Arbeitsrecht

Mutterschutz, Elternzeit und Elterngeld


I. Mutterschutz

Die gesetzliche Grundlage für den Schutz von werdenden Müttern im Arbeitsverhältnis bildet das Mutterschutzgesetz (MuSchG). Es schützt alle Frauen während der Schwangerschaft, nach der Entbindung und in der Stillzeit, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, also auch Teilzeitkräfte, geringfügig Beschäftigte und Auszubildende. Geschützt werden unter anderem auch
  • sozialversicherungspflichtige Fremdgeschäftsführerinnen,
  • arbeitnehmerähnliche Selbstständige,
  • Frauen in betrieblicher Berufsbildung sowie Praktikantinnen im
    Sinne von § 26 Berufsbildungsgesetz,
  • Schülerinnen und Studentinnen unter bestimmten Voraussetzungen (insbesondere wenn die Ausbildungsstelle Ort, Zeit und Ablauf der Ausbildungsveranstaltung verpflichtend vorgibt), z.B. auch während eines verpflichtend vorgegebenen Praktikums,
  • Frauen mit Behinderung, die in einer Werkstatt für behinderte Menschen beschäftigt sind,
  •  Frauen, die in Heimarbeit beschäftigt sind.
Die Vorschriften des MuSchG sind zwingend. Das Gesetz enthält einen umfangreichen Katalog von Ordnungswidrigkeiten, Verstöße können mit Bußgeldern von bis zu 30.000,- € geahndet werden können; dies gilt auch für Verstöße gegen die umfangreichen Dokumentations- und Mitteilungspflichten. Vorsätzliche Verstöße stellen zum Teil eine Straftat dar.

1. Mitteilungs- und Benachrichtigungspflichten

Schwangere Frauen sollen dem Arbeitgeber ihre Schwangerschaft und den mutmaßlichen Tag der Entbindung mitteilen, sobald sie wissen, dass sie schwanger sind. Ausreichend ist die Mitteilung, dass wahrscheinlich eine Schwangerschaft besteht. Eine stillende Frau soll ihrem Arbeitgeber so bald wie möglich mitteilen, dass sie stillt.
Der Arbeitgeber kann von der schwangeren Arbeitnehmerin die Vorlage eines entsprechenden Attests eines Arztes, einer Hebamme, oder eines Entbindungspflegers verlangen. Das Mutterschutzgesetz begründet keine Mitteilungspflicht der Arbeitnehmerin. Eine solche kann sich jedoch aus ihrer allgemeinen arbeitsvertraglichen Treuepflicht ergeben, wenn ein erhebliches berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an einer Mitteilung besteht. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Arbeitgeber rechtzeitig Dispositionen treffen muss (z.B. Arbeitnehmerinnen deren Position, eine längere Einarbeitung ihrer Vertretung erfordert). Von der Mitteilung der Arbeitnehmerin, dass sie schwanger ist, hat der Arbeitgeber unverzüglich die für die Überwachung der Einhaltung der mutterschutzrechtlichen Vorschriften zuständige Aufsichtsbehörde zu benachrichtigen. Ebenso ist unverzüglich mitzuteilen, wenn eine Arbeitnehmerin stillt, es sei denn, der Aufsichtsbehörde ist bereits die Schwangerschaft mitgeteilt worden. Der Arbeitgeber darf diese Informationen nicht unbefugt an Dritte weitergeben.
Aufsichtsbehörde ist in NRW die jeweilige Bezirksregierung, im Bezirk der IHK zu Essen ist das die
Bezirksregierung Düsseldorf
Cecilienallee 2
40474 Düsseldorf
Telefon: 0211 475-0
Telefax: 0211 475-2671
E-Mail: poststelle@brd.nrw.de
Ihr gegenüber ist der Arbeitgeber auskunftspflichtig.
Für die Anzeige der Beschäftigung einer schwangeren oder stillenden Frau hält das Ministerium für Arbeit, Gesundheit u. Soziales auf seiner Internetseite ein Formblatt bereit.
Weitere Mitteilungspflichten, z.B. bei getakteter Arbeit, ergeben sich aus § 27 MuSchG.

