Wie schaffen wir das, Herr Verkehrsminister Schnieder?
Patrick Schnieder (CDU) ist seit Mai Bundesminister für Verkehr. Er ist damit Deutschlands oberster Bauherr über die unzähligen aktuellen, kommenden und notwendigen Baustellen in der öffentlichen Infrastruktur. Diese Aufgabe wurde mit einem gigantischen Schuldenpaket („Sondervermögen“) flankiert: 500 Mrd. Euro dürfen in den kommenden zwölf Jahren als Kreditvolumen aufgenommen werden, um Investitionen für die Infrastruktur zu -ermöglichen – diese Kredite werden nicht auf die Schuldenbremse angerechnet. Hier ist Schnieders Deutschland-Plan.
Ein ganz normaler Dienstagnachmittag auf der A555 bei Wesseling: Stau in der Baustelle!
Die IHK Köln wollte von Minister Schnieder wissen: Wie schaffen wir die große Deutschland-Sanierung? Hier ist die Antwort.
„Wir müssen jetzt liefern. Es ist für das Land und für die Wirtschaft wichtig, dass die Infrastruktur funktioniert, in der Stadt genauso wie auf dem Land. Wer ein Unternehmen in Deutschland hat, muss sich darauf verlassen können, dass die Logistik reibungslos funktioniert und nicht durch unnötige Bürokratie ausgebremst wird.
Patrick Schnieder (CDU), Bundesminister für Verkehr
Daher werden wir uns als echtes, starkes Infrastrukturministerium jetzt auf die Kernthemen konzentrieren. Denn wir haben im Verkehrsbereich enorme Aufgaben vor uns und werden im Haushalt anders priorisieren müssen. Wir müssen den Sanierungsstau beseitigen und brauchen dafür zusätzliche Investitionen. Das Geld muss effizient und möglichst schnell verbaut werden. Dafür brauchen wir deutlich mehr Tempo bei Planung und Genehmigung. Dies wird zentrales Anliegen meiner Arbeit sein.
Damit wir endlich schneller vorankommen, werden wir mutiger bei der Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren. Wir werden zum Beispiel Verfahren konsequent digitalisieren und flexibler gestalten, ein einheitliches Verfahrensrecht für Infrastrukturvorhaben schaffen, Doppelprüfungen abbauen, Stichtagsregelungen einführen, Fristen verkürzen und das Verbandsklagerecht straffen.
Die Schiene spielt eine zentrale Rolle
Wir beenden den Sanierungsstau bei der Infrastruktur. Viele Brücken, Tunnel, Straßen und Schienen sind marode und müssen dringend saniert werden. Dabei setzen wir auf den Grundsatz „Erhalt vor Neubau“. Wir bringen gemeinsam mit der Autobahn GmbH die Bundesfernstraßen auf Vordermann. Wir schließen Autobahnlücken, binden den ländlichen Raum besser an und sparen somit übrigens auch Abgase und CO2 ein, weil wir den Menschen und Unternehmen Umwege ersparen. An den Klimazielen halten wir fest.
Eine zentrale Rolle beim Thema klimafreundliche Mobilität spielt insbesondere die Schiene. Wir steigern die Investitionen in unser Schienennetz. Denn klar ist: Jede Investition in die Schiene ist aktiver Klimaschutz! Das System Bahn muss wieder funktionieren, zuverlässig und pünktlich sein. Dafür schauen wir uns an: Wo wollen wir mit der Bahn in fünf Jahren stehen? Was muss sie leisten? Was erwarten wir? Wie sieht der Weg dorthin aus? Wir halten an der Sanierung der Hochleistungskorridore fest, aber ob jede Sanierung wie bei der Riedbahn mit einer Vollsperrung erfolgen muss, werden wir fortlaufend überprüfen und anpassen. Wichtig ist, dass unter der Sanierung nicht der Ausbau des Netzes in der Fläche leiden darf.
Wir bekennen uns zum Automobilstandort
Wir unterstützen den öffentlichen Nahverkehr und schaffen eine verlässliche finanzielle Basis für das Deutschlandticket. Wir erhöhen in Zusammenarbeit mit den Ländern und Kommunen die Verkehrssicherheit auf den Straßen, auf Fuß- und Radwegen. Wir bekennen uns klar zum Automobilstandort Deutschland und seinen Arbeitsplätzen. Dabei setzen wir auf Technologieoffenheit – und auf Fortschritt und Verantwortung bei der Elektromobilität. Wir machen den Luftverkehrsstandort Deutschland endlich wieder attraktiver und wettbewerbsfähig. Wir stärken unsere Wasserstraßen, Schleusen, See- und Binnenhäfen – und unterstützen den Logistik- und Güterverkehr.“
Soweit der Plan der Bundesregierung – das denkt die IHK Köln:
Die 500-Milliarden-Euro-Schicksalsfrage
Ein Kommentar von IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Uwe Vetterlein
Man stelle sich vor, Geld ist da und es wird dennoch nicht gebaut. Das wäre fatal – nicht nur für die neue Bundesregierung, sondern für uns alle. Wir müssen den Verfall unserer Infrastruktur stoppen und wieder auf den Stand eines modernen Industrielands bringen. Doch was sind die Voraussetzungen dafür, dass wir aus der lähmenden Langsamkeit herauskommen und schneller bauen und sanieren?
IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Uwe Vetterlein
Planungs- und Genehmigungsverfahren vereinfachen
Dass wir uns von Fesseln befreien müssen, sieht auch unser neuer Bundesverkehrsminister so und will deshalb Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen. Er nennt konkrete Maßnahmen, um Verfahren zu vereinfachen. Dabei hat er unsere volle Unterstützung. Nun ist noch eine verbindliche Zeitschiene nötig, bis wann die Rechtsänderungen umgesetzt werden sollen. Wenn das Sondervermögen ab dem kommenden Jahr genutzt werden soll, muss das noch in diesem Jahr sein.
Beschleunigungskultur schaffen
Gut zu wissen: Eine Überarbeitung der gesetzlichen Vorschriften hilft alleine nicht. Wir brauchen eine völlig andere Planungs- und Projektmanagementkultur in den beteiligten Behörden und Einrichtungen wie etwa der Autobahn GmbH, dem Fernstraßenbundesamt, der DB InfraGO (Infrastrukturtocher der Bahn), der Bundesnetzagentur etc. Denn dort hat man sich angesichts der bisherigen Umstände an die langen Projektlaufzeiten gewöhnt – nach dem Motto: „die Entdeckung der Langsamkeit“ – und die Verantwortung weitergereicht.
Es muss also eine neue Kultur der Zusammenarbeit zwischen den verantwortlichen Stellen und Bereichen entstehen. Es darf keine jahrelangen internen Planungsphasen und langwierigen Abstimmungen zwischen Behörden mehr geben. Zwei Jahre Voranmeldung für die Unterbrechung des Bahnverkehrs, um eine einsturzgefährdete Brücke zu erneuern, wie jetzt auf der A4 bei Köln-Eifeltor, geht so nicht mehr – so etwas hätte niemals einreißen dürfen. Auch ein Planungsvorlauf von sechs, sieben Jahren für den Ersatzneubau der Wiehltalbrücke der A4 kann kein Maßstab mehr sein. Denn die zwölf Jahre Laufzeit des Sondervermögens wären dann vor der Fertigstellung dieses einen Projekts vorbei.
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Willi Haentjes
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