International

Geschäftskultur Mexiko

Einführung

Warum ziehen sich die Verhandlungen mit dem potentiellen mexikanischen Geschäftspartner so sehr hin? Warum spielt Privates im geschäftlichen Gespräch eine große Rolle? Wieso kommunizieren mexikanische Mitarbeiter offene Fragen nicht klar und direkt?
Wer sich der zentralen Unterschiede zwischen der mexikanischen und deutschen Mentalität bewusst ist, der kennt die Ursachen für diese scheinbaren Schwierigkeiten und kann Sie umschiffen. Gleichzeitig sollten diese Differenzen nicht zu hoch bewertet werden. Im Umgang mit mexikanischen Geschäftspartnern tritt man am besten souverän und unbefangen auf.

Kommunikationsweise

Deutsche sind im Ausland für ihre direkte Kommunikationsweise bekannt. Im Vordergrund eines geschäftlichen Gesprächs steht der Austausch sachbezogener Informationen. Ziele sollen in einem bestimmten Zeitplan erreicht und Probleme gelöst werden. Das Äußern von offener Kritik ist zu diesen Zwecken üblich. Geschäftliches und Privates wird eher getrennt.
Eine solchermaßen direkte Kommunikationsweise wird in Mexiko nicht an den Tag gelegt. Auch durch einen Ausländer wird sie nicht zielführend sein. Im Vordergrund eines geschäftlichen Gesprächs, insbesondere zu Beginn des Kontaktes, steht der Aufbau einer persönlichen Beziehung und Vertrauensgrundlage. Die Gesprächsatmosphäre zwischen Mexikanern ist freundlich und persönlich. Höflichkeit und Respekt im Umgang miteinander sind von hoher Bedeutung. Die Herstellung von Harmonie und Konsens zwischen den Beteiligten steht noch vor den zu bearbeitenden Sachfragen.
Direkte Kritik wird als unhöflich wahrgenommen, daher wird sie entweder nicht oder äußerst indirekt geäußert. Offene Kritik würde zum Gesichtsverlust führen und die harmonische Beziehungen zwischen den Geschäftspartnern gefährden. Änderungswünsche und andere konfliktbehaftete Aussagen sollten daher diplomatisch und geduldig vermittelt werden.
Das Private und das Geschäftliche sind in Mexiko wesentlich stärker miteinander verbunden als in Deutschland. Die Umgangsweise zwischen Geschäftsleuten ist herzlich und offen. Persönliche und nicht zuletzt auf dem Austausch privater Informationen beruhende Beziehungen sind die Grundlage für unternehmerischen Erfolg im Land. Diese Beziehungen sollten allerdings nicht als reines Mittel zum Zweck gesehen werden, sondern als echte Chance auf einen persönlichen Zugang zu Land und Leuten. Aufbau und Erhalt dieser Beziehungen erfordern Zeit.
Spanisch ist die offizielle Landessprache und dominante Verkehrssprache im Geschäftsleben. Englisch wird eher in internationalen oder in Nordmexiko angesiedelten Unternehmen gesprochen. Sind mehrmalige Aufenthalte vorgesehen oder eine dauerhafte Präsenz geplant, ist der Erwerb von Spanischsprachkenntnissen unerlässlich.

Geschäftstreffen

Das erste Treffen findet in der Regel im Unternehmen des potentiellen Geschäftspartners statt und dient nicht der Verhandlung oder gar einer konkreten Entscheidung. Die Kontaktanbahnung ist auf die zwischenmenschliche Kommunikation und Schaffung von Vertrauen ausgerichtet. Neueinsteiger sollten sich klar machen, dass sie Zeit in den Aufbau solcher persönlichen Beziehung investieren müssen.
Die weiteren Geschäftstreffen finden zumeist bei einem Mittagessen oder einem späten Frühstück statt. Diese Treffen können mehrere Stunden in Anspruch nehmen. Die Abendzeiten und das Wochenende sind in der Regel der Familie vorbehalten. Die kulinarische Vielfalt Mexikos ist groß und das Essen ein zentrales Stück Lebensart. Das Geschäftsessen und ähnliche Anlässe sind eine ideale Gelegenheiten zur Kontaktintensivierung.
Späteres Erscheinen von mexikanischer Seite, auch zu einem wichtigen Treffen, ist üblich und nicht unhöflich. Als Ausländer sollte man allerdings die altbekannte Tugend der Pünktlichkeit pflegen, insbesondere bei internationalen Geschäftspartnern.
Der Dresscode für alle Geschäftstreffen ist sowohl für Frauen als auch für Männer klassisch und professionell. Gastgeschenke sind nicht unbedingt erforderlich, werden aber gerne akzeptiert. Stattdessen oder in Ergänzung sollte in eine weitere Einladung zu einem Treffen bzw. Geschäftsessen investiert werden.
Für ein Treffen in größerer und offizieller Runde sollten einige einführende und durchaus humorvolle Worte vorbereitet werden. Solche Treffen beginnen oft mit einer kurzen offiziellen Begrüßung durch den mexikanischen Partner. Ob und in welcher Art eine Erwiderung erwartet wird, kann sich in der Situation entscheiden.
Einladungen in das Haus des mexikanischen Geschäftspartners sind ein hoher Vertrauensbeweis und erfolgen, wenn überhaupt, erst in einem fortgeschrittenen Stadium der Beziehungen. Geschäftliches wird bei einer solchen Einladung in der Regel nicht besprochen und pünktliches Erscheinen von Seite des Eingeladenen ist unüblich. Verspätungen von einer halben bis zu einer ganzen Stunde sind die Regel. Der Dresscode ist weiterhin förmlich und professionell.

