12.04.2024

Präferenzieller & nichtpräferenzieller Ursprung

Ursprungsrecht im Außenhandel

Grundsätzlich unterscheidet das Zollrecht zwischen dem nichtpräferenziellen ("handelspolitischen") Ursprung (z.B. Grundlage für Ursprungszeugnisse) und dem präferenziellen Ursprung (z.B. Grundlage für Lieferantenerklärungen oder Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1). Der nichtpräferenzielle Ursprung stellt im Wesentlichen auf den Herstellungsprozess der Ware ab. Zur Anwendung kommt diese Rechtsgrundlage immer dann, wenn vom Importland oder vom Importeur ein Ursprungszeugnis verlangt wird. Dieses kann aus sehr unterschiedlichen Gründen gefordert werden. Beispielsweise sollen damit Handelsströme gelenkt und überwacht werden, Antidumping-Maßnahmen gesteuert werden oder Überwachungen von Einfuhrbeschränkungen durchgeführt werden. Oftmals werden Ursprungszeugnisse auch im Rahmen von Akkreditivgeschäften gefordert oder sollen für Reexporte verwendet werden.
Beim präferenziellen Ursprungsrecht müssen zusätzlich noch Wertkriterien (Prozentsatz vom Warenwert) oder Positionswechsel eingehalten werden, damit das fragliche Produkt einen bestimmten Ursprung erhält. Der Nachweis erfolgt in der Regel über eine Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 oder über eine Ursprungserklärung auf der Rechnung. Für die Inanspruchnahme der Präferenzen gelten umfangreiche Vorschriften.

Nichtpräferenzieller Ursprung

Durch die Vollendung des Binnenmarktes wurden für alle EU-Mitgliedsstaaten einheitliche Regeln für die Festlegung des Ursprungs geschaffen, die verbindlich im seit 1. Mai 2016 geltenden Unionszollkodex (UZK) der EU festgelegt sind. Zentrale Bedeutung haben der Artikel 60 UZK sowie die Artikel 31, 33 und 34 der Delegierten Verordnung (EU) 2015/2446 zur Ergänzung des Unionszollkodex (UZK-DA).
  • Art. 60 Abs. 1. UZK:
    Waren, die in einem einzigen Land oder Gebiet vollständig gewonnen oder hergestellt worden sind, gelten als Ursprungswaren dieses Landes oder Gebiets.
    Laut Art. 31 UZK-DA fallen hierunter z.B. in dem Land gewonnene mineralische und pflanzliche Erzeugnisse, lebende Tiere, Erzeugnisse lebender Tiere, Jagdbeute und Fischfänge, Erzeugnisse der Seefischerei und andere Meereserzeugnisse, an Bord von Fabrikschiffen gewonnene oder hergestellte Erzeugnisse, Erzeugnisse vom Meeresuntergrund, Abfälle und Reste von Herstellungsvorgängen sowie Altwaren.
  • Art. 60 Abs. 2 UZK:
    "Waren, an deren Herstellung mehr als ein Land oder Gebiet beteiligt ist, gelten als Ursprungswaren des Landes oder Gebiets, in dem sie der letzten wesentlichen, wirtschaftlich gerechtfertigten Be- oder Verarbeitung unterzogen wurden, die in einem dazu eingerichteten Unternehmen vorgenommen wurde und zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses geführt hat oder eine bedeutende Herstellungsstufe darstellt."
Als wesentliche, wirtschaftlich gerechtfertigte Be- oder Verarbeitung, die zur Verleihung der Ursprungseigenschaft führt, zählen laut Art. 34 UZK-DA nicht die folgenden Behandlungen ("Minimalbehandlungen"):
  • Lüften, Ausbreiten, Trocknen, Entfernen verdorbener Teile und ähnliche Behandlungen zur Erhaltung des Zustandes
  • Behandlungen zur Erleichterung der Versendung oder Beförderung
  • einfaches Entstauben, Sieben, Aussondern, Einordnen, Sortieren, Waschen, Zerschneiden
  • einfachen Verpackungsvorgänge wie Auswechseln von Umschließungen, einfaches Abfüllen in Flaschen, Dosen, Schachteln, Befestigen auf Karten
  • Zusammenstellung von Waren in Sortimenten oder Kombinationen oder Aufmachung für den Verkauf
  • Anbringen von Unterscheidungszeichen auf den Waren selbst oder auf ihren Verpackungen (z.B. Etiketten)
  • einfaches Zusammenfügen von Teilen einer Ware zu einer vollständigen Ware
  • Zerlegen oder Änderung des Verwendungszwecks
  • Zusammentreffen von zwei oder mehr der genannten Behandlungen.
Eine Be- oder Verarbeitung, bei der feststeht, dass sie nur die Umgehung von Bestimmungen bezweckt, die in der Gemeinschaft für Waren bestimmter Länder gelten, kann den so erzeugten Waren keinesfalls im Sinne des Artikel 60 UZK die Eigenschaft von Ursprungswaren des Be- oder Verarbeitungslandes verleihen (Art. 33 UZK-DA).
Ist die letzte Be- oder Verarbeitung wirtschaftlich nicht gerechtfertigt oder geht sie nicht über eine Minimalbehandlung hinaus, gilt die Ware als Ursprungserzeugnis des Landes, in dem der größere Teil der Vormaterialien seinen Ursprung hat. Der Anteil der Vormaterialien wird dabei nach Gewicht (Waren der HS-Kapitel 1 bis 29 und 31 bis 40) bzw. nach Wert (Waren der HS-Kapitel 30 und 41 bis 97) ermittelt. Abweichende Regeln zur Bestimmung des Ursprungs gelten für die Waren, die in Anhang 22-01 UZK-DA genannt sind.
Nachweise für den nichtpräferenziellen Ursprung:
  • Ursprungszeugnis (durch eine IHK ausgestellt)
  • IHK-Erklärung für den nichtpräferenziellen Ursprung
  • Ursprungszeugnis Form A (aus Entwicklungsländern)
  • Warenverkehrsbescheinigungen (EUR.1, EUR-MED, ausgestellt durch den Zoll)
  • Formblätter EUR. 2 (spielen nur noch im Warenverkehr mit Syrien eine Rolle)
  • Bescheinigte Handelsrechnung mit Ursprungserklärung und Unterschrift
  • Lieferantenerklärung für Waren mit Präferenzursprungseigenschaft nach DVO (EU) 2015/2447 (nicht aber für darin zusätzlich angegebene Waren mit nichtpräferenziellem Ursprung)
Hier finden Sie Informationen der IHK Pfalz im Zusammenhang mit dem nichtpräferenziellen Ursprungsrecht.