2. Gesundheitsschutz der werdenden Mutter

Aus der Mitteilung der Schwangerschaft ergeben sich weitreichende Konsequenzen für den vom Arbeitgeber am Arbeitsplatz der Schwangeren zu gewährleistenden Gesundheitsschutz. Sie reichen von der Pflicht zur Anpassung der Arbeitsbedingungen an die Schwangerschaft, über die Beachtung genereller und individueller Beschäftigungsverbote bis hin zur Einhaltung bestimmter gesetzlich vorgesehener Schutzfristen.
a. Arbeitszeit
Arbeitgeber dürfen schwangere Arbeitnehmerinnen grundsätzlich nur zwischen 06.00 Uhr und 20.00 Uhr beschäftigen. Die Aufsichtsbehörde kann aber genehmigen, dass diese bis 22.00 Uhr (sog. Arbeit zur späten Abendstunde) beschäftigt werden, soweit folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
  • die Frau muss sich ausdrücklich dazu bereit erklärt haben (diese Erklärung kann jederzeit widerrufen werden),
  • ein Arzt bestätigt, dass nichts gegen die Beschäftigung bis 22.00 Uhr spricht und
  • insbesondere eine unverantwortbare Gefährdung (s. zum Begriff unter b.) durch sog. Alleinarbeit ist ausgeschlossen.
Während der Überprüfung des entsprechenden Antrags darf die Schwangere unter den o.g. Voraussetzungen bis 22.00 Uhr beschäftigt werden. Der Antrag gilt als genehmigt, wenn die Behörde ihn nicht innerhalb von sechs Wochen ablehnt (Genehmigungsfiktion).
Werdende und stillende Mütter dürfen auch nicht in Nachtarbeit (nach 22.00 Uhr) beschäftigt werden. In Einzelfällen sind Ausnahmegenehmigungen nach § 29 MuSchG durch die Aufsichtsbehörde möglich; die Genehmigungsfiktion gilt hier nicht. Für Auszubildende gelten Sonderregelungen.
Verboten ist die Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen; es gelten keine branchenspezifischen Ausnahmen. Unter bestimmten Voraussetzungen, auch hier sind u.a. eine Einwilligung der Arbeitnehmerin sowie ein Ausschluss einer unverantwortbaren Gefährdung erforderlich, ist auch Arbeit an Sonn- und Feiertagen ausnahmsweise zulässig (s. zu den Einzelheiten § 6 MuSchG). Es besteht eine Mitteilungspflicht gegenüber der Aufsichtsbehörde. Auch hier ist ein Widerruf der Einwilligung der Arbeitnehmerin jederzeit möglich.
Werdende und stillende Mütter dürfen nicht mit Mehrarbeit beschäftigt werden. Sie dürfen arbeitstäglich nicht mehr als maximal 8,5 Stunden oder 90 Stunden pro Doppelwoche, Frauen unter 18 Jahren arbeitstäglich maximal 8 Stunden oder 80 Stunden in der Doppelwoche arbeiten. Unzulässig ist auch eine Beschäftigung in einem Umfang, der die vertraglich vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit im Durchschnitt des Monats übersteigt (Ausgleichspflicht für Mehrarbeit). Für schwangere und stillende Frauen muss eine ununterbrochene Ruhezeit von elf Stunden sichergestellt werden.
b. Gefährdungsbeurteilung/Beschäftigungsverbote
Die Pflichten des Arbeitgebers zum Gesundheitsschutz von werdenden Müttern beginnen bereits vor Mitteilung einer Schwangerschaft. Der Arbeitgeber muss die Arbeitsbedingungen so gestalten, dass Gefährdungen einer schwangeren oder stillenden Frau oder ihres Kindes vermieden und unverantwortbare Gefährdungen ausgeschlossen werden. Eine Gefährdung ist gegeben, wenn die Möglichkeit besteht, dass die schwangere oder stillende Frau oder ihr Kind durch eine bestimmte Tätigkeit gesundheitlich beeinträchtigt werden. Die Gefährdung ist unverantwortbar, wenn angesichts der zu erwartenden Schwere des möglichen Gesundheitsschadens die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Gesundheitsbeeinträchtigung nicht hinnehmbar ist. Je geringer der mögliche Gesundheitsschaden ist, desto höher muss die Eintrittswahrscheinlichkeit sein, um eine unverantwortbare Gefährdung anzunehmen, bei einem möglichen schwerwiegenden Schaden genügt eine geringe Eintrittswahrscheinlichkeit.
Zur Durchführung der Gefährdungsbeurteilung hat der Mutterschutzausschuss beim Bundesfamilienministerium eine Regel erstellt.
Arbeitgeber müssen die Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 5 ArbSchG anlassunabhängig auch unter mutterschutzrechtlichen Aspekte für jede Tätigkeit durchführen (sog. schwangerschaftsspezifische Gefährdungsbeurteilung). Der Arbeitgeber muss also jede Tätigkeit in seinem Unternehmen prüfen und beurteilen, ob und ggf. welche Risiken für schwangere oder stillende Frauen oder deren Kinder bestehen. Diese Pflicht greift auch, wenn ein Arbeitsplatz nicht mit einer Frau besetzt ist und selbst dann, wenn auch in nächster Zeit nicht zu erwarten ist, dass er mit einer Frau besetzt werden wird.
Unter Berücksichtigung der Beurteilung der Gefährdung ist danach zu ermitteln, ob Bedarf an Schutzmaßnahmen besteht. Dabei kann sich ergeben, dass im Falle der Beschäftigung einer Schwangerschaft bzw. einer stillenden Mutter
• keine Schutzmaßnahmen erforderlich sind,
• eine Umgestaltung der Arbeitsbedingungen erforderlich ist oder
• eine Fortführung der Tätigkeit an dem Arbeitsplatz nicht möglich ist.
Der Arbeitgeber hat die Beurteilung der Arbeitsbedingungen zu dokumentieren und alle bei ihm Beschäftigten über das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung und über etwaigen Bedarf an Schutzmaßnahmen zu informieren.
 
