Kündigung eines Ausbildungsverhältnisses

In der Probezeit

Während der Probezeit können die Vertragspartner den Ausbildungsvertrag jederzeit ohne Angabe von Gründen fristlos kündigen (§ 22 Abs. 1 BBiG).
Die Kündigung einer Schwangeren ist aber auch während der Probezeit grundsätzlich nicht möglich.
Die Kündigung muss schriftlich erfolgen und dem Vertragspartner vor Ablauf der Probezeit zugegangen sein.

In welchen Fällen kann nach Ablauf der Probezeit gekündigt werden?

Nach der Probezeit kann das Ausbildungsverhältnis nur fristlos und bei Vorliegen eines wichtigen Grundes gekündigt werden (§ 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG).
Eine ordentliche Kündigung des Ausbildungsverhältnisses ist nicht möglich, sie kann auch nicht wirksam vertraglich vereinbart werden.
Wann kann der Betrieb dem Auszubildenden kündigen?
Der Ausbildungsbetrieb kann dem Auszubildenden aus
  • verhaltensbedingten,
  • personenbedingten oder
  • betriebsbedingten Gründen
kündigen.

Verhaltensbedingte Kündigung

Eine verhaltensbedingte Kündigung kommt bei Verstößen gegen den Ausbildungsvertrag in Betracht.
Dabei gilt: Je länger das Ausbildungsverhältnis bisher störungsfrei gedauert hat, umso strengere Anforderungen werden an eine verhaltensbedingte Kündigung gestellt.
Je näher der Auszubildende an der Abschlussprüfung ist, desto schwerer ist er kündbar.
Vor einer verhaltensbedingten Kündigung muss der Auszubildende in der Regel zunächst abgemahnt werden. 
Nur bei schweren Vertrauensverstößen, wie zum Beispiel bei planmäßiger Unterschlagung eines größeren Geldbetrages, kann eine Kündigung ausnahmsweise ohne vorherige Abmahnung ausgesprochen werden.
Gründe für eine verhaltensbedingte Kündigung - wobei es stets auf den konkreten Einzelfall ankommt - können nach erfolgter Abmahnung sein:
  • mehrmaliges unentschuldigtes Fehlen
  • mehrmaliges Fernbleiben vom Berufsschulunterricht
  • wiederholte beharrliche Arbeitsverweigerung, wenn dadurch die Ausbildung nicht mehr möglich ist
  • wiederholte Störung des Betriebsfriedens
  • mehrmaliges Verlassen des Arbeitsplatzes ohne Genehmigung
  • wiederholte unerlaubte Nutzung eines betrieblichen Internetzugangs zu privaten Zwecken
  • nicht genehmigte Nebentätigkeiten
  • eigenmächtiger Urlaubsantritt

Personenbedingte Kündigung

Personenbedingt ist eine Kündigung, wenn in der Person des Auszubildenden Kündigungsgründe gegeben sind, ohne dass ihm diese arbeitsvertraglich vorgeworfen werden können.
Eine vorherige Abmahnung ist nicht erforderlich.
Personenbedingte Kündigungsgründe – wobei es stets auf den konkreten Einzelfall ankommt – können sein:
Mangelnde Eignung
Grundsätzlich dient die Probezeit der Feststellung der Eignung.
Etwas anderes gilt ausnahmsweise nur dann, wenn die anfangs bestehende Eignung nach Ablauf der Probezeit weggefallen ist, zum Beispiel infolge von Krankheit/Behinderung oder die fehlende Eignung nachweislich erst nach Ablauf der Probezeit erkennbar war.
Krankheit
Der Betrieb kann dem Auszubildenden wegen einer Krankheit kündigen, wenn feststeht, dass
  • mit einer Gesundung innerhalb der Ausbildungszeit nicht zu rechnen ist
  • oder die Eignung für den Ausbildungsberuf infolge der Krankheit (zum Beispiel Allergien) dauerhaft entfallen ist
und dadurch die notwendigen beruflichen Kompetenzen nicht mehr erworben werden können oder die Sicherheitsrisiken für den Betrieb zu hoch werden.
Alkohol/Drogen
Ist der Auszubildende alkoholkrank oder drogensüchtig, gelten dieselben Kündigungsvoraussetzungen wie bei der Kündigung wegen Krankheit.
Haft
Ist der Auszubildende in Untersuchungshaft oder muss er eine Freiheitsstrafe absitzen, kann er seinen Ausbildungspflichten nicht nachkommen.
Eine Kündigung ist deswegen aber auch hier allenfalls dann gerechtfertigt, wenn feststeht, dass mit einer Freilassung innerhalb der Ausbildungszeit nicht zu rechnen ist.

