Konjunkturbericht Frühjahr 2023

Stabile Konjunktur in der MEO-Region trotzt der Multikrise

Die Konjunktur in der MEO-Region mit den Städten Essen, Mülheim an der Ruhr und Oberhausen bleibt stabil und trotzt den zahlreichen Krisen. Im Herbst wurde die Lage weitgehend positiv bewertet, die Sorgen vor der Zukunft dämpften die Erwartungen aber stark ein. Ein halbes Jahr später ist die Konjunktur weiterhin robust; die Unternehmen sind vorsichtig optimistisch und warten die weiteren Entwicklungen ab. 37 Prozent der Befragten melden eine gute Geschäftslage (Herbst: 34 Prozent). Der Anteil der Unternehmen, die eine schlechte Lage melden, beträgt 14 Prozent und sank damit um drei Prozentpunkte.
In der Industrie stellt sich die gegenwärtige Situation sogar deutlich besser als vor einigen Monaten dar. Auch im Handel ist die Stimmung gestiegen und liegt fast wieder auf dem Vorjahresniveau. Lediglich aus dem Dienstleistungsgewerbe erreichen uns leicht eingetrübte Rückmeldungen, wobei die Lage im Gastgewerbe weiterhin gut ist. Betrieben mit unternehmensnahen oder personenbezogenen Dienstleistungen melden deutlich häufiger eine schlechtere Geschäftslage.

Aktuelle Lage

Die Zukunftsaussichten bei den Unternehmen der MEO-Region sind trotz der Multikrise insgesamt optimistischer als noch im Herbst: Fast 60 Prozent der Unternehmen gehen von einem gleichbleibenden Verlauf aus (Herbst: 48 Prozent). 19 Prozent erwarten sogar eine bessere Entwicklung; bei der letzten Befragung lag der Anteil noch um 7 Prozentpunkte niedriger. Auch die pessimistischen Stimmen haben stark abgenommen und liegen bei 23 Prozent (Herbst: 40 Prozent).
Der Konjunkturklimaindex der MEO-Region, als gewichtetes Mittel von Lage und Aussichten, klettert im Vergleich zum Herbst, um 16,5 Punkte nach oben und steht nun bei 108,5 Punkten. Damit ist der Vorjahreswert von 112,1 Punkten fast erreicht.

Wirtschaftliche Risiken

Bei den Risiken für die geschäftliche Entwicklung stehen die hohen Energie- und Rohstoffkosten mit einem Anteil von 62 Prozent weiterhin auf Platz 1. Mit 59 Prozent knapp dahinter folgt die Sorge um fehlendes Fachpersonal, im Dienstleistungsbereich sind es sogar 69 Prozent. Bei 44 Prozent der Befragten treiben die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen Sorgenfalten auf die Stirn. Als Beispiele führen die Betriebe häufig den Ukraine-Krieg an, insbesondere der Wegfall des russischen Marktes. Darüber hinaus bereiten die Kapitalmarktentwicklung und Inflation sowie Lieferschwierigkeiten den Unternehmen Sorgen. Sehr häufig wird auch eine überbordende Bürokratie und Überregulierung genannt.

Aussichten

Die Investitionsbereitschaft hat sich in den letzten Monaten nicht signifikant verändert. Wie im Herbst kalkulieren knapp drei von zehn Betrieben mit höheren Ausgaben. Der Schwerpunkt der Investitionen liegt mit 64 Prozent auf den Ersatzbeschaffungen. Mit weitem Abstand folgt die Rationalisierung als Motiv für Investitionen; dies geben 36 Prozent der Befragten an. 33 Prozent der Unternehmen planen, ihre Mittel für Umweltschutzmaßnahmen bzw. 30 Prozent für Produktinnovationen auszugeben. Mehr als jedes zweite Unternehmen (55 Prozent) geht von gleichbleibenden Ausgaben aus; 17 Prozent der Betriebe planen Investitionen zurückzufahren.
Der Beschäftigungssaldo hat sich verglichen mit der vorigen Befragung verbessert: Zwar geht mit 17 Prozent nur noch etwa jedes sechste Unternehmen von einer höheren Beschäftigtenzahl aus (Herbst: 19 Prozent); die Zahl der Betriebe, die damit rechnen, dass die Mitarbeiterzahl sich rückläufig entwickeln wird, sank aber deutlich um 7 Prozentpunkte auf 15 Prozent. Zwei Drittel der Befragten - der mit Abstand größte Anteil – plant, die Belegschaft konstant zu halten.

Außenhandel

Allen Unsicherheiten zum Trotz: Der Außenhandel festigt sich. 60 Prozent der Unternehmen erwarten in den kommenden Monaten eine gleichbleibende Entwicklung. 16 Prozent geht von höheren Exporten aus; mit geringeren Ausfuhren rechnet nur knapp jeder vierte Betrieb. Damit haben sich die Werte im Vergleich zur Herbst-Befragung insgesamt deutlich verbessert.
Die Einschätzung der Unternehmen ist umso erfreulicher, da bislang vor allem negative Entwicklungen wie der Ukraine-Krieg und die damit verbundenen strengen Sanktionen gegen Russland sowie die seit der Corona-Pandemie gestörten Lieferketten in der außenwirtschaftlichen Diskussion eine primäre Rolle spielten. In den einzelnen Rückmeldungen werden diese Aspekte aufgeführt – ändern jedoch nichts am grundsätzlichen Optimismus.