Teilt eine Frau dem Arbeitgeber mit, dass sie schwanger ist oder stillt, hat der Arbeitgeber unverzüglich die sich aus der Gefährdungsbeurteilung ergebenden Maßnahmen zu ergreifen, es sei denn, Schutzmaßnahmen sind nicht notwendig. Ziel der Maßnahmen muss es sein, nach Möglichkeit eine Weiterbeschäftigung zu ermöglichen, so dass sich eine Hierarchie von Maßnahmen ergibt. Das sind:
  • Umgestaltung der Arbeitsbedingungen.
  • Kann der Arbeitgeber eine unverantwortbare Gefährdung von Mutter oder Kind nicht durch eine Umgestaltung des Arbeitsplatzes ausschließen oder ist eine Umgestaltung wegen unverhältnismäßigen Aufwands nicht zumutbar, muss er – soweit möglich – die Arbeitnehmerin umsetzen, wenn dieser Arbeitsplatz der Arbeitnehmerin zumutbar ist.
  • Kann der Arbeitgeber eine unverantwortbare Gefährdung weder durch eine Umgestaltung des Arbeitsplatzes noch durch einen Arbeitsplatzwechsel ausschließen, muss er als letzte Möglichkeit ein Beschäftigungsverbot erteilen.
  • Außerdem muss er der Frau ein Gespräch über weitere Anpassungen der Arbeitsbedingungen anbieten. Er darf eine Frau nur diejenigen Tätigkeiten ausüben lassen, für die die erforderlichen Schutzmaßnahmen getroffen worden sind.
Der Arbeitgeber muss sowohl die allgemeine Gefährdungsbeurteilung als auch die konkreten Maßnahmen, die er ergreift, wenn eine Frau ihm mitteilt, dass sie schwanger ist oder stillt, dokumentieren.
Darüber hinaus gilt – unabhängig von der Gefährdungsbeurteilung -, dass der Arbeitgeber sicherzustellen hat, dass schwangere oder stillende Frauen ihre Tätigkeit, soweit erforderlich, kurz unterbrechen können. Er muss außerdem sicherstellen, dass sich die schwangeren/stillenden Frauen während der Pausen und Arbeitsunterbrechungen hinlegen oder –setzen und ausruhen können.
Beschäftigungsverbote für bestimmte Tätigkeiten
Eine unverantwortbare Gefährdung nimmt das Gesetz bei bestimmten Tätigkeiten an, mit der Folge, dass schwangere bzw. stillende Arbeitnehmerinnen mit diesen Tätigkeiten nicht beschäftigt werden dürfen. Rechtsfolge ist auch hier die Pflicht, entweder die Arbeitsbedingungen umzugestalten, wenn dies nicht möglich ist, die Arbeitnehmerin umzusetzen oder – als letztes Mittel – ein Beschäftigungsverbot.