Entscheidungsprozesse

Die Entscheidungsstrukturen mexikanischer Unternehmen sind oft stark zentralisiert und hierarchisiert. Der Eigentümer bzw. Geschäftsführer ist meistens die einzige Person, die letztendlich verbindliche Entscheidungen treffen kann.
Dass Kompetenzen nur in geringem Maß delegiert werden, kann die Verhandlungen mit einem neuen (auswärtigen) Geschäftspartner sowohl erschweren als auch erleichtern. Die zuständige mexikanische Führungskraft muss einerseits keine weiteren Entscheider ins Boot holen und kann relativ autonom verfahren. Allerdings ist diese Führungskraft auch der Flaschenhals, an dem sich nicht nur die den neuen Geschäftspartner betreffenden Entscheidungen stauen. Entscheidungen von mexikanischer Seite sowie die Verhandlungen insgesamt werden länger dauern, als es deutsche Unternehmen gewohnt sind.
Beginnt der Kontakt mit dem mexikanischen Unternehmen nicht unmittelbar auf Ebene der Entscheider, sollte manche Konzession noch zurückgehalten werden. Es ist ratsam, bestimmte Verhandlungspositionen in der Hinterhand zu haben, bevor die letztendlich verbindlichen Verhandlungen mit den Führungskräften beginnen.
Sollten mexikanische Geschäftspartner mit etwas nicht einverstanden sein oder ein Angebot komplett ablehnen, werden sie dies nicht direkt und offen äußern. Diese eher konfrontative Kommunikationsweise wäre unhöflich und unüblich.
Wenn der Eindruck entsteht, dass ein Prozess ins Stocken geraten ist, sollte auf diplomatische und nicht-konfrontative Art und Weise erfragt werden, wo genau das Problem liegt. Mit der Zeit wird man ein Gefühl für die in Mexiko stärker als in Deutschland ausgeprägte nonverbale Kommunikationsebene entwickeln.
Investieren Sie in die persönlichen Beziehungen zu Ihren Geschäftspartnern. Auf der Basis gegenseitigen Vertrauens können Entscheidungshindernisse leichter aus dem Weg geräumt werden.

Mitarbeiterführung

Ist der Aufbau einer dauerhaften Präsenz in Mexiko geplant, werden sehr wahrscheinlich auch einheimische Mitarbeiter beschäftigt werden. In der Zusammenarbeit mit mexikanischen Kollegen und der Führung der einheimischen Mitarbeiter gibt es einige Unterschiede zu deutschen Gepflogenheiten zu beachten.
Wie zuvor beschrieben, sind mexikanische Unternehmen meistens sehr hierarchisch aufgebaut und der Großteil aller Entscheidungskompetenzen beim Eigentümer bzw. Geschäftsführer angesiedelt. Dieser Aufbau hat Konsequenzen für die Arbeitsweise im Unternehmen.
So wird von mexikanischen Führungskräften in der Regel weniger bis keine Eigeninitiative von Seiten der Mitarbeiter erwartet. Klare, umfassende und detaillierte Arbeitsanweisungen der Vorgesetzten entbinden den einzelnen Mitarbeiter in Weiten Teilen von eigenverantwortlicher Aufgabengestaltung. Taktische und strategische Entscheidungen werden auf der obersten Führungsebene zentralisiert.
Ist Kritik an der Arbeit der Mitarbeiter zu äußern, wird dies auf keinen Fall direkt oder gar öffentlich getan. Stattdessen werden Hinweise zur Verhaltensänderung gegeben oder auf die Arbeit anderer Kollegen verwiesen. Dem Mitarbeiter sollte gestattet werden, den Fehler zu erkennen und das Verhalten zu verändern. Dass alle Personen ihr Gesicht wahren können, ist die Voraussetzung für eine dauerhafte harmonische Beziehung.
Auch umgekehrt werden Mitarbeiter den Führungskräften gegenüber keine direkte Kritik äußern oder offene Fragen ansprechen. Das zu tun käme einem Zweifel an der Kompetenz der Führungskraft gleich, wäre respektlos und würde die Wertschätzung des Vorgesetzten gegenüber dem Mitarbeiter aufs Spiel setzen. Im Gegenteil werden Mitarbeiter eher versuchen, positive Einschätzungen über die Aufgabengestaltung und das Einhalten von Fristen zu präsentieren, auch wenn diese nicht unbedingt realistisch sind.
Um solche Situation zu vermeiden, sollten Aufgabeninhalte und Ziele sehr umfassend und klar beschrieben werden. Führungskräfte informieren sich regelmäßig bei Ihren Mitarbeitern, um somit indirekt die Einhaltung inhaltlicher und zeitlicher Vorgaben zu kontrollieren. Es wird oft und umfassend mit Mitarbeitern kommuniziert, Führungskrafte zeigen physische Präsenz und motivieren durch Lob auch alltäglicher Leistungen.

Fazit

Zum Abschluss ist festzuhalten, dass man sich der kulturellen Unterschiede und Geschäftsmentalitäten bewusst sein sollte, sie aber gleichzeitig nicht überzubewerten sind. Viele internationale und deutsche Unternehmen sind seit langer Zeit erfolgreich auf dem mexikanischen Markt aktiv. Die unterschiedlichen Wahrnehmungen und Herangehensweisen können aufeinander sehr positiv einwirken.
Neueinsteiger auf dem mexikanischen Markt sollten geduldig sein und im Umgang mit den Menschen unbefangen. Investieren Sie Zeit in den Aufbau persönlicher Beziehungen und lassen Sie sich auf Ihre Geschäftspartner und deren herzliche Art ein.