Betriebsbedingte Kündigung

Eine Abmahnung ist hier nicht erforderlich.
Gründe für eine betriebsbedingte Kündigung können unter anderem sein:
  • Stilllegung der Ausbildungsabteilung (als organisatorisch klar abgrenzbare eigenständige Einheit)
  • Betriebsstilllegung
Nicht ausreichend sind:
  • wirtschaftliche Schwierigkeiten
  • Arbeitsmangel
  • Insolvenz

Kündigung durch Auszubildenden

Auch der Auszubildende kann den Ausbildungsvertrag nach Ablauf der Probezeit nur noch aus wichtigen Grund kündigen. Hierfür gelten die selben strengen Maßstäben wie bei der Kündigung durch den Betrieb.
Verhaltensbedingte Kündigung des Auszubildenden
Wenn der Ausbildungsbetrieb gegen seine Pflichten aus dem Ausbildungsvertrag verstößt, kann der Auszubildende aus verhaltensbedingten Gründen kündigen. Aber auch er muss das zu missbilligende Verhalten in der Regel zunächst abmahnen.
Nur bei schweren Vertragsverstößen kann eine Kündigung direkt ohne vorherige Abmahnung ausgesprochen werden.
Verhaltensbedingte Kündigungsgründe – wobei es stets auf den konkreten Einzelfall ankommt – können sein:
  • schlechte Ausbildung durch den Betrieb
  • Beleidigungen und Schläge
  • sexuelle Übergriffe
  • wiederholt verspätete Zahlung der Ausbildungsvergütung
  • wiederholte Nichtfreistellung zur Berufsschule oder notwendige überbetriebliche Ausbildung
  • wiederholt unerlaubte Überstunden
  • Verstoß gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz
  • Fehlen eines geeigneten Ausbilders
  • Betrieb wird die Ausbildungsbefugnis entzogen
Betriebsbedingte Kündigung des Auszubildenden
Betriebliche Kündigungsgründe können zum Beispiel bei einem Betriebsübergang vorliegen oder wenn die Ausbildungsabteilung an einen anderen, weit entfernten Ort verlegt wird.
Eine Abmahnung durch den Azubi ist in diesen Fällen nicht notwendig.
Kündigung wegen Aufgabe der Ausbildung
Nach der Probezeit kann der Auszubildende das Ausbildungsverhältnis gemäß § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG mit einer Frist von vier Wochen kündigen, wenn er
  • die Berufsausbildung insgesamt aufgeben
  • oder eine Ausbildung in einem anderen Beruf machen will.
Auch diese Kündigung muss schriftlich und unter Angabe des Kündigungsgrundes (Berufsaufgabe beziehungsweise -wechsel) erfolgen (§ 22 Abs. 3 BBiG).
Wenn ein Auszubildender denselben Beruf weiter erlernen will und lediglich den Betrieb wechseln, besteht diese besondere Kündigungsmöglichkeit nicht: Hat der Auszubildende den besonderen Kündigungsgrund des Berufswechsels nur vorgeschoben, um die gleiche Ausbildung in einem anderen Betrieb machen zu können, kann der alte Aus­bildungsbetrieb von ihm Schadenersatz verlangen (§ 23 Abs. 1 BBiG). In diesen Fällen kann ein Aufhebungsvertrag die bessere Lösung sein.

