Informationspflichten zur Verbraucherschlichtung
Die Streitschlichtungs-Plattform der EU (OS-Plattform) wurde zum 20. Juli 2025 eingestellt. Seitdem dürfen Unternehmen nicht mehr auf sie verlinken oder auf die Möglichkeit zur Durchführung eines Online-Streitbeilegungsverfahrens auf der OS-Plattform hinweisen.
Löschen Sie also alle Verlinkungen und Hinweise auf die OS-Plattform, zum Beispiel von Ihrer Internetseite, aus den AGB und aus E-Mail-Signaturen!
Von der Abschaffung der OS-Plattform nicht berührt wurden andere etablierte Streitbeilegungsverfahren. So trifft bestimmte Unternehmen weiterhin die Pflicht, an Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen. Für die Mehrzahl der Unternehmen ist die Teilnahme an Streitbeilegungsverfahren hingegen freiwillig. Wer verpflichtet ist oder sich selbst verpflichtet hat, muss darüber informieren. Auch über fehlende Bereitschaft, an einer Verbraucherschlichtung teilzunehmen, muss informiert werden. Dies ist im Gesetz über die alternative Streitbeilegung in Verbrauchersachen (VSBG) geregelt.
Im Folgenden erläutern wir die einzelnen Konstellationen und Pflichten.
Was ist das VSBG und welche Ziele verfolgt das Gesetz?
Das VSBG soll die außergerichtliche Streitbeilegung zwischen Unternehmern und Verbrauchern sowohl bei Online- als auch bei Offline-Geschäften fördern. Mit seinem Streitbeilegungsverfahren bietet es Unternehmern und Verbrauchern ein Verfahren zur einvernehmlichen Beilegung von Rechtsstreitigkeiten ohne zeit- und kostenintensives Gerichtsverfahren an. Wichtig zu beachten ist, dass auf das Verfahren nur bei Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Unternehmern zurückgegriffen werden kann, nicht hingegen bei Streitigkeiten unter Unternehmern oder bei Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Behörden.
Die Schlichtungsstellen, die im Streitfall angerufen können, sind als eingetragene Vereine organisiert (§ 3 Satz 1 VSBG). Sie bedürfen der Anerkennung durch das Bundesamt für Justiz und müssen Gewähr für eine unparteiische Streitbeilegung bieten. Die Liste der anerkannten Stellen finden Sie auf der Homepage des Bundesamtes für Justiz.
Wer ist zur Teilnahme am Streitbeilegungsverfahren nach dem VSBG verpflichtet?
Das VSBG selbst enthält keine Pflicht für den Unternehmer, sich an einer Schlichtung zu beteiligen.
Eine Verpflichtung des Unternehmers zur Nutzung einer Schlichtungsstelle kann sich allerdings aus vertraglichen Vereinbarungen, aus einer Verbandszugehörigkeit oder aus anderen Gesetzen ergeben, zum Beispiel aus § 111b Abs. 1 Satz 2 EnWG im Bereich der Energiewirtschaft, § 57a LuftVG für den Flugverkehr oder § 191f BRAO im Rahmen der Schlichtungsstelle für Rechtsanwaltschaft.
Unternehmer, die nicht aufgrund eines Gesetzes, eines Vertrags oder einer Verbandszugehörigkeit verpflichtet sind, eine solche Stelle zu nutzen, können frei entscheiden, ob sie sich dazu verpflichten.
Wenn eine Verpflichtung freiwillig übernommen wird, kann diese auch Einschränkungen/Bedingungen unterworfen werden, sofern diese für den Verbraucher „klar und verständlich“ formuliert sind.
Hierzu hat der Bundesgerichtshof (BGH), AZ VIII ZR 265/18, am 21.08.2019 entschieden, dass die Formulierung, "die Bereitschaft zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle kann jedoch im Einzelfall erklärt werden", nicht ausreichend klar und verständlich sei.