Das MuSchG zählt eine Vielzahl von Tätigkeiten sowie Arbeitsbedingungen auf, die eine unverantwortbare Gefährdung darstellen. Diese ist anzunehmen, wenn die Möglichkeit besteht, dass die schwangere Frau im Gesetz (§ 11 MuSchG) näher beschriebenen
  • Gefahrstoffen,
  • Biostoffen,
  • physikalischen Einwirkungen,
  • einer belastenden Arbeitsumgebung oder
  • körperlichen Belastungen beziehungsweise mechanischen Einwirkungen
in einem Maße ausgesetzt ist, dass von einer unverantwortbaren Gefährdung auszugehen ist. Für stillende Frauen findet sich eine ähnliche Aufzählung in § 12 MuSchG.

Ärztliches Beschäftigungsverbot
Ein Beschäftigungsverbot kann nicht nur der Arbeitgeber erteilen, sondern auch ein Arzt. Erforderlich ist ein entsprechendes ärztliches Zeugnis. Liegt das ärztliche Zeugnis vor, ist die dort bezeichnete Beschäftigung verboten. Das Beschäftigungsverbot kann die Beschäftigung ganz oder teilweise untersagen. Es muss das Beschäftigungsverbot genau bezeichnen und angeben, auf welchen Umständen der Beschäftigung es beruht, so dass der Arbeitgeber die Möglichkeit hat, die gefährdenden Umstände zu beseitigen.

c. Lohnfortzahlung
Das Gehalt ist bis zum Ablauf der Beschäftigungsverbotsfrist fortzuzahlen (durchschnittliches Arbeitsentgelt der letzten drei abgerechneten Kalendermonate vor der Schwangerschaft). Betriebe können, unabhängig von der Zahl ihrer Beschäftigten, für ihre Arbeitnehmerinnen für deren Fehlzeiten infolge eines Beschäftigungsverbotes außerhalb der Mutterschutzfristen (s. unten unter c.) einen Erstattungsanspruch in voller Höhe gegen die Krankenkasse der Arbeitnehmerin geltend machen.

d. Mutterschutzfristen
In den letzten sechs Wochen vor der Entbindung darf eine werdende Mutter auch ohne Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses nicht beschäftigt werden, es sei denn, sie erklärt sich in einer jederzeit widerrufbaren Erklärung ausdrücklich mit der Beschäftigung einverstanden. Maßgeblicher Ausgangspunkt für die Berechnung der Schutzfrist ist der voraussichtliche Termin der Entbindung.
Beispiel:
Mutmaßlicher Entbindungstag ist Mittwoch, der 17. Mai 2023. Letzter Arbeitstag ist Dienstag, der 4. April 2023. Ab Mittwoch, dem 5. April 2023, besteht ein Beschäftigungsverbot.
Findet die Entbindung nicht am voraussichtlichen Tag statt, verkürzt oder verlängert sich dieser Zeitraum entsprechend.
 
