Café-Chef: „Gewalt, Kriminalität und Verwahrlosung der Menschen nehmen immer weiter zu“
Am frühen Karfreitag-Morgen platzt Jürgen Walleneit endgültig der Kragen: In der Nacht hat jemand die Seitenscheibe seines Cafés eingeschlagen, ist in den Laden gestiegen und hat die Kasse ausgeräumt. Der Schaden beträgt mehrere tausend Euro, das Ostergeschäft kann er ab diesem Moment vergessen.
Das Café Sono liegt nicht am Stadtrand, sondern mitten in der City (Hohe Straße 30), direkt gegenüber von Kaufhof und Saturn. Die gut besuchte Lage schützt Walleneit aber keineswegs vor Kriminalität und Belästigung – ein Schicksal, das er mit vielen anderen Innenstadt-Unternehmern teilt. Mittlerweile ist so schlimm geworden, dass seine Angestellten sich nicht mehr ausschließlich auf ihren Job konzentrieren können, weil sie immer im Blick behalten müssen, was vor dem Laden passiert und wer hineinkommt.
Die rote Linie ist überschritten
„Man muss den ganzen Tag damit rechnen, dass man belästigt oder überfallen wird. Es werden im laufenden Betrieb Taschen und Fahrräder direkt vor dem Fenster geklaut. Leute kommen hinein und nehmen einfach Lebensmittel oder Trinkgeld von der Theke, als wäre es das Normalste der Welt“, erzählt Walleneit.
Eingeschlagene Scheibe vom Café Sono mitten in der Kölner Innenstadt
Ihm reicht es jetzt: „Gewalt, Kriminalität und Verwahrlosung der Menschen nehmen immer weiter zu. Die Innenstadt verkommt komplett und niemand tut etwas dagegen. Das geht einfach nicht mehr. Die rote Linie ist überschritten.“ Vor den Augen von Kindern finde mittlerweile Drogenkonsum statt, vor dem Laden seien verletzte und halbnackte Menschen unterwegs, die kaum noch ansprechbar seien. „Denen muss dringend geholfen werden, damit sie von der Straße kommen – im guten Sinne“, sagt Walleneit.
Jürgen Walleneit, Besitzer des Café Sono in der Kölner Innenstadt
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Stefan Bisanz, Vizepräsident der IHK und Experte für Sicherheit im öffentlichen Raum, kann den Ärger verstehen und verortet die Ursache in der Politik: „Die Landespolizei und das Ordnungsamt kommen an vielen Orten ihren hoheitlichen Aufgaben nicht mehr nach. Über Jahre wurden Stellen nicht besetzt, die für den Schutz der Bevölkerung notwendig sind. Das Ergebnis ist alarmierend: Wenn Bürgern wie Unternehmen das Sicherheitsgefühl im öffentlichen Raum abhandenkommt, muss dringend nachgebessert werden.”
Hört uns zu und macht jetzt etwas! Sonst gehen wir irgendwann woanders hin.
Das sieht Café-Chef Walleneit genauso: „Wir haben ständig Auseinandersetzungen hier und ich verlange deshalb von der Stadt, dass es Patrouillen von Ordnungsamt und Polizei gibt, damit wir nicht permanent belästigt und bestohlen werden. Hört uns zu und macht jetzt etwas! Nicht erst nächste Woche, nächstes Jahr oder nach der Wahl. Sonst gehen wir irgendwann woanders hin.“
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Tanja Wessendorf
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