Flüchtlinge
Eine Ausbildung mit Zukunft statt Bürgerkrieg
Eigentlich wollte Hakam Hamdan den Weg nach Mitteleuropa allein antreten, um vor dem Bürgerkrieg in seinem Heimatland zu fliehen. Doch er hatte die Rechnung ohne seine Partnerin gemacht. Einen Monat vor dem Flucht heiraten Thorya und er, gehen danach gemeinsam auf die beschwerliche Reise. Der gefährlichste Part steht ihnen direkt am Anfang bevor: In einem modifizierten Tankwagen geht es über Tage bis an die türkische Grenze. Der Tank war in Kammern aufgeteilt – „oben war das Öl, darunter wir“. Mit mehreren Personen reisen sie so in absoluter Dunkelheit und voller Angst durch das Land. „Das war die schwierigste Strecke“, erinnert sich Hakam Hamdan ungern zurück.
Einfacher wird es dann ab der Türkei. Mit dem Boot geht es nach Griechenland, von da mit Bussen und der Bahn über die deutsche Grenze. Erster Halt ist Heidelberg, es folgt Donaueschingen, dann landen sie in Waldshut-Tiengen. Sie lernen Deutsch,
und er sucht nach einer Arbeitsstelle. Er würde gern von seinen Erfahrungen profitieren, die er in Syrien als Elektroniker einer Ölförderanlage gesammelt hat. Doch die werden nicht gebraucht. Ein Studium würde ihn reizen, doch die Finanzierung ist unklar, außerdem werden seine Zertifikate nicht anerkannt. Also soll es eine Ausbildung werden: Er bewirbt sich, erhält aber nur Absagen.
© patrickmerck
„Ich war hoffnungslos“, berichtet Hakam Hamdan über die ersten Versuche auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Über einen Freund erfährt er von den Kümmerern der IHK, gemeinsam besuchen sie ihn, und er schöpft neuen Mut. Sven Ness und der Syrer tauschen sich aus, sondieren den Ausbildungsmarkt. „Ich wollte Elektroniker werden, aber ich wusste nicht, wie viele Wege es in dieses Berufsfeld gibt! Betriebstechnik, Automatisierungstechnik, Systemtechnik – ich kannte das alles gar nicht. Ich hab zwar in Syrien Elektroniker gelernt, aber hier sieht die Welt anders aus. Ich habe – gefühlt – wieder bei null angefangen.“ Umso wichtiger sei die Unterstützung von Sven Ness gewesen. Bei Endress+Hauser in Maulburg startet er 2019 dann seine dreieinhalbjährige Ausbildung.
Die Ausbildung durfte er aufgrund guter Leistungen verkürzen; heute ist Hakam Hamdan Elektroniker für Geräte und Systeme und arbeitet bei E+H in der Entwicklungsabteilung. „Ich habe mehr bekommen als erwartet“, sagt er über die Ausbildung und die Unterstützung durch die IHK. Zu Hause sind er, seine Frau und drei Kinder mittlerweile in Grenzach. Es ist mehr als ein Zuhause, „das ist unsere neue Heimat“, macht Hakam Hamdan deutlich – und lächelt.
mrk