Nach dem tatsächlichen Entbindungstag dürfen Frauen bis zum Ablauf von acht Wochen, bei Frühgeburten (Gewicht unter 2500g oder noch nicht ausgebildete medizinische Reifezeichen) oder Mehrlingsgeburten bis zum Ablauf von zwölf Wochen nicht beschäftigt werden.
Wird binnen von acht Wochen nach der Entbindung bei dem Kind eine Behinderung festgestellt und eine Verlängerung der Schutzfrist beantragt, verlängert sich diese auf zwölf Wochen, wenn die Frau diese beantragt.
Bei vorzeitiger Entbindung verlängert sich die Schutzfrist um den Zeitraum, der von der sechswöchigen Schutzfrist vor der Entbindung nicht in Anspruch genommen werden konnte. Eine Fehlgeburt (Gewicht unter 500g) ist keine Entbindung; die Schutzfristen nach der Entbindung gelten daher nicht, wohl aber bei einer Totgeburt, wenn es sich gleichzeitig um eine Frühgeburt handelt. Auf das Beschäftigungsverbot nach der Entbindung kann nicht verzichtet werden. Bei dem Tode des Kindes kann die Mutter allerdings schon vor Ablauf der Schutzfrist, aber noch nicht in den ersten beiden Wochen nach der Entbindung, wieder beschäftigt werden, wenn sie dies ausdrücklich verlangt und nach ärztlichem Zeugnis nichts dagegenspricht. Ihre Erklärung ist jederzeit widerrufbar.
Beispiel für die Berechnung der achtwöchigen Schutzfrist:
Geburtstag des Kindes ist Mittwoch, der 12. Juli 2023. Die Schutzfrist beginnt am Donnerstag, dem 13. Juli 2023, und endet am Mittwoch, dem 6. September 2023.

3. Sonderkündigungsschutz

Eine Kündigung ist
  • während der Schwangerschaft sowie
  • bis zum Ablauf von vier Monaten bei einer Fehlgeburt nach der 12. Schwangerschaftswoche und
  • während der Mutterschutzfrist, mindestens aber bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung,
unzulässig, wenn dem Arbeitgeber zur Zeit der Kündigung die Schwangerschaft, Fehlgeburt oder Entbindung bekannt war oder ihm innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird. Das Überschreiten dieser Zwei-Wochen-Frist durch die Schwangere verhindert nicht das Eingreifen des Kündigungsschutzes, wenn die Fristversäumung unverschuldet geschah und die Mitteilung unverzüglich nachgeholt wird. Der Beginn der Schwangerschaft wird durch den ärztlich attestierten voraussichtlichen Entbindungstermin errechnet (280 Tage). Die Arbeitnehmerin kann nicht im Vorfeld auf ihren Sonderkündigungsschutz verzichten.
Achtung: Verboten sind auch ausdrücklich bereits Maßnahmen, die Arbeitgeber zur Vorbereitung einer Kündigung treffen, wie z.B. Betriebsratsanhörungen, Ausschreibungen und Personalgespräche.
Ausnahmsweise darf eine Kündigung - schriftlich und unter Angabe des Kündigungsgrundes - ausgesprochen werden, wenn die Bezirksregierung sie vorher ausdrücklich für zulässig erklärt hat. Der Sonderkündigungsschutz findet keine Anwendung auf sonstige Möglichkeiten der Beendigung des Arbeitsverhältnisses wie z.B. eine wirksame Befristung oder Anfechtung des Arbeitsvertrages oder einen Aufhebungsvertrag. Soweit der Arbeitgeber den befristeten Vertrag allerdings wegen der Schwangerschaft nicht verlängert, kann er sich aufgrund eines Verstoßes gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) schadensersatzpflichtig machen. Neben dem Kündigungsschutz nach dem Mutterschutzgesetz kann sich die Arbeitnehmerin auf alle sonstigen Kündigungsschutzvorschriften berufen.

4. Mutterschaftsgeld

Der Arbeitnehmerin steht für die Zeit der Schutzfristen sowie für den Entbindungstag ein Anspruch auf Mutterschaftsgeld zu. Der Arbeitgeber hat hierzu einen Zuschuss in Höhe der Differenz zwischen dem Höchstbetrag der gesetzlichen Krankenkassen von 13 € und dem durchschnittlichen kalendertäglichen Nettoarbeitsentgelt der letzten drei abgerechneten Monate vor Beginn der Schutzfrist zu leisten.
Berechnungsformel für das kalendertägliche Arbeitsentgelt:
Gesamtnettoverdienst im Bezugszeitraum / Kalendertage im Bezugszeitraum    
        
