Innovation, Umwelt und Existenzgründung

Wachstumschancengesetz

Das Bundeskabinett hat am 30. August 2023 den Regierungsentwurf für das "Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness" (kurz: Wachstumschancengesetz) beschlossen. Zuvor gab es Verzögerungen bei der Einigung innerhalb der Ampelkoalition.

Überblick

Das Bundeskabinett hat am 30. August 2023 den Regierungsentwurf für das "Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness" (kurz: Wachstumschancengesetz) beschlossen. Dem vorangegangen waren Verzögerungen bei der Einigung innerhalb der Ampelkoalition. Die ursprünglich für 16. August 2023 geplante Beschlussfassung des Bundeskabinetts wurde aufgrund eines Vetos von Bundesfamilienministerin Lisa Paus von den Grünen blockiert. Ihre Zustimmung knüpfte sie an Forderungen im Zusammenhang mit einer Grundsicherung für Kinder. Eine Einigung wurde zwischenzeitlich erzielt. Der nun beschlossene Regierungsentwurf für das Wachstumschancengesetz entspricht in großen Teilen dem früher vom Bundesfinanzministerium (BMF) veröffentlichten Referentenentwurf (Stand 14. Juli 2023), zum Teil gibt es auch Abweichungen.

Wachstumschancengesetz: Ziele und Maßnahmen

Ziele

Der Regierungsentwurf enthält eine Reihe von vorgeschlagenen Maßnahmen, die das Ziel haben,
  • Impulse für mehr Wachstum, Investitionen und Innovationen zu setzen.
  • Zudem sollen unter anderem auch für kleine und mittlere Unternehmen Steuervereinfachungen umgesetzt werden.
Ferner sollen mit dem Gesetz Maßnahmen ergriffen werden, die dazu beitragen, unerwünschte Steuergestaltungen aufzudecken und abzustellen und damit das Vertrauen in den Staat stärken.
Hervorzuheben sind insbesondere die folgenden vorgesehenen Maßnahmen (Auswahl):

Einkommensteuer / Gewerbesteuer

  • Verbesserungen beim einkommensteuerlichen Verlustrücktrag nach § 10d EStG. Ein Verlustrücktrag ist zukünftig für bis zu drei Jahre und dauerhaft in Höhe von 10 Mio. Euro (bzw. 20 Mio. Euro bei Zusammenveranlagung) vorgesehen. Die geplanten Verbesserungen beim Verlustrücktrag gelten grundsätzlich auch für die Körperschaftsteuer.
  • Befristete Verbesserung beim einkommensteuerlichen Verlustvortrag nach § 10d EStG: Für die Jahre 2024 bis einschließlich 2027 soll die Prozentgrenze, bis zu der Verlustvorträge oberhalb von 1 Mio. Euro verrechnet werden dürfen, vorübergehend auf 80 % (statt bisher 60 %) angehoben werden. Weitergehende Erleichterungen, die noch im vorherigen Referentenentwurf enthalten waren (u.a. befristete Aussetzung der Mindestgewinnbesteuerung), sind nicht mehr vorgesehen. Die geplanten Verbesserungen beim Verlustvortrag gelten grundsätzlich auch für die Körperschaftsteuer sowie für die Gewerbesteuer (§ 10a GewStG).
  • Befristete Wiedereinführung der degressiven AfA für bewegliche Wirtschaftsgüter. Dies ist eine wesentliche Neuerung des Regierungsentwurfs. Für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die ab dem 1.10.2023 und vor dem 1.1.2025 angeschafft oder hergestellt werden, ist eine befristete Wiedereinführung der degressiven AfA von bis zu 25 %, maximal dem 2,5-fachen der linearen Abschreibung, vorgesehen.
  • Befristete Einführung einer degressiven AfA für Wohngebäude mit 6 % mit Baubeginn ab 1.10.2023 befristet auf 6 Jahre. Auch dies ist eine wesentliche Neuerung, die im vorherigen Referentenentwurf nicht enthalten war.
  • Anhebung der GWG-Grenze auf 1.000 Euro
  • Anhebung der Betragsgrenzen für Sammelposten auf 5000 Euro für Wirtschaftsgüter, die nach dem 31.12.2023 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt werden. Gleichzeitig wird die Zeitspanne für die Auflösung dieser Sammelposten auf 3 Jahre verkürzt.
  • Geplant ist eine Erhöhung der Sonderabschreibung auf 50 % der Investitionskosten für bewegliche Wirtschaftsgüter, die nach dem 31.12.2023 angeschafft oder hergestellt werden (§ 7g EStG).
  • Änderungen bei der Thesaurierungsbegünstigung (§ 34a EStG). Entnahmen, um Steuerzahlungen zu begleichen (Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag, Gewerbesteuer) sollen zukünftig steuerlich begünstigt werden. Damit soll künftig ein höheres Thesaurierungsvolumen zur Verfügung stehen.
  • Anhebung der Freigrenze für Geschenke von 35 Euro auf 50 Euro
  • Erhöhung der Zuwendungen anlässlich von Betriebsveranstaltungen von 110 Euro auf 150 Euro
  • Digitalisierung des Spendenverfahrens – Einführung eines Spendenregisters
  • Anpassung der Zinsschranke an die EU-Anti-Steuervermeidungsrichtlinie und Einführung einer Zinshöhenschranke: Mit Änderungen bei der Zinsschranke sollen die steuerlichen Regelungen zur Begrenzung des Zinsabzugs bei der Fremdfinanzierung von Unternehmen angepasst werden. Gleichzeitig wird eine Zinshöhenschranke eingeführt, um die steuerliche Abzugsfähigkeit von hohen Zinszahlungen einzuschränken.

