Wettbewerbsrecht

BGH-Urteil: Verkäufer trägt Transportkosten zur Nacherfüllung

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 19.07.2017, Az. VIII ZR 278/16 entschieden, dass ein Verkäufer gemäß § 439 Abs. 2 BGB verpflichtet sein kann, einem Käufer durch Zahlung eines Kostenvorschusses den Transport der möglicherweise mangelhaften Sache zum Ort der Nacherfüllung zu ermöglichen.
Im entschiedenen Fall ging es um den Motordefekt eines damit nicht mehr fahrbereiten Kraftfahrzeugs, das zur Begutachtung und evtl. Reparatur erst noch zum Händler transportiert werden musste. Hierfür hatte der Käufer einen Transportkostenvorschuss verlangt; alternativ bot er dem Verkäufer die Selbstabholung an. Nachdem der Verkäufer nicht reagierte, lies der Käufer des Fahrzeug auf eigene Kosten reparieren; die Kosten hierfür wollte der Verkäufer aber nicht tragen und berief sich darauf, dass kein wirksames Nacherfüllungsverlangen vorgelegen habe.
Anders als die Vorinstanzen vertrat der BGH letztlich die Auffassung, dass dies doch der Fall gewesen sei, da der Käufer andernfalls von der Geltendmachung seiner Gewährleistungsansprüche abgehalten sein könne, wenn er zunächst erhebliche Transportkosten vorstrecken müsse. Dies gelte zumindest dann, wenn es dem Verkäufer unbenommen sei, den Gewährleistungsanspruch auch durch Begutachtung vor Ort oder Selbstabholung prüfen zu können. Noch im Jahr 2011 hatte der BGH einen ähnlichen Fall übrigens vordergründig anders entschieden (Urt. v. 13.04.2011, Az. VIII ZR 220/10), aber doch auch damals schon darauf verwiesen, dass der Käufer ggf. einen Transportkostenvorschuss verlangen könne. 
Mit dieser Entscheidung bürdet der BGH dem Verkäufer nicht nur unerhebliche Risiken dahingehend auf, dass der Vorschuss bereits aufgrund eines behaupteten Mangels zu gewähren ist. Der Verkäufer trägt zudem auch das Prozess- und Insolvenzrisiko im Rückforderungsfall; übrigens auch in den Fällen, in denen der Käufer seinen Sitz im Ausland hat. Außerdem ist der hier entscheidende § 439 BGB nicht auf den Verbrauchsgüterkauf beschränkt. Angesichts drohender Vorschussansprüche könnten sich Verkäufer zukünftig genötigt sehen, eine Untersuchung am Ort der Sache durchzuführen, was ebenfalls mit erhöhten Kosten verbunden ist. Die Übertragung weiterer Risiken auf den Verkäufer liegt angesichts der Gesetzesänderung zur Tragung der Ein- und Ausbaukosten im Rahmen der Nacherfüllung zum 01.01.2018 voll im Trend. Problematisch ist vor allem, dass sich Verkäufer vertraglich kaum absichern können - auch nicht für die Fälle, in denen sich der Nacherfüllungsanspruch letztlich als nicht gegeben erweist und nur die Rückforderung des Vorschusses bleibt.
Oliver Essig (Ass. jur.)