IHKplus 6.2024 | Durchblick

Fake-Zeugnisse: Vom IHK-Chef zum Industriemeister in 5 Minuten

Was hat es auf sich mit den Fake-Zeugnissen, über die gerade viele reden? IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Uwe Vetterlein wollte es wissen und machte exklusiv für IHKplus den Selbstversuch.
Text: Uwe Vetterlein
Hatten Sie schon mal Zweifel an einem Zeugnis, das Ihnen von Bewerberinnen oder Bewerbern vorgelegt wurde? Nein? – Sollten Sie aber!
„Erstellen Sie online in nur wenigen Minuten ein ‚offizielles‘ Berufszertifikat mit Ihrem Wunschberuf …“ heißt es auf einer Webseite. „Egal ob Diplomurkunde, Bachelorurkunde, Masterurkunde, Doktortitel, Gesellenbrief, Meisterbrief, IHK-Zeugnisse, hier können Sie alles ganz einfach online kaufen.“
Ich wollte wissen, ob es so einfach ist. Die Frage nach dem Wunschberuf war schnell geklärt. Diplom und Doktortitel hatte ich auf die alte, mühsame Art erworben, also war klar, dass nur ein IHK-Beruf mit hohem Ansehen infrage kommt. Ich entschied mich für den Industriemeister Elektrotechnik.
Auf der Webseite wurde immerhin darauf verwiesen, dass die hier gekauften Urkunden nur für den privaten Gebrauch seien. Ich würde ein hochauflösendes PDF zum Ausdruck erhalten. Alles, was ich für eine „überzeugende und original anmutende Urkunde“ benötige, sei ein ordentlicher Farbdrucker.
Ich klicke auf IHK-Zeugnisse, kann den Beruf und die jeweilige IHK auswählen und weitere Daten nach Belieben ergänzen.
In einer Vorschau wird mir das fertige Zeugnis und der Preis angezeigt. 9,99 Euro kostet das Zertifikat. Abwicklung über Debit- oder Kreditkarte. – Ich schlage zu! Unmittelbar nach Zahlung erhalte ich einen Link zum Download meines neuen Zeugnisses. Meiner Karriere als Industriemeister steht nichts mehr im Wege? Nicht ganz. Denn allzu viel Mühe steckt in dem Fake-Zeugnis doch nicht. An Merkmalen wie Logo, Dienstsiegel und Unterschriften kann man schnell erkennen, dass die Sache faul ist – mehr dazu auf den folgenden Seiten.
Ist das nicht verboten? Ein Graubereich. Den Betrug begehen alle die, die eine falsche Urkunde nutzen. Nicht die Anbietenden. Denn die Erstellung solcher Fantasie-Urkunden für den privaten Gebrauch wird bislang nicht als Urkundenfälschung gesehen. Allerdings gibt es eine Reihe anderer Verstöße, wie die Nutzung von geschützten Logos etc. Doch die Webseiten werden oft nicht in Deutschland gehostet, und die Seite, die mich zum Industriemeister machte, gab es nach einer Woche nicht mehr. Deshalb: Bei Zeugnissen und Zertifikaten lohnt ein zweiter Blick!

Fake-Zeugnisse sofort erkennen

IHKplus 2024-6 Fake-Zeugnis

Ihnen liegt eine Bewerbung vor, und Sie möchten wissen, ob das Zeugnis echt oder gefälscht ist? An diesen Details können Sie es sofort erkennen!

Stimmt das Logo?

Das Original-Logo der IHK Köln hat in seinem Bildelement einen regionalen Bezug: den Dom mit vier gebogenen Linien. Dieses Gestaltungselement fehlt im Fake-Zeugnis. Die meisten IHKs haben Logos mit individuellen Bildelementen. Deshalb sollte man darauf als Erstes achten.

Stimmt das Layout?

IHK-Zeugnisse sind bundesweit einheitlich aufgebaut. Hier ist die Fälschung schon sehr nah am Original und daher auf den ersten Blick nicht zu unterscheiden.

Stimmt das Siegel?

Rund um das Original-Siegel steht grundsätzlich immer der Name der Industrie- und Handelskammer. In diesem Fake-Zeugnis fehlt er. Aber Achtung: Es sind Zeugnisse auf dem Markt, bei denen das Siegel täuschend echt aussieht.

Stimmen die Personen?

Schnell googeln – wie lauten die Namen der IHK-Präsidentin oder des IHK-Präsidenten und der Hauptgeschäftsführung in dem Jahr, in dem das Zeugnis ausgestellt wurde? Dr. Richard Weber und Dr. Hermann Russels sind auf diesem Fake-Zeugnis jedenfalls nicht korrekt! Auch die Unterschriften wirken unecht.
SERVICE
Sie wissen bei einem Zeugnis nicht, ob es echt ist oder nicht? Sie haben die Punkte oben geprüft, aber immer noch ein komisches Gefühl? Kein Problem! Wir helfen Ihnen gerne! Ein Blick in unsere Datenbank, und wir wissen, ob das Zeugnis echt oder ein Fake ist.
Vera Lange
vera.lange@koeln.ihk.de
0221 1640-6020
Vera Lange
Leiterin Prüfungswesen Fortbildung und Bildungsrecht