Arbeitsrecht

Kündigungen in Kleinbetrieben

Wenn im Zusammenhang mit Kündigungen das Wort „Kleinbetrieb“ benutzt wird, versteht man darunter einen Betrieb, für den die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes nur eingeschränkt anwendbar sind. Auch in solchen Betrieben stellen sich allerdings Fragen im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit von Kündigungen. Es gelten folgende Grundsätze:

I. Kündigung und Kündigungsschutz

Die Kündigung ist die häufigste Art, ein Arbeitsverhältnis zu beenden. In Betrieben, in denen das Kündigungsschutzgesetz nur eingeschränkt anwendbar ist, kann grundsätzlich jedem Arbeitnehmer gekündigt werden. Allerdings sind auch hier einige rechtliche Vorgaben zu beachten, insbesondere der Sonderkündigungsschutz für bestimmte Personengruppen.

1. Betrieblicher Schwellenwert

Das Kündigungsschutzgesetz ist uneingeschränkt anwendbar, wenn mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt werden (§ 23 KSchG), zur Berechnung s. unten. Entscheidend für die Feststellung dieses betrieblichen Schwellenwertes ist die Anzahl der Arbeitnehmer, die in der Regel in einem Betrieb beschäftigt werden.
Bei der Feststellung der Anzahl der Arbeitnehmer werden Auszubildende nicht mitgezählt. Teilzeitbeschäftigte werden bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Arbeitsstunden pro Woche mit einem Zählwert von 0,5, bei nicht mehr als 30 Arbeitsstunden pro Woche von 0,75 berücksichtigt; Arbeitnehmer, deren wöchentliche Arbeitszeit darüber liegt, gelten als Vollzeitarbeitskräfte.
Für bereits am 31.12.2003 Beschäftigte kann etwas anderes gelten: Arbeitsverhältnisse von Beschäftigten, die am 31.12.2003 in einem Betrieb mit mehr als fünf Mitarbeitern beschäftigt waren, genießen solange Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz, wie mehr als fünf Arbeitnehmer in dem Betrieb beschäftigt sind, die ebenfalls bereits an diesem Datum dort beschäftigt waren (Bestandsschutz).
Beispiel:
In einem Betrieb sind am 31.12.2003 sechs Arbeitnehmer beschäftigt (Altarbeitnehmer). Nach dem 31.12.2003 werden vier weitere Arbeitnehmer eingestellt, zwei davon sind jedoch teilzeitbeschäftigt mit jeweils 20 Arbeitsstunden pro Woche. Damit werden im Betrieb acht Arbeitnehmer mit voller Stelle beschäftigt, zwei Arbeitnehmer teilzeitbeschäftigt. Da die Teilzeitbeschäftigten jeweils mit 0,5 berücksichtigt werden müssen, arbeiten im Betrieb nun also nach den Vorgaben des KSchG in der Regel neun Arbeitnehmer. Kündigungsschutz genießen allerdings nur die sechs Alt-Arbeitnehmer, denn für sie besteht Bestandsschutz. Die vier Neu-Arbeitnehmer hingegen unterliegen nicht dem Kündigungsschutz, denn der betriebliche Schwellenwert von mehr als zehn Arbeitnehmern, der für sie gilt, wird nicht erreicht. Später kündigt Alt-Arbeitnehmer A, Alt-Arbeitnehmer B geht in Rente und ein weiterer Arbeitnehmer N wird neu eingestellt, um B zu ersetzen. Durch das Ausscheiden von A und B sinkt der Bestand der Alt-Arbeitnehmer auf vier. Damit besteht auch für die anderen im Betrieb verbleibenden Alt-Arbeitnehmer kein Kündigungsschutz mehr. Dass Arbeitnehmer N eingestellt wurde, um Alt-Arbeitnehmer B zu ersetzen, ändert daran nichts, denn er wurde erst nach dem 31.12.2003 beschäftigt. Insgesamt verbleiben acht Arbeitnehmer im Betrieb, die alle keinen Kündigungsschutz (mehr) genießen.

2. Sonderkündigungsschutz

Für bestimmte Arbeitnehmergruppen gilt besonderer Kündigungsschutz unabhängig von der Betriebsgröße: Eine Kündigung von Arbeitnehmern, die unter die Schutzvorschriften des Mutterschutzgesetzes (MuSchG) oder des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) fallen, muss zuvor von der zuständigen Behörde für zulässig erklärt werden. Kündigungsschutz besteht bereits während der Probezeit. Vor der Kündigung von Schwerbehinderten ist eine Zustimmung der zuständigen Behörde einzuholen, ansonsten besteht ein absolutes Kündigungsverbot. Hier greift allerdings der Kündigungsschutz erst, wenn das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht. Zulässig sind Kündigungen der zuvor genannten besonders geschützten Personengruppen nur in besonderen Ausnahmefällen.
Weitere Informationen dazu enthalten unsere Merkblätter "Mutterschutz, Elternzeit und Elterngeld sowie " Beschäftigung von Schwerbehinderten".
Auch die Kündigung von Arbeitnehmern, die Inhaber eines Bergmannversorgungsscheins sind, ist nur mit vorheriger Zustimmung  der sog. Zentralstelle möglich. Weitere Informationen hierzu finden Sie unter folgendem Link:  https://www.lwl-inklusionsamt-arbeit.de/de/bergmannsversorgungsschein/
Für den Ausbildungsbetrieb ist eine ordentliche Kündigung von Auszubildenden nach Ablauf der Probezeit nicht möglich. Besonderheiten in Bezug auf den Kündigungsschutz gibt es auch bei der Wahrnehmung bestimmter Aufgaben im Betrieb, wie z.B. bei Betriebsratsangehörigen, Immissionsschutz- oder Datenschutzbeauftragten sowie bei Ableistung des Wehrdienstes.

