International

Speed-Dating für Geschäftskontakte

Das Wirtschaftsministerium Rheinland-Pfalz bietet Markterkundungsreisen in die ganze Welt an. Für regionale Unternehmen öffnen sich so Türen zu neuen Märkten. Im Oktober hob der Flieger ab Richtung Brasilien. An Bord fünf Unternehmerinnen und Unternehmer aus Rheinland-Pfalz. Kai von Linden vom Kompetenzzentrum Lateinamerika der IHK Pfalz war mit dabei im brasilianischen Porto Alegre und Sao Paulo, stand mit Rat und Tat zur Seite und fragte sich: Was treibt die Unternehmerinnen und Unternehmer an?
„Das können wir besser!“, war wohl der Gedanke, als Unternehmerin Sabine Monsieur auf einer privaten Paraguay-Reise eher zufällig in eine Dachziegel-Fabrik stolperte. Eben das gleiche Produkt, das sie mit ihrem Mann und Sohn im Familienbetrieb im pfälzischen Sembach seit Jahren erfolgreich als Kunststoffware herstellt, lief dort jenseits des Atlantiks vor ihren Augen über das Band. Wäre da nicht auch ein Markt in Südamerika für das eigene Produkt? Die Idee ließ Frau Monsieur nicht mehr los und gemeinsam mit Ihrem Mann Rene arbeitet sie seitdem am Aufbau eines Netzwerkes in Lateinamerika.
Deutsche Produkte seien hochpreisig, aber die Qualität überzeuge, fasst Rene Monsieur, Geschäftsführer des vor 55 Jahren gegründeten Betriebs moreplast, es zusammen. Die Wirtschaftsreise würden sie nutzen um abzutasten, ob es hier Abnehmer für dieses Nischenprodukt gäbe und ob sich auch Akzeptanz für die Preise finde. 30 Jahre Garantie, unkomplizierte Montage von ganzen Leichtdachsystemen und kinderleichter Transport im Vergleich zu schweren Dachziegeln aus Ton: Die Produkteigenschaften sind vielversprechend.
Die Monsieurs mit ihrem Unternehmen moreplast sind ein Beispiel für Expansion nach Lateinamerika. Die Firma TLT-Turbo aus Zweibrücken ist bereits im Markt aktiv. Jefferson Machado ist Vertriebsingenieur und vertritt den Pfälzer Mittelständler der Industrieventilatoren-Fertigung auf dem südamerikanischen Kontinent. „Derzeit gibt es nur wenige Mitbewerber auf dem Markt in unserer Branche. Daher sehen wir hier große Chancen um Marktanteile zu gewinnen. Besonders in der Zement-, Stahl- und Nahrungsmittelbranche“, erklärt er die Beweggründe für die Expansion von TLT Turbo, deren Ventilatoren bereits in diversen Kontexten vom Bergbauschacht über den Metrotunnel bis zum Ferrari Formel-1-Windkanal Einsatz gefunden haben.

Tage sind vollgepackt mit Programm

Der rheinland-pfälzischen Unternehmensdelegation gehören neben TLT Turbo und dem Kunststoffprofilhersteller moreplast auch ein Pfälzer Zoologie-Großhandel, ein Westhofener Filterproduzent und ein innovativer Druckerhersteller aus Wissen an. Für Strand und Natur bleibt der geselligen Runde leider keine Zeit, die Tage sind vollgepackt mit Programm. Firmenbesuche, Stadtführung, Standortpräsentationen und Marktbriefings reihen sich aneinander. Beim abendlichen Restaurantbesuch tauschen sich die Teilnehmer über das Erlebte aus, während das brasilianische Churrasco, ein Rindfleisch vom Spieß, von den Kellnern gereicht wird.
Die Auslandshandelskammern, auch AHKs genannt, sind der deutschsprachige Partner der IHKs vor Ort. Sie organisieren mit ihrem Ortswissen die Programmpunkte. In Porto Alegre ist die Delegation zu den Feierlichkeiten des Tags der Deutschen Einheit geladen. Im neoklassizistischen Theatro Sao Pedro mitten im historischen Zentrum der Hafenstadt bereitet Generalkonsul Marc Boghdan den Unternehmerinnen und Unternehmern einen herzlichen Empfang. Rheinland-Pfalz revanchiert sich und serviert pfälzische Wein für die geladenen Gäste. Generalkonsulin Martina Hackelberg lädt in den palmengesäumten Garten ihrer Residenz in Sao Paulo. Wie ihr Amtskollege in Porto Alegre, nimmt sie sich Zeit für persönliche Gespräche. Der schwäbische Werkzeugbauer Trumpf feiert sein 100-jähriges Bestehen. Die Entrepreneure aus Rheinland-Pfalz finden sich mitten im Kreis der deutschen Geschäftswelt Sao Paulos wieder. Praktisch, wer ein paar Visitenkarten in der Tasche hat.
Rund 12 Stunden Flug sind es von Frankfurt nach Sao Paulo. Brasiliens Landfläche reicht in seiner Größe an die Europas heran. 215 Millionen Menschen leben hier in der größten Volkswirtschaft Lateinamerikas. Ein bisschen Abenteuerlust gehört schon dazu. Unternehmerpaar Monsieur will über den Tellerrand schauen. Sie liebäugeln sogar mit einem Wohnsitz in Paraguay, vielleicht ein Musterhaus, gebaut mit eigenen Kunststoffprodukten um damit neue Kunden überzeugen zu können. Sabine Monsieur erinnert sich an ihr kürzlich absolviertes Duales Studium „Unternehmertum“ an der DHBW Karlsruhe und die Worte ihres Professors. „Du musst größer denken!“, spornte er sie an. Mit dem Markteintritt erhoffen Sie sich unabhängiger von europäischen Krisen zu werden.

B2B-Matchmaking

Geschäftskontakte können die Unternehmerinnen und Unternehmer vor allem beim sogenannten B2B-Matchmaking knüpfen. Dort warten von der Auslandshandelskammer akquirierte brasilianische Firmenvertreter, die ihr Interesse an den deutschen Produkten bekundet haben. In etwa dreiviertelstündigen Gesprächen stellen beide Seiten sich vor und es entsteht Vertrauen. Essenziell um in Lateinamerika ein Geschäft anzubahnen.
Das Unternehmerduo Monsieur ist zufrieden: „Wir haben gute und informative Gespräche mit den Brasilianern geführt“, resümiert Sabine Monsieur. Eine große Hilfe sei die Unterstützung von Wirtschaftsministerium, IHK Pfalz und Auslandshandelskammer gewesen. Von den Briefings zum Markt über die Bereitstellung von Dolmetschern und die Akquise passender Gesprächspartner bis hin zur Buchung von Hotels. „Gerade diese umfassende Betreuung motiviert uns mit voller Kraft den Schritt nach Südamerika zu wagen.“