Arbeitsrecht in der Fünften Jahreszeit

Auch wenn es mancher Rheinländer nicht glauben mag – arbeitsrechtliche Grundsätze bleiben auch in der Zeit von Weiberfastnacht bis Aschermittwoch in Kraft. Folgende Themen bieten in oder nach der fünften Jahreszeit immer wieder Anlass zu Diskussionen:

Arbeitsfrei an Karneval

Obwohl die tollen Tage manchem wichtiger sind als Weihnachten und Ostern zusammen, sind im Feiertagsgesetz NRW weder Weiberfastnacht noch Rosenmontag als Feiertag anerkannt, auch nicht der Veilchendienstag. Auch ein Recht auf Arbeitsbefreiung durch ein "regionales Gewohnheitsrecht" besteht nicht. Ein Anspruch auf Arbeitsbefreiung (mit oder ohne Gehaltszahlung) kann aber durch eine sog. betriebliche Übung entstehen, wenn durch wiederholte vorbehaltlose Gewährung eines freien Tages die berechtigte Erwartung erweckt wird, dies werde auch in Zukunft so beibehalten werden. Sofern die Arbeitsbefreiung unregelmäßig oder nur einmalig gewährt wird, entsteht eine betriebliche Übung nicht.
Der Arbeitgeber kann das Entstehen einer betrieblichen Übung dadurch verhindern, dass er sich Änderungen vorbehält oder dass er klarstellt, dass die Regelung nur für das jeweilige Jahr gilt.

Karnevalsparty im Büro

Arbeitgeber dürfen frei entscheiden, ob und in welchem Ausmaß Karneval während der Arbeitszeit gefeiert werden darf. Auch ohne eine entsprechende Anweisung des Arbeitgebers gilt ein sog. relatives Alkoholverbot: Es darf nur so viel Alkohl getrunken werden, dass die Arbeitsfähigkeit nicht beeinträchtigt ist. Soweit dies aus Sicherheitsgründen erforderlich ist, kann auch ein absolutes Alkoholverbot greifen.
Einen sichtbar alkoholisierten Arbeitnehmer kann der Arbeitgeber des Betriebes verweisen; soweit die Fürsorgepflicht dies gebietet, muss er dies sogar. Ein Gehaltsanspruch steht dem Arbeitnehmer für diesen Zeitraum dann nicht zu. Allerdings sollten Arbeitgeber gut dokumentieren, warum sie jemanden von der Arbeitspflicht entbinden. Sie tragen die Beweislast dafür, dass ihr Vorgehen berechtigt war.
Auch eine Karnevalsfeier am Arbeitsplatz (sei sie nun vom Unternehmen selbst organisiert oder erlaubt), darf nicht dazu führen, dass Kollegen oder Vorgesetzte beleidigt werden. Erst recht nicht erlaubt sind sexuelle Belästigungen, sei es in Form von anzüglichen Witzen oder Berührungen. Beides kann arbeitsrechtliche Konsequenzen haben; der Arbeitgeber ist verpflichtet, ein solches Verhalten zu unterbinden.

Kostüme am Arbeitsplatz

Arbeitnehmer dürfen, wenn es keine entgegenstehenden dienstlichen Vorschriften gibt, frei bestimmen, welche Kleidung sie tragen. Sie können sich daher auch kostümieren. In typischen Karnevalsgebieten ist das viel üblicher als in anderen Regionen; ggf. sollte man auf dezente Accessoires zurückgreifen.
Der Arbeitgeber kann aber verlangen, dass sich die Arbeitnehmer branchenüblich kleiden. Sicherlich eher ungewöhnlich wäre die karnevaleske Kostümierung z.B. bei einem Bestattungsunternehmen. Teilweise haben manche Unternehmen auch festgelegte Bekleidungsvorschriften (z.B. Kleidung in dunklen Farben oder Dienstkleidung). Verstoßen Arbeitnehmer dagegen, kann das arbeitsrechtliche Konsequenzen, wie z.B. eine Abmahnung, haben.

Arbeitsunfähigkeit nach Karneval?

Am Aschermittwoch ist alles vorbei, für manchen Arbeitnehmer auch die Arbeitsfähigkeit. In dem einen oder anderen Fall fragt sich, ob wirklich eine zur Arbeitsunfähigkeit vorliegt oder ob eine tatsächlich vorliegende Arbeitsunfähigkeit nicht auf ein Verschulden des Arbeitnehmers zurückzuführen ist.
Grundsätzlich muss jeder Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber unverzüglich mitteilen, dass er krank ist und wie lange er voraussichtlich krank sein wird. Dauert die Erkrankung länger als drei Kalendertage, muss nach der gesetzlichen Regel spätestens am darauffolgenden Arbeitstag ein Nachweis über die Arbeitsunfähigkeit vorgelegt werden; der Arbeitgeber kann aber auch – ohne Vorliegen besonderer Gründe – einen Nachweis zu einem früheren Zeitpunkt verlangen, auch bereits am ersten Tag einer Erkrankung.
Gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer sind durch die Einführung der E-AU verpflichtet, zu den o.g. Zeitpunkten die Arbeitsunfähigkeit feststellen zu lassen.
Der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AUB) kommt grundsätzlich ein hoher Beweiswert zu. Dieser Beweiswert kann aber unter bestimmten Voraussetzungen erschüttert werden. Das gilt nicht nur, wenn z.B.der Arbeitnehmer nach einer Kündigung eine AUB vorlegt, die passgenau die Dauer der Kündigungsfrist umfasst, sondern auch, wenn Arbeitnehmer z.B. gehäuft vor oder nach einem Wochenende oder am Ende eines Urlaubs erkranken. Über eine solche Erschütterung des Beweiswertes mag man auch nachdenken, wenn ein Arbeitnehmer in jedem Jahr an Aschermittwoch oder rund um das Karnevalswochenende ausfällt.
Der Beweiswert kann auch erschüttert sein, wenn ein Arbeitnehmer um Urlaub für die Karnevalstage gebeten hat, dieser aber nicht gewährt wurde und er daraufhin eine Erkrankung ankündigt. Ein solches Verhalten kann sogar einen Kündigungsgrund darstellen.
Ist der Beweiswert der AUB erschüttert, muss der Arbeitnehmer mit anderen Mitteln nachweisen, dass er tatsächlich erkrankt war, wenn er für die fraglichen Tage seinen Entgeltanspruch nicht verlieren möchte.
Ein Entgeltfortzahlungsanspruch besteht auch nicht, wenn die Arbeitsunfähigkeit verschuldet wurde. Ein solches Verschulden ist aber nur ausnahmsweise anzunehmen. Fälle einer Erkältung nach niedrigen Temperaturen beim Karnevalsumzug oder einer Augenverletzung durch einen Kamellewurf zählen nicht dazu. Etwas anderes gilt z.B. bei einem Verkehrsunfall unter Alkoholeinfluss, wenn dies der einzige Grund für den Unfall war.


Stand: 2/2025