Entgelttransparenz und Equal Pay: Neues Recht ab 2026

Die EU-Entgelttransparenzrichtlinie will Entgeltgleichheit für Männer und Frauen („Equal Pay“) bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit herstellen. Bis zum 7. Juni 2026 muss die Umsetzung in nationales Recht erfolgen. Da der Umstellungsaufwand in den Unternehmen erheblich und die Zeit dafür knapp ist, sollten sich alle Arbeitgeber frühzeitig damit beschäftigen. Wir haben Ihnen deshalb schon anhand der Richtlinie die wichtigsten Pflichten zusammengestellt:

1. Festlegung von Entgeltstrukturen für gleiche und gleichwertige Arbeit

Zentral sind Entgeltstrukturen mit objektiven geschlechtsneutralen Kriterien und transparente Vergütungsregeln, anhand derer die Tätigkeiten und/oder Positionen eingestuft werden. Wichtig ist die Feststellung, welche Tätigkeiten gleich oder gleichwertig sind. Bezugsgröße für die Vergleichbarkeit ist dabei die „einheitliche Quelle“. Dies muss nicht unbedingt der Betrieb sein, sondern kann beispielsweise auch eine Konzernmuttergesellschaft oder ein Tarifvertrag/eine Betriebsvereinbarung sein. Gibt es keine tatsächliche(n) Person(en), kann die Vergleichsperson sogar hypothetisch sein. Zulässige Kriterien für eine Einstufung dürfen weder in unmittelbarem noch in mittelbarem Zusammenhang mit dem Geschlecht der Beschäftigten stehen. Sie können sich auf Kompetenzen, Belastungen, Verantwortung und Arbeitsbedingungen und gegebenenfalls weitere Faktoren, die für den konkreten Arbeitsplatz oder die konkrete Position relevant sind, beziehen. Auch die Anwendung muss objektiv und geschlechtsneutral sein. Insbesondere dürfen relevante soziale Kompetenzen dabei nicht unterbewertet werden.

2. Transparenz vor der Beschäftigung

Im Einstellungsverfahren müssen Arbeitgeber von sich aus rechtzeitig Informationen über das Einstiegsentgelt oder dessen Spanne sowie relevante tarifliche Regelungen bereitstellen, z. B. in Stellenausschreibungen. Das bedeutet nicht, dass in den Verhandlungen keine abweichenden Gehälter vereinbart werden können, eine solche Abweichung ist dann aber mit zulässigen Kriterien zu begründen. Nach dem bisherigen Gehalt zu fragen ist nicht erlaubt. Stellenausschreibungen und Berufsbezeichnungen müssen geschlechtsneutral formuliert sein.

3. Informationspflichten während des Arbeitsverhältnisses

  • Arbeitgeber müssen Beschäftigten die Kriterien für die Festlegung des Entgelts, der Entgelthöhe und der Entgeltentwicklung offenlegen. Für diese Verpflichtung kann der nationale Gesetzgeber allerdings noch eine Ausnahme festlegen, so dass erst Unternehmen ab 50 Beschäftigten betroffen wären. Hier ist die Entwicklung noch abzuwarten.
  • Unabhängig von der Größe des Unternehmens haben Arbeitnehmer das Recht, Auskunft über ihre individuelle Entgelthöhe sowie die durchschnittlichen Entgelthöhen zu verlangen. Diese Informationen müssen in angemessener Frist, spätestens nach zwei Monaten, schriftlich erteilt werden sowie nach Geschlecht und für die Gruppen, die die gleiche oder eine gleichwertige Arbeit verrichten, aufgeschlüsselt sein. Über diesen Auskunftsanspruch und das Verfahren muss der Arbeitgeber jährlich informieren. Es gibt keine Beschränkung, wie häufig eine Auskunft verlangt werden darf. Die Auskunft darf auch über eine Arbeitnehmervertretung oder Gleichbehandlungsstelle angefragt werden. Würden die Informationen Rückschlüsse auf konkrete Kollegen zulassen, erhalten aus datenschutzrechtlichen Gründen nur Arbeitnehmervertreter, die Gleichbehandlungsstelle oder eine Aufsichtsbehörde Zugang.
  • Arbeitnehmer dürfen nicht daran gehindert werden, ihr Entgelt offenzulegen, Verschwiegenheitsklauseln sind unzulässig.

4. Berichtspflichten und gemeinsame Entgeltbewertung

Unternehmen mit mindestens 100 Beschäftigten müssen regelmäßig über geschlechtsspezifische Entgeltgefälle berichten. Die Häufigkeit der Berichte hängt von der Unternehmensgröße ab:
  • ab 250 Beschäftigten: jährlich ab 2027.
  • von 150–249 Beschäftigte: alle drei Jahre ab 2027.
  • von 100–149 Beschäftigte: alle drei Jahre ab 2031.
Die Berichte müssen detaillierte Daten zu Entgeltgefällen und Entgeltbestandteilen enthalten.
Liegt in diesen Unternehmen ein geschlechtsspezifisches Entgeltgefälle von mindestens 5 Prozent vor, das nicht durch objektive geschlechtsneutrale Kriterien gerechtfertigt werden kann und nicht innerhalb von sechs Monaten nach Berichterstattung korrigiert wird, müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretungen eine gemeinsame Entgeltbewertung durchführen.
Unternehmen mit weniger als 100 Beschäftigten können freiwillig Berichte erstellen. Die Richtlinie erlaubt aber den Mitgliedstaaten, auch diese Unternehmen zur Vorlage von Informationen zu verpflichten. Hier bleibt die Entwicklung abzuwarten.

5. Rechtsschutz und Sanktionen

Betroffene Arbeitnehmer haben Anspruch auf Schadensersatz. Dazu gehört auch die Nachzahlung entgangener Entgelte. Die Ansprüche können auch mit Unterstützung von Gleichbehandlungsstellen oder Arbeitnehmervertretungen geltend gemacht werden. Die Beweislast liegt beim Arbeitgeber, der nachweisen muss, dass keine Diskriminierung vorliegt. Auch bei den Gerichtskosten könnte es zu wesentlichen Änderungen kommen. Zurzeit trägt bei Arbeitsgerichtsprozessen in der ersten Instanz jede Partei ihre Kosten selbst - unabhängig davon, wer im Rechtsstreit unterliegt. Künftig sollen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass Gerichte einem unterliegenden Kläger bei „berechtigten Gründen“ zur Klage die Verfahrenskosten erlassen können. Wer diese dann trägt (der Arbeitgeber oder der Staat), wird durch die Richtlinie nicht festgelegt.
Verstöße gegen die Richtlinie können zudem durch Sanktionen einschließlich Bußgelder geahndet werden. Außerdem sind Ausschlüsse von öffentlichen Vergabeverfahren möglich.

6. Empfehlungen für Arbeitgeber

Arbeitgeber sollten ihre Entgeltstrukturen und -systeme frühzeitig überprüfen und gegebenenfalls anpassen, um den Anforderungen der Richtlinie gerecht zu werden. Dies umfasst insbesondere die Einführung geschlechtsneutraler Bewertungskriterien. Außerdem ist eine Vorbereitung auf erweiterte Auskunfts- und Berichtspflichten wichtig.