IHK24

Lieferungen an Nichtunternehmer im EU-Binnenmarkt

Anwendungsbereich

Privatpersonen

Während innergemeinschaftliche Lieferungen an Unternehmer grundsätzlich steuerfrei getätigt werden können und diese im Bestimmungsland vom Empfänger der Erwerbsbesteuerung zu unterwerfen sind,
Nach § 3c Abs. 1 S. 1 liegt der Ort der Lieferung bei einem innergemeinschaftlichen Fernverkauf grundsätzlich dort, wo sich der Gegenstand am Ende der Beförderung befindet.

Andere Rechtssubjekte

Für folgende Rechtssubjekte gelten für die Umsatzbesteuerung von Warenlieferungen im EU-Binnenmarkt grundsätzlich die gleichen Regelungen wie für Privatpersonen:
  • Unternehmer, die ausschließlich Umsätze ausführen, die zum Ausschluss vom Vorsteuerab­zug führen
  • Unternehmer, die der Kleinunternehmerregelung (§ 19 Absatz 1 UStG) unterliegen
  • Land- oder Forstwirte, die Umsatzsteuer pauschalieren
  • juristische Personen, die nicht Unternehmer sind oder die Ware nicht für ihr Unternehmen beziehen (öffentliche Hand mit ihrem Hoheitsbereich, Vereine in Erfüllung ihrer satzungsmä­ßigen Aufgaben).
Hierbei ist allerdings zu beachten, dass diese Rechtssubjekte im Binnenmarkt Privatpersonen lediglich so lange gleichgestellt sind, wie
  • sie nicht zur Erwerbsteuerpflicht „optiert“ haben beziehungsweise
  • der Wert der Waren, die sie aus den übrigen EU-Mitgliedstaaten jährlich beziehen, 10.000 Euro nicht überschreitet. Hierbei sind die Warenlieferungen aus den verschiedenen Mitgliedstaaten zusammenzurechnen. Die Höhe dieser sogenannten Erwerbsschwelle richtet sich jeweils nach den Bestimmungen des Mitgliedstaates, in dem der Empfänger ansässig ist.
Überschreitet eines der vorgenannten Rechtssubjekte die maßgebliche Erwerbsschwelle, gelten hierfür grundsätzlich dieselben Regelungen wie für Lieferungen zwischen voll vorsteuerabzugsberechtig­ten Unternehmern (vergleiche hierzu die IHK-Information „Umsatzsteuerfreie Warenlieferungen in der EU zwischen Unternehmen“).

Erwerbsteuer des Abnehmers

Verwendet der im EU-Ausland ansässige Abnehmer keine Umsatzsteueridentifikationsnummer, kann man regelmäßig davon ausgehen, dass er von der Erwerbsbesteuerung ausgeschlossen, das heißt wie eine Privatperson zu behandeln ist. Verwendet hingegen eines der angeführten Rechtssubjekte eine Umsatzsteueridentifikationsnummer, kann davon ausgegangen werden, dass es zur Gruppe der erwerbsteuerpflichtigen Personen gehört.
Derzeit gelten folgende Erwerbsschwellen:
Mitgliedstaat
Schwellenwert für die Anwendung der Sonderregelung für den Erwerb durch Steuerpflichtige ohne Vorsteuerabzugsrecht und durch nichtsteuerpflichtige juristische Personen.

Belgien
11.200
Euro
Bulgarien
20.000
BGN
Dänemark
80.000
DKK
Deutschland
12.500
Euro
Estland
10.000
Euro
Finnland
10.000
Euro
Frankreich
10.000
Euro
Griechenland
10.000
Euro
Irland
41.000
Euro
Italien
10.000
Euro
Kroatien
77.000
 HKR
Lettland
10.000
Euro
Litauen
14.000
Euro
Luxemburg
10.000
Euro
Malta
10.000
Euro
Niederlande
10.000
Euro
Österreich
11.000
Euro
Polen
50.000
PLN
Portugal
10.000
Euro
Rumänien
34.000
RON
Schweden
90.000
SEK
Slowakei
14.000
Euro
Slowenien
10.000
Euro
Spanien
10.000
Euro
Tschechien
326.000
CZK
Ungarn
10.000
Euro
Zypern
10.251
Euro
Quelle: Umsatzsteuer-Anwendungserlass Stand Dezember 2022

Die Regelungen im Einzelnen

Für die Umsatzbesteuerung von Lieferungen an Privatpersonen, die in anderen EU-Mitgliedstaaten ansässig sind, ist danach zu unterscheiden,
  • ob die Waren in Deutschland vom Verkäufer an den Käufer übergeben werden, oder
  • ob diese im Wege des Versands von Deutschland in den anderen EU-Mitgliedstaat gelangen.

