Recht und Steuern

Verbraucherstreitbeilegung

Online-Händler und -Dienstleister sind verpflichtet, über die Möglichkeiten zur außergerichtlichen Streitbeilegung zu informieren. Die Informationspflicht gilt im eigenen Shop genauso wie auf Plattformen und sollte sorgfältig erfüllt werden, denn bei Verstößen drohen wettbewerbsrechtliche Abmahnungen.
1.    Informationspflichten zur sog. OS-Plattform
Online-Händler, die Verträge über ihre Internetseite oder auf anderem elektronischem Weg abschließen, müssen auf ihrer Internetseite einen leicht zugänglichen klickbaren Link auf die sog. OS-Plattform, eine Online-Plattform der Europäischen Union zur Streitschlichtung, bereithalten und ihre E-Mail-Adresse zur Verfügung stellen. Gleiches gilt für diejenigen, die online Dienstleistungen anbieten. Diese Pflicht resultiert aus der europäischen Verordnung (EU) Nr. 524/2013. Die Verordnung verpflichtet die Europäische Kommission, eine solche Plattform zur Streitschlichtung für Online-Geschäfte (OS-Plattform) zu schaffen und die Unternehmen, auf die Plattform hinzuweisen. Sowohl Verbraucher als auch Unternehmer sollen dort die Möglichkeit haben, in allen Amtssprachen der Union ein Online-Formular auszufüllen und Beschwerden einzureichen. Die Plattform leitet dort eingegangene Beschwerden an den Beschwerdegegner weiter und informiert über das weitere Verfahren. 
Der Link zu der Plattform lautet: https://ec.europa.eu/consumers/odr/. Kontrollieren Sie diesen Link bitte in regelmäßigen Abständen darauf, ob er noch auf die richtige Seite führt. Der zu der Plattform führende Link auf der Internetseite von Unternehmen sollte so gekennzeichnet werden, dass man leicht erkennen kann, was sich dahinter verbirgt.
Formulierungsvorschlag: „Informationen zur Online-Streitbeilegung gem. Art. 14 Abs. 1 ODR-VO: Die Europäische Kommission stellt eine Plattform zur Online-Streitbeilegung bereit, die Sie unter folgendem Link finden: https://ec.europa.eu/consumers/odr/. Unsere E-Mail-Adresse lautet…“
Leicht zugänglich wäre der Link zum Beispiel, wenn er in das Impressum aufgenommen würde; damit würde wohl auch gleichzeitig die Voraussetzung erfüllt, die E-Mail-Adresse des Unternehmens zur Verfügung zu stellen. Für möglich gehalten wird auch eine Aufnahme in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), allerdings nur, wenn diese jederzeit abrufbar sind; nicht ausreichend dürfte es sein, wenn die AGB erst bei Abschluss der Bestellung zur Verfügung gestellt werden.
Die Informationspflicht trifft alle Online-Händler oder -Dienstleister unabhängig von der Frage, ob sie an einer sog. alternativen Streitbelegung teilnehmen (müssen) oder nicht.
Unternehmer, die an einer solchen alternativen Streitbelegung teilnehmen, müssen weitere Informationspflichten beachten: Soweit sie sich verpflichtet haben oder verpflichtet sind, an einem außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen, müssen sie Verbraucher über die Existenz der OS-Plattform und die Möglichkeit, diese zur Streitbelegung nutzen, informieren. Neben einem Link im Internetauftritt muss ein Link zu der OS-Plattform auch in E-Mails aufgenommen werden, mit denen ein Angebot erfolgt. Diese Informationen sind ggf. auch in AGB für Online-Kaufverträge oder Online-Dienstleistungsverträge aufzunehmen.
Formulierungsvorschlag: „Information zur Online-Streitbeilegung gem. Art. 14 Abs. 1 ODR-VO: Die Europäische Kommission stellt eine Plattform zur Online-Streitbeilegung bereit, die Sie unter folgendem Link finden: https://ec.europa.eu/consumers/odr/. Verbraucher haben die Möglichkeit, diese Plattform zur Beilegung von Streitigkeiten zu nutzen. Unsere E-Mail-Adresse lautet…“
2.    Informationspflichten zum Verbraucherstreitbeilegungsgesetz
Darüber hinaus müssen Unternehmer zusätzlich die Informationspflichten nach §§ 36, 37 Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) beachten.
