IHKplus | Ausgabe 04.2023

Wirtschaftsverkehr – ganz schön schwer

Die Logistik in und um Köln ist für die nachhaltige Verkehrswende breit aufgestellt. Kraftstoffpreise, Fachkräftemangel, fehlende Rastplätze und Logistikflächen, vor allem aber der Sanierungsstau bei der Infrastruktur setzen die Branche jedoch unter Druck.
Luft, Wasser, Schiene, Pipeline, Straße – es gibt viele Wege, Güter von A nach B zu transportieren, und der Raum Köln hat Zugang zu allen. Die Logistikwirtschaft hält die Region in Bewegung und ist für nahezu alle Branchen der entscheidende Partner für den Zugang zu den Weltmärkten.
„Köln und das Umland sind in Deutschland und Europa ein sehr zentral gelegener Logistikstandort mit hohem Innovationspotenzial auch für die nachhaltige Verkehrswende“, sagt Thomas Krupp, Professor in der Fachgruppe Logistik an der Technischen Hochschule Köln. Das zeigen nicht nur die Infrastruktur mit einem dichten Autobahn- und Schienennetz, das umfangreiche Pipeline-System für Gase und weitere chemische Produkte sowie die Häfen und der Flughafen. Der IHK-Bezirk Köln verfügt auch über eine lebendige Logistikwirtschaft. Allein im Sektor Verkehr und Lagerei sind hier 4.725 Mitgliedsunternehmen ansässig, die rund 62.000 Mitarbeitende beschäftigen.
18 der 20 umsatzstärksten Logistikunternehmen in Deutschland sind in der Region in und um Köln mit einer Niederlassung oder einem Verteilerzentrum vertreten, darunter führende Anbieter wie DHL Group, DB Schenker und Dachser. Mit Familienunternehmen wie Emons Spedition und Curt Richter haben zudem international bedeutsame Logistikmittelständler hier ihren Hauptsitz.

„Köln und das Umland sind in Deutschland und Europa ein sehr zentral gelegener Logistikstandort mit hohem Innovationspotenzial auch für die nachhaltige Verkehrswende.“
Prof. Thomas Krupp, Fachgruppe Logistik an der TH Köln.

Wichtige Eckpfeiler der Logistikinfrastruktur im Großraum Köln, in denen Güter von national und international verkehrenden, leistungsstarken Zugverbindungen auf flexible Lkw-Transporte umgeladen werden, sind das Güterverkehrszentrum (GVZ) Eifeltor, Deutschlands wichtigster Umschlagbahnhof für den kombinierten Ladungsverkehr, das Containerterminal mit Gleisanschluss im Chemiepark Hürth-Knapsack und das Terminal Nord der HGK in Köln-Niehl.
In unmittelbarer Nähe entwickelt die HGK zurzeit mit Fusion Cologne einen Industriestandort, bei dem Produktion und Logistik zusammengeführt werden und geplant 2.000 Arbeitsplätze entstehen. Köln verfügt zudem über den zweitgrößten Binnenhafen-Verbund Deutschlands, in dem pro Jahr – einschließlich Container – rund acht Millionen Tonnen an Gütern umgeschlagen werden. Hinzu kommen noch einmal 1,8 Millionen Tonnen, die im Chempark-Hafen in Leverkusen abgewickelt werden.
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Knapp eine Million Tonnen Fracht – und damit ein Fünftel des gesamten deutschen Luftfrachtaufkommens – wird pro Jahr am Köln Bonn Airport (CGN) umgeschlagen. Die Zeichen stehen also gut, dass Köln auch in Zukunft eine wichtige Rolle als Logistikknoten im Hinterland der Seehäfen Zeebrügge, Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam, als zentraler Eisenbahn- und Autobahnknoten in Europa und als wichtiger globaler Logistikhub der Expressfracht am Flughafen spielen wird.
„Ein Selbstläufer ist das jedoch nicht“, sagt Christopher Köhne, Referent für Verkehrspolitik, Logistik und Mobilität bei der IHK Köln. „Die Herausforderungen der Verkehrswende und der Sanierungs- und Ausbaubedarf auch der hiesigen Infrastruktur sind so groß, dass alle verantwortlichen Akteure in Politik und Verwaltungen – auf kommunaler, Landesund Bundesebene – dringend tätig werden müssen.“
Die neue Langfristprognose des Bundesverkehrsministeriums geht bis 2051 allein für den Güterverkehr von einer Zunahme um fast 50 Prozent aus.

