Arbeitsrecht

Urlaubsrecht

Arbeitnehmer haben grundsätzlich in jedem Kalenderjahr einen Anspruch auf Gewährung bezahlten Erholungsurlaubs. Der Anspruch steht aber unter bestimmten Voraussetzungen; er kann auch erlöschen. Geregelt ist der Urlaubsanspruch im Wesentlichen im Bundesurlaubsgesetz (BUrlG); Tarif- und Individualarbeitsverträge enthalten häufig ergänzende, zum Teil auch abweichende Regelungen.

Voraussetzungen für den Urlaubsanspruch

Voraussetzung für den Urlaubsanspruch ist das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses. Dazu gehören im Urlaubsrecht auch Berufsausbildungs-, Teilzeit- und geringfügige Beschäftigungsverhältnisse. Der Arbeitnehmer erwirbt den vollen Urlaubsanspruch nach einer Wartezeit von sechs Monaten. Es kommt dabei nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer tatsächlich gearbeitet hat. Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs (sog. Teilurlaub) für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses (nicht Kalendermonat!) hat der Arbeitnehmer für Zeiten eines Kalenderjahres, für die er entweder
  • wegen Nichterfüllung der Wartezeit in diesem Kalenderjahr keinen vollen Urlaubsanspruch erwirbt oder
  • wenn er vor erfüllter Wartezeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet oder
  • wenn er nach erfüllter Wartezeit in der ersten Hälfte eines Kalenderjahres (also bis zum Ablauf des 30.06.) aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.
Scheidet der Arbeitnehmer nach erfüllter Wartezeit in der zweiten Jahreshälfte aus, wird der Mindesturlaub nicht gequotelt; es besteht der volle Urlaubsanspruch.

Urlaubsanspruch bei Arbeitgeberwechsel

Wechselt der Arbeitnehmer im laufenden Jahr den Arbeitgeber, hat der Arbeitnehmer auch im neuen Arbeitsverhältnis Anspruch auf Urlaub, dessen Höhe sich nach dem Datum des Eintritts in das neue Arbeitsverhältnis richtet (s.o.). Der neue Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer nicht darauf verweisen, sich an seinen früheren Arbeitgeber zu wenden. Endet ein Arbeitsverhältnis, ist der Arbeitgeber verpflichtet, dem Arbeitnehmer unaufgefordert eine Bescheinigung über den im laufenden Kalenderjahr gewährten oder abgegoltenen Urlaub auszustellen.

Urlaubsdauer und Zeitpunkt

Die Mindesturlaubsdauer nach BUrlG für Arbeitnehmer beträgt grundsätzlich 24 Werktage jährlich, wobei der Samstag als Werktag zählt. Wenn die Arbeitszeit nicht auf alle Werktage der Woche (Montag bis Samstag) verteilt ist, muss der Urlaubsanspruch in Arbeitstage umgerechnet werden. Für eine 5-Tage-Woche ergibt sich dadurch ein gesetzlicher Mindestanspruch von 20 Arbeitstagen. Allerdings ergibt sich aus Tarifverträgen oder Einzelvereinbarungen häufig ein höherer Urlaubsanspruch. Den gesetzlichen Regelungen gehen günstigere tarifliche Bestimmungen oder Einzelvereinbarungen vor. Sonderbestimmungen ergeben sich unter anderem auch aus dem Jugendarbeitsschutzgesetz und dem Schwerbehindertengesetz.
Teilzeitbeschäftigte haben Anspruch auf denselben Erholungsurlaub wie Vollzeitbeschäftigte, wenn sie an jedem Arbeitstag in der Woche arbeiten. Arbeitet ein Arbeitnehmer nicht an jedem Arbeitstag in der Woche, sind zur Ermittlung des Urlaubsanspruchs die Arbeitstage rechnerisch in Beziehung zum Vollzeitarbeitsverhältnis zu setzen. Dies geschieht bei einer regelmäßigen Verteilung der Arbeitszeit in einer Fünf-Tage-Woche nach folgender Formel:
(Anzahl der bei einer Vollzeitstelle gewährten Urlaubstage : 5)  x  Arbeitstage des Arbeitnehmers
Beispiel: In einem Unternehmen erhalten Vollzeitbeschäftigte 30 Urlaubstage; es wird an fünf Tagen pro Woche gearbeitet. Ein Arbeitnehmer, der an drei Tagen pro Woche arbeitet, hat dann Anspruch auf (30:5) x 3 = 18 Tage Urlaub.
Sind die Arbeitstage unregelmäßig verteilt, hängt die Urlaubsdauer, gleichgültig ob es sich um eine Vollzeitstelle oder eine Teilzeitstelle handelt, vom jeweiligen Einzelfall ab.
Ob die Gewährung zusätzlicher Urlaubstage für ältere Arbeitnehmer möglich ist, hängt nach der Rechtsprechung des BAG vom jeweiligen Einzelfall ab. Dabei muss der Arbeitgeber eine auf die konkrete Situation in seinem Unternehmen bezogene Einschätzung durchführen.
Werden im Lauf des Jahres die Anzahl der Arbeitstage verringert, ist es nicht zulässig, die Zahl der während einer vorherigen Vollzeittätigkeit erworbenen Urlaubstage zu kürzen. Die Zahl der dem Arbeitnehmer zustehenden Urlaubstage ist stattdessen abschnittsweise zu berechnen. Dies dürfte auch für den umgekehrten Fall der Erhöhung der Arbeitstage gelten.
Die Festlegung des Urlaubs erfolgt nicht einseitig durch den Arbeitnehmer; er hat kein Recht zur Selbstbeurlaubung. Macht der Arbeitnehmer seinen Urlaubsanspruch geltend, legt der Arbeitgeber den Urlaubszeitpunkt unter Berücksichtigung der Urlaubswünsche des Arbeitnehmers fest. Der Arbeitgeber muss die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers dann nicht berücksichtigen, wenn dringende betriebliche Belange oder unter sozialen Gesichtspunkten vorrangige Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer entgegenstehen. Stellt der Arbeitgeber einen Urlaubsplan auf, so hat der Betriebsrat mitzubestimmen.

