Wettbewerbsrecht

Abmahnungen nach der UWG-Reform

Eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung ist ein Mittel zur Vermeidung aufwändiger Streitigkeiten und ermöglicht gegenüber Gerichtsverfahren ein kostengünstigeres Verfahren. Die Abmahnung soll geltendem Recht zur Durchsetzung verhelfen und kein Mittel zum Selbstzweck sein. Der Abgemahnte wird aufgefordert das beanstandete Verhalten zu unterlassen und fristgemäß eine Unterlassungserklärung zu unterschreiben und die Abmahnkosten zu bezahlen. Bei Schutzrechtsverletzungen kann noch ein Schadensersatzanspruch hinzukommen.
Ende 2020 sind Neuregelungen im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb in Kraft getreten. Die Abmahnungen stehen seitdem unter strengen formalen Voraussetzungen, wodurch die Rechte der Abgemahnten verstärkt werden.
Das Hauptziel ist es, missbräuchliche Abmahnungen im Wettbewerbsrecht, die der bloßen Gewinnerzielungsabsicht dienen, einzudämmen. Allerdings hat der Gesetzgeber nicht beachtet, dass es diverse kleine Verbände mit wenigen Mitgliedern gibt, die seriös im Interesse der Verbraucher Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht verfolgen.

Aktivlegitimation – oder: Wer darf eigentlich abmahnen?

Der Kreis der Abmahnberechtigten wurde erheblich eingeschränkt. Nach § 8 Abs. 3 UWG sind nur noch die Mitbewerber aktivlegitimiert, welche Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreiben. Dies bedeutet, dass ein tatsächliches Konkurrenzverhältnis zum abgemahnten Wettbewerber bestehen muss. Dabei stellt sich die Frage, wann die Erheblichkeitsgrenze überschritten wird.
Wirtschaftsverbände sind nach § 8b UWG aktivlegitimiert, wenn sie in der Liste für qualifizierte Wirtschaftsverbände eingetragen sind. Die Eintragung erfolgt durch das Bundesamt für Justiz. Der Verband muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
  1. mindestens 75 Unternehmer als Mitglieder hat,
  2. zum Zeitpunkt der Antragstellung seit mindestens einem Jahr seine satzungsmäßigen Aufgaben wahrgenommen hat,
  3. auf Grund seiner bisherigen Tätigkeit sowie seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung gesichert erscheint, dass er
    a) seine satzungsmäßigen Aufgaben auch künftig dauerhaft wirksam und sachgerecht erfüllen wird und
    b)seine Ansprüche nicht vorwiegend geltend machen wird, um für sich Einnahmen aus Abmahnungen oder Vertragsstrafen zu erzielen,
  4. seinen Mitgliedern keine Zuwendungen aus dem Verbandsvermögen gewährt werden und Personen, die für den Verband tätig sind, nicht durch unangemessen hohe Vergütungen oder andere Zuwendungen begünstigt werden
Dadurch soll die Gründung von reinen „Abmahnvereinen“ verhindert werden. Die Neuregelungen für die Wirtschaftsverbände gelten erst ab dem 01.12.2021.

Unzulässigkeit missbräuchlicher Abmahnungen

Auch vor der Reform gab es gem. § 8 Abs. 4 UWG keine Ansprüche auf Beseitigung und Unterlassung bei missbräuchlichen Abmahnungen. Der neue § 8c UWG führt nun Regelbeispiele ein, wie z.B. einen unangemessen hoch angesetzten Gegenstandswert oder die erhebliche Erhöhung der Vertragsstrafe. Da es sich bei der Erheblichkeit und Angemessenheit um unbestimmte Rechtsbegriffe handelt, ist insbesondere die künftige Auslegung durch die Gerichte zu beachten.
Der Adressat missbräuchlicher Abmahnungen kann nach § 8c Abs. 3 UWG den Ersatz seiner entstanden Rechtsverfolgungskosten geltend machen. Durch die neuen Regelungen wird die Grenze der Missbräuchlichkeit schneller überschritten, sodass der Abmahnende zurückhaltender vorgehen muss.