Präferenzieller Ursprung

Die Europäische Union hat mit vielen Ländern Präferenzabkommen geschlossen, wobei zwischen einseitigen und beidseitigen Präferenzen unterschieden wird. Einseitige Präferenzen (Zollsatzermäßigungen) werden Entwicklungsländern zugestanden, die im Rahmen der Entwicklungshilfe bestimmte Produkte ihres Landes zollfrei oder zollermäßigt in die EU eingeführt werden können. Umgekehrt sind Exporte aus der EU in diese Entwicklungsländer nicht zollbegünstigt. Beidseitige Präferenzen beinhalten die gegenseitige Gewährung von Zollermäßigungen. Voraussetzung für die Gewährung der Präferenz ist der Nachweis der Ursprungseigenschaft.
Wurde bei der Herstellung der Ware Vormaterial ohne Ursprungseigenschaft verwendet, stellt sich die Frage, ob eine ursprungsbegründende Be- oder Verarbeitung vorgenommen wurde. Die hierfür maßgebenden Regeln sind in den jeweiligen Präferenzabkommen festgelegt. Diese sind auf der Seite “Warenursprung und Präferenzen online” der Generalzolldirektion zu finden. Grundlegende Kriterien sind der Positionswechsel (Tarifsprung) und/oder Wertregeln. Ein Positionswechsel liegt vor, wenn durch die Be- oder Verarbeitung eine Veränderung der Positions-/Unterpositionsnummer des Harmonisierten Systems erfolgt ist. Alternativ kann eine Wertregel (Prozentregel) zum Tragen kommen. Hierbei wird definiert, wie hoch der Anteil von Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft sein darf, damit das Endprodukt Ursprungseigenschaft erlangt. Auch Kombinationen von Positionswechsel und Prozentsatzregel können zur Anwendung kommen. Die im Einzelfall anzuwendenden Regeln ergeben sich aus den Ursprungsprotokollen der Präferenzabkommen und den jeweils dazu gehörenden Warenlisten.
Die Ursprungseigenschaft wird ab einem Warenwert von 6.000 Euro in vielen Präferenzabkommen durch eine Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 nachgewiesen. Die EUR.1 ist mit dem entsprechenden Formular (bei Formularverlagen erhältlich) bei der zuständigen Ausfuhrzollstelle zu beantragen und wird von dieser ausgestellt. Im Antrag ist der Sachverhalt zu beschreiben, auf Grund dessen die Waren ihre Ursprungseigenschaft erlangt haben. Gegebenenfalls müssen entsprechende Nachweise über die verwendeten Vormaterialien vorgelegt werden. Stellt ein Unternehmen die Waren nicht im eigenen Betrieb her, so sind bei der Antragstellung die Präferenzeigenschaften durch entsprechende Nachweise (Langzeit- oder Einzellieferantenerklärungen) zu belegen. Bei Warensendungen bis zu einem Wert von 6.000 Euro kann der Nachweis der Ursprungseigenschaft durch eine entsprechende Ursprungserklärung auf der Handelsrechnung oder einem anderen Handelspapier erbracht werden. Diese Erklärung muss mit einem vorgeschriebenen Wortlaut abgegeben werden, der je nach Abkommen unterschiedlich sein kann. Je nach Abkommen kann auch bei Warenwerten von über 6.000 Euro eine Ursprungserklärung abgegeben werden, wenn der Aussteller entweder ein Ermächtigter oder Registrierter Ausführer ist.  Auskünfte hierzu erteilt Ihnen die für Sie regional zuständige IHK.