Fragen zur Ausbildung

Probezeit

Bei der Beurteilung eines Auszubildenden sind nicht die gleichen Kriterien auszulegen wie bei der üblichen Mitarbeiterbegutachtung. Ein Berufsanfänger ist in seiner Verhaltensweise noch durch die vorangegangene schulische Ausbildung geprägt. Er muss sich auf die Arbeitswelt umstellen und sich an deren Regeln erst gewöhnen. Die meisten Auszubildenden befinden sich auch noch in einem Entwicklungsstadium. Helfen Sie daher den Auszubildenden, Umstellungsschwierigkeiten zu überwinden, und begegnen Sie Verhaltensweisen, die nicht "erwachsenengerecht" sind, mit kühlem Kopf. Beurteilen Sie auch das Lern- und Sozialverhalten des jungen Menschen, nicht nur das Leistungsverhalten.
Wegen der kurzen Zeit der Umstellungsschwierigkeiten gibt das Leistungsverhalten allein keinen sicheren Hinweis für das Erreichen des Ausbildungsziels. Bewerten Sie beim Lernverhalten die Mitarbeit bei den Unterweisungen und Lehrgesprächen sowie das Anwenden des Gelernten in der betrieblichen Praxis.

Sozialverhalten

Beim Sozialverhalten bewerten Sie die Einstellung und das Verhalten gegenüber den anderen Auszubildenden, den Ausbildern und den sonstigen Mitarbeitern. Betrauen Sie den Auszubildenden während der Probezeit nur mit Tätigkeiten, die später in seinem Beruf bedeutsam sind. Stellen Sie möglichst viele unterschiedliche Aufgaben aus verschiedenen Bereichen, damit Sie Ihr Urteil auf eine breite Basis stützen. Monotone Routinearbeiten und Nebentätigkeiten erlauben kein, auch nur halbwegs sicheres Urteil, über die berufliche Eignung. Beobachten Sie die Arbeitsweise und das Arbeitsverhalten aber machen Sie daraus keine »geheime Kommandosache«. Sprechen Sie mit dem Auszubildenden nicht nur über die Notwendigkeit der Beurteilung und über die Berufskriterien, sondern auch über das Ergebnis der Beurteilung.
Stellen Sie von vornherein klar, dass während der Probezeit eine Beurteilung des Auszubildenden stattfindet. Legen Sie die Kriterien dar. Weisen Sie darauf hin, dass ein Beurteilungsgespräch, ggf. auch mehrere, stattfinden und auch ein Gespräch mit den Eltern geführt werden soll. Die frühe Klarstellung verhindert die Befürchtung, das Gespräch finde nur statt, weil man negativ beurteilt werde.
Einmalige »Ausrutscher« sollten bei der Bewertung in der Probezeit nicht ins Gewicht fallen.
Informieren Sie sich über die Leistungen in der Berufsschule, suchen Sie in Zweifelsfällen auch ein Gespräch mit dem Berufsschullehrer. Suchen Sie von Anfang an das Gespräch mit den Eltern, nicht nur bei Problemen. Führen Sie die Eltern durch den Betrieb und bleiben Sie mit ihnen in  Kontakt.

Entscheidungskriterien

Objektiv festgestellte Leistungsfähigkeit des Auszubildenden, Arbeitscharakter, der durch ständige Beobachtung offenbart wird, Entwicklungsfähigkeit des Auszubildenden. Der Ausbilder sollte sich vor Beginn der Ausbildung Gedanken machen, welche Eignungskriterien und berufstypische Aufgaben für die jeweiligen IHK Ausbildungsberufe gefordert sind. Das kann nach Betriebsart und -größe unterschiedlich sein. Die Ergebnisse sollten schriftlich in einem sorgfältig ausgearbeiteten Beurteilungsbogen festgehalten und möglichst von mehreren Beurteilern stammen.
Die Probezeit muss mindestens 1 Monat und darf höchstens 4 Monate betragen und darf nicht weiter verlängert werden (§ 20 BBiG). Sie ist gesetzlich vorgeschrieben, selbst wenn dem Ausbildungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis vorangegangen ist. Längere Probezeiten sind unwirksam! Die konkrete Dauer innerhalb dieses gesetzlichen Rahmens muss im Ausbildungsvertrag festgelegt werden. Während der Probezeit, in der sich die Partner kennen lernen sollen, haben Betrieb und Auszubildende bereits alle Rechte und Pflichten, die für das Berufsausbildungsverhältnis gelten.

Sinn der Probezeit

Oft herrscht bei den Unternehmen und künftigen Auszubildenden Unsicherheit darüber, ob man denn überhaupt zusammen passt, hat man sich doch in der Regel bis dahin nur beim Vorstellungsgespräch kennen gelernt. Sinn der Probezeit ist es, dass sich das Ausbildungsunternehmen einen Überblick darüber verschaffen kann, ob der Jugendliche für den Beruf geeignet ist und ob er sich von seiner Persönlichkeit her in das betriebliche Umfeld einfügen kann. Der Jugendliche wiederum sollte in der Zeit prüfen, ob der gewählte Beruf tatsächlich seinen Vorstellungen und Neigungen entspricht und ob der Ausbildungsbetrieb und er auf einer „Welle“ liegen.