„In Köln und der Region liegt der Fokus stark auf Individual-Mobilität und anderen bürgernahen Themen. Wirtschaft und Industrie sind aber ebenso auf die Unterstützung durch die Politik angewiesen.“
Uwe Wedig, HGK-Gruppe

Die Betriebe warten teils schon seit Jahrzehnten auf die Sanierung wichtiger Autobahnbrücken, auf das zweite Gleis eines Schienenweges oder auf Genehmigungen für Ortsumgehungen. Dabei sorgen die Baustellen und maroden Brücken für Dauerstaus und verursachen in allen Logistikbereichen der Wirtschaft Mehrkosten, viele Umwegkilometer, ineffiziente Touren und höheren C02-Ausstoß. Werden Innenstädte verkehrsberuhigt, geschieht das häufig ohne Lösungen für den stetig steigenden Wirtschaftsverkehr.

„In der Stadt- und Verkehrsplanung muss den Güterverkehren endlich dieselbe Aufmerksamkeit wie den Personenverkehren gewidmet werden.“
Frank Oelschläger, GILOG

„Wir brauchen zusätzliche Kapazitäten bei allen Verkehrsträgern. Es müssen schnelle Entscheidungen getroffen und Planungs- und Genehmigungsverfahren zwingend beschleunigt werden."
Birgit Heitzer, REWE Group

Bestes Beispiel für eine wichtige Entlastung, so Birgit Heitzer, ebenfalls Co-Vorsitzende des IHK-Mobilitätsausschusses und Leiterin Beschaffungslogistik & Logistik Services bei der REWE Group in Köln, sei die sogenannte Rheinspange. Heitzer: „Diese Rheinquerung zwischen Köln und Bonn würde vielen Unternehmen helfen und Verkehrswege verbessern.“
Um die kommenden Herausforderungen zu meistern, setzt die Logistikwirtschaft auf technische Innovationen bei Fahrzeugen und Prozessen. Die REWE Group testet gerade am Standort Köln ihren ersten eigenen wasserstoffbetriebenen Lkw. Ein wichtiges Pilotprojekt, um langfristig die gesamte Nutzfahrzeugflotte auf alternative Antriebe umzustellen.
Wie die nachhaltige Verkehrswende auf dem Wasser aussieht, zeigt die HGK Integrated Logistics Group. Der Transport- und Logistikdienstleister und Eigentümer der Kölner Häfen setzt beispielsweise bei Schiffsneubauten seines Geschäftsbereichs HGK Shipping auf klimafreundliche Antriebssysteme. Die Schiffe sind so konstruiert, dass sie selbst bei niedrigsten Pegelständen noch mit hunderten Tonnen beladen werden können und auf zukünftige Antriebsarten „Future Fuel ready“ vorbereitet sind.
Auch die auf Kunst- und Kulturgut spezialisierte Hasenkamp Group geht neue Wege. Das Kölner Unternehmen möchte ein Zeichen für Nachhaltigkeit in der Kunstlogistik setzen und plant, Ende 2023 in Frechen ein emissionsfreies Kunstdepot zu eröffnen – mit einem Energiekonzept, das auf Geothermie und Photovoltaik basiert. So schafft das Unternehmen museale Lagerbedingungen für Kunstwerke: eine konstante Temperatur von 20 Grad Celsius und rund 55 Prozent relative Luftfeuchte.
IHK-Ausschuss für Mobilität
Verlässliche Verkehrsverbindungen sind die Lebensadern eines Standorts. Im Ausschuss für Mobilität erarbeiten Mitglieder der IHK Köln branchenübergreifend Positionspapiere, wie sich logistische Bedürfnisse der Wirtschaft bei einer nachhaltigen Verkehrsplanung und beim Ausweisen von Gewerbeflächen besser berücksichtigen lassen. Denn oft wird die Bedeutung von Wirtschaftsverkehren in Planungen von Politik und Verwaltung stark unterschätzt.
Christopher Köhne
Verkehrspolitik, Logistik, Mobilität