Top Secret! Fakten zum Geschäftsgeheimnisschutzgesetz
Eine gesetzliche Regelung definiert Geschäftsgeheimnisse und ihren Schutz jetzt so, dass oftmals Handlungsbedarf besteht.
Symbolbild: Top Secret!
Pforzheim, 07.11.2019. Was ein Geschäftsgeheimnis ist und was nicht, darüber gingen die Meinungen bislang weit auseinander. Zwischen Wettbewerbern, Arbeitgebern und Arbeitnehmern als auch unter Juristen ließ sich trefflich streiten, was geheim ist, was geschützt werden muss und was einfach bekannt sein und genutzt werden darf. Regelmäßig musste man auf das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) und wettbewerbsrechtliche Entscheidungen zurückgreifen.
Geheimhaltungswille
Mit der Richtlinie (EU) 2016/943 (sog. Know-how Richtlinie) hat die EU dann aber vorgelegt – und der Bund mit dem Gesetz über den Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG) nachgezogen. Allgemein lässt sich sagen, dass die Position der Geheimnisinhaber gestärkt wird – allerdings nur, wenn neue Eingangsvoraussetzungen erfüllt werden. Größte Änderung: Für den bisherigen lauterkeitsrechtlichen Schutz genügte meist ein erkennbarer subjektiver Geheimhaltungswille des Betroffenen, der sich nach außen zeigen musste. Oft wurde dieser Geheimhaltungswille schon aus der Natur der fraglichen Sache angenommen. Dies ist nicht mehr ausreichend.
Wann ist etwas ein Geschäftsgeheimnis?
Neuerdings ist ein Geschäftsgeheimnis (vereinfacht) gesetzlich definiert als eine Information, die (1) nicht allgemein bekannt, dafür aber (2) von wirtschaftlichem Wert für ihren Inhaber ist, der (3) ein berechtigtes Interesse an ihrer Geheimhaltung hat und (4) diese Information zum Gegenstand von angemessenen Schutzmaßnahmen gemacht hat. Insbesondere das vierte Kriterium stellt eine Neuerung dar und kann bei Nichterfüllung drastische Konsequenzen nach sich ziehen.
Was angemessene Schutzmaßnahmen sind
Unternehmen sind also aufgefordert, ihre Schutzmaßnahmen zu prüfen oder gegebenenfalls solche einzuführen. Hier empfiehlt sich eine systematische Betrachtung, welches Wissen betroffen ist und wie es aktuell gesichert ist. Offen und durch die Rechtsprechung mit Inhalt zu füllen ist die Frage, was angemessene Schutzmaßnahmen sind. Hier wird man mit einer Einzelfallbeurteilung weiterkommen als mit einer schematisierten Betrachtungsweise. Kriterien sind sicher: die Art des Geheimnisses, seine Schutzwürdigkeit und wem gegenüber die Schutzmaßnahmen zu ergreifen sind. So macht es einen Unterschied, ob das Geschäftsgeheimnis sich beispielsweise in einen Produktionsalltag mit mehreren Betroffenen auswirkt, oder ob es von einer kleinen Anzahl von Personen problemlos unter Verschluss gehalten werden kann. Ein zu hohes Schutzniveau hat keine negativen rechtlichen Auswir- kungen, ein zu niedriges kann den Schutzverlust zur Folge haben.
Neu geregelt wurde überdies auch das Whistleblowing von Geschäftsgeheimnissen – also die Veröffentlichung von Informationen zur Aufdeckung von Missständen. Hier ist die Zielrichtung des Gesetzes allerdings nicht primär der Geheimnisschutz, sondern die Absicherung desjenigen, der durch seinen eigentlichen Verstoß beispielsweise rechtswidrige Handlungen aufdecken will. Es kann sinnvoll sein, hier effektive interne Meldemöglichkeiten zu schaffen, um das Durchdringen an die Öffentlichkeit aus Sicht des Insiders erst gar nicht erforderlich werden zu lassen.
Was erlaubt ist
Erlaubt ist neuerdings, sich Informationen durch Betrachten, Rückbauen oder Testen – also Reverse Engineering – zu verschaffen, soweit sich der Gegenstand rechtmäßig in der Hand des Betrachters befindet (z. B. durch Kauf nach Markteinführung). Ungeachtet dessen gelten natürlich weiterhin Patente, Urheberrechte oder vertragliche Einschränkungen. Um von den Neuregelungen und der konkretisierten Rechtslage zu profitieren, ist es also notwendig, zu handeln – andernfalls droht eine Verschlechterung der eigenen Position. Nicht vergessen werden sollte in diesem Zusammenhang, vertragliche Regelungen auch in Altverträgen zu überprüfen – z. B. weil kein angemessener Geheimnisschutz mit Geschäftspartnern vereinbart ist, oder ein vertraglicher Ausschluss von Reverse Engineering bestehen könnte.
Von Oliver Essig, IHK Norschwarzwald