Verkehr

Grenzüberschreitender Güterkraftverkehr mit Kfz und Fahrzeugkombinationen über 2,5 t zHM ab dem 21.05.2022

Eine Gemeinschaftslizenz (auch “EU-Lizenz” genannt) für grenzüberschreitende Güterkraftverkehre sowie Kabotageverkehre ist nur dann nach dem EU-Recht erforderlich, wenn derartige Beförderungen nicht von der Lizenzpflicht ausgenommen sind. Dies ist insbesondere für Unternehmen im Bereich der Kleintransporte / Kurierdiensttransporte von Bedeutung. Ab dem 21.05.2022 unterliegen diese Unternehmen im Rahmen von grenzüberschreitenden Güterkraftverkehren mit Fahrzeugen/Fahrzeugkombinationen mit einer zulässigen Höchstmasse (zHM) von mehr als 2,5 t einer Lizenzpflicht.

Bis zum 20.05.2022 geltende 3,5 t zGM-Befreiungsgrenze von der Lizenzpflicht

Nach der sog. „Marktzugangs“-Verordnung (EG) Nr. 1072/2009, die seit dem 04.12.2011 unmittelbar geltendes Recht in allen EU-/EWR-Mitglied-/Vertragsstaaten ist, bedürfen nach Art. 1 Abs. 5 lit. c) der VO (EG) Nr. 1072/2009 u.a. folgende Beförderungen (sowie im Zusammenhang damit durchgeführte Leerfahrten) keiner Gemeinschaftslizenz und sind von jeglichem Erfordernis einer Beförderungsgenehmigung ausgenommen:
… c) die Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen, deren zulässige Gesamtmasse, einschließlich der Gesamtmasse der Anhänger, 3,5 t nicht übersteigt.

Lizenz im grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr ab 21.05.2022 bereits bei Überschreiten der 2,5 t zGM erforderlich

Wir dürfen darauf hinweisen, dass die „Marktzugangs“-Verordnung (EU) Nr. 1072/2009 sowie die „Berufszugangs“-Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 im Juli 2020 geändert wurden. Die Berufs- und Marktzugangs-Regelungen wurden durch die Änderungs-Verordnung (EU) 2020/1055 vom 15. Juli 2020  zum 21.02.2022 geändert (konsolidierte Fassungen abrufbar unter “Weitere Informationen”) und gelten – teilweise – spätestens ab dem 21.05.2022.  
Im Rahmen von grenzüberschreitendem gewerblichen Güterkraftverkehr (vgl. Art. 1 I) sowie Kabotageverkehren (Art. 1 IV) wird ab dem 21. Mai 2022 für die Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen, deren zulässige Gesamtmasse 2,5 t überschreitet, eine Gemeinschaftslizenz erforderlich [Umkehrschluss aus Art. 2 Nr. 2 lit. c) VO (EU) Nr. 1072/2009 in der ab 21.02.2022 geltenden Fassung].
Die Anforderungen für die Zulassung zum Beruf des Kraftverkehrsunternehmers werden für Unternehmer, die Kraftfahrzeuge oder Fahrzeugkombinationen im grenzüberschreitenden Verkehr einsetzen, die ausschließlich für die Güterbeförderung verwendet werden und deren zulässige Gesamtmasse mehr als 2,5 t, jedoch nicht mehr als 3,5 t beträgt, erstmalig verbindlich vorgeschrieben.
Damit sind grundsätzlich auch die Berufszugangsvoraussetzungen, d.h.
  • Anforderungen an eine Niederlassung,
  • Nachweis der fachlichen Eignung,
  • finanzielle Leistungsfähigkeit,
  • Zuverlässigkeit
für die genannten Transporte künftig zu erfüllen. Die Änderungsverordnung sieht für bestimmte Unternehmen eine dreimonatige Übergangsregelung zur Erfüllung der Berufszugangsvoraussetzungen nach Inkrafttreten der neuen Verordnung vor:
Güterkraftverkehrsunternehmen, die grenzüberschreitende Verkehrstätigkeiten ausschließlich mit Kraftfahrzeugen oder Fahrzeugkombinationen ausüben, deren zulässige Gesamtmasse 3,5 t nicht überschreitet, sind aufgrund der Übergangsbestimmung des Art. 23 der VO (EG) Nr. 1071/2009 (in der ab 21.02.2022 geltenden Fassung) bis 21. Mai 2022 noch von den Bestimmungen der “Berufszugangs”-Verordnung  ausgenommen, sofern in den Rechtsvorschriften des Niederlassungsmitgliedstaats nichts anderes vorgesehen ist. Deutschland wird nichts Abweichendes im nationalen Recht regeln. Unternehmer müssen die Berufszugangsvoraussetzungen somit spätestens bis zum 21. Mai 2022 erfüllen und im Besitz der Gemeinschaftslizenz sein, sofern die o.g. grenzüberschreitenden Güterkraftverkehre (auch weiterhin) durchgeführt werden sollen.  Dabei gilt dann u.a.:

Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit ab dem 21.02.2022

Güterkraftverkehrsunternehmen, die sowohl Fahrzeuge und Fahrzeugkombinationen > 3,5 t zGM als auch Fahrzeuge > 2,5 t bis 3,5 t einsetzen:
Nachweis über Kapital oder Reserven in mindestens folgender Höhe:
  • 9 000 EUR für das erste genutzte Kraftfahrzeug,
  • 5 000 EUR für jedes weitere genutzte Kraftfahrzeug oder jede weitere genutzte Fahrzeugkombination, das/die eine zulässige Gesamtmasse von über 3,5 t hat, und
  • 900 EUR für jedes weitere genutzte Kraftfahrzeug oder für jede weitere genutzte Fahrzeugkombination, dessen/ deren zulässige Gesamtmasse 2,5 t, jedoch nicht 3,5 t überschreitet;

Ausnahme: Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit ab dem 21.05.2022

Güterkraftverkehrsunternehmen, die den Beruf ausschließlich mit Kraftfahrzeugen oder Fahrzeugkombinationen ausüben, deren zGM 2,5 t, jedoch nicht 3,5 t überschreitet, ausüben:
Unternehmen, die den Beruf des Güterkraftverkehrsunternehmers ausschließlich mit Kraftfahrzeugen oder Fahrzeugkombinationen ausüben, deren zulässige Gesamtmasse 2,5 t, jedoch nicht 3,5 t überschreitet, weisen für jedes Jahr anhand der von einem Rechnungsprüfer oder einer ordnungsgemäß akkreditierten Person geprüften Jahresabschlüsse nach, dass sie über Kapital und Reserven in mindestens folgender Höhe verfügt:
  • 1 800 EUR für das erste genutzte Fahrzeug und
  • 900 EUR für jedes weitere genutzte Fahrzeug.
Die Mitgliedstaaten können verlangen, dass die in ihrem Gebiet niedergelassenen Unternehmen nachweisen, dass sie für diese Fahrzeuge ebenfalls über Kapital und Reserven in Höhe von 9000 EUR bzw. 5000 EUR verfügen. Ob Deutschland von der letztgenannten Option Gebrauch macht, ist derzeit (Stand: 17.03.2022) noch nicht bekannt.

Nachweis der fachlichen Eignung

Zum Zwecke der Erteilung einer Lizenz an ein Güterkraftverkehrsunternehmen, das nur Kraftfahrzeuge oder Fahrzeugkombinationen mit einer zulässigen Gesamtmasse von höchstens 3,5 t nutzt, können die Mitgliedstaaten nach der geänderten EU-Berufszugangsverordnung beschließen, die Personen von der - eigentlich vorgeschriebenen - Fachkundeprüfung (in Deutschland von der IHK-Fachkundeprüfung für angehende Güterkraftverkehrsunternehmer) zu befreien, die nachweisen können, dass sie
in dem Zeitraum von 10 Jahren vor dem 20. August 2020 ohne Unterbrechung ein Unternehmen derselben Art geleitet haben
[vgl. Artikel 9 der VO (EG) Nr. 1071/2009 in der ab 21.02.2022 geltenden Fassung].

Eine Umsetzung der vorgenannten Umsetzungsoption erfordert, dass Deutschland – im Falle einer Umsetzung – das deutsche Güterkraftverkehrsrecht  [u.a. die Berufszugangsverordnung für den Güterkraftverkehr (GBZugV)] anpasst. Dies wird Ob Deutschland von der letztgenannten Option – und falls ja, in welcher Form - Gebrauch macht, kann derzeit (Stand: 04.05.2021) noch nicht abschließend beantwortet werden. Sollte Deutschland – wonach es aufgrund erster Überlegungen von Vertretern des Bundes und der Länder aussehen könnte - von dieser Umsetzungsoption keinen Gebrauch macht, müssten Unternehmer – auch wenn Sie bisher bereits in diesem Bereich und im geforderten Zeitraum ausschließlich grenzüberschreitende Beförderungen durchgeführt haben - ebenfalls die IHK-Fachkundeprüfung ablegen.

