Gesellschaftsrecht

Mögliche Organisationsformen für die Gründung eines neuen Standortes

Von Tochtergesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit über selbstständige Zweigniederlassung bis unselbstständige Betriebsstätte
Viele Unternehmen wollen expandieren und gründen einen neuen Standort. Dies wirft die Frage auf, wie dieser im Unternehmensgefüge rechtlich organisiert werden kann. Hierzu stehen drei Formen zur Verfügung:
  • Gründung einer Tochtergesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit;
  • Errichtung einer selbstständigen Zweigniederlassung;
  • Errichtung einer unselbstständigen Betriebsstätte.
Im Folgenden wird auch jeweils näher darauf eingegangen, welche Besonderheiten sich ergeben, wenn die Muttergesellschaft / Hauptniederlassung ihren Sitz im Ausland hat. Dazu gehören in diesem Fall sowohl EU-Mitgliedsstaaten als auch Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR).
Insbesondere im Zusammenhang mit Standorten ausländischer Unternehmen fällt häufig der Begriff der „Repräsentanz“. Im deutschen Gewerbe- bzw. Handelsrecht gibt es ihn jedoch nicht. Es bestehen für ausländische Unternehmen nur die oben genannten Organisationsformen, um in Deutschland tätig zu werden. Die Möglichkeit über einen beauftragten selbstständigen Gewerbetreibenden (z.B. einen Handelsvertreter) bleibt davon unberührt.

Tochterunternehmen

Mit der Gründung einer Tochtergesellschaft entsteht ein von der Muttergesellschaft rechtlich selbstständiges Unternehmen. Wie bei jeder Unternehmensgründung sind die für die jeweilige Rechtsform geltenden Bestimmungen maßgeblich.
Besondere gesetzliche Bedingungen oder Beschränkungen für die Gründung durch ausländische Unternehmen bestehen in Deutschland nicht. Auch für einen ausländischen Gründer gelten ausschließlich deutsche Vorschriften im Rahmen der Gründung, Gewerbeanmeldung und Handelsregistereintragung. Das zur Gründung erforderliche Kapital kann unbeschränkt nach Deutschland eingeführt werden.
Informationen zu den einzelnen deutschen Rechtsformen finden Sie im Artikel Handels- und Gesellschaftsrecht.
Alle gewerblichen Betätigungen einer Tochtergesellschaft müssen beim jeweils zuständigen Gewerbeamt angemeldet werden. Auch das Erfordernis der Einholung von Genehmigungen sollte einzelfallbezogen vor jeder Neugründung geprüft werden.

Zweigniederlassungen

Definition

Eine gesetzliche Definition gibt es nicht, sondern nur Anhaltspunkte in der Gewerbeordnung und dem Handelsgesetzbuch (§§ 13 ff. HGB). Im Gegensatz zur Tochtergesellschaft handelt es sich hierbei nicht um eine eigene, vom Unternehmen der Hauptniederlassung getrennte juristische Person. Die Zweigniederlassung ist vielmehr rechtlich und organisatorisch Teil des Unternehmens der Hauptniederlassung, die dennoch – im Außenverhältnis zu Dritten - selbstständig am Rechtsverkehr teilnimmt.
Eine Zweigniederlassung in Deutschland richtet sich in ihren Geschäften nach außen immer nach deutschem Recht, selbst wenn die Hauptniederlassung ein im Ausland sitzendes Unternehmen ist.

Die Hauptmerkmale für eine Zweigniederlassung sind:

  • Räumliche Selbstständigkeit
Die Niederlassung muss über ihre eigenen Geschäftsräume verfügen, die von der Hauptniederlassung räumlich getrennt sind.
  • Organisatorische Selbstständigkeit
Die Niederlassung muss mindestens über einen Leiter mit der Befugnis zu selbstständigem Handeln verfügen (Handlungsvollmacht oder (Filial)prokura).
  • Operative Selbstständigkeit
Die Niederlassung sollte über eigene finanzielle Mittel verfügen – regelmäßig in Form eines eigenen Bankkontos - und zumindest in Teilen auch ihre Buchführung gesondert durchführen. Letzteres Merkmal ist auf Grund der Zentralisierung vieler Unternehmen in der heutigen Zeit nicht mehr zwingend notwendig.
Außerdem typisch ist die Erledigung sachlich gleicher oder ähnlicher, über reine Hilfsgeschäfte hinausgehender Tätigkeiten wie in der Hauptniederlassung über eine gewisse Dauer, also nicht nur die Abwicklung befristeter Projekte.

