FAQ zur Entgelttransparenz-Richtlinie
Zum 7. Juni 2026 muss die Entgelttransparenzrichtlinie umgesetzt sein. Wir beantworten die wichtigsten Fragen für Unternehmen.
- Was ist die Entgelttransparenz-RL?
- Ab wann gelten die neuen Regelungen?
- Für welche Unternehmen gilt die Entgelttransparenz-RL?
- Für welche Arbeitnehmer gilt die Entgelttransparenz-RL?
- Für welche Geschlechter gilt die Entgelttransparenz-RL?
- Was bedeutet „Entgelt“?
- Was bedeutet „Entgeltgleichheit“?
- Was ist eine „gleiche bzw. gleichwertige Tätigkeit“?
- Was sind die wesentlichen Pflichten der Arbeitgeber?
- Wann ist ein Vergütungssystem diskriminierungsfrei?
- Welche Kriterien sieht die Richtlinie vor?
- Wie sind die Kriterien untereinander zu gewichten?
- Müssen die Kriterien transparent gemacht werden?
- Welche Tools zur Arbeitsbewertung gibt es?
- Darf ein höheres Gehalt mit einem einzelnen Arbeitnehmer vereinbart werden?
- Gibt es für eine Übergangszeit einen Bestandsschutz?
- Was ist im Bewerbungsverfahren zu beachten?
- Darf ein Arbeitgeber seine Arbeitnehmer zur Verschwiegenheit über ihr Entgelt verpflichten?
- Welchen Auskunftsanspruch haben Arbeitnehmer im laufenden Arbeitsverhältnis?
- Wie müssen Arbeitgeber die Auskunft erteilen?
- Bis wann müssen Arbeitgeber die Auskunft erteilen?
- Besteht die Auskunftspflicht unabhängig von der Unternehmensgröße?
- Wie ist das Verhältnis des Auskunftsanspruchs zum Datenschutz?
- Welche besonderen Berichtspflichten gelten für Arbeitgeber?
- Wie wird die Beschäftigtenzahl berechnet?
- Was ist bei einer festgestellten Abweichung („Gender Pay Gap“) zu tun?
- Wer ist die Arbeitnehmervertretung?
- Mit wem ist die Entgeltbewertung durchzuführen, wenn es keine Arbeitnehmervertretung gibt?
- Gibt es Erleichterungen für tarifgebundene oder tarifanwendende Unternehmen?
- Mit welchen Sanktionen müssen Arbeitgeber bei Verstößen gegen die Entgelttransparenzrichtlinie rechnen?
- Welche Behörde ist für die Aufsicht/Sanktionen zuständig?
- Welche Besonderheiten gelten im Falle eines Gerichtsprozesses?
- Gibt es Unterstützung bei der Umsetzung dieser neuen Vorgaben?
Was ist die Entgelttransparenz-RL?
Die Richtlinie (EU) 2023/970 zur Stärkung der Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit durch Entgelttransparenz und Durchsetzungsmechanismen wurde am 10. Mai 2023 veröffentlicht. Sie soll Lohndiskriminierung zwischen Männern und Frauen aufdecken, künftig verhindern und vergangene Diskriminierung ausgleichen.
Ab wann gelten die neuen Regelungen?
Die Vorgaben der Entgelttransparenzrichtlinie müssen spätestens bis zum 7. Juni 2026 in nationales Recht umgesetzt werden. Ein deutscher Gesetzesentwurf liegt noch nicht vor.
Da der Umstellungsaufwand erheblich und die Zeit knapp ist, sollten sich Arbeitgeber bereits jetzt auf die Vorgaben der Richtlinie einstellen und ihre Entgeltstrukturen entsprechend anpassen. Seit Oktober gibt es den Abschlussbericht der eigens eingerichteten Experten-Kommission, der erste Fragen beantwortet, aber auch auf offene Themen hinweist.
Für welche Unternehmen gilt die Entgelttransparenz-RL?