Probezeit nutzen

Die Probezeit von vier Monaten bietet dem Ausbildenden die Möglichkeit, im Betriebsablauf zu überprüfen, ob die Auszubildenden für den Beruf geeignet sind und Ausbildungsbetrieb und Auszubildende zueinander passen. Leider verstreicht die Probezeit oft ungenutzt.
Die/der Ausbildungsverantwortliche sollte sich vom ersten Tag an ein Bild von der Leistungsfähigkeit und dem Verhalten seiner Auszubildenden verschaffen. Wichtig ist ein regelmäßiger Austausch mit den Auszubildenden. Sie sollten regelmäßige Rückmeldungen über ihre Arbeitsleistungen und ihr Verhalten bekommen. Sie sollten die Gelegenheit erhalten, selbstkritisch die ersten Eindrücke zu schildern.
Sehr wichtig ist, dass sich die Ausbildungsverantwortlichen in der Berufsschule über ihre Auszubildenden erkundigen. Wenn gegen Ende der Probezeit ernsthafte Zweifel an Eignung oder Neigung der Auszubildenden bestehen, sollte die Möglichkeit der Kündigung genutzt werden.

Probezeit nach Praktikum

Schwierig wird es, wenn der Auszubildende vor Beginn der Ausbildung im Unternehmen über einen längeren Zeitraum ein Praktikum zur Erprobung seiner Eignung für den Ausbildungsberuf bzw. eine Einstiegsqualifizierung absolviert hat. Dann kann die Vereinbarung einer Probezeit jedenfalls insoweit unwirksam sein, als sie die Mindestzeit von einem Monat überschreitet.

Probezeit bei Betriebs- oder Eigentümerwechsel?

Wechselt der Azubi während der Probezeit das Unternehmen, ist mit dem neuen Unternehmen zwingend eine neue Probezeit zu vereinbaren. Wird das Unternehmen veräußert und bekommt dadurch einen neuen Eigentümer, darf keine neue Probezeit vereinbart werden.

Verlängerung Probezeit

Eine automatische Verlängerung der Probezeit (etwa bei tatsächlicher Unterbrechung durch Krankheit) ist im Gesetz nicht vorgesehen. Dagegen ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes eine vertragliche Verlängerung der Probezeit bei einer Unterbrechung von mindestens einem Drittel der vereinbarten Probezeit zulässig, selbst wenn durch die Verlängerung der 4-Monatszeitraum überschritten wird. D.h. also: Wird die Ausbildung während der Probezeit um mehr als ein Drittel dieser Zeit unterbrochen, so verlängert sich die Probezeit um den Zeitraum der Unterbrechung (mit dem Formular "Anhang zum Berufsausbildungsvertrag)

Erleichterte Kündigung

Während der Probezeit kann das Ausbildungsverhältnis ohne Frist und ohne Angabe von Gründen gekündigt werden (§ 22 BBiG). Nach der Probezeit ist die Kündigung für beide Seiten nur noch aus wichtigem Grund ohne Kündigungsfrist möglich (siehe dazu auch Schlagwort Kündigung). Daher müssen sich die beiden Vertragsparteien rechtzeitig vor Ablauf der Probezeit entscheiden, ob der Vertrag über die Probezeit hinaus weiterbesteht.

Erneute Probezeit im Einzelhandel nach Abschluss als Verkäufer?

Wie wird in den Fällen verfahren, wenn ein Azubi nach erfolgreichem Abschluss zum "Verkäufer / Verkäuferin" die Ausbildung zum "Kaufmann / Kauffrau im Einzelhandel" im gleichem Betrieb fortsetzt? In diesem Fall wird eine erneute Probezeit von einem Monat empfohlen.
Wie verhält es sich, wenn der Ausbildungsvertrag vom "Kaufmann/-frau im Einzelhandel" zum "Verkäufer/-in" umgeschrieben wird? Eine solche Notwendigkeit wird sich nur in Einzelfällen ergeben. Auch bei dieser Konstellation muss aufgrund der zwingenden Gesetzeslage eine Probezeit von mindestens einem Monat vereinbart werden.
Bei einem neu eingestellten Auszubildenden, der zuvor als Arbeitnehmer im selben Betrieb gearbeitet hat, ist eine Vereinbarung von bis zu vier Monaten Probezeit zulässig.
Hat der Auszubildende vor Beginn der Ausbildung eine Einstiegsqualifizierung im entsprechenden Berufsfeld im Ausbildungsbetrieb durchlaufen, wird eine Probezeit von nur einem Monat empfohlen.