Unterschiedliche Ausschlussfristen bei EU- und Drittlandsanträgen beachten!

Vorsteuervergütungsverfahren


1. Möglichkeiten der Erstattung von ausländischer Umsatzsteuer
Die zunehmende Internationalisierung des Wirtschaftsverkehrs führt dazu, dass immer häufiger deutsche Unternehmen auch im Ausland tätig werden. Mitarbeiter fahren zu Messen und Ausstellungen oder übernachten aus sonstigen Gründen geschäftlich im Ausland, die Lastwagen deutscher Speditionen werden im Ausland vollgetankt. In Fällen wie diesen kommt es dazu, dass deutsche Unternehmen mit ausländischer Umsatzsteuer belastet werden. Diese Umsatzsteuer kann anders als bei inländischen Rechnungen nicht im Rahmen der Umsatzsteuervoranmeldung geltend gemacht werden. Häufig ist nicht bekannt, dass es für eine erhebliche Anzahl von Ländern die Möglichkeit gibt, diese ausländische Umsatzsteuer im Rahmen des sogenannten „Umsatzsteuervergütungsverfahrens“ erstattet zu bekommen. Innerhalb der Europäischen Union besteht diese Möglichkeit im Verhältnis zu allen Mitgliedsstaaten. Außerhalb der Europäischen Union hängt dies davon ab, ob zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem jeweiligen Drittland ein zwischenstaatliches Abkommen, das die gegenseitige Erstattung regelt, besteht. Das Bundeszentralamt für Steuern hat führt ein Verzeichnis der Drittstaaten, bei denen Gegenseitigkeit gegeben ist sowie ein Verzeichnis, bei denen Gegenseitigkeit nicht gegeben ist.
2. Materielle Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Vergütungsverfahrens
Das Vergütungsverfahren kann nur von Unternehmern im Sinne des Umsatzsteuerrechts in Anspruch genommen werden. Weiter ist zu beachten, dass ein Unternehmer, der das Rückerstattungsverfahren beanspruchen will, in dem betreffenden Land nicht ansässig sein und auch selbst keine steuerbaren, die Registrierung auslösenden Umsätze im Vergütungszeitraum in dem Land getätigt haben darf. Insoweit geht das Erfordernis, sich dann gegebenenfalls umsatzsteuerlich registrieren zu lassen und die Vorsteuer hierüber geltend zu machen, dem Vergütungsverfahren vor. Unschädlich für die Anwendung des Vergütungsverfahrens sind dabei allerdings in der Regel sonstige Leistungen, die zwar im betreffenden Ausland steuerbar sind, bei denen sich jedoch aufgrund der Anwendung des sogenannten „reverse-charge-Verfahrens“ die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger verlagert.
Im Vergütungsverfahren sind auch die Vorsteuerabzugsbeschränkungen zu beachten. In einer Reihe von Ländern gibt es materielle Einschränkungen des Vorsteuerabzugs. Insbesondere betrifft dies Vorsteuern, die im Zusammenhang mit Reisekosten angefallen sind. Diese wirken auch im Vergütungsverfahren.
Für die Antragsabwicklung ist zwischen Anträgen in Drittlandsstaaten und EU-Mitgliedstaaten zu unterscheiden: 

3. Anträge ins Drittland
  • Antrag
Die Antragsstellung erfolgt direkt bei der ausländischen Erstattungsbehörde auf dem hierfür vorgesehenen Antragsformular. Das Bundeszentralamt für Steuern hält einige Kontakte und Anschriften der Erstattungsbehörden nebst Antragsformularen vor. Zu beachten, ist, dass das Formular in der jeweiligen Landessprache bzw. vom Land zugelassenen Sprachen ausgefüllt wird.
  • Vergütungszeitraum
Der Vergütungszeitraum beträgt in der Regel mindestens drei aufeinanderfolgende Kalendermonate, höchstens ein Kalenderjahr.
  • Originalrechnungen
Die im Antragsformular einzeln aufgeführten Vorsteuerbeträge müssen in der Regel durch Originalrechnungen belegt werden. Die Rechnungen müssen den formellen Anforderungen im Umsatzsteuergesetz des betreffenden Landes entsprechen.
  • Unternehmerbescheinigung
Der Antragsteller hat durch eine Bescheinigung des für ihn zuständigen Finanzamts nachzuweisen, unter welcher Steuernummer er eingetragen ist. Die Bescheinigung hat ein Jahr Gültigkeit ab Ausstellungsdatum. Ein Muster der Bescheinigung USt 1 TN kann auf der Homepage des Bundesfinanzministeriums abgerufen werden ist beim Bundeszentralamt für Steuern abrufbar.
  • Mindestbetrag
In den einzelnen Mitgliedstaaten gibt es bestimmte Mindestbeträge für jährliche oder vierteljährliche Vergütungen.
  • Antragsfrist
Ein Antrag auf Vergütung muss bei der zuständigen Behörde spätestens am 30. Juni des folgenden Jahres eingegangen sein.