Die Entgelttransparenzrichtlinie betrifft grundsätzlich alle Unternehmen innerhalb der Europäischen Union, unabhängig von Größe oder Branche. Allerdings unterscheiden sich die konkreten Pflichten je nach Unternehmensgröße.
Für welche Arbeitnehmer gilt die Entgelttransparenz-RL?
Die Entgelttransparenzrichtlinie gilt grundsätzlich für alle Arbeitnehmer. Da es sich bei der Entgelttransparenzrichtlinie um Unionsrecht handelt, findet der unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff Anwendung. Hiernach ist jeder Arbeitnehmer, der während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistung erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält. Daher werden auch Führungskräfte vom Anwendungsbereich der Entgelttransparenzrichtlinie erfasst.
Für welche Geschlechter gilt die Entgelttransparenz-RL?
Die Richtlinie spricht von Männern und Frauen. Nach Rechtsprechung genießt auch die „dritte Option“ divers Schutz vor Diskriminierung. Hierzu sagt die Richtlinie nichts. Es bleibt die Gesetzgebung abzuwarten.
Was bedeutet „Entgelt“?
Zu „Entgelt“ gehört jegliche Art der Vergütung, die Arbeitnehmer aufgrund ihrer Beschäftigung unmittelbar oder mittelbar in bar oder in Sachleistung erhalten. Hierzu gehören auch ergänzende oder variable Bestandteilte des Entgelts (z.B. Boni, Überstundenausgleich, Fahrvergünstigungen, Wohnungs- und Verpflegungszuschüsse, Aus- und Weiterbildungsentschädigungen, Abfindungen bei Entlassung, gesetzliches Krankengeld, gesetzlich vorgeschriebene Entschädigungen und Betriebsrenten). Die Experten-Kommission hat den Gesetzgeber aufgefordert, den Entgeltbegriff noch zu präzisieren.
Was bedeutet „Entgeltgleichheit“?
Entgeltgleichheit bedeutet, dass gleiche bzw. gleichwertige Tätigkeiten auch gleich zu vergüten sind. Sofern eine Ungleichheit besteht, muss diese durch objektive geschlechtsneutrale Gründe gerechtfertigt sein.
Was ist eine „gleiche bzw. gleichwertige Tätigkeit“?
Entscheidend für die Gleichheit bzw. Gleichwertigkeit einer Tätigkeit sind die Anforderungen, die an die jeweilige Tätigkeit gestellt werden. Maßgeblich ist, welche Kenntnisse, Verantwortungen oder Belastungen mit der konkreten Tätigkeit verbunden sind.
Demnach handelt es sich um eine gleiche Tätigkeit, wenn die Arbeitnehmer identische oder ähnliche Aufgaben ausführen, unabhängig davon, ob sie am selben oder an verschiedenen Arbeitsplätzen arbeiten. Sie könnten sich also bei Bedarf vertreten.
Eine gleichwertige Tätigkeit liegt vor, wenn die einzelnen Tätigkeiten zwar inhaltlich unterschiedlich sind, jedoch mit ähnlichen Anforderungen und Belastungen verbunden sind. Hier ist die Arbeit also zu bewerten.
Was sind die wesentlichen Pflichten der Arbeitgeber?
- Auskunftspflicht gegenüber Mitarbeitern.
- Betriebliches Prüfverfahren zur Analyse und Korrektur von Entgeltungleichheiten.
- Berichtspflichten zur Gleichstellung und Entgeltgleichheit.
Wann ist ein Vergütungssystem diskriminierungsfrei?
Ein diskriminierungsfreies Vergütungssystem setzt eine transparente Gehaltsstruktur und objektive geschlechtsneutrale Kriterien, anhand derer die Tätigkeit des einzelnen Arbeitnehmers eingestuft werden kann, voraus.
Welche Kriterien sieht die Richtlinie vor?
