Neues BMF-Schreiben zur E-Rechnung vom 15. Oktober 2025
Mit dem Schreiben vom 15. Oktober 2025 das Bundesministerium der Finanzen (BMF) zentrale Änderungen und Präzisierungen zur Einführung der elektronischen Rechnung („E-Rechnung“) veröffentlicht. Damit setzt das BMF einen weiteren wichtigen Meilenstein auf dem Weg zu einer einheitlichen, digitalen Rechnungsabwicklung in Deutschland. Ziel ist es, sowohl die Mehrwertsteuer-Transparenz zu verbessern als auch Verwaltungsaufwand zu verringern und den Weg für ein zukünftiges Meldesystem nach EU-Vorgaben zu ebnen.
1. Zeitplan und Anwendungsbereich
Seit dem 1. Januar 2025 müssen alle inländischen Unternehmen in der Lage sein, elektronische Rechnungen empfangen und verarbeiten zu können. Das neue Schreiben gilt für alle Umsätze, die nach dem 31. Dezember 2024 ausgeführt werden. Die Verpflichtung zur Ausstellung von E-Rechnungen folgt in mehreren Stufen: Für größere Unternehmen ab 1. Januar 2027, für kleinere Unternehmen mit einem Jahresumsatz unter 800.000 Euro spätestens ab 1. Januar 2028.
Darüber hinaus wurden mehrere Abschnitte des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE) angepasst, um die neuen technischen und formalen Anforderungen aufzunehmen. Damit liegen nun auch die verwaltungsinternen Auslegungshinweise vor, die für die Praxis von Unternehmen maßgeblich sind.
2. Technische und formale Anforderungen
Das BMF stellt klar, dass künftig nur noch Rechnungen als „E-Rechnungen“ anerkannt werden, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen werden, das eine automatisierte elektronische Verarbeitung ermöglicht. Ein einfaches PDF-Dokument, das per E-Mail versendet wird, erfüllt diese Voraussetzung nicht mehr.
Zulässig sind Formate, die der europäischen Norm EN 16931 entsprechen, wie etwa XRechnung oder ZUGFeRD 2.x (mit Ausnahme der Profile MINIMUM und BASIC-WL). Auch Hybridformate, also Kombinationen aus einem strukturierten Datensatz (XML) und einer visuellen Darstellung (z. B. PDF), bleiben möglich. Entscheidend ist jedoch: Der strukturierte Teil gilt als führend. Bei Abweichungen zwischen XML- und PDF-Teil besteht das Risiko, dass der Vorsteuerabzug gefährdet wird.
Alle Pflichtangaben gemäß §§ 14 und 14a UStG müssen zwingend im strukturierten Datensatz enthalten sein. Der Verweis auf externe Dokumente oder Links ersetzt diese Pflicht nicht.
3. Fehlerklassen, Validierung und Vorsteuerabzug
Ein Schwerpunkt des neuen Schreibens ist die Präzisierung der Fehlerklassen und ihrer steuerlichen Konsequenzen. Damit reagiert das BMF auf zahlreiche Rückfragen aus der Praxis, wie mit fehlerhaften oder technisch unvollständigen Datensätzen umzugehen ist.
Das Schreiben unterscheidet drei Fehlerarten:
Formatfehler
Hierbei handelt es sich um strukturelle oder technische Mängel im Datensatz selbst, etwa wenn dieser nicht der Norm EN 16931 entspricht oder ein falsches Format verwendet wird. Solche Rechnungen gelten nicht als E-Rechnung, sondern als „sonstige Rechnung“. Für den Rechnungsempfänger bedeutet das, dass die formalen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nicht erfüllt sind. Das Unternehmen muss in diesem Fall eine korrekte E-Rechnung nachfordern.
Geschäftsregelfehler
Diese entstehen, wenn zwar ein technisch gültiger Datensatz vorliegt, dieser aber interne Prüfregeln verletzt – etwa durch fehlende Pflichtfelder, widersprüchliche Werte oder unlogische Summen. Diese Fehler können den umsatzsteuerlichen Charakter der Rechnung beeinträchtigen, insbesondere dann, wenn sie Pflichtangaben betreffen. Das BMF betont jedoch, dass geringfügige formale Abweichungen, die den Gesamtinhalt nicht verändern, in der Regel nicht zum Verlust des Vorsteuerabzugs führen.
Inhaltsfehler
Diese Fehler betreffen die sachlichen Angaben der Rechnung selbst, beispielsweise einen falschen Steuersatz, eine fehlerhafte Leistungsbeschreibung oder eine inkorrekte Umsatzsteuer-ID. Solche Fehler wirken sich unmittelbar auf den Vorsteuerabzug aus, da sie materiell-rechtliche Voraussetzungen betreffen. Der Empfänger kann die Vorsteuer erst dann geltend machen, wenn eine berichtigte E-Rechnung vorliegt.
