzeichnung maßgeblichen Zeitpunkt aufzubewahren. Die Aufzeichnung der Arbeitszeit muss spätestens bis zum Ablauf des siebten Tages auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertages erfolgen.
Arbeitgeber haben die Unterlagen, mit denen die Zahlung des Mindestlohns kontrolliert werden kann, aufzubewahren. Diese Aufbewahrungspflicht umfasst den gesamten Zeitraum der Beschäftigung des jeweiligen Arbeitnehmers, insgesamt jedoch nicht mehr als zwei Jahre.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat mittlerweile durch Rechtsverordnungen Erleichterungen im Rahmen der Dokumentationspflichten geschaffen.

Haftet ein Unternehmer auch für Verstöße anderer Unternehmer?

Im MiLoG ist eine Durchgriffshaftung für Mindestlohnverstöße bei vom Unternehmer beauftragten (Sub-)Unternehmen und deren Nachunternehmen geregelt. Diese Durchgriffshaftung betrifft also nicht nur das unmittelbar vertraglich verpflichtete Unternehmen, sondern auch diejenigen Unternehmen, die der eigene Vertragspartner wiederum vertraglich verpflichtet.
Bei einer Beauftragung von Drittfirmen mit Werk- oder Dienstleistungen haftet der Auftraggeber bei deren Mindestlohnverstößen wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausrede verzichtet hat. Das bedeutet, dass auch der Auftraggeber einstehen muss, wenn ein vom ihm beauftragtes Unternehmen den gesetzlichen Mindestlohn nicht zahlt. Ein Arbeitnehmer eines Nachunternehmens, der den gesetzlichen Mindestlohn nicht erhält, muss sich also im Wege der Zwangsvollstreckung nicht auf seinen Arbeitgeber verweisen lassen, sondern kann direkt beim Auftraggeber vollstrecken.
Tipp: Es empfiehlt sich bei der vertraglichen Gestaltung der Dienst- und Werkverträge mit Drittfirmen die Aufnahme einer Klausel, mit der der Auftragnehmer bestätigt, selber den Mindestlohn zu zahlen und auch bei der Auswahl seiner Unternehmer seinerseits eine solche Bestätigung einzuholen. Zudem sollte eine Bestätigung eingeholt werden, dass das Unternehmen nicht nach § 19 MiLoG von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen ist. Ein Ausschluss von Ansprüchen Dritter kann dadurch allerdings nicht gesichert werden! Problematisch an einer vertraglichen Gestaltung sind in diesem Zusammenhang auch die erschwerte Überprüfbarkeit und die fehlende Weisungsbefugnis des Auftraggebers.

Wer kontrolliert die Einhaltung des Mindestlohns?

Für die Überprüfung, ob Arbeitgeber mit Sitz im In- oder Ausland ihren im Inland beschäftigten Arbeitnehmern den gesetzlichen Mindestlohn zahlen, sind die Behörden der Zollverwaltung zuständig. Diese sind zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben berechtigt, Geschäftsräume und Grundstücke des Arbeitgebers zu betreten und Einsicht in Arbeitsverträge und Geschäftsunterlagen zu nehmen sowie Auskünfte zu verlangen.
Es können Geldbußen bis zu 500.000 Euro drohen, wenn ein Arbeitgeber den gesetzlichen Mindestlohn nicht oder nicht rechtzeitig zahlt.
Daneben werden Unternehmen, gegen die wegen einer Ordnungswidrigkeit nach dem Mindestlohngesetz  eine Geldbuße von wenigstens 2.500 Euro verhängt wurde von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen. Dieser Ausschluss soll für einen angemessenen Zeitraum erfolgen, bis die betroffenen Unternehmen die Wiederherstellung ihrer Zuverlässigkeit nachgewiesen haben.
Die IHK Pfalz kann arbeitsrechtliche Erstauskünfte nur an IHK-zugehörige Unternehmen erteilen.