Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige

Warum erfolgen Bestellung und Vereidigung überhaupt?
Öffentliche Bestellung und Vereidigung sollen sicherstellen, dass Gerichten, Behörden, Wirtschaft und Allgemeinheit besonders zuverlässige, glaubwürdige und überdurchschnittlich sachkundige Personen zur Verfügung stehen. Für über 200 Sachgebiete stehen Fachkräfte zur Verfügung, z. B. im Bereich von Kraftfahrzeugschäden, Grundstücksbewertung oder Bauschäden.

Wann sollten Sie sich an die IHK zu Essen wenden?
Die Industrie- und Handelskammer zu Essen ist für die öffentliche Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen aus Mülheim an der Ruhr, Essen und Oberhausen in wirtschaftlichen und technischen Bereichen zuständig.

Sachverständigenverzeichnisse
Die IHK zu Essen hält ein Verzeichnis der von ihr öffentlich bestellten Sachverständigen vor. Es gibt Auskunft über mehr als 100 Experten auf rund 80 verschiedenen Sachgebieten von „A wie Abfall bis W wie Werkstoffe". Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, im Sachverständigenverzeichnis bundesweit mehr als 8.500 öffentlich bestellte Sachverständige auf mehr als 200 verschiedenen Sachgebieten zu recherchieren.

Verfahren und Voraussetzungen
Die Bestellung ist an bestimmte Bedingungen geknüpft. Rechtsgrundlagen sind § 36 der Gewerbeordnung und § 6 Absatz 1 des Gesetzes über die Industrie- und Handelskammern im Lande Nordrhein-Westfalen. Zusätzlich hat die IHK zu Essen eine Sachverständigenordnung (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 229 KB) erlassen, die durch Richtlinien ergänzt und erläutert wird. Die öffentliche Bestellung ist allerdings nicht als Berufszulassung zu werten.
Vor der öffentlichen Bestellung und Vereidigung prüft die IHK zu Essen zunächst die persönliche Eignung und die fachliche Qualifikation des Sachverständigen. Der Nachweis der besonderen, über dem Durchschnitt liegenden Sachkunde erfolgt in der Regel durch die Vorlage bisheriger Gutachten sowie grundsätzlich durch Vorstellung bei einem Fachgremium. Diese Fachgremien werden eingesetzt, um die Bewerber mittels eines Fachgesprächs, ggf. nach vorherigen schriftlichen Ausarbeitungen, auf die nötige Qualifikation hin zu überprüfen. Zur Vereinfachung werden den Mitgliedern des Fachgremiums vorab die von dem Bewerber vorgelegten Gutachten zur Verfügung gestellt.
Auf die Einschaltung eines Fachgremiums kann nur dann verzichtet werden, wenn die vorgelegten Gutachten, die eingeholten Referenzen sowie sonstige der IHK zu Essen vorliegenden Informationen die notwendige fachliche Qualifikation in herausragender Art erkennen lassen, dass eine weitere Überprüfung nicht durchgeführt werden muss. Die IHK zu Essen bestellt Sachverständige nur auf Gebieten, für welche ein (sog. abstrakter) Bedarf besteht.
Nach erfolgreicher Absolvierung des Fachgesprächs wird der Bewerber dann von der IHK zu Essen bestellt und vereidigt. Die Bestellungen sind stets befristet. In der Regel werden die Erstbestellungen auf zwei und die nachfolgenden Bestellungen auf fünf Jahre befristet.

Besondere Sachkunde
Die besondere Sachkunde ist durch den Bewerber nachzuweisen. Dabei sind überdurchschnittliche Kenntnisse, Fähigkeiten und praktische Erfahrungen auf dem betreffenden Sachgebiet erforderlich. Die ordnungsgemäße – und ggf. jahrelange – Ausübung des Berufs ist allein kein ausreichender Nachweis. Der Kandidat muss auch nachweisen, dass ihm die Grundlagen des Sachverständigenrechts – z. B. Regelungen der Zivilprozessordnung etc. – bekannt sind. Als Nachweis kann der Besuch einschlägiger Seminare dienen, die von verschiedenen Seminaranbietern angeboten werden. Zur besonderen Sachkunde gehört neben den fachlichen Kenntnissen insbesondere die Fähigkeit, das Fachwissen in Gutachtenform so darzustellen, dass die Ergebnisse und Überlegungen auch für Laien nachvollziehbar sind.

Konkrete Bestellungsvoraussetzungen für verschiedene Sachgebiete
Die Voraussetzungen und Anforderungen an den Kandidaten für eine Bestellung sind von Sachgebiet zu Sachgebiet sehr unterschiedlich. Eine Konkretisierung der jeweiligen Anforderungen enthalten die fachlichen Bestellungsvoraussetzungen, die es für eine Vielzahl von Sachgebieten gibt (abrufbar auf der Internet-Seite des Instituts für Sachverständigenwesen IfS).

Welche Unterlagen sind einzureichen?
Die IHK zu Essen hält – nach einem persönlichen Vorgespräch – ein Antragsformular bereit, dem vom Bewerber folgende Unterlagen beizufügen sind:
• Berufsbezogener Lebenslauf und aktuelles Passfoto
• aktuelles polizeiliches Führungszeugnis (behördliche Version = Versand direkt an die IHK zu Essen)
• Abschriften bzw. Kopien aller antragsrelevanten Zeugnisse, Diplome oder sonstigen Urkunden, insbesondere über die Berechtigung zur Führung etwaiger akademischer Titel und Grade oder sonstiger Berufsbezeichnungen
• selbständig erstattete Gutachten auf dem beantragten Sachgebiet und ggf. weitere Unterlagen sowie Ausarbeitungen
• Referenzliste
• ggf. Freistellungserklärung des Arbeitgebers (bei Angestellten)
Liegen die vollständigen Antragsunterlagen vor, bittet die IHK zu Essen zunächst ihren Sachverständigenausschuss, die Unterlagen der Sachverständigen zu begutachten und eine Empfehlung auszusprechen. Im weiteren Verlauf hat sich der Bewerber – wie oben geschildert – grundsätzlich einer fachlichen Überprüfung durch ein Fachgremium zu unterziehen. Die Kosten oder Auslagen (zum Beispiel Honorare und Fahrkosten der Fachgremiumsmitglieder) hat der Sachverständige selbst und zusätzlich zu den folgenden Kosten zu tragen.
Kostenhinweise
Nach der Gebührenordnung der IHK zu Essen beträgt die Gebühr für die Bearbeitung eines Antrages
a)
Bestellung als Sachverständiger
1.338 EURO
b)
bei Wiederbestellung
724 EURO
c)
Erweiterung auf zusätzliche Sachgebiete
868 EURO

Mit der Antragstellung wird der entsprechende Gebührentatbestand begründet. Es kommt nicht darauf an, dass das Verfahren erfolgreich abgeschlossen wird, so dass die Gebühr nicht zurückerstattet werden kann, falls es nicht zu einer öffentlichen Bestellung kommt.

Stand: 15. Juni 2021