Verkäufe mit Übergabe in Deutschland

a) Grundsätzliche Regelung
Bei dem Verkauf und der Übergabe von Waren an Privatpersonen in Deutschland braucht der deut­sche Verkäufer nicht danach zu unterscheiden, ob die Ware in Deutschland verbleibt oder vom Ab­nehmer in einen anderen EU-Mitgliedstaat verbracht wird. In beiden Fällen findet die Besteuerung im Ursprungsland, das heißt in Deutschland, statt. Für den Unternehmer bedeutet dies, dass er die deut­sche Umsatzsteuer zu berechnen und ans Finanzamt abzuführen hat.
b) Ausnahmen
Innergemeinschaftliche Lieferung neuer Fahrzeuge
Abweichend vom oben genannten Grundsatz wird der Verkauf von Neufahrzeugen an Privatpersonen beziehungsweise diesen gleichgestellten Personen immer als innergemeinschaftliche Lieferung mit anschließendem innergemeinschaftlichen Erwerb behandelt. Im Einzelnen bedeutet dies Folgendes:
  • Die Lieferung des Fahrzeugs ist von der deutschen Umsatzsteuer befreit.
  • In dem EU-Staat, in dem die jeweilige Person das Fahrzeug anmeldet, erfolgt ein innergemeinschaftlicher Erwerb, der dort der Erwerbsbesteuerung unterliegt. Schuldner der Erwerbsteuer ist dabei nicht der Verkäufer, sondern der Erwerber des Fahrzeugs.
Hinweis: Dies gilt unabhängig davon, ob das Fahrzeug vom Verkäufer geliefert oder vom Käufer ab­geholt wird.
Für welche Fahrzeuge gilt die Regelung?
  • Motorbetriebene Landfahrzeuge mit einem Hubraum von mehr als 48 Kubikzentimetern oder einer Leistung von mehr als 7,2 Kilowatt
  • Wasserfahrzeuge mit einer Länge von mehr als 7,5 Metern
  • Luftfahrzeuge, deren Starthöchstmasse mehr als 1.550 Kilogramm beträgt.
Wann gilt ein Fahrzeug als „neu“?
  • Ein Landfahrzeug, wenn es entweder nicht mehr als 6.000 Kilometer zurückgelegt hat oder seine erste Inbetriebnahme im Zeitpunkt des Erwerbs nicht mehr als sechs Monate zurückliegt
  • ein Wasserfahrzeug, wenn es nicht mehr als 100 Betriebsstunden auf dem Wasser zurückge­legt hat oder wenn seine erste Inbetriebnahme im Zeitpunkt des Erwerbs nicht mehr als drei Monate zurückliegt
  • ein Luftfahrzeug, wenn es nicht länger als 40 Betriebsstunden genutzt worden ist oder wenn seine erste Inbetriebnahme im Zeitpunkt des Erwerbs nicht mehr als drei Monate zurückliegt.
Wie sieht die Rechnungsstellung in diesem Fall aus?
Neben dem Ausweis der allgemein üblichen Angaben ist bei der Rechnung Folgendes zu beachten:
  • In der Rechnung des Lieferanten darf keine Umsatzsteuer ausgewiesen sein.
  • Es muss ein Hinweis enthalten sein, dass es sich um eine innergemeinschaftlich steuerfreie Lieferung handelt.
  • Es müssen Angaben enthalten sein, aus denen hervorgeht, dass es sich um ein neues Fahr­zeug handelt.
Was gilt für den Nachweis der Steuerfreiheit?
Wird ein neues Fahrzeug steuerfrei an eine Privatperson geliefert, sind zunächst dieselben Nachweise zu führen wie bei steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen an Unternehmen. Diese finden Sie ausführlich dargestellt in der IHK-Information „Nachweis der Steuerfreiheit innergemeinschaftlicher Lieferungen“. Darüber hinaus verlangt § 17b Abs. 3 Nr. 5 UStDV bei Lieferungen von Fahrzeugen, die durch den Abnehmer selbst befördert werden, den Nachweis, dass das Fahrzeug auf den Erwerber im Bestimmungsland zum Straßenverkehr amtlich zugelassen worden ist.