Im Vorgriff auf die zu erwartende Anpassung des deutsches Rechts, die voraussichtlich nicht rechtzeitig vor dem 21.05.2022 zu erwarten ist, hat das Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) ein Schreiben vom 14.02.2022 (Az. StV 13/7372.2/4) an die Länderverkehrsministerien zur Weiterleitung an die für den Vollzug des Güterkraftverkehrsrechts zuständigen Behörden der Länder (per E-Mail) mit dem Betreff “Vollzug des Güterkraftverkehrsrechts – Änderungen  durch die Verordnung (EU) 2020/1055 – Hinweise zur Verfahrensweise bis zum Abschluss der nationalen Rechtssetzung” verfasst. Auf den Seiten 5-6 dieses Schreiben werden bezüglich des Nachweises der fachlichen Eignung aufgrund einer Vortätigkeit im „Kleintransportunternehmer“-Bereich folgende Aussagen getroffen (Anm.: Hervorhebung in Fettdruck durch den Verfasser):
Auszug aus
Schreiben des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) vom 14.02.2022 (Az. StV 13/7372.2/4):


Vollzug des Güterkraftverkehrsrechts
Änderungen  durch die Verordnung (EU) 2020/1055
Hinweise zur Verfahrensweise bis zum Abschluss der nationalen Rechtssetzung

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„… Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 sieht nunmehr vor, dass zum Zwecke der Erteilung einer Lizenz an ein Güterkraftverkehrsunternehmen, das ausschließlich Kraftfahrzeuge oder Fahrzeugkombinationen mit einer zulässigen Gesamtmasse von höchstens 3,5 t nutzt, die Mitgliedstaaten beschließen können, die Personen von der Fachkundeprüfung zu befreien, die nachweisen können, dass sie in dem Zeitraum von zehn Jahren vor dem 20. August 2020 ohne Unterbrechung ein Unternehmen derselben Art geleitet haben.

Ob von dieser Regelung eine nennenswerte Zahl von Unternehmen betroffen ist, kann derzeit mangels verfügbarer Daten nicht abschließend beurteilt werden.

Aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung und der Entlastung der für die Durchführung der Fachkundeprüfungen zuständigen Industrie- und Handelskammern (IHKen) soll von dieser Möglichkeit bis zu einer endgültigen Übergangsregelung im nationalen Recht zugunsten der betreffenden Unternehmer Gebrauch gemacht werden.

Die Lizenzbehörden werden gebeten, im Rahmen des Erteilungsverfahrens für eine Gemeinschaftslizenz auf Antrag von Unternehmern, die ausschließlich Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 2,5 t bis zu 3,5 t einsetzen, das Vorliegen der Voraussetzungen des Artikels 9 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 zu prüfen, und bei deren Vorliegen auf die Vorlage einer Fachkundebescheinigung zu verzichten. Als Nachweise für die Unternehmensführung kommen in Betracht (Aufzählung nicht abschließend):

- Gewerbeauskunft
- Bestätigung über die Mitgliedschaft bei der IHK
- Zulassungsbescheinigungen von Fahrzeugen
- Steuerbescheinigungen
- Sozialversicherungsnachweise für Mitarbeiter als Fahrer
- Arbeitsverträge von Fahrern

…“ 

Die zuvor erwähnte IHK-Mitgliedsbescheinigung kann bei der jeweils zuständigen IHK angefordert werden; für Unternehmen aus Essen, Mülheim an der Ruhr sowie Oberhausen kann diese online auf der Homepage der IHK zu Essen beantragt werden.
Aufgrund des BMDV-Schreibens empfiehlt die IHK zu Essen den Unternehmern Folgendes:
Empfehlung der IHK zu Essen:

Sofern ein Unternehmer, …

… der bisher ausschließlich mit Kraftfahrzeugen und Fahrzeugkombinationen mit einer zulässigen Gesamtmasse von höchstens 3,5 t grenzüberschreitende Güterkraftverkehre durchgeführt hat und

… dieser den „Nachweis einer 10-jährigen, ununterbrochene Leitung eines Unternehmens derselben Art vor dem 20. August 2020“ nicht erfüllen kann, 

sollte sich umgehend mit seiner für seinen Wohnsitz zuständigen IHK (siehe: http://www.ihk.de ) in Verbindung setzen, um die bis 21.05.2022 erforderliche Fachkundeprüfung ablegen zu können.

Diejenigen, die die oben dargestellten Voraussetzungen der 10-jährigen leitenden Tätigkeit nachweisen können, haben die Möglichkeit, sich – unter Hinweis auf das obige BMDV-Schreiben – kurzfristig mit der für das Unternehmen zuständigen Genehmigungsbehörde in Verbindung zu setzen.

Sofern der Nachweis der fachlichen Eignung durch eine IHK-Fachkundeprüfung erforderlich ist:

Die IHK zu Essen ist zuständig für Prüfungsteilnehmer, die Ihren Wohnsitz in Essen, Mülheim an der Ruhr oder Oberhausen haben. Informationen zu der IHK-Fachkundeprüfung und zu den aktuell bereits geltenden Berufszugangsvoraussetzungen bei Überschreitenden der 3,5 t zGG-Grenze im innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Güterkraftverkehr finden Sie in einem Informationsblatt der IHK zu Essen (siehe Infoblatt 3).
Sofern Sie sich über die weitere Entwicklung in diesem Bereich informieren wollen, lassen Sie in unseren Newsletter-Verteiler aufnehmen.
Stand: 17.03.2022