Vorsicht: Diese Frist ist derzeit kürzer als die Frist für EU-Anträge!
  • Dauer des Verfahrens
Grundsätzlich soll die zuständige Behörde innerhalb von sechs Monaten nach Eingang des Antrags entscheiden. In der Praxis hat sich erwiesen, dass in einigen Ländern erheblich längere Zeiträume bis zur Rückerstattung des Vorsteuerbetrages abzuwarten sind. Die Auszahlung des Vergütungsbetrages erfolgt in der Regel durch Überweisung auf ein in- oder ausländisches Konto des Erstattungsberechtigten. 
 
4. Anträge in Mitgliedstaaten der Europäischen Union
In jedem Mitgliedstaat ist ein elektronisches Portal eingerichtet, über das die in diesem Land ansässigen Unternehmen ihre Erstattungsanträge an die anderen Mitgliedstaaten einreichen können. In Deutschland wurde dieses elektronische Antragsportal beim Bundeszentralamt für Steuern eingerichtet. Details zu dem hierüber einleitbaren Antragsverfahren finden Sie beim Bundeszentralamt für Steuern.
Danach gilt Folgendes:
  • Antragstellung/Einleitung des elektronischen Verfahrens
Ein im Inland ansässiger Unternehmer, dem in einem anderen Mitgliedstaat von einem Unternehmer Umsatzsteuer in Rechnung gestellt worden ist, kann über das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) bei der zuständigen Behörde dieses Mitgliedstaates einen Antrag auf Vergütung dieser Steuer stellen. Beantragt der Unternehmer die Vergütung für mehrere Mitgliedstaaten, ist für jeden Mitgliedstaat ein gesonderter Antrag zu stellen.
Anträge auf Vergütung von Vorsteuerbeträgen in einem anderen Mitgliedstaat sind nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung nach Maßgabe der Steuerdaten-Übermittlungsverordnung dem BZSt zu übermitteln (§ 18g UStG). Der Antragsteller muss authentifiziert sein. In dem Vergütungsantrag ist die Steuer für den Vergütungszeitraum zu berechnen.
  • Antragsfrist
Der Vergütungsantrag ist bis zum 30. September des auf das Jahr der Ausstellung der Rechnung folgenden Kalenderjahres zu stellen. Für die Einhaltung der Frist nach Satz 1 genügt der rechtzeitige Eingang des Vergütungsantrags beim BZSt.
  • Mindestbetrag
Der Vergütungsbetrag muss mindestens 50 Euro betragen oder einem entsprechend in Landeswährung umgerechneten Betrag entsprechen. Der Unternehmer kann auch einen Antrag für einen Zeitraum von mindestens drei Monaten stellen, wenn der Vergütungsbetrag mindestens 400 Euro beträgt oder einem entsprechend in Landeswährung umgerechneten Betrag entspricht.
  • Antragsinhalt
Der Unternehmer hat in dem Vergütungsantrag Folgendes anzugeben:
  • den Mitgliedstaat der Erstattung;
  • Name und vollständige Anschrift des Unternehmers;
  • eine Adresse für die elektronische Kommunikation;
  • eine Beschreibung der Geschäftstätigkeit des Unternehmers, für die die Gegenstände bzw. Dienstleistungen erworben wurden, auf die sich der Antrag bezieht;
  • den Vergütungszeitraum, auf den sich der Antrag bezieht;
  • eine Erklärung des Unternehmers, dass er während des Vergütungszeitraums im Mitgliedstaat der Erstattung keine Lieferungen von Gegenständen bewirkt und Dienstleistungen erbracht hat, mit Ausnahme bestimmter steuerfreier Beförderungsleistungen (vgl. § 4 Nr. 3 UStG), von Umsätzen, für die ausschließlich der Leistungsempfänger die Steuer schuldet, oder innergemeinschaftlicher Erwerbe und daran anschließender Lieferungen im Sinne des § 25b Abs. 2 UStG;
  • die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) oder Steuernummer (StNr.) des Unternehmers;
  • seine Bankverbindung (inklusive IBAN und BIC).
Neben diesen Angaben sind in dem Vergütungsantrag für jeden Mitgliedstaat der Erstattung und für jede Rechnung oder jedes Einfuhrdokument folgende Angaben zu machen:
  • Name und vollständige Anschrift des Lieferers oder Dienstleistungserbringers;