Das BMF hebt hervor, dass Unternehmen geeignete Validierungsverfahren einführen sollen, um ihre E-Rechnungen vor Versand oder bei Eingang automatisch prüfen zu lassen. Validierungsberichte können als Nachweis dienen, dass eine ordnungsgemäße technische Prüfung stattgefunden hat. Damit werden Unternehmen in die Lage versetzt, steuerliche Risiken zu minimieren und bei Betriebsprüfungen nachvollziehbar zu dokumentieren, dass sie ihre Sorgfaltspflichten erfüllt haben.
In der Praxis bedeutet das: Eine valide E-Rechnung besteht künftig nicht nur aus korrekten Daten, sondern auch aus einem nachvollziehbaren Nachweisprozess, der ihre technische und inhaltliche Integrität belegt.
4. Ausnahmen und Sonderfälle
Wie bereits zuvor bleiben Kleinbetragsrechnungen bis 250 Euro, Rechnungen von Kleinunternehmern sowie Fahrausweise von der Pflicht zur E-Rechnung ausgenommen. Allerdings besteht auch hier bereits die Pflicht, elektronische Rechnungen empfangen zu können. Gutschriften im Sinne des § 17 UStG fallen künftig ebenfalls unter die E-Rechnungspflicht, wenn sie faktisch als Rechnung ausgestellt werden.
Für Dauerleistungen gilt: Wird der Vertrag einmalig elektronisch abgerechnet, genügt diese Erst-E-Rechnung, solange sich Leistungsinhalte oder Entgelte nicht ändern. Jede Änderung löst jedoch eine neue E-Rechnungspflicht aus.
5. Aufbewahrung, Dokumentation und GoBD-Konformität
Ein weiterer zentraler Punkt des neuen Schreibens betrifft die Aufbewahrung und Dokumentation elektronischer Rechnungen. Der strukturierte Datensatz der E-Rechnung muss nach steuer- und handelsrechtlichen Vorschriften revisionssicher und unverändert gespeichert werden. Dabei ist sicherzustellen, dass sowohl die technische Lesbarkeit als auch die Nachvollziehbarkeit über den gesamten Aufbewahrungszeitraum gewährleistet bleibt.
Das BMF stellt klar, dass die Aufbewahrungspflicht den strukturierten Datenteil betrifft, nicht nur die visuelle Darstellung (z. B. ein PDF-Abbild). Der Datensatz muss im Originalformat archiviert werden, damit er bei einer steuerlichen Außenprüfung jederzeit maschinell auswertbar ist.
Neu ist auch die Aussage, dass eine Speicherung außerhalb eines GoBD-konformen Systems nicht automatisch einen Verstoß gegen § 14b UStG bedeutet, solange die E-Rechnung im Sinne der Umsatzsteuer inhaltlich vollständig, unverändert und jederzeit lesbar bleibt. Dennoch weist das Schreiben ausdrücklich darauf hin, dass handels- und steuerrechtliche Vorschriften wie die GoBD weiterhin gelten. Unternehmen müssen also auch künftig eine Verfahrensdokumentation führen, aus der hervorgeht, wie E-Rechnungen empfangen, verarbeitet, geprüft und archiviert werden.
Empfohlen wird außerdem die Trennung von Struktur- und Bilddatei in der Archivierung, damit bei einer späteren Prüfung eindeutig erkennbar bleibt, welcher Teil die steuerlich relevante Information enthält. Eine alleinige Ablage des PDF-Anzeigebilds genügt nicht.
6. Fazit
Mit dem Schreiben vom 15. Oktober 2025 schafft das Bundesfinanzministerium klare und verbindliche Rahmenbedingungen für den elektronischen Rechnungsaustausch im inländischen B2B-Bereich. Unternehmen sind nun in der Pflicht, ihre Rechnungs-, Buchhaltungs- und Archivierungsprozesse an die neuen Vorgaben anzupassen.
Die neuen Regelungen zu Fehlerklassen, Validierung, Vorsteuerabzug und Aufbewahrung geben der Praxis die notwendige Orientierung, erfordern aber auch ein hohes Maß an technischer und organisatorischer Vorbereitung. Wer frühzeitig auf strukturierte Prozesse, automatische Prüfmechanismen und eine ordnungsgemäße Dokumentation setzt, sichert nicht nur den reibungslosen Vorsteuerabzug, sondern langfristig ebenso den effizienten Ablauf in der Rechnungsverarbeitung und Archivierung.