Flüchtlinge

Tausende Kilometer auf der Suche nach Sicherheit

Es war die Angst, die Teklom Tewelde im September 2015 zur Flucht aus Eritrea veranlasst hat. Die Angst vor einem diktatorischen Regime, das alles bestimmt: Welches Studium aufgenommen werden muss, welche Arbeitsstelle anzutreten und wann der Wehrdienst zu leisten ist. Und vor einem Staat, dem freie Entfaltung suspekt ist: Auf der Rangliste der Pressefreiheit belegt das Land weltweit den letzten Platz. „Ich wollte einfach weg“, sagt Teklom Tewelde über seine Beweggründe vor acht Jahren. 
Der damals 24-Jährige spürt den politischen Druck, fühlt sich unwohl: „Man musste immer vorsichtig sein und versuchen, das Richtige zu machen.“ Das politische System erlaubt keine persönliche Freiheit, vermeintliche Fehler führen zum Jobverlust oder Schlimmerem. An Europa oder Deutschland denkt Tewelde da noch nicht, er überquert die Grenze nach Äthiopien. „Ich habe mich da auch nicht sicher und auch nicht willkommen gefühlt.“ Nach mehreren Wochen versucht er sein Glück im Sudan. 1200 Dollar kostet die viertägige Fahrt auf der Ladefläche eines Pickups. Das Geld stellt ihm seine Familie. Sie zahlt auch die Reise nach Libyen. Wieder mit dem Pickup, dieses Mal aber 14 Tage und quer durch die Sahara. Er sieht seine Zukunft mittlerweile in Europa.  
Im August 2016 besteigt er – zusammen mit rund 800 anderen – ein Kleinboot. Die italienische Küstenwache entdeckt das Boot: Telkom Tewelde ist in Europa. Immer wieder versucht er daraufhin erfolg los, allein nach England zu gelangen. Erst als eine Hilfsorganisation auf ihn aufmerksam wird, wendet sich das Blatt, er muss allerdings nach Deutschland. Im Frühjahr 2017 erhält er seine offiziellen Papiere, er darf bleiben, und absolviert Deutschkurse bei der VHS. Auf eigene Faust zieht es ihn ins Dreiländereck. Denn in der Schweiz leben Verwandte. In Bad Säckingen heuert er als Ungelernter bei einem Maschinenbauer an. Doch das ist ihm zu wenig. Teklom Tewelde will eine echte Zukunft. Und dann kontaktiert er den Kümmerer und Ausbildungsberater Sven Ness.
Der Eritreer braucht nur ein bisschen Coaching „und bessere Bewerbungsunterlagen“, stellt Ness fest. Nur wenig später beginnt Tewelde seine Ausbildung zum Zerspanungsmechaniker bei E+H in Maulburg. „Sven Ness hat mir sehr geholfen, weil er mir vertraut und mir eine Chance gegeben hat“, sagt der 32-Jährige. Vertrauen genießt er auch darüber hinaus. Als er sich für eine Wohnung in Lörrach bewarb, erhielt er sie trotz großer Konkurrenz. „Der Vermieter hat mich gefragt, wo ich arbeite. Als er erfahren hat, dass ich bei Endress+Hauser bin, durfte ich einziehen.“