Auslandsinvestitionen: leichte Abschwächung zu verzeichnen

Bei den Auslandsinvestitionen gibt es einen leichten Abwärtstrend: Zwar planen 31 Prozent der Unternehmen, ihre Ausgaben zu steigern. Damit erhöht sich dieser Anteil verglichen mit dem Vorjahreswert sogar um einen Prozentpunkt. Gleichzeitig steigt aber auch der Anteil von Betrieben, die ihr Auslandsengagement zurückfahren wollen, um elf Prozentpunkte auf derzeit 15 Prozent. 54 Prozent der Befragten wollen ihre Investitionen auf dem gleichen Niveau halten.
Schwerpunkt der Investitionen liegt mit 56 Prozent in der Ausweitung des Vertriebs bzw. des Kundendiensts. Jeder vierte Betrieb gibt an, durch die Investition langfristig Kosten sparen zu wollen. 19 Prozent zielen darauf ab, durch ihr Engagement neue Märkte zu erschließen.
Durch den Krieg in Europa ist mit sechs Prozent nach wie vor eine geringe Investitionsbereitschaft in die Staaten Ost- und Südosteuropas sowie Russland zu verzeichnen. Deutlich zulegen konnte dagegen mit 31 Prozent Nordamerika: Im Vorjahr waren es nur sieben Prozent. Auch die Bereitschaft in Süd- und Mittelamerika zu investieren, konnte sich auf sechs Prozent verdoppeln. Ganz vorne spielt der asiatische Raum des Pazifiks mit: Hier wollen 31 Prozent der Unternehmen investieren, im Vorjahr waren es noch nur 16 Prozent. China konnte ebenfalls leicht zulegen und liegt jetzt bei 22 Prozent. Es ist anzunehmen, dass die Versorgungsengpässe des vergangenen Jahres zu einer Diversifizierung der Lieferketten geführt haben und die Unternehmen insgesamt breiter investieren.

Finanzierung: Weiterhin Entspannung zu verzeichnen

Die Finanzlage des überwiegenden Anteils der Unternehmen (71 Prozent) ist von Entspannung gekennzeichnet und wird als unproblematisch bewertet. Damit ist dieser Anteil im Vergleich zur Herbstbefragung um elf Prozentpunkte gestiegen. Bei einer Reihe von Unternehmen zeigt sich jedoch auch eine schwierigere Lage: 15 Prozent der Unternehmen berichten von einem Rückgang des Eigenkapitals. 13 Prozent sehen sich mit zunehmenden Forderungsausfällen konfrontiert. Etwa jedes neunte Unternehmen meldet Liquiditätsengpässe.

Hohe Energie- und Rohstoffpreise belasten die Wirtschaft der MEO-Region

Die hohen Energie- und Rohstoffpreise belasten weiterhin die Wirtschaft – auch in der MEO-Region. In der Befragung nannten 62 Prozent der Unternehmen diese  einen Risikofaktor für die wirtschaftliche Entwicklung. Im Herbst 2022 nannten allerdings noch acht von zehn Unternehmen die Energie- und Rohstoffpreise als Risikofaktor. Zudem  führen Gasimporte aus anderen Ländern und eine Anpassung des Verbrauchs zu einem Ausbleiben einer Gasmangellage. Die Rohstoffpreise liegen zwar weiterhin auf einem hohen Niveau, haben aber ihr Maximum scheinbar Mitte 2022 erreicht. Eine abkühlende Konjunkturlage kann in diesem Jahr zusätzlich zu einer Senkung der Rohstoffpreise führen. 42 Prozent der Unternehmen geben an, die gestiegenen Energiekosten kurzfristig auf die Kunden umlegen zu wollen. Auf lange Sicht möchte fast jedes zweite Unternehmen diesen mit Investitionen in Energieeffizienzmaßnahmen begegnen. Positiv ist, dass sich 52 Prozent der Betriebe gut über die Umsetzungsmöglichkeiten zu Energiesparmaßnahmen informiert fühlen. Zusammenfassend belasten die Auswirkungen des Krieges und der Inflation weiter die Unternehmen der MEO-Region. Durch die sich stabilisierenden Preise sind die Einschätzungen bezüglich der Energie- und Rohstoffkrise optimistischer als noch im Herbst 2022.

