Merkblatt

Regelungen für Finanzanlagenvermittler

I. Was galt bislang?

Wer als Selbständiger Finanzanlagen, beispielsweise Investmentfonds, vermitteln oder über Finanzanlagen beraten möchte, musste das Gewerbe nach § 14 Gewerbeordnung (GewO) anmelden und eine Erlaubnis nach § 34 c GewO beantragen, sofern nicht gegebenenfalls eine Erlaubnis nach dem Kreditwesengesetz benötigt wird. Im Rahmen der Erlaubniserteilung nach § 34 c GewO wurde die persönliche und wirtschaftliche Zuverlässigkeit überprüft, nicht jedoch die Sachkunde. Eine Berufshaftpflichtversicherung war nicht notwendigerweise abzuschließen. Für die Berufsausübung waren aus gewerberechtlicher Sicht auch die Regelungen der Makler- und Bauträgerverordnung zu beachten.

II. Warum gibt es neue Regelungen?

Der Gesetzgeber will den Anlegerschutz durch schärfere Regulierung von sog. Graumarktprodukten stärken und die Anforderungen an den Vertrieb von Finanzanlagen erhöhen. Er hat daher bereits in vielen Bereichen der Finanz- und Vermögensanlagen die Rahmenbedingungen verschärft. Für den Vertrieb von Finanzanlagen durch Banken und freie Vermittler sollen dieselben Spielregeln gelten. Auch die Wohlverhaltenspflichten - dazu gehören Informations-, Beratungs- und Dokumentationspflichten - des Wertpapierhandelsgesetzes werden auf freie Vermittler übertragen. Somit wird für den Verbraucher ein gleichwertiges Schutzniveau geschaffen.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) bleibt weiterhin Aufsichtsbehörde für Finanzprodukte, unabhängig davon, ob die Produkte von Banken oder freien Vermittlern vertrieben werden.

III.  Die neuen gewerberechtlichen Regelungen

Mit dem Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts vom 6. Dezember 2011 werden die Vorschriften der GewO durch die Einfügung von § 34 f (Finanzanlagenvermittler) erweitert. Die Anforderungen an die Vermittler von Finanzanlagen werden in der Verordnung zur Einführung einer Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV) vom 2. Mai 2012 konkretisiert.Die gewerberechtlichen Änderungen treten am 1. Januar 2013 in Kraft.Ab dem 1. November 2012 gelten bereits die Regelungen für die Ablegung der Sachkundeprüfung.