Das Gesetz über Ausgleich von Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlungen, kurz AAG, regelt den Ausgleich und die Erstattung bei Krankheit bzw. Schwangerschaft und Mutterschaft.
Am Umlageverfahren zum Mutterschaftsgeld, das sogenannte U2-Verfahren, sind alle Arbeitgeber – unabhängig von der Zahl ihrer Beschäftigten – beteiligt. Gleichzeitig erstatten die Krankenkassen die Aufwendungen der Arbeitgeber für Mutterschaftsleistungen unabhängig von der Zahl der Beschäftigten.
Die Aufwendungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft werden voll erstattet. Die Erstattung umfasst auch die Arbeitgeberbeitragsanteile zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, zur Bundesagentur für Arbeit, zur sozialen Pflegeversicherung und zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung sowie die Beitragszuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung.
Zuständig für die Durchführung des Ausgleichsverfahrens ist die Krankenkasse, bei der die Arbeitnehmerin Mitglied ist. Die Knappschaft führt das Ausgleichsverfahren für alle Mitglieder der knappschaftlichen Krankenversicherung und alle Minijobber durch, unabhängig davon, bei welcher Krankenkasse ein Minijobber versichert ist.

5. Erholungsurlaub

Für die Berechnung des Anspruchs auf bezahlten Erholungsurlaub gelten die Ausfallzeiten wegen der mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbote als Beschäftigungszeiten. Hat die Frau ihren Urlaub vor Beginn der Beschäftigungsverbote nicht oder nicht vollständig erhalten, so kann sie nach Ablauf der Fristen den Resturlaub im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr beanspruchen.