Industrie: Sorge vor steigenden Energie- und Rohstoffpreisen sinkt leicht

Die Lage in der Industrie stellt sich weiterhin erfreulich dar: 40 Prozent der Industriebetriebe vergeben das Konjunkturprädikat gut. 12 Prozent der Betriebe zeigen sich mit der aktuellen Lage unzufrieden; dieser Anteil hat sich um sechs Prozentpunkte verringert.
Diese derzeit stabile Situation scheint sich zu verfestigen. So rechnen acht von zehn Befragten mit einer besseren oder gleichbleibenden Lage in den kommenden Monaten. Nur 17 Prozent der Befragten befürchten dagegen eine Verschlechterung – im Herbst waren es noch 34 Prozent.
Anlass zur Sorge bietet mit 72 Prozent weiterhin vor allem die Furcht vor weiter steigenden Energie- und Rohstoffpreisen; im Vergleich zur Herbst-Befragung ist dieser Wert allerdings um 21 Prozentpunkte gefallen. Rund die Hälfte der befragten Unternehmen werden versuchen die gestiegenen Kosten an die Kunden weiterzugeben und Energie zu sparen. Langfristig möchte ein Drittel der Industrieunternehmen in Energieeffizienzmaßnahmen investieren. Aufgrund des stabilisierenden Blicks auf die kommenden Monate steigt der Konjunkturklimaindex in der Industrie um 16 Punkte auf nun 112 Punkte.
Die Auftragsentwicklung aus dem Ausland ist ambivalent: 35 Prozent verzeichnen steigende Eingänge; 27 Prozent geben Rückgänge an. 43 Prozent melden einen gleichbleibenden Verlauf. Bei den Auftragseingängen aus dem Inland geben 70 Prozent der Betriebe eine unveränderte Lage an. Jeweils 15 Prozent sehen sich mit einer steigenden bzw. rückläufigen Entwicklung konfrontiert. Die Kapazitätsauslastung ist im Vergleich zum Herbst um zwei Prozentpunkte gestiegen und liegt aktuell bei 82,9 Prozent.

Handel: Mehr Optimismus spürbar, aber Sorgen bleiben

Die Lage im Handel hat sich deutlich verbessert: Jedes achte Unternehmen meldet eine gute (35 Prozent) oder zufriedenstellende (49 Prozent) Geschäftslage. Unzufrieden sind 16 Prozent der Händler, das sind 12 Prozent weniger als noch im Herbst. Besonders der Einzelhandel atmet nach dem ersten Winter ohne nennenswerte Corona-Maßnahmen spürbar auf: 29 Prozent sind mit ihrer aktuellen Situation sehr zufrieden. Im Herbst waren es nur sechs Prozent. Darüber hinaus war das Weihnachtsgeschäft durch die verkaufsoffenen Sonntage vor den Feiertagen wieder erfolgreicher als in der Pandemie.
Grundsätzlich hat sich aktuelle Situation im Groß- und Einzelhandel wieder mehr angeglichen als bei vorherigen Befragungen. So befindet sich der Saldo aus positiven und negativen Rückmeldungen im Großhandel mit 21 Punkten klar im Plus. Im Einzelhandel ist diese Differenz zwar geringer, aber mit 11 Punkten ebenfalls positiv.
Insgesamt startet der Handel optimistischer ins Jahr 2023: 11 Prozent der Unternehmen erwarten eine verbesserte Lage. Dem stehen 35 Prozent der Kaufleute entgegen, die eine schlechtere Entwicklung befürchten. Im Herbst blickte noch jedes zweite Unternehmen pessimistisch in die Zukunft. Der Klimaindex für den Handel steigt daher wieder merklich um 18 Punkte auf aktuell 95 Punkte. Auch wenn die Entwicklung insgesamt positiv ist, bleiben einige Sorgen bei den Kaufleuten: Die Inflation und die gestiegenen Kosten bei Nahrung und Energie führen zu einer spürbaren Kaufzurückhaltung der Kunden, vor allem bei Waren, die nicht unbedingt benötigt werden.

Dienstleistungen: Die Branche fasst Mut

37 Prozent der befragten Unternehmen im Dienstleistungssektor bewerten ihre derzeitige Situation als gut. Damit befindet sich der Anteil in etwa auf gleichem Niveau wie im Herbst. 15 Prozent beklagen eine nicht zufriedenstellende Lage.
Auffällig ist der neue Optimismus der Branche: 26 Prozent der Dienstleister gehen von einer Verbesserung aus, 19 Prozent erwarten eine Eintrübung der Geschäfte. Noch im Herbst glaubten nur 13 Prozent an bessere Geschäfte und 36 Prozent gingen von einer sich verschlechternden Lage aus. Insbesondere durch die positiven Zukunftsaussichten konnte der Klimaindex im Dienstleistungsbereich im Vergleich zum Herbst um 14 Punkte zulegen und steht aktuell bei 114 Punkten. Das Auslaufen der Corona-Maßnahmen und die für diesen Winter sichergestellte Gasversorgung der Kunden lässt die Branche positiv in die Zukunft schauen.
Der Fachkräftemangel bleibt das Sorgenthema Nummer 1 im Dienstleistungssektor. Im Vergleich zum Herbst hat sich der Anteil um fünf Prozentpunkte gesteigert: 69 Prozent geben ihn als Risiko für die eigene geschäftliche Entwicklung an – im Gastgewerbe sind es sogar 83 Prozent. Auf Platz zwei und drei stehen die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen (48 Prozent) und die hohen Energie- und Rohstoffpreise (47 Prozent).