Errichtung

Die Errichtung einer Zweigniederlassung ist ein rein unternehmensinterner, tatsächlicher Akt. Die Eintragung im Handelsregister ist daher zwar nur feststellender – „deklaratorischer“ – Art, aber dennoch zwingend erforderlich. Sie erfolgt beim Registergericht am Sitz der Hauptniederlassung durch notarielle Beglaubigung.
Dabei sind alle erforderlichen Unterschriften vorzulegen, die zu leistenden Angaben sind ansonsten deckungsgleich mit den Angaben, die zur Eintragung der Hauptniederlassung erforderlich sind. Bei Kapitalgesellschaften muss die Zweigniederlassung vom Geschäftsführer / dem Vorstand angemeldet und sowohl der Gesellschaftsvertrag als auch im Falle einer GmbH eine Gesellschafterliste vorgelegt werden.
Gründet eine juristische Person die selbstständige Zweigniederlassung, muss die Existenz und Unternehmensform der juristischen Person durch einen beglaubigten Handelsregisterauszug (bei ausländischen Unternehmen entsprechende amtliche Registerunterlagen) nachgewiesen werden.
Bei Gesellschaften mit Sitz im Ausland wird die Eintragung wiederum am geplanten Sitz der Zweigniederlassung in Deutschland vorgenommen, da es keinen innerdeutschen Registereintrag der Hauptniederlassung gibt. Dabei muss nachgewiesen werden, dass die Hauptniederlassung nach Recht ihres Herkunftslandes ein Unternehmen ist. In diesem Fall wird empfohlen, bereits für die Zusammenstellung der zur Eintragung erforderlichen Informationen bzw. Dokumente einen Notar heranzuziehen.
Dazu gehören bezüglich der Muttergesellschaft: Das Register, bei dem die Gesellschaft geführt wird (falls vorhanden); Rechtsform der Gesellschaft; Recht des Staats, dem die Gesellschaft unterliegt; Firma und Sitz der Gesellschaft; Gegenstand des Unternehmens; Tag des Abschlusses des Gesellschaftsvertrags; Personen der Geschäftsführer bzw. des Vorstands, sowie deren Befugnisse; Höhe Stamm-/Grundkapital; evtl. Befristung der Gesellschaft.
Bezüglich der Zweigniederlassung: Anschrift und Gegenstand der Zweigniederlassung; Höhe des Geschäftskapitals; Tag des Errichtungsbeschlusses; Personen der Geschäftsführer bzw. des Vorstandes, welche die Gesellschaft in der Zweigniederlassung (außer)gerichtlich vertreten dürfen, sowie der Umfang ihrer Vertretungsmacht; evtl. Befristung der Zweigniederlassung.
Und darüber hinaus: Nachweise über Vollmachten; Nachweis über Bestehen der Muttergesellschaft; Nachweis über Vorliegen von Genehmigungen, wenn diese für den Geschäftsbereich erforderlich sind; öffentlich beglaubigte Kopie des Gesellschaftsvertrages (ggfs. beglaubigte Übersetzung).

Firma der Zweigniederlassung

Für Niederlassungen inländischer Unternehmen bestehen grundsätzlich drei Möglichkeiten der Firmierung:
  • Namensgleichheit
Die Niederlassung wird unter dem identischen Namen wie die Hauptniederlassung geführt. Z.B. „Sportautoteile Müller GmbH“.
  • Namenszusatz
Es kann hinzugefügt werden, dass es sich um eine Zweigniederlassung handelt. Diese namentliche Abgrenzung von der Hauptniederlassung hat den Vorteil, dass eine ausgestellte Prokura oder sonstige Vertretungsmacht auf die Zweigniederlassung begrenzt werden kann. Bei Namensgleichheit ist dies auf Grund der mangelnden Erkennbarkeit nach außen (Handelsregister) nicht möglich, z.B. Sportautoteile Müller Zweigstelle Köln GmbH.
  • Erweiterter-/Phantasiename
Auch möglich ist ein Name, der von dem der Hauptniederlassung komplett abweicht. Hier muss aber die Verbindung zur Hauptniederlassung, sowie die Stellung als Zweigniederlassung kenntlich gemacht werden. Z.B. Gustav Schmidt Zweigstelle Köln der Sportautoteile Müller GmbH.
In dem Unternehmensnamen der Zweigniederlassung eines ausländischen Unternehmens muss die Firma der Hauptniederlassung grundsätzlich unverändert erscheinen (ggf. auch in ausländischer Sprache) einschließlich Rechtsformzusatz. Bei verwechslungsfähigen ausländischen Rechtsformzusätzen muss dabei erkennbar sein, welchem Gesellschaftsstatut der Rechtsträger unterliegt (bspw. ABC AG nach schweizerischem Recht / - Zürich/Schweiz). Ist nach dem jeweiligen ausländischen Recht die Führung eines Gesellschaftszusatzes gar nicht erforderlich oder ist dieser Gesellschaftszusatz im Inland nicht geläufig oder unverständlich, dann ist zur Vermeidung möglicher Irrtümer wiederum ein klarstellender Zusatz erforderlich.