Der Unternehmer müsse die Konstellationen, in denen eine Teilnahmebereitschaft bestehe, hinreichend bestimmt beschreiben. In Betracht kommen laut BGH "etwa die Festlegung bestimmter Einkaufs- oder Bestellwerte beziehungsweise Streitwertober- oder Untergrenzen, die Beschränkung auf bestimmte Kategorien von Verträgen (beispielsweise Verträge über bestimmte Waren oder Dienstleistungen; Beschränkung auf Online-Verträge), die Einschränkung auf nur innerhalb von konkret bezeichneten Zeiträumen abgeschlossene Verträge sowie unter Umständen auch die Beschränkung auf bestimmte Streitgegenstände".
Welche Pflichten enthält das VSBG?
a) Allgemeine, fortlaufende Informationspflichten
Wer ist verpflichtet? Wo muss informiert werden?
Gemäß § 36 VSBG müssen Unternehmer , die Verträge mit Verbrauchern abschließen und die eine Website und/oder AGB haben, auf ihrer Website (soweit vorhanden) und in ihren AGB (soweit vorhanden) angeben, inwieweit sie verpflichtet sind oder sich verpflichtet haben, eine Stelle für außergerichtliche Streitbeilegung zu nutzen.
Unternehmer, die nicht verpflichtet sind, eine Schlichtungsstelle zu nutzen, können frei entscheiden, ob sie sich dazu verpflichten. Entscheiden sie sich gegen die Nutzung einer außergerichtlichen Streitbeilegungsstelle, müssen sie darüber ebenfalls informieren.
Ausgenommen von den Informationspflichten sind Unternehmen, die am 31.12. des vorherigen Jahres zehn oder weniger Beschäftigte hatten.
Unklar ist, ob die Informationspflicht auch für Anbieter von Gesundheitsdienstleistungen gilt. Diese sollten erwägen, die Informationspflichten zur Vermeidung von Abmahnungen sicherheitshalber zu erfüllen.
Wenn ein Unternehmer sowohl eine Website unterhält als auch AGB verwendet, müssen die Informationen auf der Website erscheinen UND auch in die auf der Website verfügbaren AGB aufgenommen werden – auch wenn die Website nicht zum Abschluss von Verbraucherverträgen genutzt wird (BGH, Urteil vom 22.09.2020, XI ZR 162/19).
Worüber genau ist zu informieren?
Wenn Unternehmer verpflichtet sind oder sich verpflichtet haben, eine Stelle für außergerichtliche Streitbeilegung zu nutzen, müssen sie die Anschrift der Stelle, die Website der Stelle, und die Erklärung an einem Streitbeilegungsverfahren vor dieser Stelle teilzunehmen, sowohl auf ihre Website (soweit vorhanden) als auch in ihre AGB (soweit vorhanden) aufnehmen.
Hat sich ein Unternehmen nicht verpflichtet, sondern sich nur bereit erklärt, eine Streitbeilegungsstelle zu nutzen, muss es keine Angaben zur Anschrift und Website der zuständigen Schlichtungsstelle machen (BGH, Urteil vom 21.08.2019 – VIII ZR 263/18). Allerdings muss klar formuliert sein, in welchen Fällen es zur Teilnahme bereit ist – eine Angabe der „grundsätzlichen“ Bereitschaft reiche nicht (siehe oben).
Wie ist zu informieren?
Alle Pflichtinformationen sind dem Verbraucher leicht zugänglich zu erteilen.
b) Informationspflichten nach Entstehen einer Streitigkeit
Kommt es zu einer Streitigkeit aus einem Verbrauchervertrag, die nicht beigelegt werden kann, gilt für alle Unternehmer, auch solche ohne Website und AGB (!) und auch solche mit zehn oder weniger Beschäftigten, die Informationspflicht nach § 37 VSBG:
In einem solchen Fall muss der Unternehmer den Verbraucher auf die zuständige Schlichtungsstelle hinzuweisen und mitteilen, ob er bereit oder verpflichtet ist, an einem Streitschlichtungsverfahren vor dieser Stelle teilzunehmen. Auch hier muss auf eine fehlende Teilnahmebereitschaft hingewiesen werden.