IV. Erlaubnis und Registrierung nach § 34 f GewO

1. Welche Tätigkeiten sind betroffen?
Die Finanzanlagenvermittlung bleibt ein erlaubnispflichtiges Gewerbe. Nach dem Wortlaut des neuen § 34 f GewO wird die Erlaubnis in drei Bereiche unterteilt:
- Anteile oder Aktien an inländischen offenen Investmentvermögen, offenen EU-Investmentvermögen oder ausländischen offenen Investmentvermögen, die nach dem Kapitalanlagegesetzbuch vertrieben werden dürfen
- Anteile oder Aktien an inländischen geschlossenen Investmentvermögen, geschlossenen EU-Investmentvermögen oder ausländischen geschlossenen Investmentvermögen, die nach dem Kapitalanlagegesetzbuch vertrieben werden dürfen
- Vermögensanlagen im Sinne des § 1 Absatz 2 VermAnlG
Für jeden einzelnen Teilbereich kann eine separate Erlaubnis oder eine Erlaubnis für alle Teilbereiche beantragt werden.
2.  Welche Voraussetzungen sind für die Erlaubnis nach § 34 f GewO zu erfüllen?
- persönliche Zuverlässigkeit
Ein polizeiliches Führungszeugnis und ein Auszug aus dem Gewerbezentralregister sind vorzulegen.
- geordnete Vermögensverhältnisse
Nachweis, dass gegen den Antragsteller kein laufendes Insolvenzverfahren anhängig ist und kein Eintrag im Schuldnerverzeichnis vorliegt. Außerdem ist eine Bescheinigung in Steuersachen des zuständigen Finanzamts vorzulegen.
- Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung
Das Bestehen einer Berufs- bzw. Vermögensschadenhaftpflichtversicherung lt. gesetzlicher Vorgabe ist nachzuweisen. Die Mindestversicherungssumme beträgt 1,276 Mio. Euro für jeden Versicherungsfall und 1,919 Mio. Euro für alle Versicherungsfälle eines Jahres, unabhängig vom Umfang der Erlaubnis nach § 34 f Abs. 1 Satz 1 GewO.
- Nachweis der Sachkunde
Dazu ist grundsätzlich die Ablegung einer Prüfung vor einer IHK erforderlich.
In einer Checkliste zum Erwerb einer Erlaubnis für Finanzanlagenvermittler sind die erforderlichen Nachweise im einzelnen aufgeführt.
3. Ausnahmen für Inhaber von § 34 d oder § 34 e GewO-Erlaubnissen
Wer bereits eine Versicherungsvermittlererlaubnis gem. § 34 d GewO oder eine Versicherungsberatererlaubnis gem. § 34 e GewO besitzt, allerdings keine der neuen Sachkundeprüfung gleichgestellten Berufsabschlüsse nachweisen kann, hat die Möglichkeit nur den theoretischen Teil der Sachkundeprüfung abzulegen, sofern er die Erlaubnis zur Vermittlung von Investmentanlagen erwerben möchte. Der praktische Prüfungsteil (siehe unter IV. 4.) wird erlassen. Die Sonderregelung gilt auch für Personen, die noch nicht im Versicherungsvermittlerregister eingetragen sind, aber die Voraussetzungen für einen Eintrag erfüllen.
4. Sachkundeprüfung bzw. gleichgestellte Abschlüsse
Für die Sachkundeprüfung sind die Industrie- und Handelskammern zuständig. Der Prüfling kann bei jeder IHK zur Sachkundeprüfung antreten, soweit diese die Sachkundeprüfung anbietet. Die IHK zu Essen kooperiert mit der IHK zu Düsseldorf. Kandidaten aus dem Bezirk der IHK zu Essen können in Düsseldorf bei der IHK die Prüfung absolvieren. Die Sachkundeprüfung besteht aus einem schriftlichen und einem praktischen Teil. Der Umfang der schriftlichen Prüfung hängt von den einzelnen Kategorien von Finanzanlagen ab, für deren Vermittlung eine Erlaubnis erteilt werden soll. Der praktische Teil der Prüfung wird als Simulation eines Kundenberatungsgesprächs durchgeführt. Die Sachkundeprüfung kann beliebig wiederholt werden.
Nach der FinVermV sind folgende Ausbildungsabschlüsse einer erfolgreich abgelegten Sachkundeprüfung gleichgestellt:
a) Abschlusszeugnis als
- geprüfte(r) Bankfachwirt oder -wirtin (IHK)
- geprüfte(r) Fachwirt oder -wirtin für Versicherungen und Finanzen (IHK)
- geprüfte(r) Investment-Fachwirt oder -wirtin (IHK)
- geprüfte(r) Fachwirt oder -wirtin für Finanzberatung (IHK)
- Bank- oder Sparkassenkaufmann oder -frau
- Kaufmann oder –frau für Versicherungen und Finanzen „Fachrichtung Finanzberatung“
- Investmentfondskaufmann oder -frau
b) Abschlusszeugnis
- eines betriebswirtschaftlichen Studiengangs der Fachrichtung Bank, Versicherungen oder Finanzdienstleistung (Hochschulabschluss oder gleichwertiger Abschluss)
- als Fachberater/-in für Finanzdienstleistungen (IHK) mit abgeschlossener allgemeiner kaufmännischer Ausbildung
- als Finanzfachwirt/-in (FH) mit einem abgeschlossenen weiterbildenden Zertifikatsstudium an einer Hochschule;
In diesen Fällen muss jeweils zusätzlich eine mindestens einjährige Berufserfahrung im Bereich Anlagenberatung oder -vermittlung vorliegen.
c) Abschlusszeugnis
als Fachberater/-in für Finanzdienstleistungen (IHK), wenn zusätzlich eine mindestens zweijährige Berufserfahrung im Bereich Anlagenberatung oder -vermittlung vorliegt.
d) Studium plus einschlägige Berufserfahrung
Eine Prüfung, die ein mathematisches, wirtschafts- oder rechtswissenschaftliches Studium an einer Hochschule oder Berufsakademie erfolgreich abschließt, wird als Nachweis anerkannt, wenn die erforderliche Sachkunde beim Antragsteller vorliegt. Dies setzt in der Regel voraus, dass zusätzlich eine mindestens dreijährige Berufserfahrung im Bereich Anlagevermittlung oder -beratung nachgewiesen wird.