3. Kündigungsschutz außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes

Grundsätzlich kann ein Arbeitsverhältnis im Kleinbetrieb von beiden Seiten unter Beachtung der Kündigungsfristen wirksam gekündigt werden, soweit kein Sonderkündigungsschutz eingreift. Jedoch sind dabei folgende Grenzen zu beachten.
  • Verbot treuwidriger Kündigung:
    - Die Kündigung darf nicht auf willkürlichen oder sachfremden Motiven beruhen oder in ehrverletzender Form oder zur Unzeit vorgenommen werden.
    - Fehlen eines „Mindestmaßes an sozialer Rücksichtnahme”:
    Die betriebsbedingte Kündigung erfordert nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts auch im Kleinbetrieb ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme. Beispiel: Die Kündigung eines erheblich schutzwürdigen Arbeitnehmers statt der eines weniger schutzwürdigeren Arbeitnehmers wie bspw. im Falle der Kündigung eines 50-jährigen Familienvaters mit über 20-jähriger Betriebszugehörigkeit, obwohl in dem Betrieb auch ein 30-jähriger lediger Arbeitnehmer mit vergleichbarer Tätigkeit lediglich 5 Jahre beschäftigt ist, könnte treuwidrig sein.
  • Diskriminierungsverbot: Kündigungen, die einen Arbeitnehmer z.B. wegen Geschlecht, Abstammung, ethnischer Herkunft oder Religion unterschiedlich behandeln, können unzulässig sein.
  • Verstoß gegen die guten Sitten:
    Die Kündigung darf nicht sittenwidrig sein. Beispielsweise sind Kündigungen aufgrund verwerflicher Motive wie Rachsucht oder aber eine Kündigung wegen einer durch den Arbeitgeber selbst vorsätzlich herbeigeführten Krankheit.
  • Maßregelungsverbot:
    Arbeitnehmer dürfen nicht benachteiligt werden, weil sie zulässiger Weise ihre Rechte ausgeübt haben. Ist tragender Grund einer Kündigung die zulässige Rechtsausübung eines Arbeitnehmers, ist eine Kündigung unwirksam, Bsp.: Kündigung als Reaktion auf die Weigerung des Arbeitnehmers, einer Änderung des Arbeitsvertrags zuzustimmen.

4. Befristete Arbeitsverhältnisse

Befristete Arbeitsverhältnisse enden mit Ablauf der Befristung. Sie können nicht vorzeitig durch eine Kündigung beendet werden. Ausnahme: Die Kündigung ist im befristeten Arbeitsvertrag vorbehalten oder eine außerordentliche Kündigung ist zulässig. Weitere Informationen finden Sie dazu in unserem Merkblatt Befristung von Arbeitsverhältnissen  

II. Kündigungsfristen

Bestehen keine besonderen vertraglich oder tariflich festgesetzten Kündigungsfristen, greifen die gesetzlichen Kündigungsfristen des § 622 BGB für die ordentliche Kündigung. Während einer vertraglich vereinbarten Probezeit, die höchstens 6 Monate dauern darf, gilt eine Kündigungsfrist von zwei Wochen. Ggf. hieran anschließend gilt zunächst eine Kündigungsfrist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende des Kalendermonats, sowohl für eine Kündigung durch den Arbeitnehmer, als auch für eine Kündigung durch den Arbeitgeber.
Darüber hinaus gelten für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber folgende gesetzlichen Mindestfristen, von denen nur durch Tarifvertrag zulasten des Arbeitnehmers abgewichen werden kann: Die Kündigungsfristen betragen, wenn das Arbeitsverhältnis
  • zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats,
  • fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
  • acht Jahre bestanden hat, drei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
  • zehn Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats,
  • zwölf Jahre bestanden hat, fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats,
  • 15 Jahre bestanden hat, sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats,
  • 20 Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.
Sollen diese verlängerten Fristen für Kündigungen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers gleichermaßen gelten, muss dies im Arbeitsvertrag vereinbart werden. Einzelvertraglich können auch längere Kündigungsfristen vereinbart werden. Dabei dürfen die Kündigungsfristen für eine arbeitgeberseitige Kündigung nicht kürzer sein, als die für eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer.
Bei Vorliegen eines wichtigen Grundes kann auch im Kleinbetrieb fristlos gekündigt werden (außerordentliche oder fristlose Kündigung, § 626 BGB). Das Arbeitsverhältnis kann in der Regel mit sofortiger Wirkung gelöst werden. Die Kündigung muss innerhalb von zwei Wochen nach Kenntniserlangung der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen erfolgen. Bei einer sog. verhaltensbedingten Kündigung ist in vielen Fällen allerdings (mindestens) eine vorherige Abmahnung erforderlich, sie kann aber in Ausnahmefällen entbehrlich sein (z.B. wenn sie keinen Erfolg verspricht).