  • außer im Falle der Einfuhr die USt-IdNr. des Lieferers oder Dienstleistungserbringers oder die ihm vom Mitgliedstaat der Erstattung zugeteilte Steuerregisternummer;
  • außer im Falle der Einfuhr das Präfix des Mitgliedstaats der Erstattung;
  • Datum und Nummer der Rechnung oder des Einfuhrdokuments;
  • Bemessungsgrundlage und Steuerbetrag in der Währung des Mitgliedstaats der Erstattung;
  • Betrag der abziehbaren Steuer in der Währung des Mitgliedstaats der Erstattung; Seite 14
  • gegebenenfalls einen (in bestimmten Branchen anzuwendenden) Pro-rata-Satz;
  • Art der erworbenen Gegenstände und Dienstleistungen aufgeschlüsselt nach Kennziffern:
    1 Kraftstoff;
    2 Vermietung von Beförderungsmitteln;
    3 Ausgaben für Transportmittel (andere als unter Kennziffer 1 oder 2 beschriebene Gegenstände und Dienstleistungen);
    4 Maut und Straßenbenutzungsgebühren;
    5 Fahrtkosten wie Taxikosten, Kosten für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel;
    6 Beherbergung;
    7 Speisen, Getränke und Restaurantdienstleistungen;
    8 Eintrittsgelder für Messen und Ausstellungen;
    9 Luxusausgaben, Ausgaben für Vergnügungen und Repräsentationsaufwendungen;
    10 Sonstiges. Hierbei ist die Art der gelieferten Gegenstände bzw. erbrachten Dienstleistungen anzugeben.
Soweit es der Mitgliedstaat der Erstattung vorsieht, hat der Unternehmer zusätzliche elektronisch verschlüsselte Angaben zu jeder Kennziffer zu machen, soweit dies auf Grund von Einschränkungen des Vorsteuerabzugs im Mitgliedstaat der Erstattung erforderlich ist.
  • Rechnungskopien
Beträgt die Bemessungsgrundlage in der Rechnung oder dem Einfuhrdokument mindestens 1.000 Euro (bei Rechnungen über Kraftstoffe mindestens 250 Euro), hat der Unternehmer elektronische Kopien der Rechnungen oder der Einfuhrdokumente dem Vergütungsantrag beizufügen, wenn der Mitgliedstaat der Erstattung dies vorsieht. Die Dateianhänge zu dem Vergütungsantrag dürfen aus technischen Gründen die Größe von fünf Megabyte nicht überschreiten.
  • Tätigkeitsbeschreibung
Der Unternehmer hat in dem Antrag eine Beschreibung seiner unternehmerischen Tätigkeit anhand des harmonisierten Codes vorzunehmen, wenn der Mitgliedstaat der Erstattung dies vorsieht.
Der Mitgliedstaat der Erstattung kann zusätzliche Angaben in dem Vergütungsantrag verlangen. Informationen über die Antragsvoraussetzungen der einzelnen Mitgliedstaaten sind auf den Internetseiten des BZSt abrufbar.
  • Prüfung der Zulässigkeit durch das Bundeszentralamt
Die dem BZSt elektronisch übermittelten Anträge werden vom BZSt als für das Vorsteuer-Vergütungsverfahren zuständige Behörde auf ihre Zulässigkeit vorgeprüft. Dabei hat das BZSt ausschließlich festzustellen, ob
  1. die vom Unternehmer angegebene Umsatzsteueridentifikationsnummer bzw. Steuernummer zutreffend und ihm zuzuordnen ist und
  2. der Unternehmer ein zum Vorsteuerabzug berechtigter Unternehmer ist.
  • Weiterleitung an den Mitgliedstaat der Erstattung
Stellt das BZSt nach Durchführung der Vorprüfung fest, dass der Antrag insoweit zulässig ist, leitet es diesen an den Mitgliedstaat der Erstattung über eine elektronische Schnittstelle weiter. Mit der Weitergabe des Antrags bestätigt das BZSt, dass
  • die vom Unternehmer angegebene USt-IdNr. bzw. StNr. zutreffend ist und
  • der Unternehmer ein zum Vorsteuerabzug berechtigter Unternehmer ist.
Die Weiterleitung an den Mitgliedstaat der Erstattung hat innerhalb von 15 Tagen nach Eingang des Antrags zu erfolgen.
  • Übermittlung einer Empfangsbestätigung
Das BZSt hat dem Antragsteller eine elektronische Empfangsbestätigung über den Eingang des Antrags zu übermitteln.
  • Verzinsung
Der Vergütungsbetrag ist grundsätzlich zu verzinsen, wenn die Auszahlung nicht innerhalb von vier Monaten und zehn Tagen nach Eingang des Vergütungsantrags erfolgt ist.
 