Formalien und Regeln der Kündigung

Die Kündigung muss schriftlich und unter Angabe des wichtigen Kündigungsgrundes erfolgen (§ 22 Abs. 3 BBiG). Eine fehlende Begründung kann nicht nachgereicht werden.
Der wichtige Grund, auf den sich die Kündigung stützt, muss so genau bezeichnet werden, dass der Empfänger eindeutig erkennen kann, um welche konkreten Vorfälle es sich handelt. Erforderlich sind hierbei Angaben über Zeit (Datum, Uhrzeit), Ort und Art des Vertragsverstoßes.
Schlagwortartige Hinweise wie „Störung des Betriebsfriedens“, „untragbares Verhalten“ oder „häufiges Zuspätkommen“ genügen nicht.
Eine Kündigung, die nicht schriftlich erfolgt oder in der die Kündigungsgründe nur unzu­reichend angegeben werden, ist nichtig. Ein Nachreichen der Kündigungsgründe ist nicht zulässig.
Wenn es einen Betriebsrat gibt, muss dieser vor Ausspruch der Kündigung angehört werden. Die Gründe für die Kündigung müssen dem Betriebsrat mitgeteilt werden (§ 102 BetrVG).
Muss die Kündigung der IHK mitgeteilt werden?
Die Kündigung eines Ausbildungsverhältnisses muss der IHK vom Ausbildungsbetrieb sofort mitgeteilt werden (gem. § 36 Abs. 1 BBiG). Solange der Auszubildende nicht bei der IHK abgemeldet wurde, gilt er weiter als Auszubildender, so dass auch die entstehenden Kosten (zum Beispiel für die Prüfung) vom Betrieb weiter getragen werden müssen.
Was muss der Empfänger tun, wenn er gegen die Kündigung rechtlich vorgehen will?
Wenn der Gekündigte gegen die Kündigung vorgehen will, muss er den Schlichtungsausschuss der IHK anrufen.
Welche Sonderregeln gelten für die Kündigung von Schwangeren und Jugendlichen?
Die Kündigung einer Schwangeren ist nur zulässig (§ 9 MuSchG) in besonderen Ausnahmefällen und mit Zustimmung der Bezirksregierung Detmold.
Wenn der Jugendliche seine Ausbildung beenden möchte, muss sein gesetzlicher Vertreter die Kündigung erklären.

Zugang einer Kündigung

Eine Kündigung gilt bei ihrer persönlichen Aushändigung als zugegangen.
Bei Einwurf in den Briefkasten gilt sie zu dem Zeitpunkt als zugegangen, an dem der Empfänger normalerweise mit Posteingang rechnen muss.
Wie kann der Zugang des Kündigungsschreibens nachgewiesen werden?
  1. Am einfachsten lässt sich der Zugang dadurch beweisen, dass das Abmahnungs- oder Kündigungsschreiben dem/der volljährigen Auszubildenden im Betrieb aushändigt wird und er/sie den Erhalt auf einer Kopie des Schreibens quittiert.
    Bei Minderjährigen kommt diese Form nicht in Betracht, hier muss das Schreiben dem gesetzlichen Vertreter zugehen.
  2. Der Zugang lässt sich auch dadurch beweisen, dass (möglichst zwei) Mitarbeiter des Betriebes das Schreiben in den Briefkasten des volljährigen Auszubildenden einwerfen und dies auf einer Kopie vermerken.
    Bei minderjährigen Auszubildenden muss der Briefkasten der gesetzlichen Vertreter genutzt werden.
    Der Ausbildende, der das Abmahnungs- oder Kündigungsschreiben unterschrieben hat, sollte es nicht selbst einwerfen, da er ansonsten in einem Kündigungsschutzprozess nicht als Zeuge, sondern lediglich als Partei aussagen könnte.
  3. Beim „Einschreiben Einwurf“ dokumentiert der Postzusteller, dass die Sendung in den Briefkasten eingeworfen wurde. Das Zustelldatum kann im Internet über die Sendungsverfolgung abgerufen werden.
    Dadurch lässt sich beweisen, wann der Zugang erfolgte, nicht aber, dass das Abmahnungsschreiben eingeworfen wurde und nicht ein ganz anderer Brief. Um auch dies beweisen zu können, sollten möglichst zwei Mitarbeiter auf einer Kopie vermerken, dass dieses Schreiben als Einwurf-Einschreiben aufgegeben worden ist.
    Die Zustellung durch ein normales Einschreiben oder ein Einschreiben mit Rückschein bewirkt nicht den rechtzeitigen Zugang. Trifft der Postbote nämlich weder den Empfänger noch einen anderen Empfangsberechtigten an, wirft er nur einen Benachrichtigungszettel ein und hinterlegt das Schreiben bei der Post. Das Schreiben geht aber erst dann zu, wenn es bei der Post abgeholt wird, was eventuell dazu führt, dass das Schreiben zu spät zugeht oder nicht abgeholt wird und die Kündigung daher unwirksam ist.