Zu den zu verwendenden objektiven geschlechtsneutralen Kriterien gehören insbesondere:
- Kompetenzen
- Belastungen
- Verantwortung
- Arbeitsbedingungen
Welche weiteren Kriterien als Rechtfertigungsgründe (zum Beispiel Marktlage, Unternehmensgröße, Standorte, tarifvertragliche Bezugnahmeklausel nach Betriebsübergang…) möglich sind, wird sich noch zeigen. Die Experten-Kommission hat den Gesetzgeber aufgefordert, dies zu konkretisieren. Besseres Verhandlungsgeschick gehört nach der Rechtsprechung nicht dazu. Jedenfalls müssen die Gründe immer gut dokumentiert werden.
Wie sind die Kriterien untereinander zu gewichten?
Hier gibt es Gestaltungsspielraum, wichtig sind aber Transparenz und Nachvollziehbarkeit. Die Richtlinie betont, dass insbesondere relevante soziale Kompetenzen dabei nicht unterbewertet werden dürfen.
Müssen die Kriterien transparent gemacht werden?
Arbeitgeber müssen ihren Arbeitnehmern Informationen darüber, welche Kriterien für die Festlegung ihres Entgelts, ihrer Entgelthöhen und ihrer Entgeltentwicklung verwendet werden, in leicht zugänglicher Weise zur Verfügung stellen. Arbeitgeber mit weniger als 50 Arbeitnehmern von dieser Verpflichtung ausgenommen werden. Dies muss der Gesetzgeber bei der Umsetzung noch entscheiden.
Welche Tools zur Arbeitsbewertung gibt es?
Erste Instrumente gibt es auf der Seite des Bundesministeriums für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Instrumente zur Prüfung der Entgeltgleichheit - BMBFSFJ (bund.de). Weitere Tools, speziell für kleine und mittlere Unternehmen sollen kommen.
Darf ein höheres Gehalt mit einem einzelnen Arbeitnehmer vereinbart werden?
Grundsätzlich ja. Die Entgelttransparenzrichtlinie fordert nicht, dass alle Arbeitnehmer gleich bezahlt werden. Die Vereinbarung eines höheren Gehalts mit einem einzelnen Arbeitnehmer ist zulässig, wenn es durch objektive geschlechtsneutrale Kriterien gerechtfertigt ist. Eine Gehaltserhöhung, die jedoch nicht auf objektiven Kriterien beruht, kann eine ungerechtfertigten Entgeltdiskriminierung darstellen. Hier ist eine gute Dokumentation erforderlich.
Gibt es für eine Übergangszeit einen Bestandsschutz?
Es ist wohl möglich, für einen gewissen Zeitraum bestehende Gehälter oberhalb der Struktur „einzufrieren“ und von Gehaltserhöhungen auszunehmen. Dies setzt aber zumindest eine Struktur für einen Angleichungsprozess voraus
Was ist im Bewerbungsverfahren zu beachten?
Im Einstellungsverfahren müssen Arbeitgeber von sich aus rechtzeitig „vor Beschäftigung“ Informationen über das Einstiegsentgelt oder dessen Spanne sowie relevante tarifliche Regelungen bereitstellen, z. B. in Stellenausschreibungen oder vor dem Vorstellungsgespräch. Welcher Zeitpunkt hier genau entscheidend ist, ist unklar. Formanforderungen gibt es nicht.
Frühzeitige Information bedeutet nicht, dass in den Verhandlungen keine abweichenden Gehälter vereinbart werden können, eine solche Abweichung ist dann aber mit zulässigen Kriterien zu begründen. Zudem dürfen Arbeitgeber Bewerberinnen und Bewerber nicht nach ihrer Entgeltentwicklung in ihren laufenden oder früheren Beschäftigungsverhältnissen befragen.
