DIHK-Digitalisierungsumfrage: Digitalisierung eher Werkzeug als Innovationsmotor

Gut drei Viertel der deutschen Unternehmen bewerten ihren eigenen Digitalisierungsstand mit der Schulnote 2,85 (beteiligte lippische Unternehmen: 2,84 - n=66). Die öffentliche Verwaltung bekommt hier die Note 4,35 (Lippe: 4,52). Hauptmotive sind Flexibilisierung der Arbeit, Qualitätsverbesserung und Kosteneinsparung, während Innovation eine geringere Rolle spielt. Der Anteil der Unternehmen, die bereits Künstliche Intelligenz (KI) oder Maschinelles Lernen einsetzen, hat sich im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt. Das zeigt die aktuelle Digitalisierungsumfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), an der mehr als 4.000 Betriebe teilgenommen haben.

Eher Werkzeug als Innovationstreiber

Unternehmen digitalisieren, um grundlegenden wirtschaftlichen Problemen wie dem Fachkräftemangel zu begegnen oder Effizienzen im Betrieb zu erhöhen. Digitalisierung wird als Reaktion auf aktuelle Krisen eingesetzt, nicht aber als strategisch gewähltes Instrument zur Schaffung von Unternehmensinnovationen.

Hemmnisse

Die Unternehmen haben zwar die Potenziale der Digitalisierung, etwa für die Steigerung der eigenen Produktivität, erkannt, doch die Transformation stellt als Projekt mit hohem Zeitaufwand und großer Komplexität enorme Anforderungen an die Betriebe selbst. Sie sehen sich mit strukturellen Problemen wie fehlendem Know-how, unzureichender Anbindung an die digitale Infrastruktur, einer fehlenden Datennutzungspraxis und einem enormen bürokratischen und regulatorischen Aufwand konfrontiert. Um den Unternehmen Freiräume für die eigene Wertschöpfung zurückzugeben, müssen strukturelle Rahmenbedingungen der Digitalisierung angegangen werden.

Wirtschaft setzt vermehr auf Künstliche Intelligenz

Der Anteil der Unternehmen, die bereits KI oder Maschinelles Lernen einsetzen, hat sich im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt: Hatten 2022 waren erst 13,8 Prozent der Unternehmen KI genutzt, waren es 2023 bereits 26,8 Prozent (Lippe: 22,2 Prozent). Weitere rund 34,8 Prozent der Betriebe planten 2023 einen Einsatz für die Zukunft (Lippe: 41,3 Prozent).
Die überwiegende Mehrheit der Unternehmen setzt KI bisher nur als unterstützendes Werkzeug ein, etwa bei der Erstellung von Texten oder für die Generierung von Bildern. Eine grundlegende Integration der Technologie in zentrale Unternehmensprozesse wie Marketing, Human Resources oder Buchhaltung steht hingegen erst am Anfang. Als zentrales Anwendungsfeld kristallisiert sich der Kundenservice heraus.
Die Umfrage zeigt die Abhängigkeit zwischen dem Stand der digitalen Transformation und dem Einsatz von künstlicher Intelligenz. So können Branchen wie die Informations- und Kommunikationstechnologie auf eine intensive Digitalisierungserfahrung zurückblicken und KI leichter in zentrale Unternehmensprozesse integrieren. Hier setzen bereits 52 Prozent der Betriebe KI ein. Weniger digitalisierte Branchen werden Schwierigkeiten haben, KI zur Lösung zentraler Unternehmensprobleme oder zur Wertschöpfung einzusetzen, wenn die Voraussetzungen nicht gegeben sind.

Unklarer rechtlicher Rahmen behindert die Datennutzung

Rechtlich unsichere Datenschutzbestimmungen insbesondere mit Blick auf Nutzungsansprüche sind zentrale Hemmfaktoren der Datennutzung. Im Vergleich zum Vorjahr steigt die Bedeutung rechtlicher Unsicherheiten um fast 10 Prozentpunkte an. Außerdem werden viele Unternehmen bei der Datennutzung durch technische Hürden ausgebremst, etwa durch fehlende Standards und mangelnde Interoperabilität. Zudem fehlt eigenes Know-how zur Datenverwertung. Hierfür müssen in der Regel externe Dienstleister beauftragt werden.