Körperschaftsteuer

  • Steigerung der Attraktivität der Option zur Körperschaftsbesteuerung nach § 1a KStG. Es sollen nun alle Personengesellschaften die Möglichkeit erhalten, zur Körperschaftsbesteuerung zu optieren (bisher Beschränkung auf Personenhandelsgesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften).

Forschungszulagengesetz

  • Stärkung der steuerlichen Forschungsförderung: Ziel ist es, die steuerlichen Anreize für Unternehmen in diesem Bereich zu erhöhen und den Prozess zu vereinfachen.
  • Für nach dem 31.12.2023 beginnende Wirtschaftsjahre sollen unter bestimmten Voraussetzungen die förderfähigen Aufwendungen ausgeweitet werden (auch Einbeziehung von genutzten abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens). Zudem soll die maximale Förderung dauerhaft angehoben werden (zukünftig max. 3 Mio. Euro p.a. statt bisher max. 1 Mio. Euro p.a.). Zukünftig sollen 70 % (statt bisher 60 %) der Kosten von Auftragsforschung als förderfähige Aufwendungen angesetzt werden können. Auch soll der Stundensatz für Eigenleistungen bei Einzelunternehmern und Mitunternehmern auf 70 Euro (bisher 40 Euro) angehoben werden. KMUs im Sinne der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung sollen eine Erhöhung der Forschungszulage um 10 Prozentpunkte beantragen können.

Gesetz zur steuerlichen Förderung von Investitionen in den Klimaschutz

  • Einführung einer gewinnunabhängigen Investitionsprämie zur Beförderung der Transformation der Wirtschaft in Richtung insbesondere von mehr Klimaschutz für die Jahre 2024 bis 2029
  • Es sollen – unter bestimmten Voraussetzungen – auf Antrag Investitionen von Unternehmen gefördert werden, die zu einer Minderung des Energieverbrauchs beitragen und somit den Umwelt- und Klimaschutz verbessern. Die förderfähigen Investitionen müssen in einem Energie- oder Umweltmanagementsystem oder in einem Energieaudit enthalten sein und sind somit durch einen Energieberater als besonders energieeffizient zertifiziert.
  • Die Bemessungsgrundlage soll im Förderzeitraum insgesamt maximal 200 Mio. Euro betragen und die Investitionsprämie 15 % hiervon (d.h. max. 30 Mio. Euro). Die Förderung soll sich auf Investitionen beschränken, die den Sockelbetrag von 5.000 Euro Anschaffungs- oder Herstellungskosten übersteigen.

Umsatzsteuer

  • Einführung einer gesetzlichen Regelung zur verpflichtenden Verwendung von elektronischen Rechnungen im B2B-Bereich: diese Maßnahme soll die Digitalisierung des Rechnungswesens vorantreiben und die Effizienz von Geschäftsprozessen erhöhen. Unternehmen im Geschäftsverkehr untereinander sollen gesetzlich verpflichtet werden, elektronische Rechnungen zu verwenden, vgl. hierzu auch die gesonderte Stellungnahme der 8 Spitzenverbände der gewerblichen Wirtschaft vom 22. Mai 2023 (sog. 8er-Runde).
  • Anhebung der Ist-Besteuerungsgrenze (Möglichkeit der Berechnung der Steuer nach vereinnahmten statt vereinbarten Entgelten) von 600.000 auf 800.000 Euro
  • Anhebung des Schwellenwertes zur Befreiung von der Abgabe von vierteljährlichen Umsatzsteuer-Voranmeldungen von 1.000 Euro auf 2.000 Euro (im Vorjahr)
  • Befreiung von bestimmten Erklärungspflichten für Kleinunternehmer (z.B. Abschaffung der Umsatzsteuerjahreserklärung für umsatzsteuerliche Kleinunternehmer)
  • Anpassungen der Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für Zweckbetriebe an die BFH-Rechtsprechung

Abgabenordnung

  • Einführung einer Meldepflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen sowie Änderungen bei der Meldepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen: mit dieser Maßnahme soll Transparenz in steuerlichen Gestaltungsmodellen sowohl im Inland als auch bei grenzüberschreitenden Transaktionen geschaffen werden.
  • Anhebung der Grenze für die Buchführungspflicht bestimmter Steuerpflichtiger (Anhebung der Umsatzgrenze auf 800.000 Euro und der Gewinngrenze auf 80.000 Euro, § 141 AO).

Zeitplan und weitere Informationen

  • Die Verabschiedung im Bundestag ist im November geplant.
  • Die Zustimmung des Bundesrates soll im Dezember erfolgen.

Quelle: Mit freundlicher Genehmigung der IHK München und Oberbayern
Stand: Oktober 2023
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