V. Neu: Sachkundenachweis auch für Angestellte

Angestellte, die direkt bei der Beratung oder Vermittlung von Finanzanlagen mitwirken, benötigen ebenfalls einen Sachkundenachweis und müssen zuverlässig sein. Auch Angestellte können für sich die Alte-Hasen-Regelung in Anspruch nehmen (s. unter IV.  3. a)). Die Vorlage der Prüfberichte entfällt.

VI. Eintragung im Vermittlerregister; neu: Eintragungspflicht betrifft auch Angestellte

Im Register nach § 11 a GewO werden Angaben zu den Eintragungspflichtigen gespeichert. Eintragungspflichtig sind auch Angestellte bei Finanzanlagenvermittlern, soweit sie bei der Vermittlung und Beratung mitwirken. Der Gewerbetreibende muss sie unmittelbar nach Aufnahme ihrer Tätigkeit bei der Registerbehörde - dies ist die zuständige IHK - melden und dort eintragen lassen.
Folgende Angaben sind erforderlich:
- der Familienname und der Vorname sowie die Firmen der Personenhandelsgesellschaften, in denen der Eintragungspflichtige als geschäftsführender Gesellschafter tätig ist,
- das Geburtsdatum,
- die Angabe, dass der Eintragungspflichtige eine Erlaubnis als Finanzanlagenvermittler nach § 34 f Absatz 1 Satz 1 der GewO besitzt,
- der Umfang der Erlaubnis nach § 34 f Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 der GewO,
- die Bezeichnung und die Anschrift der zuständigen Erlaubnisbehörde und der zuständigen Registerbehörde,
-  die betriebliche Anschrift,
- die Registrierungsnummer sowie
- der Familienname, der Vorname und das Geburtsdatum der vom Eintragungspflichtigen beschäftigten Personen, die unmittelbar bei der Beratung und Vermittlung mitwirken;
Ist der Eintragungspflichtige eine juristische Person, so werden auch der Familienname und der Vorname der natürlichen Personen gespeichert, die innerhalb des für die Geschäftsführung verantwortlichen Organs für die Vermittlertätigkeiten zuständig sind.

