Anrechenbarkeit von Weihnachtsgeld auf den Mindestlohn
Ob Weihnachtsgeld auf den Mindestlohn anrechenbar ist, hängt maßgeblich von den arbeitsvertraglichen Regelungen ab. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass nur solche Sonderzahlungen auf den Mindestlohn anrechenbar sind, die zumindest auch eine Gegenleistung für die erbrachte Arbeit darstellen.
Ausgeschlossen ist eine Anrechnung von Sonderzahlungen nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts, wenn diese ohne Rücksicht auf eine tatsächliche Arbeitsleistung erfolgen oder auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung beruhen (wie z.B. der Zuschlag für Nachtarbeit gem. § 6 Abs. 5 ArbZG). Soll mit dem Weihnachtsgeld beispielsweise nur die Betriebstreue belohnt werden, wird die Anrechnung daher problematisch.
Damit eine Leistung sich auf den Mindestlohn auswirkt, muss sie auch zum Fälligkeitszeitpunkt des Mindestlohnes ausgezahlt werden, und das heißt, spätestens am Ende des Monats, der auf den Monat folgt, an dem die zu vergütende Arbeitsleistung erbracht wurde; es muss also eine monatliche Zahlung erfolgen. Und hier beginnt es, problematisch zu werden: Die Zahlung von Weihnachtsgeld ist in vielen Fällen im Arbeitsvertrag festgelegt und zwar als jährliche Einmalzahlung. Um auf den Mindestlohn anrechenbar zu sein, muss diese einmal jährlich stattfindende Zahlung nun auf monatliche Zahlungen umgestellt werden. Den Arbeitsvertrag kann der Arbeitgeber aber nicht alleine abändern. Er braucht dazu eine (neue) vertragliche Abrede mit dem Arbeitnehmer; besteht ein Betriebsrat kann – je nach Einzelfall - auch eine Abänderung durch Betriebsvereinbarung in Frage kommen.
Einem anderen rechtlichen Ansatz, die Umstellung von einmal jährlicher auf monatliche Zahlung zu regeln, nämlich im Wege einer Änderungskündigung, haben das Arbeitsgericht Berlin und das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg eine Absage erteilt: Für eine Änderungskündigung braucht der Arbeitgeber einen rechtlich zulässigen Grund. Und der Wunsch, das Weihnachtsgeld auf monatliche Zahlungen umzustellen, stellt keinen solchen Grund dar. Hier müssten schon weitere gravierende Aspekte, z.B. Wegfall des Arbeitsplatzes, weil ansonsten eine Unternehmensschließung droht, hinzutreten.
Wichtig ist schließlich die Frage, ob nach der bisherigen vertraglichen Abrede die Sonderzahlung auf jeden Fall gezahlt werden soll, d.h. dass sie nicht unter dem Vorbehalt des Widerrufs steht oder als freiwillige Zahlung bezeichnet wird. In einem solchen Fall wäre die Auszahlung nicht gesichert, so dass auch die Erhöhung des Lohnes auf Mindestlohnniveau durch Anrechnung der Sonderzahlung nicht sicher ist. Finden sich Widerrufs- oder Freiwilligkeitsvorbehalte im Arbeitsvertrag, sollten sie in der Vereinbarung über die Umstellung auf monatliche Zahlungen aufgehoben werden.
Weihnachtsgeld kann also unter bestimmten Voraussetzungen auf den Mindestlohn angerechnet werden. Ggf. sind dafür aber Änderungen des Arbeitsvertrages erforderlich.
Arbeitgeber sollten Sonderzahlungen – wie Weihnachtsgeld – gleichmäßig auf die monatlichen Lohnauszahlungen verteilen, damit diese in die Berechnung des Mindestlohns einfließen.
Es kann nur dringend empfohlen werden, entsprechende Änderungen des Arbeitsvertrages mit anwaltlicher Hilfe zu formulieren, da falsche oder unklare Regelungen fatal sein können.
Erfolgt die Zahlung von Weihnachtsgeld nicht auf der Grundlage eines individuellen Arbeitsvertrages, sondern aufgrund eines Tarifvertrages dürfte eine Anrechnung auf den Mindestlohn durch eine Änderung des (Individual-) Arbeitsvertrages ausscheiden.