Weitere Informationen entnehmen Sie bitte der rechten Spalte. Dort finden Sie auch einen Link vom DIHK zum Thema “Umsatzsteuervergütung im Ausland.” 

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Hinweise: 
  • Stand 01. Juli 2021: Hinweise zum Vorsteuer-Vergütungsverfahren nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU (Brexit)
Die Mitgliedschaft Großbritanniens in der Europäischen Union ist mit Ablauf des 31. Januar 2020 beendet worden. Anträge, die Vergütungszeiträume des Jahres 2020 betreffen, waren bis zum 31. März 2021 nach den Vorschriften der Richtlinie 2008/9/EG des Rates vom 12. Februar 2008 zu stellen.  Anträge, die Vergütungszeiträume ab dem Jahr 2021 betreffen, sind nach den Regelungen für die Vorsteuervergütung an Unternehmer aus Drittstaaten zu stellen.
  • Ausnahme für Unternehmer mit Sitz in Nordirland:
Für den Warenkehr mit Nordirland gelten gemäß dem "Abkommen über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft" und dem Protokoll zu Irland/Nordirland über den 31. März 2021 hinaus Sonderregelungen. Die Vorschriften der Richtlinie 2008/9/EG des Rates vom 12. Februar 2008 finden auf die Vergütung von Vorsteuern, die auf Warenbezüge nordirischer Unternehmer im Inland entfallen, weiterhin Anwendung. 
Für die Vergütung von Vorsteuern, die auf den Bezug von Dienstleistungen entfallen, gelten die Regelungen für die Vergütung an Unternehmer aus Drittstaaten.
  • 09.02.2021: Hinweise zum Vorsteuer-Vergütungsverfahren für einen Austritt Großbritanniens aus der EU (Brexit)
Die Mitgliedschaft Großbritanniens in der Europäischen Union ist mit Ablauf des 31. Januar 2020 beendet worden. Die Regelungen der Richtlinie 2008/9/EG des Rates vom 12. Februar 2008 für Vorsteuer-Vergütungsanträge aus und nach Großbritannien gelten bis zum 31. Dezember 2020 unverändert weiter. Anträge, die Vergütungszeiträume des Jahres 2020 betreffen, sind bis zum 31. März 2021 nach den Vorschriften der vorgenannten Richtlinie zu stellen. 
Achtung: Für den Vergütungszeitraum 2020 endet die Antragsfrist damit nicht am 30. September 2021, sondern bereits sechs Monate früher.
Bitte reichen Sie Anträge aus und nach Großbritannien daher spätestens bis zum 31. März 2021 ein. Sollten Sie Ihren Antrag erst nach Ablauf des 31. März 2021 einreichen, müssen Sie damit rechnen, dass eine Vergütung abgelehnt wird.
Stand:  Februar  2021