VII. Informations-, Beratungs-, und Dokumentationspflichten

Statusbezogene Informationspflichten
Beim ersten Geschäftskontakt muss der Gewerbetreibende dem Anleger statusbezogene Angaben klar und verständlich in Textform mitteilen (§ 12 FinVermV).
Information des Anlegers über Risiken, Kosten, Nebenkosten und Interessenkonflikte
Dem Anleger müssen vom Gewerbetreibenden rechtzeitig vor Abschluss eines Geschäfts Informationen über Risiken, Kosten, Nebenkosten sowie Interessenkonflikte zur Verfügung gestellt werden (§ 13 FinVermV).
Hinsichtlich der Kosten und Nebenkosten müssen die Informationen insbesondere Angaben zu dem Gesamtpreis, den der Anleger zu zahlen hat, enthalten. Dieser beinhaltet alle damit verbundenen Gebühren, Provisionen, Entgelte und Auslagen. Wenn die genaue Preisangabe nicht möglich ist, ist die Grundlage für die Berechnung des Gesamtpreises anzugeben. Die vom Gewerbetreibenden in Rechnung gestellten Provisionen sind separat aufzuführen.
Redliche, eindeutige und nicht irreführende Informationen und Werbung
Alle Informationen einschließlich Werbemitteilungen, die der Gewerbetreibende dem Anleger zugänglich macht, müssen redlich, eindeutig und dürfen nicht irreführend sein (§ 14 FinVermV).
Bereitstellung des Informationsblatts
Im Fall einer Anlageberatung hat der Gewerbetreibende dem Anleger rechtzeitig vor dem Abschluss eines Geschäfts über jede Finanzanlage, auf die sich eine Kaufempfehlung bezieht, ein Produktinformationsblatt (sog. „Beipackzettel“) zur Verfügung zu stellen (§ 15 FinVermV).
Im Rahmen der Anlageberatung muss der Gewerbetreibende vom Anleger dessen Kenntnisse und Erfahrungen einholen, die erforderlich sind, um dem Anleger eine für ihn geeignete Finanzanlage empfehlen zu können. Wenn vom Anleger keine Informationen zu bekommen sind, darf der Gewerbetreibende dem Anleger im Rahmen der Anlageberatung keine Finanzanlage empfehlen.
Vor einer Anlagevermittlung hat der Gewerbetreibende vom Anleger Informationen über seine Kenntnisse und Erfahrungen in Bezug auf Geschäfte mit bestimmten Arten von Finanzanlagen einzuholen, soweit diese Informationen erforderlich sind, um die Angemessenheit der Finanzanlage für die Anleger beurteilen zu können. Erlangt der Gewerbetreibende nicht die erforderlichen Informationen, hat er den Anleger vor einer Anlagevermittlung darauf hinzuweisen, dass eine angemessene Beurteilung nicht möglich ist.
Offenlegung von Zuwendungen
Der Gewerbetreibende darf im Zusammenhang mit der Vermittlung von und Beratung über Finanzanlagen Zuwendungen nur von Dritten annehmen oder an Dritte gewähren, wenn er Existenz, Art und Umfang der Zuwendung dem Anleger vor Abschluss des Vertrags in umfassender, zutreffender und verständlicher Weise offengelegt hat. Lässt sich der Umfang noch nicht bestimmen, muss er dem Anleger die Art und Weise der Berechnung der Zuwendung offenlegen. Sie darf der ordnungsgemäßen Vermittlung und Beratung im Interesse des Anlegers nicht entgegenstehen (§ 17 FinVermV). Unter Zuwendungen sind Provisionen, Gebühren oder sonstige Geldleistungen sowie alle geldwerten Vorteile, die der Gewerbetreibende vom Emittenten, Anbieter einer Finanzanlage oder von einem sonstigen Dritten für deren Vermittlung oder Beratung erhält oder an Dritte gewährt, zu verstehen.
Anfertigung eines Beratungsprotokolls
Über jede Anlageberatung muss unverzüglich nach deren Abschluss und vor Abschluss eines Geschäfts ein Protokoll in Schriftform angefertigt werden. Eine Kopie ist dem Anleger unverzüglich nach Abschluss der Beratung und vor Abschluss eines Geschäfts zur Verfügung zu stellen (§ 18 FinVermV). Auch Mitarbeiter des Gewerbetreibenden müssen diese Pflichten einhalten.

VIII. Pflichtprüfung des Gewerbebetriebs

Gewerbetreibende im Sinne des § 34 f Abs. 1 GewO müssen auf ihre Kosten ihre geschäftlichen Unterlagen jedes Jahr von einem geeigneten Prüfer prüfen lassen und den Prüfbericht der für die Erlaubniserteilung zuständigen Behörde bis zum 31. Dezember des darauf folgenden Jahres zukommen lassen. Die Regelung wurde aus der Makler- und Bauträgerverordnung übernommen. Die bisher von der Pflichtprüfung ausgenommenen Anlageberater sind nun auch mit einbezogen.

IX. Zuständigkeiten/Kosten

Die Frage der Zuständigkeit für die Erlaubniserteilung muss der Landesgesetzgeber entscheiden. Es wird noch diskutiert, wer in NRW die Zuständigkeit für die Erlaubniserteilung und die Überwachung der Berufsausübung erhalten wird. Sicher ist, dass das Register von den Industrie- und Handelskammern geführt wird und die Abnahme der Sachkundeprüfung ebenfalls auf die IHKn übertragen wurde. Die Kosten, die wegen der neuen gewerberechtlichen Regelungen auf den Gewerbetreibenden zukommen, können noch nicht beziffert werden.