Preissteigerungen
- Verträge bei steigenden Materialpreisen und Rohstoffknappheit
- Vereinbarter Preis gilt
- Angebote mit kurzer Bindungsfrist und freibleibende Angebote
- Preisanpassung im laufenden Vertrag
- Wegfall/Störung der Geschäftsgrundlage
- Preisanpassungen bei Verträgen auf Grund öffentlicher Vergabeverfahren
- Verträge nach ausländischem Recht oder UN-Kaufrecht
Verträge bei steigenden Materialpreisen und Rohstoffknappheit
In vielen Branchen sind die Preise deutlich angestiegen, zum Beispiel aufgrund von Rohstoffknappheit.
Für Unternehmen stellt sich die Frage, inwieweit sie trotz Preissteigerungen an laufende Verträge gebunden sind oder wie diese gegebenenfalls angepasst werden können.
Ebenso stellt sich die Frage nach Klauseln für zukünftige Verträge.
In der Praxis ist es oft nicht einfach, bei einem bestehenden Vertrag die Preise entsprechend den Erhöhungen anzupassen. Es empfiehlt sich daher, bereits bei Vertragsschluss Mechanismen wie Preisgleitklauseln zu vereinbaren. Lassen Sie sich bei der Formulierung anwaltlich beraten. Erste Informationen, worauf zu achten ist, finden Sie in diesem Artikel.
Vereinbarter Preis gilt
Es gilt der im Vertrag festgelegte Festpreis. Er kann nicht allein aufgrund von Preissteigerungen angepasst werden.
Angebote mit kurzer Bindungsfrist und freibleibende Angebote
Es ist möglich, ein Angebot mit einer kurzen Bindungsfrist abzugeben, so dass die Gegenseite nur für einen kurzen Zeitraum die Möglichkeit hat, das Angebot zu den darin enthaltenen Bedingungen anzunehmen. Es empfiehlt sich, auf die konkreten Umstände hinzuweisen, die zu dieser kurzen Bindungsfrist führen. Zwingend erforderlich ist der Hinweis, dass man sich nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt an die im Angebot enthaltenen Preise gebunden fühlt.
Nimmt die Gegenseite das Angebot innerhalb der Frist an, kommt der Vertrag zum vereinbarten Preis zustande.
Ebenso besteht die Möglichkeit, ein sogenanntes freibleibendes Angebot abzugeben. Dies empfiehlt sich insbesondere dann, wenn zum Zeitpunkt der Erstellung des Angebotes die der Kalkulation zugrunde liegenden Kosten noch nicht absehbar sind. Auch hier kann man erläutern, warum das Angebot freibleibend ist. Unbedingt zu beachten ist, dass auf eingehende Antworten zum Angebot reagiert werden muss. Insofern besteht eine Reaktionspflicht. Anderenfalls kommt der Vertrag zu den Bedingungen des Angebots zustande.
Preisanpassung im laufenden Vertrag
Eine weitere Absicherung gegen Preissteigerungen bieten Wertsicherungsklauseln (auch Preisgleitklauseln genannt). Sie passen die Zahlungspflichten an die Preissteigerungen an. Solche Klauseln können vertraglich vereinbart werden.
Weitere Informationen hierzu finden Sie in dem Artikel Wertsicherungsklauseln. Lassen Sie sich bei der Gestaltung solcher Klauseln unbedingt anwaltlich beraten.
Wegfall/Störung der Geschäftsgrundlage
Wurde im Vertrag keine Preisgleitklausel oder sonstige Anpassungsmöglichkeit vereinbart, kann in Einzelfällen eine Anpassung über § 313 BGB, „Störung der Geschäftsgrundlage“, möglich sein.
Hierfür muss ein unvorhersehbares, plötzliches Ereignis eintreten, das so schwerwiegend ist, dass das Festhalten am Vertrag in der bisherigen Form nicht mehr zumutbar ist. In diesem Fall ist eine Preisanpassung sowie in besonders schwerwiegenden Fällen auch eine Vertragsauflösung möglich.
Einem Berufen auf Störung der Geschäftsgrundlage könnte jedoch möglicherweise entgegengehalten werden, dass Preissteigerungen in der heutigen Zeit nicht mehr unvorhersehbar sind.
Auch an das Kriterium der Unzumutbarkeit werden hohe Anforderungen gestellt. Die Gerichte entscheiden einzelfallbezogen.
Preisanpassungen bei Verträgen auf Grund öffentlicher Vergabeverfahren
Grundsätzlich sind auch im Rahmen von Vergabeverfahren geschlossene Verträge wie vereinbart durchzuführen. In Krisenzeiten und dadurch entstehender Rohstoffknappheit und Preissteigerungen können jedoch auch im Vergaberecht Vertragsanpassungen möglich sein. Wichtigster Fall ist auch hier die „Störung der Geschäftsgrundlage“ (§ 313 BGB): Auftraggeber und Auftragnehmer sind bei Vertragsschluss davon ausgegangen, dass die Materialien beschafft werden können und die Preise nur allgemein üblichen Schwankungen unterliegen. Hätten sie die Ereignisse mit Preissteigerungen vorhergesehen, hätten sie Verträge nicht mit diesem Inhalt geschlossen.
Inwieweit der ursprünglich vereinbarte Preis noch zumutbar ist oder ob und in welchem Umfang eine Anpassung verlangt werden kann, ist dabei Frage des Einzelfalls. Bei der Einzelfallprüfung ist nicht auf die einzelne Position, sondern auf eine Gesamtbetrachtung des Vertrages abzustellen. Neben der Vereinbarung eines höheren Preises oder Preisgleitklauseln ist auch eine Verlängerung von Lieferzeiten denkbar. Auch unterhalb einer „Störung der Geschäftsgrundlage“ sind haushaltsrechtliche Vertragsänderungen möglich.
Möchte ein Unternehmen eine Preisanpassung beantragen, können von ihm Nachweise wie beispielsweise Urkalkulation/Preisblätter oder die tatsächlichen Einkaufskosten und deren Marktüblichkeit verlangt werden. Das Unternehmen trägt die volle Darlegungslast für die Voraussetzungen einer Preisanpassung.
Eine Neuausschreibung ist nach § 132 Absatz 1 GWB nur erforderlich, wenn eine „wesentliche Vertragsänderung“ vorliegt. Nach § 132 Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 GWB kommen auch eine Vertragsänderung, -verlängerung und/oder Ausweitung in Betracht, wenn die Änderung aufgrund von Umständen erforderlich geworden ist, die der öffentliche Auftraggeber im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht nicht vorhersehen konnte, sich aufgrund der Änderung der Gesamtcharakter des Auftrags nicht verändert (beispielsweise weil statt einer Lieferung nun eine Dienstleistung beschafft würde) und der Preis nicht um mehr als 50% des Wertes des ursprünglichen Auftrags erhöht wird.
Weitere Informationen sowie Erlasse finden Sie bei Vergabe NRW (Absatz „Vergaberecht in Krisenzeiten“
Verträge nach ausländischem Recht oder UN-Kaufrecht
Bei Verträgen nach ausländischem Recht gelten andere Regeln. Bei Fragen zum UN-Kaufrecht wenden Sie sich bitte an Frau Milena Schwigon, Tel. 0221 1640-1552, E-Mail: milena.schwigon@koeln.ihk.de