Gründung/Förderung

Vorschläge der IHK
  • Gründerzentren für Zukunftsbranchen errichten
  • Zentrale Anlaufstelle für ausländische Gründer einrichten
  • Gewerbeanmeldung bei IHK ermöglichen
Unternehmensgründungen spielen in einer sozialen Marktwirtschaft eine bedeutende Rolle. Sie fördern den Wettbewerb und schaffen neue Arbeitsplätze. Auch neu am Markt auftretende Unternehmen sind grundsätzlich gewerbesteuerpflichtig und tragen somit zur Finanzierung der städtischen Haushalte bei.
Darüber hinaus erneuern sie mit innovativen Geschäftsideen den Unternehmensbestand und die Branchenstruktur, tragen also zur Erneuerungskraft der gesamten Wirtschaft bei.
Um (noch) mehr Gründungsdynamik zu erzeugen und diese auch in der Zukunft zu erhalten, müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Denn: Die prognostizierte demografische Entwicklung der Bevölkerung in Deutschland wird bei unverändertem Fortlauf mittelfristig auch zu einer nennenswerten Absenkung der bisher für das Gründungsgeschehen bedeutsamen Akteure, die sich hauptsächlich aus der Gruppe der 30- bis 45-Jährigen speisen, führen.
MEO-Region bei Gründungen derzeit Mittelmaß
Das Institut für Mittelstandsforschung (IfM) in Bonn veröffentlicht in jedem Jahr das sog. „NUI Regionenranking“. NUI bezeichnet die Neue Unternehmerische Initiative in einer Region. Der NUI-Indikator setzt die Zahl der Gewerbeanmeldungen (Existenz- und Betriebsgründungen sowie Zuzüge und Übernahmen von Gewerbebetrieben) eines Jahres ins Verhältnis zur erwerbsfähigen Bevölkerung. Durch die Bildung einer Rangordnung vom höchsten NUI-Indikatorwert (Rang 1) zum niedrigsten (Rang 412) ergibt sich das NUI Regionenranking. Vereinfacht lässt sich sagen: Umso höher der Rang, desto mehr Gründungen können in einer Region durchschnittlich bilanziert werden.
Essen erreichte beim NUI Ranking 2010 den 140. (Vorjahre: 175., 91.), Oberhausen den 262. (272., 252.) und Mülheim an der Ruhr den 376. (386., 254.) Rang. Dies verdeutlicht, dass die MEO-Region – und hier insbesondere Essen – zwar nicht abgeschlagen ist, dennoch aber aufgrund der demografischen Entwicklung ein zusätzlicher Handlungsbedarf für die Zukunft besteht.
Attraktivität des Unternehmensstandortes MEO steigern
Ziel muss es sein, die Anzahl der Unternehmen in der MEO-Region durch Gründungen und den Erhalt bereits existierender Unternehmen insgesamt zu erhöhen. Insbesondere sollten solche Unternehmen gegründet und angesiedelt werden, die hochwertige Produkte/Dienstleistungen fertigen bzw. anbieten. Zu diesen zukunftsfähigen und innovativen Bereichen, auf die sich die Region konzentrieren könnte, gehören u.a. die Umwelttechnologie, die Gesundheitswirtschaft, die Kulturwirtschaft sowie die Informations- und Kommunikationswirtschaft. Aber auch weitere Dienstleistungen und Produkte, die speziell auf die alternde Gesellschaft abzielen, sind interessant und haben gute Zukunftsaussichten.
Um die Attraktivität des Standortes MEO für Unternehmensgründungen sowie für bereits bestehende Unternehmen zu steigern, müssen die Rahmenbedingungen weiter verbessert werden. Insbesondere diejenigen, die mit dem Gedanken spielen, sich selbständig zu machen, sollten Entscheidungshilfen erhalten.
Gründungen aus Hochschulen forcieren
Für Existenzgründer besteht bereits ein relativ breites Beratungsangebot. Als erste Anlaufstelle in der MEO-Region sind vorrangig die drei STARTERCENTER NRW zu nennen. Darüber hinaus gibt es Gründer- und Technologiezentren, die als Betriebsort gerade für junge Unternehmen besonders geeignet sind. Es gilt, weitere Gründerzentren für Zukunftsbranchen zu errichten und deren Nutzung sowie die Vorteile stärker als bisher zu bewerben. Zu prüfen ist, ob künftig z. B. Schulen oder andere Einrichtungen, die aufgrund sinkender Nachfrage vor der Schließung stehen, als solche Kompetenzzentren genutzt werden könnten.