Gigabit als Standard

Die Zufriedenheit der Betriebe mit der Internetverfügbarkeit an ihrem Standort hängt auch von der Verbindungsgeschwindigkeit ab: Bei 16 MB/s bewertet nur jedes fünfte Unternehmen die Internetverfügbarkeit als ausreichend. Dieser Anteil steigt mit zunehmender Geschwindigkeit, liegt aber bei 100 MB/s immer noch bei nur 69 Prozent – auch dann ist also immer noch fast ein Drittel unzureichend versorgt. Erst bei 1.000 MB/s und mehr erreicht die Zufriedenheit Raten von 91 Prozent beziehungsweise 95 Prozent. Insbesondere die zunehmende Nutzung von Cloud-Lösungen und KI sorgt für Bandbreitenhunger, den nur echte Glasfaseranschlüsse stillen können.

Cybersicherheit muss weiter ausgebaut werden

Im Schnitt hat jedes fünfte Unternehmen innerhalb des vergangenen Jahres – gesichert oder vermutlich – einen oder mehrere Cyberangriffe erlitten. Das gilt auch für Lippe. Von den Betrieben, die in den letzten Monaten von einer Attacke betroffen waren, berichten 31 Prozent von Spionage, etwa vom digitalen Ausspähen ihrer internen Kommunikation, 26 Prozent von Erpressungen, 25 Prozent von Angriffen auf die Infrastruktur und 21 Prozent vom Diebstahl digitaler Daten. Dabei sind Unternehmen aller Größen und aus allen Branchen betroffen.
Die Betriebe ergreifen immer mehr strategische, technische und organisatorische Maßnahmen zur Verbesserung ihrer Cybersicherheit. Mittlerweile kommen IT-Sicherheitsstandards stärker zur Anwendung. So ist der Anteil derer, die ein Informationssicherheits-Managementsystem implementieren oder IT-Sicherheitsstandards anwenden, um 10 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden regelmäßiger geschult. . Notfallübungen und Back-up-Tests sind jedoch noch nicht in der Breite angekommen. Technische Vorkehrungen sind insgesamt stärker verbreitet als Maßnahmen zur Erhöhung der IT-Sicherheitskompetenz von Geschäftsführung und Belegschaft. Weil Kompetenzlücken wie etwa die Unkenntnis von Angriffsmustern Hackern in die Hände spielen, sollten die Beschäftigten für Gefahren kontinuierlich sensibilisiert werden.

Digitalisierung in der Verwaltung

Wenn die Digitalisierung der Verwaltung nicht mit der der Unternehmen Schritt hält, sinken die Standortqualität und letztlich die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe. Dabei geben fast die Hälfte der Befragten den Behörden die Schulnote 5 und schlechter. Die Digitalisierung der Verwaltung muss an einem gemeinsamen Zielbild ausgerichtet sein, das zukunftsfest ist und die strukturellen Probleme angeht. Erforderlich ist ein plattformbasiertes Ökosystem der öffentlichen Hand. Daraus resultierende Umsetzungserfordernisse müssen rechtlich, organisatorisch und finanziell abgesichert sein.

Forderungen an die Politik

KI & Daten

KI ist eine Schlüsseltechnologie, die auf der Verfügbarkeit von Daten basiert. Ein praxistaugliches Datenökosystem erfordert einheitliche rechtliche Rahmenbedingungen und eine Infrastruktur für datenbasierte Innovationen. Der Aufbau vernetzter Datenökosysteme und die Förderung digitaler Kompetenzen tragen zu einer nachhaltigen Entwicklung in diesem Bereich bei.​

Netzausbau

Ein weiterer entscheidender Schritt ist der konsequente Ausbau von Glasfaser- und Mobilfunknetzen. Der Ausbau echter Glasfaserverbindungen ermöglicht eine effizientere Nutzung insbesondere für KI- und Cloud-Lösungen. Die bessere Verzahnung von privatem und öffentlichem Netzausbau führt zu weiteren Effizienzgewinnen.​

Cybersicherheit

Im Bereich Cybersicherheit ist es wichtig, einen kontinuierlichen Prozess zu gestalten. Eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen Staat und Wirtschaft sowie passgenaue Unterstützungsangebote für die unterschiedlichen Anforderungen der Unternehmen sind dabei von hoher Relevanz.​

​Moderne Verwaltung

Nicht zuletzt ist die umfassende Digitalisierung der Verwaltung ein weiterer Schlüsselbereich. Durchgängig digitale Verfahren, insbesondere für Unternehmen, sind unerlässlich. Dazu bedarf es eines plattformbasierten Ökosystems der öffentlichen Verwaltung, das auch das Innovationspotenzial der Privatwirtschaft nutzt.​
(Quelle DIHK)