Darüber hinaus müssen Arbeitgeber Stellenausschreibungen sowie Berufsbezeichnungen geschlechtsneutral gestalten. Diese sollten neben den üblichen Angaben zum männlichen und weiblichen Geschlecht auch eine dritte Option (z. B. m/w/divers oder m/w/x) enthalten, um beispielsweise auch intergeschlechtliche und non-binäre Personen anzusprechen. Ferner sollten Arbeitgeber darauf verzichten, Foto oder Geschlechtsangaben in die Bewerbung mit aufzunehmen, sofern diese Angaben für die konkrete Arbeitsstelle nicht zwingend notwendig sind.
Die Frage nach dem bisherigen Verdienst ist im Bewerbungsgespräch unzulässig.
Darf ein Arbeitgeber seine Arbeitnehmer zur Verschwiegenheit über ihr Entgelt verpflichten?
Nein. Verschwiegenheitsklauseln sind unzulässig.
Welchen Auskunftsanspruch haben Arbeitnehmer im laufenden Arbeitsverhältnis?
Beschäftigte haben Anspruch auf Information über
- ihre eigene Entgelthöhe sowie die durchschnittlichen Entgelthöhen
- aufgeschlüsselt nach dem Geschlecht
- für Beschäftigtengruppen, die gleiche oder gleichwertige Arbeit leisten.
Arbeitgeber müssen jährlich über diesen Auskunftsanspruch informieren. Es gibt keine Beschränkung, wie häufig Arbeitnehmer Auskunft verlangen können, die Experten-Kommission hat den Gesetzgeber aufgefordert, die Geltendmachung auf einmal jährlich zu beschränken. Betroffen sind alle Arbeitgeber, unabhängig von der Betriebsgröße!
Teilt der Arbeitgeber Informationen unzutreffend oder unvollständig mit, dürfen Arbeitnehmer persönlich oder über die Arbeitnehmervertretung zusätzliche und angemessene Klarstellungen und Einzelheiten zu den bereitgestellten Daten verlangen.
Was mit dem Auskunftsanspruch passiert, wenn eine Gruppe nur aus einem Geschlecht besteht, ist noch nicht geklärt.
Wie müssen Arbeitgeber die Auskunft erteilen?
Arbeitgeber müssen ihren Arbeitnehmern die Informationen schriftlich und in leicht zugänglicher Weise zur Verfügung stellen. Zudem müssen die Informationen nach Geschlecht und für die Gruppen, die die gleiche oder eine gleichwertige Arbeit verrichten, aufgeschlüsselt sein.
Bis wann müssen Arbeitgeber die Auskunft erteilen?
Die Auskunft muss innerhalb einer angemessenen Frist, spätestens jedoch nach zwei Monaten nach dem Auskunftsverlangen, erfolgen.
Besteht die Auskunftspflicht unabhängig von der Unternehmensgröße?
Die Auskunftspflicht der Arbeitgeber besteht unabhängig von der Beschäftigtenzahl.
Wie ist das Verhältnis des Auskunftsanspruchs zum Datenschutz?
Die Richtlinie betont, dass die DSGVO eingehalten werden soll, indem „spezifische Sicherheitsvorkehrungen hinzugefügt werden, um eine direkte oder indirekte Offenlegung von Informationen über einen identifizierbaren Arbeitnehmer zu verhindern. Arbeitnehmer sollten nicht daran gehindert werden, ihr Entgelt freiwillig offenzulegen, um den Grundsatz des gleichen Entgelts durchzusetzen.“ Was das konkret heißt, ist offen.
Führt eine Information dazu, dass hierdurch das Entgelt eines bestimmbaren Arbeitnehmers offengelegt wird, kann der Gesetzgeber regeln, dass nur Arbeitnehmervertretungen, Aufsichtsbehörden oder die Gleichbehandlungsstelle Zugang zu den Informationen haben. Arbeitnehmervertretung oder Gleichbehandlungsstelle beraten Arbeitnehmer dann, ohne dass das jeweilige Entgelt offengelegt wird.
Welche besonderen Berichtspflichten gelten für Arbeitgeber?