Übertragung, Verfall und Verjährung des Urlaubsanspruchs

Grundsätzlich muss Urlaub im laufenden Kalenderjahr genommen werden. Eine Übertragung in das nächste Kalenderjahr ist möglich, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Dann muss der Urlaub grundsätzlich in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden. Wird der Urlaub nicht bis Jahresende oder bei möglicher Übertragung nicht bis Ende des Übertragungszeitraums genommen, verfällt er aber nicht automatisch. Vielmehr hat der Arbeitgeber eine Aufforderungs- und Hinweispflicht. Er muss den Arbeitnehmer klar und rechtzeitig darauf hinweisen, dass der Urlaub bis zum Jahresende beziehungsweise Ende des Übertragungszeitraums genommen werden muss und ansonsten erlischt. Außerdem muss er ihn auffordern, seinen Urlaub zu nehmen. Kommt der Arbeitgeber seiner Aufforderungs- und Hinweispflicht nicht nach, erlischt der Urlaubsanspruch nicht, so dass es zu einer Ansammlung von Urlaubsansprüchen aus vergangenen Jahren kommen kann. Diese können verjähren, aber nur, wenn der Arbeitgeber zuvor rechtzeitig auf den noch ausstehenden Urlaub und drohenden Verfall hingewiesen hat. Dann beginnt die dreijährige Verjährungsfrist mit Ende des Jahres, in dem der Arbeitgeber den Hinweis erteilt hat.
Besonderheiten bestehen, wenn der Arbeitnehmer wegen längerer Arbeitsunfähigkeit seinen Urlaub nicht bis zum Ende des Übertragungszeitraums nehmen kann. Die Rechtsprechung hat entschieden, dass der Urlaubsanspruch in einem solchen Fall spätestens 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres verfällt (Bsp.: Urlaub aus dem Jahr 2023 verfällt am 31.03.2025). Aber auch hier besteht grundsätzlich eine Hinweispflicht des Arbeitgebers vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit. Hat der Arbeitnehmer im Urlaubsjahr noch gearbeitet, ist dann erkrankt und bis zum Ablauf der o.g. 15 Monate nicht wieder arbeitsfähig, erlischt der Anspruch nur, wenn der Arbeitgeber ihn vor der Erkrankung durch entsprechenden Hinweis und Aufforderung (s.o.) rechtzeitig in die Lage versetzt hatte, seinen Urlaub zu nehmen. Daher sollte der Hinweis unmittelbar zu Jahresbeginn erfolgen. Hat der Arbeitnehmer vor Erkrankung im Urlaubsjahr nicht gearbeitet, erlischt der Anspruch allerdings unabhängig von einem Hinweis.
Dies gilt für den gesetzlichen Mindesturlaub. Für den übergesetzlichen Urlaub können abweichende Regelungen vereinbart werden; für einen Willen, abweichende Regelungen zu vereinbaren, muss es aber deutlichen Anhaltspunkte in dem entsprechenden Vertrag geben.
Setzt ein langzeiterkrankter Arbeitnehmer nach seiner Genesung die Arbeit fort, gehen nach einer Entscheidung des BAG während der Arbeitsunfähigkeit angesammelte Ansprüche mit dem Ende des laufenden Kalenderjahres unter, in dem der Arbeitnehmer nach seiner Genesung die Arbeit fortsetzt. Dann muss er - um den Verfall des Urlaubs zu verhindern - seinen während der Krankheitszeit angesammelten Urlaub im selben Kalenderjahr bzw. gegebenenfalls spätestens bis zum Ablauf des Übertragungszeitraums nehmen.