Auch die Existenzgründerberatung direkt an den Hochschulen muss intensiviert werden, weil insbesondere dort das Potenzial für eine selbständige Tätigkeit noch nicht ausgeschöpft scheint. Es ist sinnvoll, verstärkt in Hochschulen auf die Selbständigkeit als eine Alternative zu einer abhängigen Beschäftigung aufmerksam zu machen. Beispielhaft sei hier die Initiative der Hochschule Ruhr West erwähnt, die einen Kooperationsvertrag mit den STARTERCENTERN NRW in Mülheim an der Ruhr und Bottrop geschlossen hat, mit dem Ziel, wissenschaftlichen Mitarbeitern, Master-Studenten und Professoren die Gründung eines Unternehmens zu erleichtern. Die Politik ist aufgefordert zu prüfen, inwieweit eine verbindliche Befassung mit dem Thema Selbständigkeit an den Hochschulen gesetzlich verankert werden kann.
Junge Menschen sollten bereits frühzeitig mit der Option Selbständigkeit vertraut gemacht werden. Demzufolge könnten in Schulen neben der Einführung einschlägiger Schulfächer wie Wirtschaft auch Vorträge (von Unternehmern und Gründern) sinnvoll sein.
Gründung durch bislang eher gründungszurückhaltende Altersjahrgänge fördern
Die Erwerbsquote der 50- bis 59-Jährigen wird in den nächsten drei Jahrzehnten auf das Niveau der 40- bis 49-Jährigen anwachsen, weil aufgrund der höher werdenden Lebenserwartung und einer gleichzeitigen geringeren Erkrankungswahrscheinlichkeit diese Personen länger dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen werden. Im Zuge dessen ist davon auszugehen, dass parallel ebenfalls die Motivation steigt, auch in einer späteren und für Gründer eher untypischen Lebensphase noch einen neuen Lebensweg zu beschreiten.
Die Mobilität der 50- bis 59-Jährigen wird weiter wachsen, so dass aufgrund einer teilweise beträchtlichen Berufs- und Branchenerfahrung, kombiniert mit einer höheren Lebenserwartung, die Erwerbsaussichten einer selbständigen Beschäftigung auch für diese Jahrgänge aussichtsreicher als in der Vergangenheit sind. Allerdings bleibt festzuhalten, dass für Personen in dieser Altersgruppe ein Wechsel in die Selbständigkeit – und die damit einhergehende Aufgabe des Erreichten – eine höhere Hürde und ein größeres Wagnis darstellen.
Zu fordern sind daher verschiedene Maßnahmen staatlicher Existenzgründungsprogramme, die speziell diese Gruppe potenzieller Gründer stärken, seien es z. B. Finanzierungszuschüsse oder überbrückende Zahlungen in der Gründungszeit, und geeignet sind, wirtschaftliche und psychologische Hemmnisse zu überwinden.
Ausbildungsstrukturen sollten gründungsstimulierender sein
Ebenfalls wichtig für die Entwicklung des Gründungsgeschehens ist der Anstieg des Akademikeranteils. Personen mit einem Hochschulabschluss wählen häufiger den Weg in eine selbständige Beschäftigung. Folgerichtig sind die Erhöhung der Hochschulabsolventenquote pro Jahrgang sowie die qualitative Verbesserung der schulischen Ausbildung, die eine Hochschulausbildung erst ermöglicht, unerlässliche Bedingungen.
Darüber hinaus ist anzunehmen, dass hochqualifizierte Gründer – mit einer höheren Wahrscheinlichkeit als weniger gut Ausgebildete – auch erfolgreiche und schnell wachsende Unternehmen gründen. Demnach spielt eine Verbesserung der Ausbildung und der Ausbildungsbedingungen für ein Aufrechterhalten oder eine Ankurbelung des Gründungsgeschehens eine wichtige Rolle.
Unternehmensgründungen durch Frauen ausbauen
Aus den Zahlen der in den STARTERCENTERN NRW durchgeführten Beratungsgespräche wird deutlich, dass aktuell jedes dritte Unternehmen in der MEO-Region eine Frau gründen möchte. In den letzten Jahren ist zwar ein leicht ansteigender Trend erkennbar, doch ist der Anteil von Frauen bei Beratungsgesprächen für eine Existenzgründung mit rd.
40 Prozent noch steigerungsfähig.
Die unterdurchschnittliche Gründungsneigung von Frauen verdeutlicht gleichzeitig das vorhandene, aber noch ungenutzte Potenzial. Durch eine selbständige Tätigkeit können größere Unabhängigkeit und Flexibilität erreicht werden. Für Frauen, die Kinderbetreuung und Berufsausübung gleichzeitig bewerkstelligen möchten bzw. müssen, sind dies attraktive Faktoren. Dennoch ist die Politik gefordert, Kinderbetreuung weiter zu fördern und zu verbessern, um Frauen den Schritt in die Selbständigkeit zu ermöglichen.