Versand von Ware in andere EU-Mitgliedstaaten

Liegt keine Übergabe der Ware in Deutschland vor, sondern eine sogenannte Versendungslieferung, gelten abweichende Grundsätze.
a) Innergemeinschaftliche Versendungslieferung
Eine innergemeinschaftliche Versendungslieferung ist durch folgende Merkmale gekennzeichnet:
  • Die Ware gelangt von Deutschland in einen anderen EU-Mitgliedstaat.
  • Der Transport der Waren wird vom deutschen Unternehmer veranlasst. Dies ist gegeben, wenn

    - er die Ware selbst transportiert oder

    - einen selbständigen Dritten mit dem Transport beauftragt (Beispiel: Spediteur, Kurierdienst, Fuhrunternehmer, Post, Bahn).
b) Ort der Besteuerung
Besteuerung im Ursprungsland

Versendungslieferungen werden so lange im Ursprungsland, das heißt in Deutschland, besteuert, wie die Lieferschwelle i. H. v. 10.000 €  nicht überschritten wird. Voraussetzung für eine Umsatzbesteuerung der Lieferung in Deutschland ist also, dass die Lieferungen in den betreffenden anderen Mitgliedstaaten im vorangegangenen oder im laufenden Kalenderjahr 10.000 €  nicht überschreiten.. Anders als bei der Bestimmung der Erwerbsschwelle (vergleiche dazu oben) ist hierbei nicht auf den Gesamtbetrag der jährlich erfolgenden Lieferungen in die EU-Mitgliedstaaten insgesamt, sondern auf den jeweils einzelnen Mitgliedstaat abzustellen.
Besteuerung im Bestimmungsland
Wird die oben angeführten Lieferschwelle überschritten, erfolgt die Besteuerung im Bestim­mungsland, in das die Ware versandt wird.
Der Gesamtbetrag der für das Überschreiten der Lieferschwelle relevanten Entgelte ist hinsichtlich der Vorjahresumsätze für den Zeitraum eines Kalenderjahres festzustellen. Überschreitet der Gesamtbe­trag der Entgelte im Vorjahr die Lieferschwelle, so liegt der Ort der Lieferung ab dem ersten Versand im laufenden Kalenderjahr im Bestimmungsland.
Überschreitet der Gesamtbetrag der Entgelte im Vorjahr die maßgebliche Lieferschwelle nicht, so kommt es auf das laufende Jahr an. Hierfür gilt, dass in dem Moment, in dem die maßgebliche Liefer­schwelle im laufenden Jahr überschritten wird, eine Verlagerung des Lieferorts stattfindet. Dement­sprechend sind gegebenenfalls zeitnahe Kontrollen des laufenden Lieferumfangs vorzunehmen.
Hinweis: Der deutsche Lieferant hat die Möglichkeit, auch für Lieferungen unterhalb der Liefer­schwelle für die Besteuerung im jeweiligen Empfangsland zu optieren. Diese Erklärung ist sowohl gegenüber dem zuständigen deutschen Finanzamt als auch gegenüber der zuständigen Finanzbe­hörde im anderen Mitgliedstaat abzugeben. Der Lieferant ist an die Erklärung für zwei Jahre gebun­den.
Rechnungsstellung
Unterliegen Versendungslieferungen aufgrund der eben dargestellten Grundsätze der Umsatzbesteu­erung in einem anderen EU-Mitgliedstaat, so hat der deutsche Lieferant seinem Kunden die Umsatz­steuer dieses Staates in Rechnung zu stellen. Dies bedeutet, dass er in diesen Fällen nicht die deut­sche Umsatzsteuer, sondern die des Empfangslandes ausweisen muss.
Umsatzsteuerpflicht in einem anderen Mitgliedsstaat
Der deutsche Unternehmer kann die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer des Empfangslandes nicht an sein deutsches Finanzamt abführen, sondern muss diese an das zuständige Finanzamt des be­treffenden Staates zahlen. Hierzu hat er sich dort umsatzsteuerlich registrieren zu lassen und ent­sprechende Steuermeldungen beziehungsweise -erklärungen abzugeben. Hilfestellungen bei der Re­gistrierung im Ausland geben regelmäßig die deutschen Auslandshandelskammern vor Ort http://ahk.de/.
c) Ausnahmen
Ausnahmen gelten für verbrauchsteuerpflichtige Waren. Für Lieferungen von
Mineralöl
  • Alkohol
  • alkoholischen Getränken und
  • Tabakwaren
gilt Folgendes:
Erfolgt die Lieferung an eine Privatperson, ist diese vom deutschen Unternehmer unabhängig vom Übersteigen der Lieferschwelle stets im Bestimmungsland der Umsatzbesteuerung zu unterwerfen (vergleiche oben: Besteuerung im Bestimmungsland).
Erfolgt die Lieferung an eines der angeführten Rechtssubjekte, die bis zum Überschreiten bestimmter Erwerbsschwellen Privatpersonen gleichgestellt sind, so ist die Ware von ihm als Empfänger im Be­stimmungsland der Erwerbsbesteuerung zu unterziehen (vergleiche oben: Andere Rechtssubjekte).
Stand:  Mai 2023
Hinweis: Dieses Merkblatt soll - als Service Ihrer IHK Köln - nur erste Hinweise geben und erhebt kei­nen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.

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