13. Februar 2025
Keine wirtschaftliche Trendwende in Sicht
Die wirtschaftliche Schwächephase in Nordhessen und der Region Marburg setzt sich fort. Der IHK-Konjunkturklimaindex – das wirtschaftliche Stimmungsbarometer für die aktuelle Geschäftslage und die Perspektiven der Wirtschaft in der Region – liegt nach der jüngsten Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) Kassel-Marburg bei 94,6 Punkten.
Damit steigt der Wert zwar gegenüber der Herbstumfrage (92,2 Punkte) etwas an. Er liegt aber weiterhin unter der 100-Punkte-Marke, die die Grenze zwischen positiver und negativer Grundstimmung markiert.
Während die aktuelle Geschäftslage gemischte Signale sendet, zeigen die zukünftigen Erwartungen auf eine weitere wirtschaftliche Verschlechterung. Aktuell bewerten 13,6 Prozent (Vorbericht 14,0 Prozent) der Unternehmen ihre zukünftige Geschäftslage positiv, während 25,8 Prozent (Vorbericht 30,1 Prozent) von einer verschlechterten wirtschaftlichen Situation in den kommenden Monaten ausgehen. Als größtes Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung nennen erneut 63,5 Prozent der befragten Unternehmer die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingen. „Die schlechte Stimmung insbesondere im Hinblick auf die weitere wirtschaftliche Entwicklung und die politischen Rahmenbedingungen zieht sich durch nahezu alle Branchen. Besonders belastend sind nach wie vor die hohen Energiepreise, die Arbeitskosten und die überbordende Bürokratie sowie langwierige Genehmigungsverfahren“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Arnd Klein-Zirbes. Die Politik müsse wieder stärker auf die Erfolgsrezepte sozialer Marktwirtschaft mit ihren Ordnungspolitischen Prinzipien vertrauen, anstatt auf eine kleinteilige Investitionslenkung zu setzen, so Dr. Arnd Klein-Zirbes.
Angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ist es wenig überraschend, dass 34,5 Prozent der befragten Unternehmen ihre Investitionen reduzieren wollen, während nur 25,2 Prozent eine Ausweitung planen. 60,5 Prozent der Unternehmen setzen dabei auf Ersatzbeschaffungen, 38,3 Prozent verfolgen Rationalisierungsmaßnahmen. Investitionen in Produktinnovationen und Kapazitätserweiterungen bleiben hingegen weiterhin in den Hintergrund gerückt, was die Unsicherheit der Unternehmen widerspiegelt. Im Ausland konzentrieren sich Investitionen ebenfalls auf Ersatzbeschaffungen, ergänzt durch Produktinnovationen und Kapazitätserweiterungen. Ein wachsender Anteil der Unternehmen gibt an, dass geplante Auslandsinvestitionen häufig mit einer wenigstens teilweisen Verlagerung von Geschäftsbereichen verbunden sind. Besonders häufig fließen Investitionen in die Eurozone, nach Nordamerika und China.
Was über viele Jahre hinweg als ein gegenseitiger Vorteil galt – Auslandsinvestitionen deutscher Unternehmen, die auch dem heimischen Standort zugutekamen – hat sich zunehmend umgekehrt. Immer mehr Unternehmen investieren im Ausland, nicht primär zur Expansion, sondern weil der Standort Deutschland als zu teuer und zu komplex gilt. Dr. Andreas Ritzenhoff, Geschäftsführer der Seidel GmbH & Co. KG, Marburg, bezeichnet diese Entwicklung als „alarmierendes Signal“. Es sei besorgniserregend, dass Unternehmen gezwungen seien, ihre Investitionen ins Ausland zu verlagern – und das auf Kosten des Standorts Deutschland. „Wir müssen gegensteuern“, fordert er. Deutschland brauche attraktive Bedingungen für die Produktion, sonst werde der Trend zur Abwanderung weiter an Fahrt gewinnen. Die Folgen seien steigende Arbeitslosigkeit und sinkende Steuereinnahmen. Ritzenhoff betont, dass die Bundesregierung und die EU endlich eine klare ordnungspolitische Linie verfolgen müssten. Die Subventionierung chinesischer Unternehmen durch deren Regierung habe die Marktwirtschaft in ganz Europa bereits beschädigt. Zahlreiche Unternehmen mussten aufgrund dieser Wettbewerbsverzerrung Insolvenz anmelden, andere blicken pessimistisch in die Zukunft. Hier seien Versäumnisse der Politik der vergangenen 20 Jahre zu beklagen. Wer investiere, müsse sicher sein, dass sein globaler Wettbewerber vergleichbare Bedingungen habe und nicht 30 Prozent oder mehr an Zuschüssen erhalte. Deshalb sollte das Durchsetzen marktwirtschaftlicher Prinzipien neben den bekannten Themen ganz oben auf der Regierungsagenda in Berlin und Brüssel stehen, so Dr. Andreas Ritzenhoff.
„Die anhaltende Schwäche im Auslandsgeschäft stellt einen weiteren negativen Aspekt der aktuellen Konjunkturumfrage dar“, sagt Johannes Seyffarth, Geschäftsführer der VolaPlast GmbH & Co. KG, Spangenberg. Ein Drittel der Unternehmen erwartet laut Umfrage einen weiteren Rückgang des Exportvolumens, während lediglich 11,6 Prozent von einer Zunahme ausgehen. Insbesondere die veränderten Rahmenbedingungen auf dem US-Markt könnten dabei eine entscheidende Rolle spielen, so Seyffarth. „Die Unwägbarkeiten im Zusammenhang mit den USA belasten zahlreiche Unternehmen im internationalen Geschäft. Auch der Arbeitsmarkt zeigt derzeit eine schwächere Entwicklung, ohne dass neue Impulse für die Beschäftigung in Sicht sind“, stellt Seyffarth fest. „Die Unsicherheit über die wirtschaftliche Weiterentwicklung bremst die Beschäftigung.“ Trotz dieser Herausforderungen gibt jedoch der Großteil der Unternehmen – genau 63,6 Prozent – an, dass ihre Finanzlage aktuell stabil ist. „Das unterstreicht die finanzielle Robustheit vieler Unternehmen, trotz der schwierigen Marktbedingungen“, betont Seyffarth. Lediglich 3,2 Prozent der Unternehmen befürchten eine drohende Insolvenz.
An der aktuellen Umfrage nahmen 306 Unternehmen teil.