Neue US-Zölle im Warenverkehr mit Europa und Nordamerika

Die eigentliche Idee hinter Zöllen ist der Schutz heimischer Branchen vor ausländischer Konkurrenz oder auch die Reaktion mit Hilfe von Gegenzöllen auf handelspolitische Maßnahmen anderer Staaten.
In Ergänzung des eigentlichen Gedankens hinter der Einführung von Zöllen, erleben diese als handelspolitisches Instrument eine besondere Art der Renaissance: Ein extrem erscheinender Einsatz von Zöllen ist, diese als politisches Druckmittel in anderen Bereichen zu nutzen – insbesondere, wenn die damit verwobenen Ziele über den reinen Handel hinausgehen und Zölle beispielsweise als Hebel zur Durchsetzung migrationspolitischer Forderungen genutzt werden. Unternehmen stehen damit zunehmend vor Herausforderungen und Unsicherheiten – und müssen sich auch perspektivisch auf eine volatile Lage einstellen. Neben den Auswirkungen auf andere Handelsströme, sind besonders stark auch die Lieferketten der unmittelbaren Anrainerstaaten betroffen: So bleibt fraglich, ob die Lieferketten in Nordamerika stabil bleiben können, bzw. ob insbesondere auch das Freihandelsabkommen zwischen den USA, Mexiko und Kanada (USMCA) in seiner bisherigen Form Bestand haben wird.

Aktuelle Zollregelungen für europäische Exporte in die USA

Am 2. April 2025 hat US-Präsident Donald Trump per Executive Order umfassende neue Importzölle angekündigt:
Allgemeiner Warenzoll: Ab dem 9. April 2025 sollte ursprünglich ein genereller Zusatzimportzoll von 20 Prozent auf europäische Waren gelten. Allerdings wurde dieser Zollsatz kurzfristig für 90 Tage auf zehn Prozent reduziert. Nach Ablauf dieser Frist könnte der Satz auf 20 Prozent erhöht werden.
Spezifische Zölle auf ausgewählte Waren:
Produktgruppe: Stahl- und Aluminiumerzeugnisse & Derivate, Zusätzlicher Zoll: 25 Prozent, Inkrafttreten: 12. März 2025
Produktgruppe: Autos, Zusätzlicher Zoll: 25 Prozent, Inkrafttreten: 3. April 2025
Produktgruppe: Autokomponenten, Zusätzlicher Zoll: noch offen, Inkrafttreten: 3. Mai 2025*
Wichtig: Die spezifischen Warenzölle ersetzen den neuerlichen, allgemeinen Zoll. Das bedeutet, dass beispielsweise bei einem Import eines europäischen Autos in die USA der spezifische Zollsatz von 25 Prozent angewendet wird und nicht eine kumulative Belastung von 45 Prozent (20 Prozent allgemeiner Zoll + 25 Prozent spezifischer Zoll).
Die Belastung ist jedoch insofern kumulativ, dass dem bisher bestehenden allgemeinen Zoll die 25 Prozent spezifischen Zolls zugerechnet werden. Im Falle von Autos bedeutet das, dass nun ein kumulativer Zollsatz von 27,5 Prozent auf US-Importe erhoben wird (2,5 Prozent ursprünglicher allgemeiner Zoll + 25 Prozent spezifischer Zoll).
Zusatzzölle auf Stahl und Aluminium: Die bereits in Kraft getretenen Zölle von 25 Prozent auf Stahl und Aluminium gelten zusätzlich zu den regulären Drittlandszöllen. Für Stahlimporte in die USA ist es zwingend notwendig, das Schmelz- und Gießland anzugeben. Bei Aluminiumimporten muss ein Ursprungsnachweis erbracht werden, um die extremen Zölle von bis zu 200 Prozent auf Produkte (in diesem Fall mit russischem Ursprung) zu vermeiden.
Zusatzzölle auf Kraftfahrzeuge und Fahrzeugteile: Seit dem 3. April 2025 gelten zusätzliche Zölle von 25 Prozent auf importierte Kraftfahrzeuge, ab dem 3. Mai 2025 auch auf Fahrzeugkomponenten. Importeure aus den USMCA-Staaten können jedoch den US-Anteil ihrer Produkte zertifizieren lassen und zahlen den zusätzlichen Zoll dann nur auf die nicht-US-Produktanteile. Diese Regelung unterliegt allerdings einigen Unsicherheiten und könnte kurzfristigen Änderungen unterliegen.
Geplante weitere Zollmaßnahmen der USA:
Die US-Regierung prüft derzeit die Einführung weiterer Zölle auf:
  • Halbleiter
  • Pharmazeutika
  • Mineralien
Für Kupfer- und Holzimporte laufen aktuell Untersuchungen des US-Handelsministeriums. Zeitpunkt und Umfang möglicher neuer Zölle sind noch unklar.
EU-Gegenmaßnahmen: Die Europäische Union reagiert mit Gegenzöllen zwischen zehn Prozent und 25 Prozent auf US-Produkte wie Jeans und Motorräder, wobei Whisky und Bourbon aktuell ausgenommen sind. Die Umsetzung dieser Maßnahmen ist auch seitens der EU für 90 Tage ausgesetzt, um Raum für Verhandlungen zu schaffen. Sollte keine akzeptable Lösung gefunden werden, könnten diese Maßnahmen aktiv werden.
Tipps für betroffene Unternehmen:
  • Verträge überprüfen: Vermeiden Sie nach Möglichkeit den Incoterm "Delivery Duty Paid (DDP)", da dies bedeutet, dass Sie als Versender die Zollgebühren tragen. Dieser Incoterm ist in der aktuellen Situation besonders risikoreich.
  • Die Importabwicklung in den USA erfolgt üblicherweise über Zollagenten. Informieren Sie sich aktiv bei Ihrem Agenten über den aktuellen Stand der Zollerhebungen.
  • Keine hastigen Änderungen: Prüfen Sie sorgfältig Warenursprung und Warenwert. Besonders bei verbundenen Unternehmen wird der US-Zoll wahrscheinlich noch genauere Prüfungen vornehmen und ggf. die „Fairness“ der Verrechnung bzw. der Zölle evaluieren.
Praktische Hinweise zur Zollabwicklung:
  • Die ersten sechs Stellen der Warennummer sind international harmonisiert; danach erfolgt eine spezifische Einreihung für die USA.
  • Berechnen Sie für die Handelsrechnung den korrekten FOB-Wert, da dieser Grundlage für die Berechnung der Einfuhrzölle ist.
  • Der nicht-präferenzielle Warenursprung wird in den USA durch Case Law festgelegt, ein vergleichbarer Unionszollkodex (UZK) wie in der EU existiert nicht.
  • Exporteure ohne eigene Produktion könnten prüfen, ob die „First-Sale-Rule“ angewendet werden kann, um den Einfuhrwert zu senken und damit Zollbelastungen zu reduzieren.
Informationen, ob Ihr Produkt von Zusatzzöllen betroffen ist, finden Sie regelmäßig aktualisiert in den Datenbanken:

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