Die IHK zu Essen unterstützt von Beginn an den Unternehmerinnentag NRW, der 1996 als Unternehmerinnentag Ruhrgebiet startete. Seit dieser Zeit nutzen jährlich 600 bis 700 Unternehmensinhaberinnen die Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch über Strategien und Kooperationen beim Wachstum ihrer Unternehmen. Es gilt, die Potenziale erfolgreicher Gründungen für die MEO-Region verstärkt zu nutzen und sich im Rahmen solcher Konferenzen als interessanter Standort in Nordrhein-Westfalen zu positionieren.
Gründungen durch Ausländer in MEO-Region fördern
Ein weiterer wichtiger Faktor sind Gründungen durch Ausländer, die in der MEO-Region leben. Da die Gründungsneigung – diese ist nicht mit der Selbständigenquote zu verwechseln – von nicht-deutschen Einwohnern signifikant höher ist, hat das Ausmaß an Einwanderungen einen großen Einfluss auf die Anzahl der Gründungen und die Gründungsintensität. Diese Gründungsneigung besteht neben einem vorhandenen Mentalitätsunterschied und einer höheren Risikobereitschaft auch aufgrund der Tatsache, dass es dieser Personengruppe durch bestehende Hindernisse teilweise schwerer fällt, eine abhängige Beschäftigung zu finden.
Dringend erforderlich wäre eine zentrale Anlaufstelle, die alle Fragen und entsprechende Antworten rund um die Selbständigkeit, insbesondere zur Finanzierung, auch in den wichtigsten Sprachen der ausländischen Gründer bereit hielte.
Formale und administrative Hürden für Unternehmensgründer abbauen
Eine Vielzahl formeller und struktureller Hindernisse kann die zukünftige Entwicklung nachhaltig und negativ beeinflussen. Daher seien nur einige Faktoren herausgegriffen: So kann z. B. schon die Höhe des Gewerbesteuerhebesatzes für einen Existenzgründer bei der Standortwahl von Bedeutung sein. Hier sollte die Politik versuchen, alle steuerrechtlich möglichen Vergünstigungen für Unternehmen sowie zusätzliche Ermäßigungen für Gründer und junge Unternehmen in Betracht zu ziehen.
Es gibt bereits drei Bundesländer, in denen die Gewerbeanzeige bei der IHK rechtsgültig vorgenommen werden kann. Die Abwicklung der Anmeldung bei der IHK leistet einen erheblichen Beitrag zum Bürokratieabbau und verkürzt die Zeit des Unternehmensgründungsprozesses. Auf diese Weise könnten Existenzgründer im STARTERCENTER NRW einen weiter verbesserten Service aus einer Hand erhalten: von der Erstinformation, einer fundierten Orientierungsberatung über die Überprüfung des Geschäftskonzepts bis hin zur Gewerbeanmeldung. In NRW ist dies derzeit rechtlich allerdings noch nicht zulässig.
In der MEO-Region fallen mitunter Kosten für eine sog. Parkplatzablöse an, wenn es nicht möglich ist, ausreichend Kundenparkplätze zur Verfügung zu stellen, wobei die Kommunen gemäß ihrer Satzungen nicht selten Beträge von 10.000 Euro und mehr pro Stellplatz verlangen. Solche Regelungen stellen gerade für Existenzgründer, deren Finanzierungsspielräume häufig eng sind, eine unverhältnismäßige Belastung dar und sollten überprüft werden.
Unterstützung bei Suche nach einer Unternehmensnachfolge intensivieren
Nicht nur Gründungen, sondern auch die Wahrscheinlichkeit des Überlebens von bereits existenten Unternehmen und die damit verbundene Frage, wie Nachfolger zur Weiterführung gefunden werden können, haben nicht unerheblichen Einfluss auf die zukünftige Unternehmensdynamik.
Das IfM schätzt seit Beginn der 1990er Jahre in regelmäßigen Abständen die Anzahl der anstehenden Unternehmensübertragungen in Deutschland. Nach aktuellen Schätzungen des IfM steht im Zeitraum von 2010 bis 2014 in knapp 110.000 Familienunternehmen die Übergabe an (ca. 3 Prozent aller Familienunternehmen). Dies entspricht durchschnittlich 22.000 Übergaben pro Jahr. Dabei sind laut IfM die meisten Nachfolgen im Prognosezeitraum in Nordrhein-Westfalen zu erwarten, dem Bundesland mit dem größten Unternehmensbestand.
Doch in vielen Fällen scheitert aus unterschiedlichsten Gründen der Versuch einer geregelten Übergabe. Dadurch gehen nicht nur wichtige Arbeitsplätze verloren. Für viele Gründungswillige stellt die Übernahme eines Unternehmens eine gute Alternative zur Neugründung dar. Gründungswillige müssen daher noch intensiver auf die Möglichkeiten zur Übernahme eines Unternehmens – wie die von der IHK und anderen Organisationen getragene nexxt-change Unternehmensbörse – aufmerksam gemacht werden.