Ausnahmefälle

In den folgenden zwei Fällen stehen dem Abmahnenden künftig kein Anspruch auf Aufwendungsersatz zu. Außerdem kann ein Mitbewerber in diesen Fällen bei einer erstmaligen Abmahnung kein Vertragsstrafeversprechen verlangen.
  • Verstöße gegen gesetzliche Informations- oder Kennzeichnungspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr oder Telemedien
  • Verstöße gegen Datenschutzrechte gegenüber Unternehmen oder gewerblich tätigen Vereinen mit weniger als 250 Mitarbeitern
Die betreffenden Unternehmen sollen durch die Neuregelung vor einer Abmahnwelle durch die DSGVO geschützt werden. Allerdings wird dadurch indirekt festgelegt, dass Verstöße gegen die DSGVO grundsätzlich abmahnfähig sind.

Änderungen bei Vertragstrafen

Der neue 13a UWG enthält detaillierte Ausführungen zur Bemessung der Vertragsstrafe sowie zur Berechtigung des Abgemahnten, eine Einigungsstelle nach § 15 UWG heranzuziehen, wenn Uneinigkeit über die Vertragsstrafe besteht.

Fliegender Gerichtsstand

Wettbewerbsverstöße werden häufig im Internet begangen und diese im Internet veröffentlichten Inhalte können an beliebigen Ort zur Kenntnis genommen werden, sodass der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung (§ 32 ZPO) an nahezu jedem Ort möglich ist. Dieser sog. „fliegende Gerichtsstand“ wird in § 14 Abs. 2 UWG eingeschränkt. Bei Rechtsstreitigkeit wegen Zuwiderhandlungen im elektronischen Geschäftsverkehr oder Telemedien ist das Gericht am Wohnort bzw. Geschäftssitz des Abgemahnten zuständig. Den Abgemahnten wird dadurch die Rechtsverteidigung erleichtert.

„Hamburger Brauch“

Der Hamburger Brauch ist eine Form des Vertragsstrafeversprechens und wurde aus der Rechtsprechung entwickelt. Bei Verstoß gegen die Unterlassungserklärung wird der Abgemahnte zur Zahlung einer Vertragsstrafe verpflichtet. Die Höhe dieser Vertragsstrafe steht dabei fest, unabhängig davon, ob es sich um einen Erstverstoß oder einem Folgeverstoß handelt. Der Hamburger Brauch soll gerade diese Gewichtung der Verstöße berücksichtigen, sodass keine festen Vertragsstrafen festgesetzt werden, sondern eine angemessene Vertragsstrafe vereinbart wird. Der Abmahnberechtigte setzt eine Vertragsstrafe nach billigem Ermessen fest, welche gegebenenfalls von einem Gericht auf Angemessenheit überprüft wird.

Abmahnung erhalten – Was tun?

Nach Erhalt einer Abmahnung, sollte immer sofort reagiert werden, um unnötige Gerichtsverfahren und hohe Kosten zu vermeiden. Die Unterlassungserklärung sollte aber niemals übereilt abgegeben oder Kosten voreilig bezahlt werden. Die Abmahnung ist zuerst auf ihre Berechtigung zu überprüfen. Dabei ist auf die angegebene Frist zu achten, um zusätzlichen Kosten zu entgehen. Je nach Ergebnis der Überprüfung bestehen folgende Reaktionsmöglichkeiten:
  • Unterlassungserklärung unverändert abgeben und zahlen
  • Abmahnung als unberechtigt zurückweisen und nichts zahlen
  • Unterlassungserklärung konkretisiert/modifiziert abgeben und zahlen (hier v.a. „Hamburger Brauch“)
  • Einigungsstelle für Wettbewerbsstreitigkeiten anrufen und nicht zahlen
Die IHK steht Ihnen bei Fragen für erste Hinweise zu Verfügen. In Zweifelsfällen sollten Sie sich an einen Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz wenden.
Dieses Merkblatt soll - als Service Ihrer IHK Limburg - nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.
Stand: September 2021