Probearbeiten

Diese und weitergehende Informationen und Auskünfte sind für unsere Mitgliedsunternehmen der IHK zu Essen und solche Personen, die in dem Kammerbezirk Mülheim an der Ruhr, Essen und Oberhausen die Gründung eines Unternehmens planen.
Damit Arbeitnehmer den Arbeitgeber und auch die Tätigkeit außerhalb eines Praktikums kennenlernen können ohne direkt einen Arbeitsvertrag zu schließen, regen Arbeitgeber aber auch Agenturen für Arbeit an, für einzelne Tage oder auch nur für einige Stunden im Betrieb zu sein.
Die verschiedensten Begriffe gibt es dafür: Probearbeiten, Schnuppertage und Einfühlungsverhältnisse. Gesetzlich ist dies nicht geregelt. Da ein Arbeitsvertragsverhältnis auch formfrei begründet werden kann, sind die Grenzen oftmals schwierig zu ziehen. Nicht entscheidend ist dabei, welche Bezeichnung der Probearbeit & Co. gegeben wurde. Maßgeblich für die Bewertung ist allein das tatsächlich Geschehene. Was sind die Unterschiede? Was müssen Arbeitgeber beachten? Erfolgt eine Bezahlung? Tritt Versicherungspflicht bei der Sozialversicherung ein?
Probearbeiten
Das Probearbeiten ist einem etwaigen Beschäftigungsverhältnis vorgelagert. Es soll ein solches gerade noch nicht begründen. Ein Interessent übernimmt beim Probearbeiten auf Anweisung des Unternehmers oder seines Beauftragten betriebliche Arbeiten. Vom Abschluss eines Arbeitsvertrages geht die Rechtsprechung dabei dann aus, wenn der Arbeitgeber berechtigt ist, Anweisungen zu erteilen und der Interessent bestimmte Arbeitszeiten einzuhalten, konkrete Tätigkeiten auszuüben oder bestimmte Arbeitsorte aufzusuchen hat. Indizien für den Abschluss eines Arbeitsvertrages sind z.B. die Verpflichtung zum Tragen einer Dienstkleidung, zur Einhaltung von Pausenzeiten oder die Vereinbarung einer Vergütung. Die Tätigkeit des Interessenten unterscheidet sich dann nicht von der der übrigen Arbeitnehmer des Betriebs.
Der (unbeabsichtigte) Abschluss eines Arbeitsvertrages hat für den Arbeitgeber erhebliche Folgen: Zunächst bestehen Vergütungsansprüche für die Arbeitsleistungen, also gilt Mindestlohnpflicht. Es tritt dann auch eine Sozialversicherungspflicht ein.
Zudem muss ein Arbeitsverhältnis stets schriftlich beendet werden (§ 623 BGB, Kündigung, Aufhebungsvertrag). Im Fall der Kündigung ist die Mindestkündigungsfrist des § 611 Abs. 1 BGB einzuhalten. Eine Probezeit (§ 622 Abs. 3 BGB) ist regelmäßig nicht vereinbart, da ein Arbeitsvertrag ja aus Sicht des Arbeitgebers gar nicht beabsichtigt war.
Schnuppertage
Der Arbeitgeber weist dem Interessenten keine betrieblichen Arbeiten zu, die dieser alleine und selbstständig erledigt. Die Tätigkeit erfolgt rein freiwillig. Bestimmte Arbeitszeiten müssen nicht eingehalten werden. Darüber hinaus besteht kein Anspruch auf Bezahlung. Ein Arbeitsverhältnis liegt unter diesen Umständen nicht vor. Aufgrund der vergütungsfreien Schnuppertage tritt auch keine Sozialversicherungspflicht ein.
Wollen Arbeitgeber doch etwas zahlen, ist es wichtig in einer Vereinbarung eindeutig zu formulieren, dass es sich nicht um eine Vergütung für die geleistete Arbeit handelt.
Einfühlungsverhältnisse
Bei den sog. Einfühlungsverhältnissen wird dem Interessenten die Möglichkeit gegeben, die betrieblichen Gegebenheiten kennenzulernen. Von einem Einfühlungsverhältnis geht man dann aus, wenn keine gegenseitigen Rechte und Pflichten vereinbart werden. Der Bewerber übernimmt keine Arbeitnehmerpflichten, braucht also keine konkrete Arbeitsleistung zu erbringen. Der Arbeitgeber übt lediglich sein Hausrecht aus und verschafft dem Bewerber die Möglichkeit, sich einen ersten Einblick zu verschaffen. Eine Vergütung und eine Sozialversicherungspflicht erfolgen nicht.
Unfallversicherung bei Probearbeit & Co.
Eine Sofortmeldung durch den Arbeitgeber bei der Berufsgenossenschaft ist zur Sicherheit ungeachtet der Bezeichnung und unbeachtlich der Zahlung eines Arbeitsentgelts abzugeben, sofern im Rahmen der Probearbeit & Co. eine tatsächliche Arbeitsleistung erbracht werden soll:
Das Bundessozialgericht hat sich 2019 zum gesetzlichen Unfallversicherungsschutz von potentiellen Arbeitnehmern während der Probearbeit geäußert. Ob der Bewerber als „Besucher“ oder eher als „Wie-Beschäftigter“ zu sehen ist, hängt vom Einzelfall ab. Nur im letzteren Fall ist der Bewerber gesetzlich unfallversichert. Die Rechtsprechung stellt auf den „wirtschaftlichen Wert“ der Tätigkeit für den potentiellen Arbeitgeber ab. (BSG, Urteil vom 20.08.2019 - Aktenzeichen B 2 U 1/18 R).
Unfallversicherungsschutz bei Schnuppertagen und Einfühlungsverhältnissen besteht, wenn der Bewerber Leistungsempfänger der Bundesagentur für Arbeit ist und die Maßnahme auf Veranlassung der Arbeitsverwaltung durchgeführt wird (LSG NRW, Urteil v. 16.2.2000 L 17 U 290/99).
Abgrenzung von Probearbeit & Co. gegenüber der Probezeit
Im Gegensatz zu Probearbeit & Co. steht die Probezeit, die ein Bestandteil eines formellen Arbeitsvertrags sein kann. Sie dient dazu, die Eignung des Arbeitnehmers für die Position während einer festgelegten Dauer, in der Regel bis zu sechs Monaten, zu überprüfen. Während der Probezeit gelten spezielle Kündigungsfristen und beide Parteien haben die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis mit einer verkürzten Frist zu beenden.
Vereinbarung?
Eine schriftliche Vereinbarung für Probearbeit & Co. ist nicht gesetzlich vorgeschrieben, ist jedoch zu empfehlen, um die Rechte und Pflichten beider Parteien zu definieren und rechtliche Risiken zu minimieren. Es empfiehlt sich, darin Dauer, evtl. Vergütung, Aufgaben, Versicherungsschutz und Angaben zum Datenschutz zu regeln.
Arbeitszeit und Dauer von Probearbeit & Co.
Es gibt keine gesetzlich festgelegte Höchstdauer für Probearbeit & Co., sie sollte jedoch in einem angemessenen Verhältnis zur Stelle im Betrieb stehen. Häufig sind Zeiträume von einzelnen Stunden bis wenigen Tagen.
Ein weiterer Punkt ist die Anzahl der Stunden, die ein Bewerber pro Tag während der Probearbeit & Co. leisten darf. Hier gelten die allgemeinen arbeitszeitgesetzlichen Vorgaben. Der Bewerber ist aber frei, selbst zu bestimmen, wann und wie lange er tätig ist.

Stand: April 2025