Warum Vertrauen wichtig für das Geschäft ist

Wie sollten sich Geschäftsleute aus Deutschland in Südamerika verhalten? Worin unterscheiden sich die Kulturen? Welche Rolle spielt Zeit? Und welche Themen sollte man auf keinen Fall ansprechen?
Unter dem Titel „Erfolgsfaktor Kultur: Zwischen deutscher Gründlichkeit und lateinamerikanischer Gelassenheit“ haben in der IHK Köln Cristina Ramalho, Trainerin für interkulturelle Kommunikation, Federico Thielemann, Geschäftsführer der Deutsch-Peruanischen Industrie- und Handelskammer, und der brasilianische Rechtsanwalt Ricardo Saavedra vor Gästen aus der Wirtschaft über ihre Erfahrungen zwischen den Kulturen berichtet.
Organisiert hatte die Diskussionsrunde Milena Anna Schwigon aus dem Team International der IHK Köln. Der Talk ist Teil des 76. Lateinamerika-Tages, der am 1. und 2. Oktober in Köln stattfindet und von der IHK Köln unterstützt wird.
Die wichtigsten Erkenntnisse: Zeit wird in Lateinamerika anders wahrgenommen als in Deutschland, Hierarchien müssen ernst genommen werden, Kommunikation findet eher indirekt, dafür aber viel persönlicher statt.

Zeit für persönliche Gespräche nehmen

„Deutsche kommen oft direkt zum Punkt und halten Persönliches außen vor. Aber in Lateinamerika will man sich erstmal beschnuppern. Hier nehmen sich die Menschen Zeit, um jemanden persönlich kennenzulernen. Erst danach beginnt das Business“, berichtete Cristina Ramalho von ihren Erfahrungen als interkulturelle Trainerin. Ihr Tipp: „Nehmen Sie sich die Zeit und erzählen Sie auch etwas von sich. Das führt am Ende schneller zum Erfolg.“
Für Ricardo Saavedra ist das „eher long talk als small talk“: „Sie sitzen drei Stunden beim Mittagessen und sprechen nur fünf Minuten über das Geschäft. Aber genau diese Zeit braucht es, um das nötige Vertrauen aufzubauen. Und das Vertrauen kommt zuerst, erst danach alles andere, was das Geschäft betrifft.“ Sein Rat: „Wenn Sie das selbst nicht gut können, nehmen Sie jemanden mit, der locker kommunizieren kann. Das hilft.“

Unbedingt über Fußball Bescheid wissen

Geplaudert werden könne über fast alles, nur bei Politik sollte man vorsichtig sein und sich zumindest nicht dazu positionieren. „Fußball ist ähnlich polarisierend, aber dazu sollten Sie auf jeden Fall etwas zu sagen haben“, rät Thielemann. Und: „Unbedingt den Nationalstolz und die Rivalität zwischen den Ländern beachten. Wenn Sie in Argentinien sind, kommt der beste Wein selbstverständlich von hier. In Chile ist das dann genauso.“

Nicht zu direkt kommunizieren

Im Privaten wie im Geschäftlichen empfiehlt es sich, Dinge nicht direkt anzusprechen und vor allem niemanden zu kritisieren, da laut Ramalho in Lateinamerika die Trennung zwischen sachlicher und persönlicher Kritik nicht so ausgeprägt sei wie in Deutschland. Auch dürfe man als Deutscher „nicht aus dem Elfenbeinturm heraus sprechen und den Latinos nicht sagen, wie sie etwas besser machen könnten“, empfiehlt Thielemann. Zusammengefasst könnte man sagen: Die Kultur akzeptieren, aber nicht alles kommentieren oder kritisieren.

Unterschiedliche Auffassungen von Pünktlichkeit

Ein weites Feld für Missverständnisse zwischen Deutschen und Latinos ist das Thema Zeit. „Pünktlichkeit ist ein anderer Begriff in Lateinamerika, aber von Land zu Land unterschiedlich“, machte Thielemann deutlich und nannte gleich ein paar Beispiele: Deadlines werden nicht immer ernst genommen, Veranstaltungen beginnen später, zu Terminen kommt man zu spät. „Außer es geht um eine Person, die in der Hierarchie höher steht, die lässt man nicht warten!“, so Thielemann.

Lange Wartezeiten im öffentlichen Sektor

Insgesamt habe sich der Umgang mit Zeit in den vergangenen Jahren aber verbessert - außer man hat es mit dem öffentlichen Sektor oder der Politik zu tun. „Da gibt es noch längere Wartezeiten oder der Termin fällt aus. Vieles kann aber auch spontan passieren, da müssen Sie extrem flexibel bleiben“, weiß Thielemann. Ramalho erklärt sich diese unterschiedliche Auffassung damit, dass sich in Lateinamerika ständig in Gesellschaft und Politik so viel ändert, dass eine Langfristplanung schwierig wird: „Die Menschen denken für den Moment.“

Bier, Brezel und Effizienz

Und wie werden wir Deutsche in den lateinamerikanischen Ländern wahrgenommen? Thielemann zufolge als direkt, pünktlich, organisiert, effizient und zuverlässig. Deutsche Produkte hätten in Lateinamerika einen ausgezeichneten Ruf und ließen sich meist problemlos vermarkten. Aber auch Bier, Brezeln und Lederhosen spielten weiterhin eine große Rolle.