Finanzielle Einzelheiten (Besteuerung)

Wie bereits ausgeführt, muss die Zweigniederlassung über eigene finanzielle Mittel verfügen, die eine operative Unabhängigkeit von der Hauptniederlassung ermöglichen. Eine Zweigniederlassung darf nicht nur ausführende Kraft der Hauptniederlassung sein, sondern muss eigene Geschäfte tätigen.
Ihre Besteuerung richtet sich nach den regulären Steuergesetzen. Dies gilt auch für den Gewinn von deutschen Zweigniederlassungen ausländischer Hauptniederlassungen.
Ob im Sitzstaat einer ausländischen Hauptniederlassung dieser Gewinn nochmals entweder komplett oder in Teilen versteuert werden muss richtet sich danach, ob Deutschland mit dem jeweiligen Land ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) geschlossen hat und was dieses regelt. Eine Liste der Abkommen finden Sie auf der Website des Bundesfinanzministeriums
Zu beachten sind insbesondere Einkommens- oder Körperschaftssteuer, Solidaritätszuschlag, Lohnsteuer, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer.

Gewerbeanmeldung und Genehmigungen

Für Zweigniederlassungen muss eine eigene Gewerbeanmeldung vorgenommen werden.  Dabei sind folgende Dokumente vorzulegen: Identitätsnachweis des Antragsstellers (Personalausweis oder Reisepass); ggf. Nachweis zur Bevollmächtigung für einen Dritten bzw. bei Geschäftsführer, Vorstand oder Prokurist den Handelsregisterauszug des Unternehmens; ggf. Nachweis über erforderliche Erlaubnisse; ein ausländischer Staatsbürger muss eine Aufenthaltserlaubnis der zuständigen Ausländerbehörde vorlegen, welche eine Erlaubnis beinhaltet ein selbstständiges Gewerbe aufzunehmen.
Für den Raum Köln ist das Gewerbeamt Stadthaus Deutz-Ostgebäude, Willy-Brandt-Platz 3, 50679 Köln zuständig.

Erforderliche Angaben auf Geschäftsbriefen

Bei Zweigniederlassungen inländischer Hauptniederlassungen sind die für die jeweilige Rechtsform vorgeschriebenen Mindestanforderungen für Angaben auf Geschäftsbriefen zu beachten, sowie das Registergericht und die Handelsregisternummer der Zweigniederlassung (bzw. der Hauptniederlassung). Wünschenswert, aber gesetzlich nicht vorgeschrieben, ist die zusätzliche Angabe der Hauptniederlassung.
Handelt es sich um eine ausländische Hauptniederlassung mit deutscher Zweigniederlassung müssen darüber hinaus Angaben zur ausländischen Firma mit Rechtsformzusatz und (falls vorhanden) das Register der ausländischen Gesellschaft angegeben werden:

Unselbstständige Betriebsstätte

Definition

Per Legaldefinition ist eine Betriebstätte jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Der Begriff ist sehr weit und umfasst auch den der Zweigniederlassung. Nachfolgend beschränken sich die Erläuterungen aber auf solche Betriebsstätten, die im Gegensatz zu Zweigniederlassungen unselbstständig sind.
Unselbstständig bedeutet in diesem Kontext, dass ein einheitlicher Geschäftsbetrieb an lediglich räumlich verschiedenen Stellen vorliegt.

Errichtung

Die unselbstständige Betriebsstätte wird firmenintern eingerichtet, eine Eintragung im Handelsregister ist nicht notwendig. Zu beachten ist jedoch, dass dies die gegebenenfalls notwendige Anmeldung beim Gewerbe- und/oder Verbraucherschutzamt oder Einholung von Erlaubnissen unberührt lässt.

Firmeninterne Bezeichnung

Da kein selbstständiger Auftritt nach außen erfolgt gibt es keine eigene Firma, sondern nur eine firmeninterne Bezeichnung.

Finanzielle Besonderheiten

Weder die Ausstattung mit eigenen finanziellen Mittel noch eine eigene Buchführung sind erforderlich. Alles erfolgt über die Hauptniederlassung, insbesondere die Stellung von externen Rechnungen oder die Begleichung eingegangener Rechnungen Dritter.

Gewerbeanmeldung und Genehmigungen

Folgende Dokumente sind für eine Gewerbeanzeige vorzulegen: Identitätsnachweis des Antragsstellers (Personalausweis oder Reisepass); ggf. Nachweis der Bevollmächtigung zum Handeln für einen Dritten bzw. bei Geschäftsführer, Vorstand oder Prokurist den Handelsregisterauszug des Unternehmens; ggf. Nachweis über erforderliche Erlaubnisse; ein ausländischer Staatsbürger muss eine Aufenthaltserlaubnis der zuständigen Ausländerbehörde vorlegen, welche eine Erlaubnis beinhaltet ein selbstständiges Gewerbe aufzunehmen.
Für den Raum Köln ist das Gewerbeamt das Stadthaus Deutz-Ostgebäude, Willy-Brandt-Platz 3, 50679 Köln zuständig.
Mitgliedsunternehmen der IHK Köln und solche Personen, die in der Region Köln die Gründung eines Unternehmens planen, erhalten gerne weitere Informationen.
Stand: März 2024