Industriestruktur in der Region Hochrhein-Bodensee

Inhalt

Vorbemerkung

Die industrielle Entwicklung entlang des Hochrheins wurde über 150 Jahre nachhaltig von strategischen Standortüberlegungen zahlreicher benachbarter Schweizer Firmen beeinflusst. Kapital- und verwaltungsmäßig stets eng mit der jeweiligen Muttergesellschaft in der Schweiz verbunden, stellt dieser Sachzusammenhang bis auf den heutigen Tag ein herausragendes Strukturmerkmal der Industrie in der Region Hochrhein-Bodensee dar (Einzelheiten hierzu vgl. Darlegungen zum Thema Wirtschaftsstruktur). Untersuchungen der IHK Hochrhein-Bodensee zeigen darüber hinaus an, dass die internationale Verflechtung der heimischen Wirtschaft rasch weiter voranschreitet.

Betriebe und Beschäftigte

Die Zahl der Betriebe im Verarbeitenden Gewerbe mit 20 und mehr Beschäftigten (im folgenden Industriebetriebe genannt) beläuft sich im Kammerbezirk derzeit auf 461. Gemessen an der Gesamtzahl aller Industriebetriebe in Baden-Württemberg entspricht dies einem Anteil von 5,4 Prozent. Der industrielle Schwerpunkt liegt in den Landkreisen Konstanz (173 Betriebe) und Lörrach (174 Betriebe).
Insgesamt beschäftigte die Industrie in der Region Hochrhein-Bodensee im Jahr 2019 rund 54 889 Personen. Bezogen auf die drei Landkreise entfallen hiervon insgesamt drei Viertel auf die Landkreise Lörrach und Konstanz, das restliche Viertel auf den Landkreis Waldshut. Im langfristigen Trend 1995/2019 verzeichnete der industrielle Sektor im Jahr 1991 mit 79 000 Erwerbspersonen seinen höchsten Beschäftigungsstand. In den 90er Jahren gingen konjunkturell und strukturell bedingt rund 20 000 Arbeitsplätze verloren. Den größten Aderlass hatte der Textil- und Bekleidungssektor zu verzeichnen. Zwei von drei Arbeitsplätzen sind seit 1990 in diesem Bereich verschwunden. Heute zählt die traditionsreiche Textilregion Hochrhein-Bodensee weniger als 2 000 Arbeitsplätze (1970 waren es noch 20 000).

Betriebsgrößenstruktur

Durchschnittlich 119 Beschäftigte je Betrieb machen den typisch mittelständischen Charakter der heimischen Industrie deutlich (Baden-Württemberg 156 Beschäftigte je Betrieb).
Kein Industriebetrieb beschäftigt in der Region mehr als 3 000 Mitarbeiter. Zu den Unternehmen mit mehr als 1 000 Mitarbeitern gehören im Landkreis Lörrach ROCHE PHARMA AKTIENGESELLSCHAFT, Endress + Hauser GmbH & Co. KG und Raymond GmbH & Co. KG, im Landkreis Konstanz die Firmen Amcor Flexibles Singen GmbH, Constellium Singen GmbH, ETO MAGNETIC GmbH und Takeda GmbH. Alle Unternehmen im Landkreis Waldshut liegen mit ihrer Beschäftigtenzahl unter der Tausender-Grenze. Siebzehn weitere Industriefirmen weisen eine Mitarbeiterzahl in der Größenordnung 500 bis 1 000 Beschäftigte im Kammerbezirk auf.
Im Zuge des Globalisierungsprozesses steigt die Zahl der von der heimischern Industrie außerhalb der Region neu geschaffenen Arbeitsplätze rasch weiter an. Dies gilt nicht nur für Konzernunternehmen; auch viele KMUs sind seit den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts weltweit tätig. Quer durch alle Betriebsgrößenklassen liegt die Zahl der weltweit beschäftigten Mitarbeiter bei vielen Unternehmen inzwischen um das zwei- bis dreifache über der Mitarbeiterzahl im heimischen Unternehmen, ein Ergebnis, das vor allem in der Erschließung neuer Märkte seine Erklärung findet.

Branchenstruktur

Gravierend sind die Unterschiede zu Baden-Württemberg bei einem Vergleich der vorhandenen Industriestruktur. Grundstoff- und Produktionsgüterindustrie sowie Verbrauchsgüterindustrie sind in der Region Hochrhein-Bodensee deutlich überrepräsentiert, während der für Baden-Württemberg typische Investitionsgüterbereich unter dem Landesdurchschnitt liegt.
Differenziert nach einzelnen Branchen fällt im regionalen Vergleich der besonders hohe Beschäftigtenanteil in der Chemie- und Pharmaindustrie auf (12 Prozent). Einen kräftigen Beschäftigungszuwachs verzeichneten in den zurückliegenden Jahren die Bereiche Elektrotechnik, Mess- und Regeltechnik, Elektronik und Feinmechanik sowie die metallbe- und verarbeitenden Bereiche (das Hochrheingebiet ist Schwerpunkt der Aluminiumverarbeitung). Einen Bedeutungszuwachs haben auch das Ernährungsgewerbe (9,5 Prozent) sowie die kunststoffverarbeitende Industrie erfahren (Beschäftigungsanteil 7 Prozent). Der Maschinen- und Fahrzeugbau, baden-württembergische Schlüsselbranchen mit einem Beschäftigtenanteil von zusammen rund 44 Prozent, sind im industriellen „Branchenmix" des Kammerbezirks hingegen unterrepräsentiert (zusammen unter 22 Prozent). Einen bedeutenden Beitrag zur Stabilisierung der industriellen Arbeitsplätze leisten die Automobilzulieferer. Schätzungsweise 100 Industrieunternehmen in der Region sind diesem bedeutenden Cluster zuzuordnen.

Exporttätigkeit

Große Unterschiede weisen die Industriebetriebe in den einzelnen Teilregionen bei den Exportquoten auf. Während die Unternehmen im Landkreis Lörrach mit einem Exportanteil von 60,2 Prozent deutlich über dem allgemeinen Landesdurchschnitt liegen (55,2 Prozent) haben die Industriebetriebe im Landkreis Konstanz mit 52,6 und im Landkreis Waldshut mit 41,9 Prozent nur unterdurchschnittliche Exportwerte.
Stand: August 2020