III. Inhalt und Form der Kündigung

Die Kündigung hat schriftlich zu ergehen und muss von dem oder den Kündigungsberechtigten selbst unterschrieben werden. Ein Fax, eine E-Mail oder Ähnliches genügen dem Schriftformerfordernis nicht. Die Kündigung muss bestimmt und unmissverständlich sein und sollte das Datum der Kündigung enthalten. Außerdem muss der Kündigung zu entnehmen sein, wann das Arbeitsverhältnis enden soll. Bei der fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Kündigungsgrund auf dessen Verlangen unverzüglich schriftlich mitteilen. Sonderregeln gelten für Auszubildende.
Hinweis zur Meldung als arbeitssuchend
Personen, deren Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis endet, sind gem. § 38 SGB III verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor dessen Beendigung persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden. Liegen zwischen der Kenntnis des Beendigungszeitpunktes und der Beendigung des Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses weniger als drei Monate, haben sie sich innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes zu melden.
Es handelt sich um eine sog. Obliegenheit des Arbeitnehmers, der ansonsten seinen Anspruch auf staatliche Leistungen verlieren kann.
Der Arbeitgeber soll nach § 2 Abs. 2 SGB III auf die Meldepflicht hinweisen. Das tut er geeigneter Weise in der (schriftlichen) Kündigung.
Beweis des Zugangs der Kündigung
Besonders wichtig ist, dass bewiesen werden kann, dass und zu welchem Zeitpunkt die Kündigung zugegangen ist. Hierzu kann die Kündigung per Einschreiben (ggf. mit Rückschein) versandt werden. Sicherer ist es, entweder die Kündigung persönlich zu übergeben und den Empfang quittieren oder die Kündigung durch einen Zeugen zustellen zu lassen, der auch bezeugen kann, dass es sich bei dem von ihm zugestellten Schreiben um das Kündigungsschreiben gehandelt hat.

IV. Aufhebungsverträge

Durch einen Aufhebungsvertrag enden die Pflichten der Parteien, die auf dem Arbeitsverhältnis beruhen. Voraussetzung dafür ist, dass sich beide Parteien auf eine vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses einigen. Es wird vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Termin aufgelöst wird. Im Gegenzug kann der Arbeitgeber eine Abfindung zahlen, über deren Höhe sich die Parteien einigen können. Dabei gilt, dass ein Aufhebungsvertrag - ebenso wie eine Kündigung - der Schriftform bedarf.
Bei einem Aufhebungsvertrag besteht je nach Sachverhalt die Gefahr, dass für den Arbeitnehmer eine Sperre für den Bezug des Arbeitslosengeldes verhängt wird.

V. Zeugnis

Ein Arbeitnehmer, der aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, hat bei dessen Beendigung einen Anspruch auf die Erteilung eines sog. einfachen oder eines qualifizierten Zeugnisses nach § 109 GewO. Mindestinhalt eines einfachen Zeugnisses sind Art der Tätigkeit und Dauer des Dienstverhältnisses. Ein qualifiziertes Zeugnis erstreckt sich auch auf die Leistungen und das Verhalten im Arbeitsverhältnis. Das Zeugnis ist schriftlich zu erteilen, wobei der Aussteller erkennbar sein muss. Ein Ausstellungsdatum und eine persönliche Unterschrift sind ebenfalls notwendiger Inhalt eines Zeugnisses. Zu Einzelheiten vgl. unser Merkblatt  Arbeitszeugnis

VI. Checkliste: Kündigung im Kleinbetrieb

1. Geltung des KSchG 

  • Mehr als 10 Arbeitnehmer (s. oben) = KSchG anwendbar
  • 10 oder weniger Arbeitnehmer = KSchG nicht anwendbar, es gelten die allgemeinen Regeln; aber Achtung: Bestandschutz bei Alt-Arbeitnehmern?

2. Kündigung

  • Besonderer Kündigungsschutz?
  • Nicht treuwidrig
  • Nicht sittenwidrig
  • Nicht diskriminierend
  • Maßregelungsverbot

3. Form, Frist und Inhalt

  • Schriftlich mit Unterschrift und Datum
  • Unmissverständlich, evtl. unter Angabe des Grundes
  • Hinweispflicht

4. Zeugnis 


Stand: Februar 2023