Wirtschaftsstruktur in der Region Hochrhein-Bodensee

Inhalt

Wirtschaftsverflechtung mit der Schweiz

Die Wirtschaftsstruktur in der Region Hochrhein-Bodensee ist in hohem Maße das Resultat einer inzwischen über 150 Jahre alten, engen Wirtschafts- und Kapitalverflechtung mit dem Schweizer Nachbarn. So löste der Beitritt Badens zum Deutschen Zollverein im Jahre 1836, speziell in der Textilwirtschaft, eine erste Industrialisierungswelle mit Schweizer Kapital aus. Vor allem das Wiesental und das Hochrheingebiet waren hiervon berührt. Mit der Errichtung der Rheinkraftwerke setzte dann gegen Ende des 19. Jahrhunderts eine zweite Gründungswelle mit Schweizer Unternehmen ein. Sie konzentrierte sich vor allem auf energieintensive Industriebereiche wie die Aluminiumerzeugung, Aluminiumbe- und -verarbeitung, grundstoffverarbeitende Chemie sowie Papierherstellung. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg sind zahlreiche Industrieansiedlungen in der Region Hochrhein-Bodensee auf Schweizer Kapitalinvestitionen zurückzuführen. Im Zuge der allgemeinen Globalisierungstendenzen ist diese Entwicklung jedoch seit den 90er Jahren rückläufig.
Die traditionelle Wirtschaftsverflechtung mit der Nordwestschweiz entlang der rund 320 km langen Grenze zwischen Basel und Konstanz bleibt jedoch bis auf den heutigen Tag das herausragende Strukturmerkmal der Region. Hinzu kommt eine fortschreitende Internationalisierung der regionalen Wirtschaft im Zuge zahlreicher Firmenverkäufe an namhafte internationale Konzerne, vor allem seit der Jahrtausendwende.

Industrielle Entwicklungsachsen

Verglichen mit dem Landesdurchschnitt weist die Region Hochrhein-Bodensee aufgrund einer topographisch bedingten Arbeitsplatzkonzentration in der Entwicklungsachse entlang des Hochrheins nur einen unterdurchschnittlichen Industrialisierungsgrad auf. Die Industriedichte (gemessen an der Zahl der Beschäftigten in Betrieben des Verarbeitenden Gewerbes mit 20 und mehr Mitarbeitern) liegt der Kammerbezirk deutlich unter dem entsprechenden Vergleichswert für Baden-Württemberg.
Als Schwerpunktorte für Industrie und Gewerbe sind im Entwurf zum Regionalplan 2000 unter anderem folgende Städte mit einer besonders hohen Arbeitsplatzzentralität ausgewiesen:
Im Landkreis Lörrach die Städte Lörrach, Weil am Rhein, Schopfheim, Grenzach-Wyhlen, Rheinfelden und Maulburg. Im Landkreis Waldshut die Städte Waldshut-Tiengen, Bad Säckingen, Wehr und Laufenburg. Im Landkreis Konstanz die Städte Singen, Konstanz, Radolfzell, Stockach, Gottmadingen und Rielasingen-Worblingen. Elf weitere Städte und Gemeinden in den Entwicklungsachsen haben ebenfalls Schwerpunktfunktionen für die zukünftige industrielle Arbeitsplatzentwicklung.