II. Elternzeit

Anspruchsberechtigt sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die mit einem Kind in einem Haushalt leben und dieses selbst betreuen und erziehen. Hierbei kann es sich u.a. um ein gemeinsames Kind, aber auch um das alleinige Kind eines Ehegatten, ein Enkelkind (unter bestimmten Voraussetzungen) oder ein mit dem Ziel der Adoption in Obhut genommenes Pflegekind handeln. Ferner kann es sich auch um ein Kind handeln, welches in Vollzeitpflege aufgenommen wurde.
Einem nicht sorgeberechtigten Elternteil steht ein Elternzeitanspruch für ein leibliches Kind zu, wenn der Sorgeberechtigte zustimmt. Die Elternzeit kann, auch anteilig, von jedem Elternteil allein oder von beiden Elternteilen gemeinsam genommen werden. Ein Anspruch auf Elternzeit besteht bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes; ein Anteil von 24 Monaten kann allerdings zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes genommen werden.
Wer Elternzeit beanspruchen will, hat dies spätestens sieben Wochen vorher dem Arbeitgeber schriftlich anzuzeigen, eine 13-wöchige Frist gilt, wenn Elternzeit für einen Zeitraum zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes in Anspruch genommen werden soll. Die Eltern müssen gleichzeitig erklären, für welche Zeiträume innerhalb von zwei Jahren ab Geburt sie Elternzeit nehmen werden, sofern Elternzeit für einen Zeitraum bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes verlangt wird. Nimmt die Mutter die Elternzeit unmittelbar im Anschluss an die Mutterschutzfrist, wird die Mutterschutzzeit auf die Elternzeit angerechnet. Nimmt die Mutter die Elternzeit im Anschluss an einen auf die Mutterschutzfrist folgenden Erholungsurlaub, werden die Zeit der Mutterschutzfrist und die Zeit des Erholungsurlaubes auf den Zweijahreszeitraum angerechnet. Die Elternzeit kann auf drei Zeitabschnitte verteilt werden; eine Verteilung auf weitere Zeitabschnitte ist nur mit Zustimmung des Arbeitgebers möglich.
Der Arbeitgeber hat die Elternzeit zu bescheinigen.
Während der Elternzeit ist eine Erwerbstätigkeit zulässig, wenn die vereinbarte Arbeitszeit für jeden Elternteil, der die Elternzeit in Anspruch nimmt, 32 Wochenstunden im Monatsdurchschnitt nicht übersteigt. Teilzeitarbeit bei einem anderen Arbeitgeber als dem, der die Elternzeit gewährt, oder als Selbständiger bedarf der Zustimmung des Arbeitgebers. Eine Verweigerung der Zustimmung ist nur innerhalb von vier Wochen schriftlich aus dringenden betrieblichen Gründen zulässig.
Möchte der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin die Erwerbstätigkeit auf dem bisherigen Arbeitsplatz mit verringerter Arbeitszeit fortsetzen, so sollen sie sich hierüber mit ihrem Arbeitgeber innerhalb von vier Wochen nach Beantragung der Teilzeitarbeit einigen. Scheitert eine Einigung, können Arbeitnehmer grundsätzlich während der Gesamtdauer der Elternzeit zwei Mal einen Rechtsanspruch auf Arbeitszeitverringerung unter folgenden Voraussetzungen geltend machen:
  • der Betrieb beschäftigt in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer (ohne Personen in Berufsbildung),
  • das Arbeitsverhältnis des Antragstellers besteht in dem Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate,
  • die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit soll für mindestens zwei Monate auf einen Umfang zwischen 15 und 32 Wochenstunden im Monatsdurchschnitt verringert werden,
  • es gibt keine entgegenstehenden dringenden betrieblichen Gründe,
  • der Anspruch des Arbeitnehmers wird schriftlich mit Angaben zu Beginn und Umfang der verringerten Arbeitszeit mitgeteilt,
  • der Arbeitgeber wurde rechtzeitig über den Anspruch auf Teilzeit schriftlich informiert. Für den Zeitraum bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes muss die Mitteilung spätestens sieben Wochen vor Beginn der Teilzeittätigkeit, für den Zeitraum zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr spätestens 13 Wochen vorher erfolgen.
Beabsichtigt der Arbeitgeber die beanspruchte Verringerung der Arbeitszeit abzulehnen, so muss er dies innerhalb von vier Wochen nach Antragstellung, bei einer Elternzeit zwischen dem dritten Geburtstag und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes spätestens acht Wochen nach Zugang des Antrags mit schriftlicher Begründung tun.
Eine vorzeitige Beendigung der Elternzeit ist möglich, wenn der Arbeitgeber zustimmt. Er kann seine Zustimmung, für den Fall, dass die vorzeitige Beendigung wegen der Geburt eines weiteren Kindes oder wegen eines besonderen Härtefalls begehrt wird, nur innerhalb von vier Wochen aus dringenden betrieblichen Gründen schriftlich verweigern.
Arbeitnehmer und Arbeitgeber sind während der Elternzeit von den beiderseitigen Hauptpflichten, der Lohnzahlung und der Arbeitspflicht, freigestellt. Der Arbeitgeber kann den Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer für das Urlaubsjahr aus dem Arbeitsverhältnis zusteht, für jeden vollen Kalendermonat, für den der Arbeitnehmer Elternzeit nimmt, um ein Zwölftel kürzen. Dies gilt allerdings nicht, wenn der Arbeitnehmer während der Elternzeit bei seinem Arbeitgeber Teilzeitarbeit leistet. Hat der Arbeitnehmer den ihm zustehenden Erholungsurlaub vor dem Beginn der Elternzeit nicht oder nicht vollständig erhalten, so hat der Arbeitgeber den Resturlaub nach dem Ende der Elternzeit im laufenden oder nächsten Urlaubsjahr zu gewähren. Endet das Arbeitsverhältnis während der Elternzeit oder setzt der Arbeitnehmer im Anschluss an die Elternzeit das Arbeitsverhältnis nicht fort, so hat der Arbeitgeber den noch nicht gewährten Urlaub abzugelten.

Sonderkündigungsschutz während der Elternzeit
Der Arbeitgeber darf das Arbeitsverhältnis ab dem Zeitpunkt, von dem an die Elternzeit verlangt worden ist, nicht kündigen. Der Kündigungsschutz beginnt allerdings bei einer Elternzeit bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes frühestens acht Wochen vor deren Beginn, bei einer Elternzeit zwischen dem dritten und dem vollendeten achten Lebensjahr des Kindes frühestens 14 Wochen vorher.
Nur in bestimmten Ausnahmefällen kann die Bezirksregierung eine Kündigung für zulässig erklären (z.B. bei Stilllegung des Betriebes oder einzelner Betriebsteile sowie bei Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Betriebes durch die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses). Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer zum Ende der Elternzeit ist nur unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten zulässig.

Stand: September 2023