§ 36 VSBG
§ 36 VSBG verpflichtet zunächst nur Unternehmer, die eine Webseite unterhalten oder Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) nutzen, auf der Webseite und/oder in ihren AGB Verbraucher leicht zugänglich, klar und verständlich
  • zu informieren, inwieweit der Unternehmer bereit oder verpflichtet ist, an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen; die Verpflichtung kann sich entweder aus einer entsprechenden gesetzlichen Regelung ergeben oder daraus, dass der Unternehmer sich dazu selbst verpflichtet hat. Von dieser Informationspflicht ausgenommen sind nur Unternehmer mit bis zu zehn Mitarbeitern, wobei es hier auf die in dem Unternehmen beschäftigten Personen ankommt, so dass Teilzeitkräfte nicht nur anteilig zählen. Stichtag hierfür ist der 31.12. des Vorjahres,
  • auf die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle hinzuweisen, wenn sich der Unternehmer zur Teilnahme verpflichtet hat oder gesetzlich dazu verpflichtet ist. Dabei muss der Hinweis Angaben zur Anschrift sowie zur Webseite der Schlichtungsstelle und eine Erklärung des Unternehmers, an einem Streitbeilegungsverfahren vor dieser Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen, enthalten.
Der Hinweis sollte im Impressum im Zusammenhang mit den Informationen zur OS-Plattform erfolgen (Bündelungsgebot).
§ 37 VSBG
Die Informationspflichten nach § 37 VSBG treffen alle Unternehmer, unabhängig davon, ob sie eine Webseite unterhalten oder AGB nutzen oder wie viele Mitarbeiter sie beschäftigen. § 37 VSBG gilt für den Fall, dass ein Unternehmer eine Streitigkeit mit einem Verbraucher über einen Verbrauchervertrag nicht beilegen konnte. Hier nutzt das Gesetz unbestimmte Rechtsbegriffe (wann liegt eine Streitigkeit vor?, wann konnte dies nicht beigelegt werden?), deren Auslegung wohl Aufgabe der Rechtsprechung sein wird.
Im Fall einer nicht beigelegten Streitigkeit müssen die Unternehmer den Verbraucher auf eine für ihn zuständige Verbraucherschlichtungsstelle unter Angabe von deren Anschrift und Webseite hinweisen. Zuständige Verbraucherschlichtungsstelle ist laut der Gesetzesbegründung jede Stelle, die für die Streitigkeit sachlich und örtlich zuständig wäre und an deren Verfahren der Unternehmer teilnehmen könnte. Eine Liste der derzeit bestehenden Verbraucherschlichtungsstellen ist beim Bundesamt für Justiz abrufbar unter https://www.bundesjustizamt.de.
Gleichzeitig müssen die Unternehmer angeben, ob sie bereit oder verpflichtet sind, an einem Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen. Ist ein Unternehmer zu einer Teilnahme vor einer oder mehrerer Verbraucherschlichtungsstellen bereit oder verpflichtet, so hat er diese Stelle oder Stellen zu nennen.
Die Hinweispflicht nach § 37 VSBG gilt auch, wenn Unternehmer an einem Streitbeilegungsverfahren nicht teilnehmen wollen oder müssen. Auch wenn der Unternehmer weder bereit, noch verpflichtet ist, an einem Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen, kann der Verbraucher dennoch ein solches einleiten. Die angerufene Schlichtungsstelle muss das Verfahren aber beenden, wenn der Antragsgegner erklärt, dass er daran nicht teilnehmen oder es nicht fortsetzen will, es sei denn, Rechtsvorschriften, Satzungen oder vertragliche Abreden bestimmen etwas anderes.
Die Hinweise gem. § 37 VSBGB müssen in Textform gegeben werden. Textform bedeutet - nach derzeitigem Stand – z.B. auf Papier, USB-Stick, CD-ROM, Speicherkarte, E-Mail oder per (Computer-)Telefax.