Tourismus und Gesundheitsökonomie im ländlichen Raum

Außerhalb der Entwicklungsachsen, vor allem im Kleinen und Oberen Wiesental des Landkreises Lörrach, im Hotzenwald und im Hochschwarzwald des Landkreises Waldshut sowie am Bodensee, kommt dem Tourismus und der Gesundheitsökonomie als Wirtschaftszweig traditionell ein außerordentlich hoher Stellenwert zu. Der Gesundheitssektor stellt in der Region Hochrhein-Bodensee (die Pharmaindustrie inbegriffen) inzwischen jeden siebten Arbeitsplatz. Mit den beiden Heilbädern Bad Säckingen und Bad Bellingen sowie zahlreichen heilklimatischen Kurorten und Luftkurorten verfügt die Region über eine ausgezeichnete touristische Infrastruktur und vorbildliche Kureinrichtungen.
Auf der Basis der Fremdenverkehrsdaten des Statistischen Landesamtes (Angaben der Betriebe mit neun und mehr Betten) zählte die Region Hochrhein-Bodensee im Jahr 2021 rund 1 153 991 Gästeankünfte und 3 907 929 Übernachtungen (dies entspricht rund 10 Prozent des entsprechenden Landeswertes). Der Anteil der ausländischen Gäste liegt derzeit bei 27 Prozent. Die amtlichen Werte geben jedoch allenfalls zwei Drittel des Gesamtpotenzials wieder, da ein nicht unerheblicher Teil des Tourismusumsatzes in Kleinbetrieben (Privatzimmern und Ferienwohnungen) erwirtschaftet wird.

Wirtschaftskraft und Wirtschaftsstruktur

Mit 23,4 Mrd. Euro entfielen im Jahr 2020 rund 5 Prozent des Bruttoinlandprodukts des Landes Ba-den-Württemberg auf die Region Hochrhein-Bodensee. 45 Prozent dieser Wertschöpfung gehen auf das Konto des Landkreises Konstanz. Die restlichen 57 Prozent teilen sich die Landkreise Lörrach mit 33 Prozent und Waldshut mit 22 Prozent.
Differenziert nach einzelnen Wirtschaftsbereichen verzeichnet die Region insgesamt gesehen gegenüber Baden-Württemberg keine signifikanten Unterschiede. Regional gesehen fällt allerdings der hohe Wertschöpfungsanteil im Produzierenden Gewerbe in den Landkreisen Lörrach (37 Prozent) und Waldshut (38 Prozent) bzw. im Dienstleistungsbereich im Landkreis Konstanz (68 Prozent) besonders ins Auge.

Arbeitsstätten und Beschäftigte

Typisch für die Betriebe in der Region Hochrhein-Bodensee ist ihr besonders stark ausgeprägter mittelständischer Charakter. Rund drei Fünftel aller Beschäftigten sind in der Region Hochrhein-Bodensee in Betrieben mit weniger als 100 Erwerbspersonen tätig. Die Zahl der Erwerbstätigen in der Region lag 2021 nach Berechnungen des Statistischen Landesamtes bei rund 330 300 Personen.
Eine Besonderheit der Region stellt die traditionell enge Arbeitsmarktverflechtung mit der benachbarten Schweiz dar. 75 Prozent der deutschen Grenzgänger in die Schweiz kommen aus der Region Hochrhein-Bodensee. 2021 waren es rund 47 481 Arbeitnehmer. Spitzenreiter ist der Landkreis Lörrach, gefolgt vom Landkreis Waldshut und dem Landkreis Konstanz. Ganz überwiegend handelt es sich bei den Grenzgängern um gut ausgebildete Fachkräfte.

Arbeitsmarkt

Die Arbeitsmärkte in der Region bewegen sich seit Jahren weitgehend im allgemeinen Landestrend. Im Juni 2022 waren im Kammerbezirk 14 592 Personen arbeitslos gemeldet. Dieser Zahl stehen zum gleichen Zeitpunkt rund 7 104 offene Stellen gegenüber. Die Arbeitslosenquote (bezogen auf die Zahl aller zivilen Erwerbspersonen) lag bei 3,8 Prozent (Landesdurchschnitt 3,5 Prozent). Was die Struktur der Arbeitslosigkeit anbelangt (z. B. Anteil der arbeitslosen Jugendlichen, Ausländer, Teilzeitbeschäftigte etc.), so weist die Region Hochrhein-Bodensee gegenüber den entsprechenden Landeswerten keine Besonderheiten auf.
Stand: Mai 2023