Die Informationen nach § 37 VSBG sind dem Verbraucher in Textform (zum Beispiel Papier, USB-Stick, E-Mail, Fax) zu erteilen. Eine Unterschrift ist nicht erforderlich.
Diese Informationspflichten sind auch dann zu beachten, wenn der (nicht verpflichtete) Unternehmer im Rahmen seiner Informationspflichten aus § 36 VSBG auf seiner Website oder in seinen AGB erklärt hat, nicht zu einem Schlichtungsverfahren bereit zu sein.
Der Unternehmer kann nach Entstehen der Streitigkeit nicht erklären, nicht an einem Schlichtungsverfahren teilnehmen zu wollen, wenn er sich nach § 36 VSBG freiwillig dazu verpflichtet hat.
Checkliste/Schnelltest
Abschnitt 1: Allgemeine, fortlaufende Informationspflichten
1. Bietet Ihr Unternehmen Verträge (online oder offline) mit Verbrauchern an?
(Zur Problematik bei Gesundheitsdienstleistungen s. oben.)
(Zur Problematik bei Gesundheitsdienstleistungen s. oben.)
a) Ja -> Weiter mit 2.
b) Nein -> Sie trifft keine Informationspflicht aus dem VSBG. Ende der Prüfung.
2. Ist Ihr Unternehmen verpflichtet, eine Streitschlichtungsstelle für die Beilegung von Streitigkeiten zu nutzen (z.B. satzungsrechtlich oder aus Gesetzen wie § 111b Abs. 1 Satz 2 EnWG, § 57a LuftVG oder § 191f BRAO)?
a) Ja -> Sie trifft Pflicht 1. Weiter mit 5.
b) Nein -> Weiter mit 3.
3. Hat sich Ihr Unternehmen bereit erklärt, eine Streitschlichtungsstelle für die Beilegung von Streitigkeiten zu nutzen?
a) Ja -> Sie trifft Pflicht 2. Weiter mit 5.
b) Nein -> Weiter mit 4.
4. Hatte Ihr Unternehmen am vorherigen 31.12. elf oder mehr Beschäftigte?
a) Ja -> Sie trifft Pflicht 3. Weiter mit 5.
b) Nein -> Weiter mit 5.
Abschnitt 2: Akute Informationspflichten
5. Besteht zwischen Ihrem Unternehmen und einem Verbraucher eine Streitigkeit aus einem Verbrauchervertrag, die nicht beigelegt werden konnte?
a) Ja -> Sie trifft Pflicht 4.
b) Nein -> Sie trifft keine (weitere) Pflicht.
Pflichten
Pflicht 1:
Sie trifft die Pflicht, auf Ihrer Website und in Ihren AGB die Anschrift und Website der Streitschlichtungsstelle zu nennen und zu erklären, an einem Streitbeilegungsverfahren vor dieser Stelle teilzunehmen, bzw. unter welchen Maßgaben Sie dazu verpflichtet sind oder sich verpflichtet haben.
Pflicht 2:
Sie trifft die Pflicht, auf Ihrer Website und in Ihren AGB zu erklären, dass oder unter welchen Bedingungen Sie sich dazu bereit erklärt haben.
Pflicht 3:
Sie trifft die Pflicht, auf Ihrer Website und in Ihren AGB anzugeben, keine außergerichtliche Streitbeilegungsstelle nutzen zu wollen.
Pflicht 4:
Sie trifft die Pflicht, den Verbraucher in Textform darüber zu informieren, welche Schlichtungsstelle zuständig wäre oder ist und ob Sie zur Teilnahme an einem Schlichtungsverfahren bereit oder verpflichtet sind.
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