Arbeitgeber mit mindestens 100 Beschäftigten müssen regelmäßig über geschlechtsspezifische Entgeltgefälle (sog. „Gender Pay Gap“) berichten. Die Häufigkeit der Berichte hängt von der Unternehmensgröße ab:
- ab 250 Beschäftigten: jährlich ab dem 7. Juli 2027
- von 150–249 Beschäftigte: alle drei Jahre ab dem 7. Juli 2027.
- von 100–149 Beschäftigte: alle drei Jahre ab dem 7. Juli 2031.
Unternehmen mit weniger als 100 Beschäftigten können freiwillig Berichte erstellen. Die Richtlinie erlaubt aber den Mitgliedstaaten, auch diese Unternehmen zur Vorlage von Informationen zu verpflichten. Hier bleibt die Entscheidung des nationalen Gesetzgebers abzuwarten.
Die Berichte müssen detaillierte Daten zu Entgeltgefällen und Entgeltbestandteilen enthalten. Die Entgeltberichte sind den Arbeitnehmern, Arbeitnehmervertretungen und Aufsichtsbehörden zur Verfügung zu stellen und werden durch letztere veröffentlicht (z.B. auf ihrer Website).
Arbeitnehmer, Arbeitnehmervertreter, Arbeitsaufsichtsbehörden und Gleichbehandlungsstellen haben das Recht, von Arbeitgebern zusätzliche Klarstellungen und Einzelheiten zu allen bereitgestellten Daten, einschließlich Erläuterungen zu etwaigen geschlechtsspezifischen Entgeltunterschieden, zu verlangen.
Arbeitgeber übermitteln auf entsprechende Anfrage innerhalb einer angemessenen Frist eine begründete Antwort. Bei der praktischen Umsetzung sind noch zahlreiche Fragen offen (Berichtszeitraum, Soll-/Ist-Entgelt, konzernweite Berichterstattung).
Wie wird die Beschäftigtenzahl berechnet?
Die Zahl der beschäftigten Personen wird nach der Definition der EU für Kleinstunternehmen bestimmt (Artikel 5 im Anhang der Richtlinie 2003/361/EG):
"Die Mitarbeiterzahl entspricht der Zahl der Jahresarbeitseinheiten (JAE), das heißt die Zahl der Personen, die in dem betroffenen Unternehmen oder auf Rechnung dieses Unternehmens während des gesamten Jahres einer Vollzeitbeschäftigung nachgegangen sind. Für die Arbeit von Personen, die nicht das ganze Jahr gearbeitet haben oder die im Rahmen einer Teilzeitregelung tätig waren, und für Saisonarbeit wird der jeweilige Bruchteil an JAE gezählt."
Teilzeitbeschäftigte werden also anteilig gezählt. Auszubildende werden in der Mitarbeiterzahl nicht berücksichtigt. Die Dauer eines Mutterschutzes oder einer Elternzeit werden nicht mitgerechnet.
Was ist bei einer festgestellten Abweichung („Gender Pay Gap“) zu tun?
Besteht im Unternehmen ein geschlechtsspezifisches Entgeltgefälle von mindestens 5 %, das nicht durch objektive geschlechtsneutrale Kriterien gerechtfertigt werden kann und nicht innerhalb von sechs Monaten nach Berichterstattung korrigiert wird, müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretungen eine gemeinsame Entgeltbewertung durchführen (sog. „Joint Pay Assessment“).
Im Rahmen dieser gemeinsamen Entgeltbewertung müssen unter anderem folgende Punkte analysiert werden:
- Informationen über die durchschnittliche Entgelthöhe von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie variable Entgeltbestandteile.
- Gründe für die unterschiedliche Entgelthöhe, auf der Grundlage objektiver und geschlechtsneutraler Kriterien.
- Bewertung der Wirksamkeit früherer Maßnahmen der gemeinsamen Entgeltbewertung.
Diese gemeinsame Entgeltbewertung muss Arbeitnehmern, den Arbeitnehmervertretungen und den Arbeitsaufsichtsbehörden zur Verfügung gestellt werden. Was passiert, wenn es zu keiner gemeinsamen Bewertung kommt, ist offen.