Urlaubsentgelt, Urlaubsgeld und Urlaubsabgeltung

Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf Entgeltfortzahlung während des Urlaubes (Urlaubsentgelt). Die Höhe richtet sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst des Arbeitnehmers in den letzten 13 Wochen vor Beginn des Urlaubs. Überstundenvergütungen werden nicht berücksichtigt, anders als z.B. Vergütung für Bereitschaftsdienst und Nachtarbeitszuschläge. Ein gesetzlicher Anspruch auf ein zusätzliches Urlaubsgeld (Gratifikation) besteht nicht. Häufig wird jedoch aufgrund tarifvertraglicher oder arbeitsvertraglicher Regelung oder entsprechender betrieblicher Übung ein zusätzliches Urlaubsgeld gewährt.
Es ist grundsätzlich unzulässig, nicht in Anspruch genommenen Urlaub in Geld abzugelten. Dies ergibt sich aus dem Grundgedanken des Urlaubs, das heißt der Freistellung von der Arbeit zum Zwecke der Erholung. Urlaubsabgeltung ist nur zulässig, wenn der Urlaubsanspruch wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr erfüllt werden kann. Für die Berechnung des Urlaubsabgeltungsanspruchs ist das gewöhnliche Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers maßgebend.
Gekündigte Arbeitnehmer müssen einen Urlaubsabgeltungsanspruch nicht bis zum Jahresende beziehungsweise bis zum Ende des Übertragungszeitraums geltend machen (BAG, Urteil vom 19.06.2012, Az: 9 AZR 652/10). Der Anspruch unterliegt der dreijährigen Verjährungsfrist. Tarifliche oder vertragliche Ausschlussfristen können aber auch vorher zum Verfall des Abgeltungsanspruches führen.
Der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub entfällt auch nicht, wenn ein Arbeitnehmer verstirbt. In diesem Fall kann den Erben ein Abgeltungsanspruch bezüglich der bisher nicht genommenen Urlaubstage zustehen.

Erkrankung während des Urlaubs

Erkrankt ein Arbeitnehmer während seines Urlaubs, so werden die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den Urlaub nicht angerechnet. Auch bei längerer Krankheit während des Urlaubsjahres wird der Urlaubsanspruch nicht beeinträchtigt. Zur Frage des Urlaubsanspruchs bei lang andauernder Krankheit s.o. unter Übertragung.

Freistellung

Ein Anspruch auf (un-)bezahlte Freistellung kann sich aus Gesetz, Betriebsvereinbarung, vertraglicher Vereinbarung oder Tarifvertrag ergeben. Bezahlte Freistellung wird dem Arbeitnehmer durch Gesetz (§ 616 BGB) gewährt, wenn er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit unverschuldet an der Arbeitsleistung gehindert ist und ihm unter Berücksichtigung der Treuepflicht die Arbeitsleistung nicht zugemutet werden kann. Dazu gehören u.a. Sterbefälle in der Familie, Niederkunft der Ehefrau oder Partnerin, schwere Erkrankung naher Angehöriger, medizinisch notwendiger oder nur während der Arbeitszeit möglicher Arztbesuch usw. Der Anspruch aus § 616 BGB kann vertraglich ausgeschlossen oder eingeschränkt werden.

Bildungsurlaub

In Nordrhein-Westfalen erwerben Arbeitnehmer nach einer Betriebszugehörigkeit von sechs Monaten einen Anspruch auf bezahlte Freistellung zur politischen oder beruflichen Weiterbildung in Höhe von fünf Arbeitstagen im Jahr (Bildungsurlaub); bei Teilzeit erfolgt ggf. eine anteilige Kürzung. Ein derartiger Anspruch besteht jedoch nur in Betrieben mit mindestens zehn Beschäftigten.

Stand: Juli 2023