Berufsausbildung trotz privater Mehrfachbelastung

Ausbildung / Umschulung in Teilzeit

Neue Möglichkeit für eine Berufsausbildung

  • Seit der Novellierung des Berufsbildungsgesetzes 2020 besteht die Möglichkeit für alle Auszubildende, eine Teilzeitberufsausbildung (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 717 KB) mit weniger Wochenstunden zu absolvieren, wenn sich die Vertragsparteien darüber einig sind. Ein besonderer Grund und Nachweis für die Vereinbarung einer Teilzeit ist nicht mehr erforderlich.
     
  • Auszubildende und Ausbildende können somit flexibel auf verschiedene Lebenslagen, wie zum Beispiel Zeiten von Kindererziehung und Pflege von Angehörigen oder bei einer Lernbeeinträchtigung oder Behinderung reagieren. Das flexible Teilzeit-Ausbildungsmodell vergrößert den Kreis der Bewerber.
     
  • Auch ruhende Ausbildungsverhältnisse, zum Beispiel wegen Unterbrechung durch Elternzeit oder Krankheit, können über eine Teilzeitausbildung fortgeführt werden.

Die Rahmenbedingungen für eine Teilzeitausbildung

  • Eine Teilzeitausbildung kann entweder von Anfang an oder erst im Verlauf einer Berufsausbildung vereinbart werden (d.h. im Berufsausbildungsvertrag oder über eine vertragliche Änderungsvereinbarung).
  • Die Kürzung der täglichen oder wöchentlichen Ausbildungszeit darf dabei nicht mehr als 50 Prozent einer Vollzeitausbildung betragen.
  • Um diese Stundenreduzierung in der Teilzeitausbildung wieder auszugleichen, so muss die Dauer der vertraglichen Ausbildungszeit im Verhältnis zur Studenreduzierung verlängert werden, höchstens jedoch bis zum 1,5-fachen der regulären Ausbildungsdauer (gesetzliche Obergrenze der Ausbildungszeit),
    bei 2 - jährige Ausbildungsberufe > max. 3 Jahre
    bei 3 - jährige Ausbildungsberufe > max. 4,5 Jahre
    bei 3,5 - jährige Ausbildungsberufe > max. 5,25 Jahre
     
  • Eine weitere geringfügige Anpassung der Ausbildungszeit zum nächsmöglichen Prüfungstermin kann vereinbart werden, wenn diese vom Auszubildenden verlangt wird.

     
  • Der Berufsschulunterricht ist nicht an die im Ausbildungsvertrag vereinbarte Teilzeitvereinbarung gebunden und muss vom Auszubildenden immer vollständig besucht werden können.

    Allerdings wird diese Unterrichtszeit nur auf die (durchschnittliche) tägliche Arbeitszeit des Berufsschultags angerechnet. Die Unterrichtszeit kann daher länger sein als die eigentliche tägliche Arbeitszeit.

Vereinbarung einer Teilzeitausbildung im Berufsausbildungsvertrag

1. Auszubildende/r und Ausbildende (Ausbildungsbetrieb) einigen sich darauf, die tägliche oder wöchentliche Ausbildungszeit entweder für die gesamte Ausbildungszeit oder für einen bestimmten Zeitraum zu reduzieren.

2. Die tägliche und wöchentliche Ausbildungszeit wird im Berufsausbildungsvertrag eingetragen und daraus der prozentuale Anteil im Verhältnis zu einer Vollzeitausbildung ermittelt. Der Umfang der Ausbildungszeit muss dabei mindestens 50 % der Ausbildung in Vollzeit betragen (§ 7a Absatz 1 Satz 3 BBiG/§ 27b Absatz 1 Satz 3 HwO).

Rechenbeispiel: Die Vertragsparteien vereinbaren über die gesamte Laufzeit der Berufsausbildung eine Teilzeitberufsausbildung mit einer 5-Tagewoche und einer täglichen Ausbildungszeit von 6 Stunden (30 Stunden-Woche). Bei einer Ausbildung in Vollzeit würde die wöchentliche Ausbildungszeit 40 Stunden betragen. Die vereinbarte wöchentliche Ausbildungszeit in Teilzeit hat demnach einen Anteil von 75 % der Ausbildungszeit in Vollzeit (40 Std. = 100%, 30 Std. = 75% = Faktor 0,75).

Berechnung der Ausbildungszeitverlängerung

Da mehrere Varianten einer Teilzeitausbildung möglich sind (z.B. Teilzeit während der gesamten Ausbildungszeit oder Teilzeit ab dem 2. Ausbildungsjahr usw.), so muss die Berechnung im Einzelfall erfolgen.
 

Download:
Grundsätze zur Teilzeitausbildung
– mit Rechenbeispielen (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 263 KB)


Ein einfaches Rechenbeispiel zur Verlängerung der Regelausbildungszeit:

1. Die Teilzeitausbildung soll von Anfang an bis zum Ende der Vertragslaufzeit erfolgen. Der Umfang der Teillzeitausbildung beträgt 75 % einer Vollzeitausbildung = Faktor 0,75. Die Regelausbildungszeit für den Ausbildungsberuf beträgt laut Verordnung 36 Monate.

2. Berechnung: 36 Monate : 0,75  =  48 Monate verlängerte Gesamtausbildungszeit.

Möglichkeit zur Verkürzung der Regelausbildungszeit prüfen, dann die Verlängerung der Teilzeitausbildung berechnen

Wie bei einer Vollzeitausbildung besteht auch bei einer Teilzeitausbildung die Möglichkeit, die reguläre Ausbildungsdauer gem. der Verordnung des Ausbildungsberufes bspw. bei einem nachgewiesenen schulischen Abschluss der mittleren Reife, FH-Reife oder Abitur zunächst zu verkürzen (siehe IHK-Artikel Verkürzung).
Die mit dem Ausbildungsbetrieb vereinbarte verkürzte Ausbildungszeit wird dann, unter Berücksichtigung der Regelungen in Teilzeit, entsprechend mit dem Faktor verlängert.
Wir empfehlen vor Vertragsabschluss zur Teilzeitausbildung eine vorherige Kontaktaufnahme mit der IHK.

Anteiliger Urlaubsanspruch und Höhe der Vergütung

Der Urlaubsanspruch richtet sich nach der Anzahl der festgelegten Arbeitstage pro Woche. Verteilt sich zum Beispiel die Arbeitszeit in Teilzeit auf nur vier Tage pro Woche (d.h. Betrieb und Berufsschule), so kann der sonst regüläre Urlaubsanspruch in Vollzeit um ein Fünftel reduziert werden. Auch die Ausbildungsvergütung kann in gleichem Verhältnis wie die wöchentliche Arbeitszeitreduzierung verringert werden.