Wer ist die Arbeitnehmervertretung?
Wer als Arbeitnehmervertretung im Sinne des Gesetzes gilt, muss der nationale Gesetzgeber bei der Umsetzung noch festlegen.
Mit wem ist die Entgeltbewertung durchzuführen, wenn es keine Arbeitnehmervertretung gibt?
Existiert im Unternehmen keine Arbeitnehmervertretung, soll die Entgeltbewertung direkt mit von den Arbeitnehmern benannten Vertretungen erfolgen. Auch hierzu wird noch eine Konkretisierung durch den Gesetzgeber erwartet.
Gibt es Erleichterungen für tarifgebundene oder tarifanwendende Unternehmen?
Ob eine Erleichterung bei der Bewertung oder den Berichtspflichten für tarifgebundene oder tarifanwendende Unternehmen möglich ist, ist umstritten. Die Experten-Kommission hat dem Gesetzgeber empfohlen, dies zu regeln.
Mit welchen Sanktionen müssen Arbeitgeber bei Verstößen gegen die Entgelttransparenzrichtlinie rechnen?
Betroffene Arbeitnehmer dürfen Schadensersatz für mindestens die letzten drei Jahre fordern. Dazu gehört unter anderem die Nachzahlung entgangener Entgelte, entgangener Boni oder Karriereschritte aufgrund diskriminierender Bezahlung. Da bereits § 15 AGG Schadensersatzansprüche vorsieht, ist zu erwarten, dass der nationale Gesetzgeber eine entsprechende Anspruchsgrundlage einführen wird oder § 15 AGG zukünftig anpassen wird.
Darüber hinaus dürfen Behörden und Gerichte die Unterlassung von Verletzungen oder strukturelle Abhilfemaßnahmen anordnen. Wird der Anordnung keine Folge geleistet, drohen Zwangsgelder.
Verstöße gegen die Richtlinie können zudem durch Sanktionen einschließlich Bußgelder geahndet werden. Welche Sanktionen dies konkret sein können, ist noch offen. Außerdem sind Ausschlüsse von öffentlichen Vergabeverfahren möglich.
Welche Behörde ist für die Aufsicht/Sanktionen zuständig?
Welche Behörde für das Gesetz zuständig sein wird, ist noch offen.
Welche Besonderheiten gelten im Falle eines Gerichtsprozesses?
Werden Arbeitgeber von ihren Arbeitnehmern aufgrund eines vermeintlichen Verstoßes gegen den Grundsatz der Entgeltgleichheit verklagt, gibt es eine Beweislastumkehr: Arbeitgeber müssen darlegen und beweisen, dass keine geschlechtsspezifische Entgeltdiskriminierung vorliegt. Da bereits § 22 AGG eine Beweislastumkehr für Arbeitnehmer vorsieht, ist damit zu rechnen, dass diese Regelungen weiter verschärft werden.
Darüber hinaus dürfen Gerichte einem unterliegenden Kläger bei „berechtigten Gründen“ zur Klage die Verfahrenskosten erlassen. Zurzeit trägt bei Arbeitsgerichtsprozessen in der ersten Instanz jede Partei ihre Kosten selbst - unabhängig davon, wer im Rechtsstreit unterliegt. Wann ein „berechtigter Grund“ vorliegt und wer die Verfahrenskosten trägt (Staat oder Arbeitgeber) regelt die Entgelttransparenz-RL nicht. Hier ist auf das Tätigwerden des nationalen Gesetzgebers zu warten.
Gibt es Unterstützung bei der Umsetzung dieser neuen Vorgaben?
Arbeitgeber mit weniger als 250 Arbeitnehmern sollen Unterstützung in Form von technischer Hilfe und Schulungen erhalten, um die Einhaltung der in dieser Richtlinie festgelegten Verpflichtungen zu erleichtern. Wie das konkret aussehen soll, muss der Gesetzgeber noch festlegen.